Wiedereingliederung nach Depression: Erfahrungen und Wege zurück in den Berufsalltag

Nach längerer Krankheit ist die Rückkehr in den beruflichen Alltag oft problematisch. Da kann es helfen, schrittweise und sanft wieder in den Arbeitsprozess einzusteigen. Dafür gibt es die Wiedereingliederungsteilzeit und das von der Krankenversicherung bezahlte Wiedereingliederungsgeld. Basis dieser Leistung ist eine einvernehmlich getroffene Vereinbarung zwischen Arbeitnehmerin bzw. Arbeitnehmer und Arbeitgeberin bzw. Arbeitgeber sowie ein Wiedereingliederungsplan. Der Medizinische Dienst der ÖGK muss die medizinische Zweckmäßigkeit bestätigen.

Was bedeutet Wiedereingliederungsteilzeit (WIETZ)?

Wenn Sie nach einem längeren Krankenstand schrittweise an Ihren Arbeitsplatz zurückkehren wollen, können Sie Ihre Arbeitszeit reduzieren. Die Arbeitszeitreduktion müssen Sie mit dem:der Ar­beit­geber:in vereinbaren. Die WIETZ ist kein Teilkrankenstand!

Finanzielle Absicherung während der WIETZ

Sie erhalten ein aliquotes Entgelt für Ihre Tätigkeit, das heißt, wenn Sie Ihre Arbeitszeit um die Hälfte reduzieren, ist Ihr Gehalt auch um 50 % geringer. Bei unregelmäßigem Entgelt wird von ein­em Durchschnittsentgelt ausgegangen. Zusätzlich bekommen Sie Wiedereingliederungsgeld. Das ist eine Leistung der Krankenversicherung. Sie soll den Einkommensverlust abmildern.

Beispielrechnung

Nach einer langwierigen Brustkrebs-Behandlung kehrt Frau M. wieder an ihren Arbeitsplatz zurück. Sie reduziert ihre Arbeitszeit um 50 %.

  • Bruttoverdienst vor Arbeitszeitreduktion (40 Wochenstunden): 2.000 Euro
  • Reduziertes Entgelt während der WIETZ (-50%): 1.000 Euro
  • Wiedereingliederungsgeld (ohne anteilige Sonderzahlungen): 600 Euro
  • Gesamteinkommen während der WIETZ: 1.600 Euro

Voraussetzungen für die Wiedereingliederungsteilzeit

  1. Ihr Arbeitsverhältnis muss mindestens 3 Monate ununterbrochen aufrecht sein. Aus­nahme­be­stimm­ung­en gibt es für Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverhältnissen in Saisonbetrieben. Setzen Sie sich in diesem Fall bitte mit unseren Arbeitsrechtsberater:innen in Verbindung.
  2. Ihr Krankenstand muss mindestens 6 Wochen ununterbrochenen gedauert haben.
  3. Die Wiedereingliederungsteilzeit muss spätestens einen Monat nach dem Ende des Krankenstandes begonnen werden.
  4. Sie und Ihr:e Arbeitgeber:in haben sich von Fit2work beraten lassen. Oder: Ein:e Arbeitsmediziner:in oder ein arbeitsmedizinischer Dienst stimmt der WIETZ zu.
  5. Sie müssen voll arbeitsfähig sein.
  6. Mit Ihrem Arbeitgeber müssen Sie eine schriftliche Vereinbarung über Beginn, Dauer, Aus­maß und Lage der Teilzeitbeschäftigung treffen und einen Wiedereingliederungsplan machen.

Schritte zur Inanspruchnahme der WIETZ

  1. Sprechen Sie mit Ihrem:ihrer Arbeitgeber:in, ob er:sie Ihnen eine Wiedereingliederungsteilzeit ermöglicht.
  2. Haben Sie grünes Licht aus Ihrem Unternehmen, stellt sich die Frage, wer die arbeitsmedizinische Abklärung vornimmt. Das kann eine Ärztin oder ein Arzt im Betrieb oder bei Fit2Work sein.
  3. Gemeinsam mit Arzt:Ärztin und Arbeitgeber:in erstellen Sie einen Wiedereingliederungsplan.
  4. Auf der Basis des Wiedereingliederungsplans schließen Sie mit Ihrem:ihrer Arbeitgeber:in eine Wiedereingliederungsteilzeit-Vereinbarung. Dabei muss ein:e Betriebsrat:Betriebsrätin einbezogen werden, sofern vorhanden.
  5. Schicken Sie den Wiedereingliederungsplan, die Wiedereingliederungs-Vereinbarung und die ärztlichen Befunde an Ihre Krankenversicherung und beantragen Sie Wiedereingliederungsgeld. Das geht ganz formlos mit einem Satz. Das Ganze kann auch von Fit 2 Work erledigt werden, falls Sie dort betreut werden.
  6. Der chefärztliche Dienst Ihrer Krankenkasse überprüft, ob alle Voraussetzungen passen und informiert Sie, ob Sie die Leistung bekommen.

Beginn und Dauer der WIETZ

  • Frühestens am Tag nachdem Ihnen die Bewilligung des Wiedereingliederungsgeldes zugestellt wurde.
  • Für mindestens einen Monat und für maximal 6 Monate.
  • Die Wiedereingliederungsteilzeit kann auch einmalig um 1-3 Monate verlängert werden, wenn dies arbeitsmedizinisch anzuraten ist. Auch dazu braucht es eine schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in.
  • Insgesamt sind somit maximal 9 Monate Wiedereingliederungsteilzeit möglich.

Weitere wichtige Aspekte

  • Nach Antritt dürfen Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in zweimal eine Änderung der Wiedereingliederungsteilzeit vereinbaren und entweder den Zeitraum der WIETZ verlängern oder das Stundenausmaß ändern.
  • Nein, die Lage der Arbeitszeit wird von Arbeitgeber:in und Arbeitnehmer:in gemeinsam vereinbart, das kann nicht einseitig umgestoßen werden.
  • Ja, wenn Sie die Teilzeit aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht mehr brauchen, können Sie Ihrem:ihrer Arbeitgeber:in schriftlich mitteilen, dass Sie gerne wieder Vollzeit arbeiten möchten.
  • Frühestens drei Wochen, nachdem der:die Arbeitgeber:in Ihre schriftliche Mitteilung erhalten hat.
  • Sie haben einen Motivkündigungsschutz. Das bedeutet: Wenn Sie gekündigt werden, weil Sie die WIETZ in Anspruch nehmen wollen oder tatsächlich in Anspruch nehmen, lässt sich diese Kündigung vor Gericht anfechten (Kündigungsanfechtung wegen eines verpönten Motivs). Diesen Kündigungsschutz haben Sie auch dann, wenn Sie wegen der Ablehnung der WIETZ gekündigt werden.
  • Das wirkt sich für die Abfertigung nach altem Recht, für die Urlaubsersatzleistung oder die Kündigungsentschädigung nicht negativ aus. Sie haben Anspruch auf die Berechnung Ihrer Leistungen als wäre Ihre Arbeitszeit so wie vor Beginn der Wiedereingliederungsteilzeit.
  • Ja, denn während der Wiedereingliederungsteilzeit müssen Sie über der Geringfügigkeitsgrenze verdienen. Sie sind daher pensions-, kranken- und unfallversichert. Um die monatliche Gutschrift für das Pensionskonto zu berechnen, wird das volle Einkommen vor der WIETZ herangezogen.
  • Sollten Sie während der WIETZ wieder krank werden, bekommen Sie das Wiedereingliederungsgeld als Krankengeld. Der Bezug des Wiedereingliederungsgeldes wird auf die Gesamtdauer des Krank­en­geld­be­zugs angerechnet (max.
  • Wenn Sie unmittelbar nach der WIETZ erneut krank werden oder weiterhin krank sind und Sie noch Anspruch auf Krankengeld haben, wird das Krankengeld auf der Basis des Teilentgelts und des Wiedereingliederungsgelds be­rech­net (60% von Teilentgelt + Wiedereingliederungsgeld). In jenen Fällen, in denen Sie nicht unmittelbar nach dem Ende der WIETZ erneut krank werden, ist der laufende Beitragszeitraum maßgebend, solange noch kein ganzer Beitragsmonat erworben wurde. Sie haben daher Anspruch auf Krankengeld in der Höhe von 60 % des ursprünglichen Ein­kommens.
  • Für das Wiedereingliederungsgeld gilt das gleiche wie für das Krankengeld. Die Österreichische Gesundheitskasse unternimmt nur eine vorläufige Besteuerung des Wiedereingliederungsgeldes. Das be­deut­et, dass bei der Auszahlung 30 Euro täglich steuerfrei belassen werden und vom übersteigenden Be­trag vorläufig 20 Prozent Lohnsteuer abgezogen wird.
  • Allerdings müssen Sie eine Ar­beit­nehmer­:innen­ver­an­lag­ung machen, wenn Sie Wiedereingliederungsgeld beziehen. Das Fin­anz­amt berechnet letztlich die Steuer für das Wiedereingliederungsgeld gemeinsam mit den Ein­künften von der Arbeitgeberin bzw. dem Arbeitgeber. Unter Umständen ergibt sich dadurch eine höhere Steuer, als während des Jahres einbehalten wurde.

Persönliche Erfahrungen und Ratschläge

Viele Menschen, die ein Burnout erlebt haben, stehen vor der Frage, wie sie wieder in die Arbeitswelt einsteigen können. Einige Erfahrungsberichte zeigen, dass ein abrupter Wiedereinstieg in Vollzeit problematisch sein kann. Es ist wichtig, sich von der Idee zu verabschieden, einfach wieder anzuknüpfen und weiterzumachen wie zuvor. Eine radikale Änderung der Verhaltensmuster und Prioritäten ist oft unerlässlich, um ein erneutes Burnout zu vermeiden.

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Eine Person beschreibt, wie sie gelernt hat, ihre Gefühle zu zeigen und sich nicht länger zu verstecken. Die Unterstützung von Freunden und Familie kann dabei sehr hilfreich sein. Es ist auch wichtig, Prioritäten neu zu ordnen und sich nicht ausschließlich auf die Arbeit zu konzentrieren. Die Arbeit sollte Spaß machen und erfüllen, aber nicht den gesamten Selbstwert ausmachen.

Ambulante Rehabilitation als Unterstützung

In Österreich gibt es seit einigen Jahren Rehabilitationseinrichtungen für psychische Erkrankungen. Das BBRZ (Berufliches Bildungs- und Rehabilitationszentrum) bietet beispielsweise ambulante Rehabilitation in Linz an. Dieses Angebot richtet sich an Menschen mit Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen und Psychosen. Ziel ist es, die Patienten wieder am sozialen Leben teilnehmen zu lassen und sie bei der Rückkehr ins Berufsleben zu unterstützen.

Die Reha-Programme basieren auf verhaltenstherapeutischen Konzepten und arbeiten oft mit Gruppen von Patienten, die ein ähnliches Störungsbild haben. Die soziale Wiedereingliederung wirkt stabilisierend und fördert den Heilungsprozess.

Fallbeispiele und Erfolgsgeschichten

Der Weg zurück ins Berufsleben nach einer schweren Krankheit kann herausfordernd sein. Doch mit der richtigen Unterstützung und dem Willen, es zu schaffen, kann dieser Weg auch zur Erfolgsgeschichte werden.

  • Frau M. (36, Alleinerzieherin): Nach einer Brustkrebsdiagnose erhielt sie Unterstützung von fit2work und konnte dank der Wiedereingliederungsteilzeit schrittweise ins Berufsleben zurückkehren.
  • Herr W. (geb. 1973): Nach mehreren Operationen und einem langen Genesungsprozess nutzte er die Wiedereingliederungsteilzeit, um seine Arbeitszeit zu reduzieren und an seiner Genesung zu arbeiten.
  • Frau V. (31): Nach einem Bandscheibenvorfall und privaten Belastungen erhielt sie Unterstützung von fit2work und konnte dank einer ambulanten Reha-Anschlussbehandlung und psychologischer Stabilisierungsmaßnahmen eine neue Anstellung finden.
  • Frau M. (41): Nach einem längeren Krankenstand aufgrund psychischer Überlastung erhielt sie Unterstützung von fit2work und konnte eine neue Teilzeitanstellung im Einzelhandel finden.
  • Frau L. (Anfang 30): Nach einem Kreuzbandriss nutzte sie die Wiedereingliederungsteilzeit und eine ambulante orthopädische Reha, um vollständig ihre Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen.
  • Herr M.: Dank der Betreuung durch fit2work konnte er seine Situation nachhaltig verbessern und seine Arbeitsfähigkeit wiedererlangen.
  • Frau T.: Nach einem Burnout erhielt sie Unterstützung von fit2work und konnte eine Krankschreibung bis zum Beginn ihrer Reha erwirken.
  • Frau G.: Nach Konflikten am Arbeitsplatz und einer depressiven Symptomatik erhielt sie Unterstützung von fit2work und konnte ihre Situation verbessern.
  • Herr W.: Nach einer schweren COVID-19-Erkrankung erhielt er Unterstützung von fit2work und konnte seinen Arbeitsplatz erhalten.

Fit2work als Anlaufstelle

Fit2work widmet sich neben anderen Schwerpunkten auch dem Thema Frauen und Arbeitsfähigkeit. Die gesundheitlichen Belastungen, mit denen Frauen konfrontiert sind, unterscheiden sich zumeist vom männlichen Gegenüber. Stichworte sind: die Doppelbelastung durch die Bewältigung eines Großteils der Familien- und Fürsorgearbeit neben der Erwerbsarbeit, Mental Load, schlechtere Aufstiegschancen und weniger Bezahlung.

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Wenn auch Sie hinsichtlich Ihrer Gesundheit, Ihrer Arbeitsfähigkeit und dem Wiedereinstieg in den Beruf nach Erkrankung Rat suchen, dann kontaktieren Sie uns bitte gerne! Unverbindliche Erstberatungstermine können Sie an unserer Hotline vereinbaren unter 0800 500 118.

Der Weg zurück ins Berufsleben kann eine Herausforderung sein, aber mit der richtigen Unterstützung und den passenden Maßnahmen ist er machbar. Die Wiedereingliederungsteilzeit, ambulante Rehabilitation und die Unterstützung von Organisationen wie fit2work können dabei wertvolle Hilfestellungen bieten.

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