Das Risiko für bestimmte psychische Erkrankungen ist im Alter erhöht. Einige Krankheiten - darunter Angststörungen - wurden bei Senior:innen lange unterschätzt. Angst und Ängstlichkeit können die Psyche älterer Menschen stark belasten.
Doch nicht nur Angststörungen oder ängstliche Verstimmungen gelten als Belastungen der Psyche im Alter. Insbesondere Erkrankungen wie Demenz, Depression oder Suchterkrankungen sind häufige psychische Krankheiten im Lebensabend. Viele Senior:innen sind von entsprechenden psychischen Problemen betroffen. In pflegenden Einrichtungen ist es sogar der Großteil den Patient:innen.
Mit zunehmendem Lebensalter wird uns die eigene Endlichkeit bewusst und wir stehen vor ganz neuen Herausforderungen im Leben. Nicht umsonst gibt es den Begriff des „Pensionsschocks“.
Altersangst und ihre Ursachen
Neben diesen nachvollziehbaren und angemessenen Sorgen gibt es allerdings auch die sogenannte Altersangst. Sie wird zu den Angststörungen gezählt und in der Fachsprache als Gerontophobie bezeichnet. Der Begriff leitet sich vom altgriechischen Wort géron ab, das für „Greis“ steht. Betroffene versuchen, den Gedanken als Altwerden zu verdrängen oder erleben eine belastende, starke, irrationale sowie tiefsitzende Angst vorm Altern.
Die Gründe für die Angst vorm Altern sind vielfältig und können mit persönlichen Erfahrungen sowie mit gesellschaftlichen Stereotypen in Zusammenhang stehen. Das Altern geht mit verschiedenen Verlusten einher: Beruf, Äußeres, Gesundheit sowie Beziehungen verändern sich. Alter wird in unserer Gesellschaft mit einem Verlust der Attraktivität sowie Produktivität assoziiert.
Lesen Sie auch: Veränderung der Persönlichkeit durch Depression
Verluste und Veränderungen im Alter
Im Alter erleben Menschen eine Vielzahl an Veränderungen, die einen realen Verlust bedeuten oder als Verlust erlebt werden können. Überdies sind Ältere häufiger sowie länger krank als sie es womöglich von früher gewohnt sind und im Alter nimmt die Anzahl mehrerer (chronischer) Krankheiten gleichzeitig - wie Diabetes, Arthritis oder Herzkrankheiten - tendenziell zu. Nicht nur Symptome von Herz und Kreislauf, sondern auch vermehrte Schmerzen sowie degenerative Erscheinungen an den Gelenken wie Arthrose, die zu Gelenkschmerzen führen können, nehmen zu. Zusätzlich ist Schwindel ein Symptom, das im Alter vermehrt auftritt.
Mit dem Älterwerden kommt für einige Menschen auch die Angst vor dem Verlust der Selbstständigkeit - etwa im Zuge körperlicher Einbußen oder einer Alzheimer-Erkrankung - hinzu. Zusätzlich dürfen die sozialen Aspekte des Alters nicht außer Acht gelassen werden: Der Übergang vom Berufsleben in die Pension kann mit einem erheblichen Verlust des eigenen Selbstwertes, einer gelebten Identität und regelmäßigen sozialen Kontakten einhergehen. Auch äußere Altersanzeichen wie graue Haare, Haarausfall oder Falten belasten einige Menschen im Zuge des Alterungsprozesses deutlich. Je älter Menschen werden, desto eher fallen auch konkrete Zukunftsvisionen und Ziele weg.
Diagnose und Behandlung psychischer Erkrankungen im Alter
Um Erkrankungen der Psyche im Alter zu diagnostizieren, braucht es seitens der Ärzt:innen sowie Psychotherapeut:innen besonderes Fachwissen sowie Fingerspitgefühl. Denn insbesondere im höheren Alter ist es oft schwierig, psychische Erkrankungssymptome von zu erwartenden Veränderungen des Alterungsprozesses sowie rein körperlichen Krankheiten abzugrenzen. Es ist ganz normal, dass sowohl organische als auch körperliche Fähigkeiten mit zunehmendem Alter nachlassen.
Generell gilt bei der medikamentösen Therapie von älteren Menschen zu beachten, dass sie Arzneien teilweise anders verstoffwechseln als Junge. Durch die organischen Veränderungen im Alter kann es sein, das Psychopharmaka - also Medikamente, die auf die psychische Verfassung einwirken - bei Senior:innen teilweise stärker bzw. anders wirken und zum Teil intensivere Nebenwirkungen hervorrufen können. Andererseits gibt es Arzneimittel, die bei Älteren Verwirrtheit oder Vergesslichkeit hervorrufen können, was die Abgrenzung von Nebenwirkungen und psychiatrischen Symptomen herausfordernd gestalten kann.
Früher nahm man an, dass die Persönlichkeit in späteren Lebensphasen so gefestigt ist, dass sie sich kaum mehr verändert. Heute weiß man hingegen, dass die Veränderungen der Persönlichkeit bei Menschen über 70 Jahren genauso häufig und intensiv sind, wie im jüngeren Alter.
Lesen Sie auch: Liste: Lieder über Depression
Die "3 D" im Alter: Depression, Demenz, Delir
Ist von der Psyche im Alter die Rede, fällt häufig der Begriff der „3 D“. Damit sind die Anfangsbuchstaben der häufigsten psychischen Erkrankungen im Alter gemeint: Depression, Demenz und Delir. Während Depressionen und Demenzen sich schleichend entwickeln können, kommt es bei einem Delir zu einem plötzlichen Versagen von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Gedächtnis und problemlösendem Denken (zusammengefasst unter dem Begriff Kognition). Delirien werden zu den häufigen Komplikationen bei Menschen über 80 Jahren gezählt. Denn das Alter gilt an sich bereits als Risikofaktor für die Entwicklung eines Delirs.
Man schätzt, dass in Österreich bis zu 130.000 Menschen von einer Form der Demenz betroffen sind. Die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, nimmt mit steigendem Alter deutlich zu. Rund 20 % der Älteren entwickeln eine sogenannte Altersdepression. Bei Menschen in Pflegeeinrichtungen liegt der Anteil noch höher bei bis zu 40 %. Obwohl die Depression im Alter damit eine häufige psychische Erkrankung ist, wird sie nicht selten übersehen, da etwaige Symptome als „Wunderlichkeit“, „Weinerlichkeit“ oder eine Form von Altersstarrsinn abgetan werden.
Dabei zeigen sich psychische Symptome der Demenz ähnlich wie bei jungen Menschen. Doch auch körperliche Beschwerden können Symptome der Depression im Alter sein. Viele der genannten Beschwerden treten organisch bedingt im Alter häufiger auf als im jüngeren Erwachsenenalter. Das ist mit ein Grund, weshalb die Altersdepression übersehen werden kann.
Veränderungen der Persönlichkeit und Aggressivität
Betrachtet man die Psyche im Alter, zeigen viele Menschen in dieser Zeit Veränderungen der Persönlichkeit. Diese werden häufig als Starrsinn und Eigenwilligkeit im Zuge des Alterns missinterpretiert, weshalb bestimmte psychische Erkrankungen oft spät entdeckt werden. Dazu kommt, dass besonders ältere Patient:innen dazu neigen, ihren Gemütszustand zu verschweigen und stattdessen über organische Beschwerden wie Schmerzen oder Verdauungsprobleme sprechen.
Wesensveränderungen von Senior:innen sollten daher nicht sofort als „Schrulligkeit“ abgetan werden, denn insbesondere in den Anfangsstadien von Demenz und Depression können sich die Erkrankungen auch in unspezifischen Veränderungen der Persönlichkeit zeigen. Manchen Menschen wird im Alter eine plötzlich auftretende Boshaftigkeit unterstellt. Im Umfeld werden sie dann als zunehmend schwierig, stur oder starrsinnig beschrieben.
Lesen Sie auch: Wirksamkeit von Fischöl
Aggressivität im Alter kann allerdings auch eine Begleiterscheinung der Veränderungen der Psyche älterer Menschen sowie ein Symptom psychiatrischer Erkrankungen sein. Aggression ist darüber hinaus stark mit bestimmten Formen der Demenz verknüpft. Nicht jede:r Patient:in mit Demenz wird aggressiv, aber je nach Verlauf und Art der Krankheit muss mit Voranschreiten der Erkrankung mit verstärkter Reizbarkeit, Aggression und Wutausbrüchen gerechnet werden. In manchen Fällen steigert sich die Aggressivität im Zuge der Demenz bis hin zu körperlicher Gewalt, was eine enorme Herausforderung für Angehörige und pflegendes Fachpersonal bedeuten kann.
Angststörungen im Alter
Ähnlich wie bei der Depression werden auch Angsterkrankungen im Alter tendenziell übersehen. Auch Symptome der Angst äußern sich bei älteren Menschen bisweilen besonders stark über organische Beschwerden. Dahinter können selbstredend auch organische Ursachen stecken, weshalb Angst im Alter immer wieder mit körperlichen Erkrankungen verwechselt und als Begleitsymptom des Älterwerdens bewertet wird. Auch wenn sie häufig übersehen werden, sind Angstzustände im Alter keine Seltenheit. Man schätzt, dass rund 10 % der älteren Menschen von Angststörungen betroffen sind.
Die häufigste Form der Angst im Alter ist die generalisierte Angststörung. Dabei kommt es zu anhaltenden, unspezifischen Ängsten, die zahlreiche Bereiche des Lebens umfassen und nicht nur konkrete Situationen oder Dinge betreffen. Während Panikstörungen mit Panikattacken insgesamt im Alter weniger oft auftreten als bei Jungen, sind mit rund 7 % der über 65-Jährigen nahezu genau so viele Menschen im Alter von einer Phobie wie etwa der Agoraphobie betroffen wie jüngere Personen. Spezifische Angstsymptome werden im Alter teilweise als alterstypisches Verhalten missinterpretiert.
Darüber hinaus hält das Alter eine Vielzahl von zu bewältigenden Herausforderungen bereit, vor deren Bewältigung sich ältere Menschen oft zurecht fürchten. Dazu gehören finanzielle Einbußen, organische Erkrankungen, der Verlust der Selbstständigkeit oder von geliebten Menschen. Werden Angsterkrankungen im Alter übersehen, kann das verschiedene Auswirkungen auf Senior:innen haben, aus denen bisweilen auch ein Teufelskreis aus Vermeidungsverhalten und verstärkter Angst entstehen kann.
Umgang mit älteren Menschen und psychische Belastungen
Psychische Belastungen und Erkrankungen im Alter können sich auch auf körperlicher Ebene zeigen. Nicht immer ist es einfach, entsprechende Symptome von organischen Ursachen zu unterscheiden. Umgekehrt muss man allerdings auch beachten, dass organische Erkrankungen zu Persönlichkeitsveränderungen älterer Menschen führen können.
Der Umgang mit älteren Eltern erfordert oft viel Geduld und Einfühlungsvermögen, besonders wenn sie sich plötzlich aggressiv, misstrauisch oder zurückgezogen verhalten. Solche Wesensveränderungen werden oft vorschnell als normale psychische Folge des Alters interpretiert, können aber auch auf Erkrankungen wie Demenz hinweisen, oder schlicht einer möglichen Schwerhörigkeit geschuldet sein.
Für Angehörige ist es emotional belastend, wenn sich vertraute Persönlichkeiten verändern. Um den Alltag zu erleichtern, können eine einfache, klare Sprache mit älteren Menschen, Wiederholungen und Rituale sowie Geduld und ein strukturierter Tagesablauf mit festen Gewohnheiten hilfreich sein. Eine vertraute, Orientierung schaffende Umgebung und das Fördern von Selbstständigkeit können das Wohlbefinden älterer Menschen und einen entspannten Umgang miteinander stärken. Gleichzeitig sollten pflegende Angehörige auch auf ihre eigenen Grenzen, ihre Gesundheit und eine soziale Balance achten.
Suizidrisiko und Behandlungsmöglichkeiten
Psychische Erkrankungen, besonders unbehandelte Depressionen, zählen zu den Hauptrisikofaktoren für Suizid im höheren Lebensalter. Auch Angsterkrankungen sind häufig und treten oft gemeinsam mit Depressionen oder Schmerzen auf - eine Kombination, die als „Leidenstrias“ bekannt ist. Suizid betrifft alle Altersgruppen, tritt aber besonders häufig bei älteren Menschen auf, vor allem bei Männern. Ein Drittel aller Suizide entfällt auf über 65-Jährige.
Auch im höheren Alter lassen sich psychische Erkrankungen gut behandeln. Wichtig ist eine sorgfältige Diagnose, da Ängste sowie depressive Symptome auch durch körperliche Erkrankungen, Medikamente oder im Zusammenhang mit Demenz und Substanzmissbrauch entstehen können. Die Prognose ist etwa bei vielen Angsterkrankungen auch im Alter noch günstig, vor allem bei Phobien.
Auch bei älteren Menschen gilt insbesondere bei Angststörungen die Psychotherapie als erstes Mittel der Wahl in der Behandlung. Ein spezialisiertes Feld ist dabei die sogenannte Gerontopsychotherapie. Bei der medikamentösen Behandlung von psychischen Problemen im Alter ist jedenfalls die häufig vorhandene Multimedikation von älteren Menschen sowie deren verändertes Ansprechen auf Psychopharmaka zu beachten.
Phytotherapie bei Altersbeschwerden
Vor allem bei der Angst vorm Altwerden und Ängsten aufgrund der vielfältigen körperlichen sowie sozialen und finanziellen Veränderungen im Alter hat die Phytotherapie einen besonderen Stellenwert. So ermöglicht beispielsweise der aus dem medizinischen Lavendel gewonnene pflanzliche Wirkstoff Silexan® eine sichere und zuverlässige Behandlung von ängstlicher Verstimmung. Der in Studien bestimmten Psychopharmaka ebenbürtige Arzneistoff aus der Natur ist in Österreich unter dem Handelsnamen Lasea® rezeptfrei erhältlich. Die Besonderheit des Präparats liegt nicht nur in seiner mehrfach belegten angstlösenden Wirkung, sondern auch darin, dass für den Wirkstoff derzeit keinerlei Wechselwirkungen bekannt sind.
Depressionen bei Männern
Depressionen werden bei Männern seltener diagnostiziert als bei Frauen. Ein möglicher Grund dafür liegt in der nach wie vor mangelnden Kenntnis darüber, dass sich die psychische Erkrankung bei Männern mit anderen Symptomen äußert als bei Frauen. Während eine gedrückte Stimmungslage, der Verlust von Interessen und Freude, verminderter Antrieb, aber auch Schuldgefühle, vermindertes Selbstwertgefühl, Pessimismus, herabgesetzte Aufmerksamkeit, Suizidgedanken bzw. Suizidhandlungen, Schlafstörungen und verminderter Appetit bei beiden Geschlechtern auf eine Depression hinweisen können, finden sich bei Männern zusätzlich häufiger Reizbarkeit, Aggressivität und Risiko- bzw.
Auch unterschiedliche Auslöser In Österreich leben derzeit rund 730.000 Menschen mit einer Depression, 264.000 davon gehören dem männlichen Geschlecht an. Dass Depressionen bei Männern seltener diagnostiziert werden, wird heute nur mehr zum Teil darauf zurückgeführt, dass sie seltener ärztliche Hilfe suchen als Frauen. Symptome zumindest über Wochen Im Laufe eines Jahres leiden in Österreich 7,4 Prozent der Männer und 12,6 Prozent der Frauen an einer Depression, wie eine im Jahr 2017 an der Klinischen Abteilung für Sozialpsychiatrie der MedUni Wien durchgeführte repräsentative Studie ergab.
tags: #Wesensveränderung #bei #Depressionen #Ursachen