Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Schätzungsweise 16 bis 20 von 100 Menschen erkranken irgendwann in ihrem Leben mindestens einmal an einer Depression oder einer chronisch depressiven Verstimmung (Dysthymie) - viele bereits vor dem 30. Lebensjahr. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die Diagnose und Erkennung von Depressionen, einschließlich Haupt- und Nebensymptome, sowie Informationen zu Behandlungsmöglichkeiten und Hilfsangeboten.
Wie erkennt man Depressionen?
Um herauszufinden, ob jemand an einer Depression erkrankt ist, gehen ärztliche oder psychologische Psychotherapeutinnen und -therapeuten in zwei Schritten vor: Zum einen fragen sie nach Beschwerden, die auf eine Depression hinweisen können. Zum anderen versuchen sie, andere Erkrankungen oder Probleme auszuschließen, die ähnliche Beschwerden verursachen. Bei den typischen Merkmalen für eine Depression wird zwischen Haupt- und Nebensymptomen unterschieden. Wenn mehrere Haupt- und Nebensymptome zwei Wochen oder länger anhalten, wird eine Depression festgestellt.
Drei Hauptsymptome einer Depression
Typisch für die Erkrankung sind folgende drei Hauptsymptome:
- Niedergedrückte Stimmung: Die Betroffenen leiden sehr unter einer tiefen Niedergeschlagenheit. Die depressive Stimmung ist fast ununterbrochen vorhanden, stark ausgeprägt und hält mindestens zwei Wochen an.
- Innere Leere und Verlust von Interessen: Charakteristisch ist auch, dass Betroffene weder Freude noch andere Gefühle empfinden. Innerlich fühlen sie sich leer und gefühlstot. Das Interesse an sozialen Kontakten, Arbeit und Hobbys erlischt. Aufmunterungsversuche durch die Mitmenschen haben keinen Effekt. Positive Erlebnisse verbessern die Stimmung nicht.
- Antriebslosigkeit und Müdigkeit: Depressive Menschen sind nur schwer oder gar nicht in der Lage, alltägliche Aufgaben zu bewältigen. Sie fühlen sich ständig geistig und körperlich erschöpft. Selbst das morgendliche Aufstehen wird zum Kraftakt, sodass manche das Bett gar nicht mehr verlassen wegen ihrer Depression. Müdigkeit wird zum Normalzustand.
Nebensymptome einer Depression
Typisch für Depressionen sind zudem die folgenden Nebensymptome:
- Starke Selbstzweifel
- Schuldgefühle und Selbstvorwürfe
- Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen
- Extremes Schlafbedürfnis oder Schlafstörungen
- Starke Unruhe und innere Erregtheit
- Verlust des sexuellen Interesses
Körperliche Symptome bei Depressionen
Depressionen gehen oft mit körperlichen Beschwerden einher, die keine erkennbare organische Ursache haben. Solche Symptome nennt man somatisch. Typische körperliche Symptome sind beispielsweise:
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- Herz-Kreislauf-Beschwerden
- Kopf- und Rückenschmerzen
- Magen- und Darmprobleme
- Schlafstörungen
- Appetitlosigkeit, seltener: gesteigerter Appetit
- Morgentief
- Sexuelle Unlust
Depressions-Symptome bei Männern
Bei Männern werden Depressionen seltener diagnostiziert. Zum Teil liegt es daran, dass die Erkrankung sich bei Männern oft anders äußert als bei Frauen. Aggressionen, starke Reizbarkeit, eine geringe Impulskontrolle und wenig Stresstoleranz sind hier häufige Begleiterscheinungen. Viele betroffene Männer gehen zudem mehr Risiken ein als gewöhnlich, fahren beispielsweise viel zu schnell Auto. Oft konsumieren sie mehr Alkohol als sonst oder rauchen mehr. Sie machen ihren Mitmenschen Vorwürfe und sind unzufrieden mit sich und der Welt. Ein Grund dafür ist möglicherweise, dass sie sich aufgrund der depressiven Gefühle als schwach und unmännlich empfinden und ihre Gefühle daher anders ausleben.
Achtung, Suizidgefahr!
Die negativen Gedanken werden bei schweren Depressionen manchmal so stark, dass Suizidgedanken aufkommen. Es besteht Selbsttötungsgefahr! Wenn Sie selbst an Suizid denken oder Suizidgedanken bei einem Angehörigen vermuten, suchen Sie unverzüglich Hilfe. Hoffnungslosigkeit und scheinbare Ausweglosigkeit sind Anzeichen der Depression, die sich mit der richtigen Unterstützung überwinden lassen.
Erste Hilfe bei Depressionen und Suizidgedanken erhalten Sie unter der Helpline des Berufsverbandes Österreichischer Psychologinnen und Psychologen mit der Nummer 14079192. Weitere Kontaktstellen und Hilfsangebote finden Sie unter www.buendnis-depression.at.
Selbsttest für Depressionen
Sie haben den Eindruck, möglicherweise unter einer Depression zu leiden? Wichtige Hinweise geben Online-Selbsttests, so etwa der renommierte Goldberg-Test, der von dem Psychiater Ivan K. Goldberg entwickelt wurde. Aber Achtung: Ein solcher Selbsttest ersetzt nicht die Diagnosestellung durch einen Arzt oder Therapeuten. Suchen Sie auf jeden Fall Hilfe, wenn der Test diese Empfehlung gibt oder Sie sich unabhängig vom Testergebnis entsprechende Sorgen machen.
Diagnose von Depressionen
Für die Diagnose einer Depression berücksichtigen Ärztinnen oder Ärzte unter anderem den Schweregrad und die Dauer der Symptome. Welche Möglichkeiten der Behandlung gibt es? Was kann ich selbst oder als angehörige Person tun? Und wohin kann ich mich wenden? Die Ärztin oder der Arzt fragt nach Symptomen und wie lange sie bestehen. Sie oder er erkundigt sich zudem nach der Lebenssituation und möglichen Problemen bei der Alltagsbewältigung. Die Ärztin oder der Arzt schließt auch andere mögliche Erkrankungen aus bzw. Zudem ist es wesentlich, organische Ursachen für die Depression auszuschließen - z.B. durch ein Schädel-Hirn-Trauma. Es können auch Fragebögen zum Einsatz kommen, um die Stellung der Diagnose zu unterstützen.
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Schweregrade von Depressionen
Fachleute teilen Depressionen in drei Schweregrade ein:
- Leichte depressive Episode: Mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
- Mittelgradige depressive Episode: Vier oder mehr der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
- Schwere depressive Episode: Darunter verstehen Fachleute eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen quälenden Symptomen. Der Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit sowie Schuld sind stark ausgeprägt. Suizidgedanken sowie Suizidhandlungen sind häufig. Bei einer schweren depressiven Episode können auch psychotische Beschwerden auftreten. Dazu zählen zum Beispiel Halluzinationen oder Wahnideen. Aber auch Bewegungsstörungen oder ein Stupor können vorhanden sein. Der Alltag ist stark beeinträchtigt.
Behandlung von Depressionen
Bei einer Depression gibt es verschiedene Behandlungsmöglichkeiten. Die wichtigsten sind eine Psychotherapie und / oder eine Behandlung mit Medikamenten. Daneben gibt es weitere Möglichkeiten wie Beratungsangebote, Selbsthilfegruppen, Psychoedukation, Onlineprogramme, Neurostimulation oder Bewegungstherapien. Die Ärztin oder der Arzt legt mit der betroffenen Person Ziele der Behandlung fest. Die Ziele können sich auch im Verlauf der Behandlung ändern. Milderung bzw.
Zur Behandlung einer Depression stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zu wesentlichen Therapiemaßnahmen zählen vor allem Medikamente, meist sogenannte Antidepressiva, und Psychotherapie. In jedem Fall erfolgt eine Aufklärung über die Erkrankung. Die Fachwelt nennt das Psychoedukation. Bei der Behandlung einer Depression können auch Ergotherapie oder Musiktherapie zum Einsatz kommen.
Medikamentöse Behandlung
Sogenannte Antidepressiva sind Medikamente gegen Depressionen, denen ein ähnliches Prinzip zugrunde liegt. Diese sollen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen die Konzentration von sogenannten Neurotransmittern im Gehirn, vor allem von Serotonin bzw. Noradrenalin oder Dopamin, erhöhen.
- Alpha2-Rezeptor-Antagonisten: Diese erhöhen ebenfalls die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin.
- Monoaminooxidase-Inhibitoren (MAO-Hemmer): Diese blockieren die Wirkung des Enzyms Monoaminooxidase.
- Nicht selektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI) erhöhen die Konzentration von Serotonin und Noradrenalin.
Es dauert ungefähr 14 Tage, bis Antidepressiva wirken. Nach ungefähr drei bis vier Wochen rechnet man mit der vollen Wirkung. Dann bespricht die Ärztin oder der Arzt mit der betroffenen Person, ob die Symptome weniger geworden sind. Studien zeigen, dass Antidepressiva Beschwerden einer Depression lindern und Rückfälle verhindern können. Jedoch wirken sie nicht bei allen Betroffenen gleich gut. Ein Teil hat weiterhin Beschwerden.
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Bei der Behandlung einer Depression können auch andere Medikamente als Antidepressiva zum Einsatz kommen. Auch Benzodiazepine oder Antipsychotika können zur Anwendung kommen. Zum Beispiel zur Beruhigung oder bei einer Psychose im Rahmen einer Depression. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt klärt Sie über die Wirkung, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie Nutzen und Risiko der Medikamente auf.
Psychotherapie
Es gibt unterschiedliche Methoden der Psychotherapie. Eine Psychotherapie kann einzeln, in der Gruppe oder auch als Paartherapie erfolgen.
Weitere Behandlungsmethoden
- Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der Elektrokonvulsionstherapie, kurz EKT oder auch Elektrokrampftherapie genannt, erfolgt in einer Kurznarkose eine Verabreichung von Stromimpulsen über Elektroden an der Kopfhaut. Dies führt zu einem Krampfanfall. Eine Therapieserie besteht aus ca. acht bis zwölf Einzelbehandlungen. Diese werden meist zwei- bis dreimal pro Woche durchgeführt. Die EKT kann für einige Wochen das Kurzzeitgedächtnis beeinträchtigen.
- Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS): Bei der repetitiven Transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) wird eine Spule an die Kopfhaut angelegt. Diese erzeugt elektromagnetische Impulse, die wiederholt verabreicht werden. Dafür ist keine Betäubung bzw. Narkose notwendig. Ein Behandlungszyklus umfasst fünf Sitzungen pro Woche, die 20 bis 30 Minuten dauern. Die Behandlung erfolgt über drei bis sechs Wochen. In seltenen Fällen kann es zu einem Krampfanfall kommen.
- Bewegungstherapie und sporttherapeutische Maßnahmen: Neben Bewegungstherapie hat sich vor allem Sport in der Gruppe als sporttherapeutische Maßnahme bewährt.
- Musiktherapie: Bei der Musiktherapie kommen musikalische Mittel zum Einsatz.
- Lichttherapie: Bei Depressionen, die einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten zeigen, empfehlen Fachleute mitunter Lichttherapie. Diese hat das Ziel, den Spiegel der Hormone Serotonin und Melatonin zu regulieren. Am häufigsten kommt bei der Lichttherapie ein Licht von hoher Lichtstärke zum Einsatz.
- Schlafentzugstherapie: Diese findet in einem Krankenhaus auf einer Station oder in einer spezialisierten Ambulanz statt. Dabei kommt es zu einem Schlafentzug über die ganze Nacht oder in der zweiten Nachthälfte.
Therapieresistenz
Die Ärztin oder der Arzt klärt Sie über Möglichkeiten der Behandlung auf, falls die Therapie nicht gut anspricht bzw. wirkt. Fachleute sprechen in dem Zusammenhang von Therapieresistenz. Diese liegt vor, wenn mindestens zwei unterschiedliche Antidepressiva aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen nicht zum Therapieerfolg geführt haben.
Anlaufstellen und Hilfe
Auch ohne Behandlung kann eine Depression nach einiger Zeit wieder abklingen. Es kann schwer sein, sich zu überwinden, Hilfe zu suchen. Den Tag planen: Ein strukturierter Tagesablauf unterstützt im Alltag. Auch für Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression erkrankt. Depressionen eines Elternteils können etwa Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben. Es kann z.B. zu einer verlangsamten Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten oder Problemen in der Schule kommen.
Antidepressiva in Österreich (Auswahl)
Die folgende Tabelle zeigt eine Auswahl von in Österreich verfügbaren Antidepressiva:
Freiname | Handelsname | Dosierung |
---|---|---|
Citalopram | Cipramil, Seropram | 20-60 mg |
Escitalopram | Cipralex | 10-20 mg |
Fluoxetin | Fluctin, Prozac | 20-60 mg |
Paroxetin | Seroxat | 20-50 mg |
Sertralin | Zoloft | 50-200 mg |
Venlafaxin | Efectin | 75-375 mg |
Duloxetin | Cymbalta | 60 mg |
Mirtazapin | Remeron | 15-45 mg |
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