Traurige Phasen gehören zum Leben dazu. Diese Gefühle sind gesunde Antworten auf Verletzungen, Kränkungen oder Verluste. Doch wie kann man eine Depression von Traurigkeit unterscheiden?
Trauer und traurige Phasen sind meist die Folgen schlimmer Erlebnisse. Sie lassen im Unterschied zu einer Depression nach einer gewissen Zeit nach. Ebenso ist bei Trauernden das Selbstwertgefühl noch heil. Trauernde können sich zum Beispiel auch noch freuen, beispielsweise über eine fröhliche Geschichte aus dem Leben einer:s Verstorbenen.
Im Unterschied dazu ist eine Depression eine psychische Krankheit, aber dennoch mit körperlichen Krankheiten wie Diabetes oder Asthma vergleichbar. Wie jede andere Krankheit muss eine Depression ärztlich behandelt werden.
Was sind die typischen Anzeichen einer Depression?
Die Anzeichen bei einer Depression sind unterschiedlich, und jede Depression verläuft anders. Eine Depression ist viel mehr, als bedrückt zu sein. Bei einer Depression zeigen sich körperliche, emotionale und kognitive Anzeichen - zum Beispiel beim Lernen, Ihre Aufmerksamkeit, Konzentration oder Kreativität - und zwar über einen längeren Zeitraum.
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Wenn über zwei Wochen oder länger mindestens zwei der drei Hauptsymptome und zusätzlich mindestens zwei Nebensymptome vorliegen, wird von Ärzt:innen die Diagnose Depression gestellt. Je nach Anzahl und Ausprägung der Symptome wird zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer Depression unterschieden. Bei verschiedenen Menschen kann sich die Depression also unterschiedlich äußern. Es sind auch nicht immer alle Symptome vorhanden.
Hauptsymptome einer Depression
- Gedrückte Stimmung: Betroffene berichten oft von einer niedergeschlagenen, gedrückten Stimmung. Viele sprechen auch von innerer Leere und der Unfähigkeit, eigene Gefühle wahrnehmen zu können. Sie geben an, sich wie versteinert zu fühlen.
- Interessen- oder Freudlosigkeit: Dinge und Aktivitäten, die früher wichtig und bedeutsam waren, erscheinen für Menschen mit Depression nicht mehr interessant. Nichts macht mehr Spaß, seien es früher geliebte Hobbies, das Berufsleben oder Treffen mit dem Freundeskreis.
- Antriebsmangel bzw. erhöhte Ermüdbarkeit: Im Rahmen einer Depression ist der Antrieb häufig gestört. Selbst alltäglicher Aufgaben wie Einkaufen, Aufräumen, Arbeiten usw. können große Überwindung kosten, schnell ermüden und zum Teil einfach auch nicht bewältigt werden.
Mögliche Zusatzsymptome einer Depression
- Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
- Vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen
- Gefühle von Schuld und Wertlosigkeit
- Negative und pessimistische Zukunftsperspektiven
- Schlafstörungen
- Verminderter Appetit
- Suizidgedanken/-handlungen
Zusammenfassend sind die Anzeichen einer Depression:
- Sie fühlen sich niedergeschlagen.
- Sie interessieren sich für nichts mehr.
- Sie haben alle Freude verloren.
- Sie wollen fast nichts mehr unternehmen.
- Sie fühlen sich energielos.
- Sie haben Ängste.
- Sie haben wenig Appetit oder Sie haben mehr Appetit.
- Sie haben Schlafstörungen.
- Sie können sich schwer konzentrieren.
- Sie haben Schuldgefühle.
- Sie fühlen sich wertlos.
- Sie machen sich Selbstvorwürfe.
- Sie denken oft an den Tod.
- Sie denken an Suizid.
Wenn Sie mehrere dieser Anzeichen bei sich feststellen, suchen Sie bitte rasch eine:n Ärzt:in auf. Sie:er kann Ihnen helfen. Am Telefon können Sie selbst am Wochenende oder in der Nacht Hilfe bekommen, zum Beispiel bei der Telefonseelsorge unter 142.
Sowohl in einer Trauerphase als auch bei anhaltenden Depressionen ziehen sich betroffene Menschen intensiv von gewohnten Aktivitäten zurück. In beiden Fällen treten impulsive, negative Gefühle auf. Jedoch kann eine Trauerphase durch positive Assoziationen unterbrochen werden. Eine Depression hingegen zeichnet sich durch ein durchgehend schlechtes Stimmungsbild aus.
Wie kann eine psychische Erkrankung von Traurigkeit oder schlechter Laune unterschieden werden?
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Psychotherapeut Dr. Mag. pth. Bernhard Gracner beantwortet die wichtigsten Fragen zur Depression.
Anders als bei vielen physischen Erkrankungen ist die erfolgreiche Behandlung einer Depression sehr stark von der erkrankten Person abhängig. Wie schwierig die Situation auch sein mag, hoffnungslos ist sie nie.
Was sind die Merkmale einer "Smiling Depression"?
Wie heimtückisch die Krankheit sein kann, zeigt nicht zuletzt die sogenannte "smiling depression". Im englischen Sprachraum wird damit eine spezielle Form bezeichnet, bei der man seine Erkrankung erfolgreich hinter einer Fassade versteckt. Die Betroffen:e geht oft einem geregelten beruflichen Leben nach, ist in vielen Fällen in einer Partnerschaft und vermittelt in Gesprächen einen seelisch gesunden Eindruck. In der Psychologie ist dieser Begriff noch nicht etabliert. Die Bezeichnung "atypische Depression" umfasst allerdings im Wesentlichen die selbe Symptomatik. Zwischen 15 und 40 % der depressiv erkrankten Menschen sind Schätzungen zufolge von dieser Form betroffen.
Symptome einer atypischen Depression:
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- Starke Traurigkeit tritt vor allem abends auf
- Schweregefühl in den Armen und Beinen
- Überempfindlichkeit gegenüber Kritik
- Positive Erlebnisse sorgen für einen kurzen Stimmungsaufschwung, der aber schnell wieder vergeht
- Regelmäßiges Überessen
- Verlangen nach mehr Schlaf als üblich
Besonders besorgniserregend ist die bei dieser Form vergleichsweise hohe Suizidgefahr. Anders als Betroffene einer "normalen" Depression, haben atypisch Depressive eher die Energie, ihrem Leben ein Ende zu setzen.
Was kann man tun, um mit depressiven Verstimmungen oder Traurigkeit umzugehen?
Ein erster wichtiger Schritt ist es, über die "smiling depression" Bescheid zu wissen und nicht das Gefühl abzulegen, sich für seine Traurigkeit schämen zu müssen. Zum Erfolg kann eine Psychotherapie beitragen, oftmals in Kombination mit Antidepressiva. Auch im Alltag bieten sich der Patient:in Möglichkeiten zur Verbesserung der Symptomatik. Studien belegen etwa den extrem positiven Einfluss von Sport. Manche Sportarten wie Yoga erzielen besonders gute Ergebnisse, prinzipiell ist aber jede Art von regelmäßiger Bewegung förderlich für die psychische Gesundheit. Professionelle Meditation kann bei Betroffenen ebenfalls einen hilfreichen Ausgleich darstellen. Besonders wesentlich dürfte außerdem eine Zielsetzung im Leben sein, ganz gleich wie diese aussieht. Ein spannungsfreier Zustand ohne Verantwortung und Herausforderungen ist tendenziell nicht erstrebenswert. Insbesondere Menschen, die zu depressiven Stimmungen neigen, brauchen das Gefühl, dass ihr Leben einen Sinn hat.
Mythen rund um das Thema Depression
Mythos | Wahrheit |
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Botox hilft gegen Depressionen! | Vielleicht. Hinweise zeigen, dass Botox-Spritzen gegen depressive Symptome wirken können. Es ist aber jedenfalls weitere Forschung notwendig, um sichere Aussagen treffen zu können. |
Tageslichtlampen verbessern die Stimmung! | Ja, Tageslichtlampen können bei einigen Personen die Beschwerden einer saisonalen Depression (Winterdepression) reduzieren. |
Johanniskraut wirken gegen Depressionen! | Stimmt wahrscheinlich! Studien zeigen, dass Johanniskraut-Extrakt die Beschwerden einer leichten bis mittleren Depression besser lindern kann als ein Placebo. |
Was kann man im Alltag tun?
- Nehmen Sie professionelle Hilfe an, lieber früher als später.
- Bleiben Sie aktiv! Bewegung tut gut und lenkt von negativen Gedanken ab.
- Tauschen Sie sich mit anderen Betroffenen aus. So können Sie auch Lösungen finden, die für Sie persönlich passen. Hilfreich kann hier zum Beispiel eine Selbsthilfegruppe sein.
- Planen Sie ihren Tag, das kann Sie im Alltag unterstützen.
- Achten Sie auf einen guten Schlaf.
Wie können Angehörige unterstützen?
- Informieren Sie sich über die Erkrankung! Es hilft, wenn man die Erkrankung des/der Angehörigen versteht.
- Reden Sie darüber! Es kann Sie entlasten, wenn Sie mit vertrauten Menschen über die Situation sprechen. Auch professionelle Beratung kann hilfreich sein.
- Achten Sie auf sich selbst! Wenn es Ihnen selbst nicht gut geht, können Sie andere nicht so gut unterstützten. Deshalb schauen Sie auf sich und Ihre Gesundheit.
- Verständnisvoll aber konsequent! Mitgefühl und Zuhören sind wichtig, damit sich Menschen mit einer psychischen Erkrankung verstanden fühlen.
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