Essstörungen bei Kleinkindern im Kindergartenalter

Essen ist ein menschliches Grundbedürfnis, das dem Überleben dient, aber auch schon von Beginn des Lebens an mit vielen Gefühlen verbunden ist. Essen kann auch ein Weg sein, wie Kinder Probleme und Belastungen ausdrücken.

Der Säugling unterscheidet anfangs nicht zwischen dem Bedürfnis nach Zuwendung und nach Essen. Beim Stillen bzw. Andererseits werden emotionale Bedürfnisse erfüllt, wie mit dem Kind zu sprechen, es zu beruhigen, auf die Gefühle einzugehen und dafür zu sorgen, dass es sich sicher fühlt. Erst später können das Gefühl, satt zu sein und genug Zuwendung und Nähe zu haben, voneinander getrennt werden.

Wenn die Eltern dem Baby unterschiedliche Angebote machen, lernt es wahrzunehmen, wann es Hunger hat und Essen möchte und wann es eigentlich etwas anderes braucht, wie zB Körperkontakt oder Schlaf. Die Eltern lernen ihr Kind im Laufe der Zeit besser kennen. Dadurch verstehen sie immer mehr, was das Baby durch sein Verhalten sagen möchte (wann es z. B. müde ist, wann es nicht spielen möchte oder wann es Schmerzen hat). Dennoch kann es auch weiterhin vorkommen, dass Kinder Probleme und Belastungen über das Essen ausdrücken.

Hinweise auf eine Fütterstörung

Es ist völlig normal, dass kleine Kinder Phasen haben, in denen sie sich schwer tun beim Essen. Das kann sich so zeigen, dass das Baby oder Kleinkind nicht essen möchte oder dabei sehr wählerisch ist. Manchmal kann es jedoch zu einer Essstörung kommen. Bei Säuglingen und Kleinkindern werden diese Fütterungs- bzw. Fütterstörung genannt. Wichtiges Kennzeichen dafür ist, dass es über einen längeren Zeitraum Schwierigkeiten beim Füttern gibt.

Es gibt mehrere Anhaltspunkte für eine Essstörung im Säuglings- und Kleinkindalter:

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  • Das Füttern des Kindes ist mehrmals am Tag schwierig (wenn dieses Problem mindestens einen Monat lang auftritt).
  • Die Zeit zwischen denen man das Kind füttert ist kurz bzw. nimmt das Füttern viel Zeit in Anspruch, obwohl das Kind nicht viel isst (wenn dieses Problem mindestens einen Monat lang auftritt).
  • Das Kind kann über einen längeren Zeitraum nicht mehr ausreichend mit Energie und Nährstoffen versorgt werden. Dies bemerkt man besonders daran, dass sich das Kind nicht mehr in einem gesunden Gewichtsbereich befindet.

Formen von Fütter- und Essstörungen im Säuglings- und Kleinkindalter

Essstörungen bei Säuglingen zeigen sich durch Erbrechen, das lange anhält, und wiederholtes Hinaufwürgen von Flüssigkeit oder Nahrung. Ebenso können Neugeborene unter- oder überernährt sein oder es bestehen Schwierigkeiten beim Stillen. Im frühen Kindesalter kann es zu verschiedenen Formen von Fütterstörungen kommen:

  • Regulations-Fütterstörung: Manchen Säuglingen fällt es schwer, ihre körperlichen Bedürfnisse und Gefühle zu regulieren, d.h. sie sind oft unausgeglichen. Dadurch können Schwierigkeiten beim Füttern entstehen, weil das Kind z.B. leicht ablenkbar oder unruhig ist oder viel weint.
  • Sensorische Nahrungsverweigerung: Kinder reagieren sehr sensibel auf bestimmte Geschmäcker oder die Farbe oder Form der Nahrung (flüssig, breiig oder fest).
  • Fütterstörung assoziiert mit Insulten des gastrointestinalen Traktes: Manchmal haben Kinder schmerzhafte Erfahrungen im Gesicht, Mund oder Rachen in ihrer frühen Kindheit gemacht und wollen aufgrund dieser Erfahrungen nicht essen. Beispielsweise, wenn das Kind mittels Sonde ernährt wurde oder eine Operation in diesem Bereich hatte.
  • Schwierigkeiten beim Füttern aufgrund von körperlichen Erkrankungen: Auch aufgrund von anderen körperlichen Erkrankungen kann es Probleme beim Füttern geben. Das Füttern kann dann mit Schmerzen verbunden sein.
  • Frühkindliche Anorexie: Kinder essen wenig, zeigen kaum Hunger und haben insgesamt wenig Interesse am Essen. Sonst sind die Kinder jedoch aktiv und interessiert.
  • Fütterstörung der reziproken Interaktion: Manchmal gibt es Schwierigkeiten beim Füttern, weil Eltern und Kind nicht genug miteinander in Beziehung sind. Die Kinder zeigen während dem Füttern wenig Reaktionen auf die Bezugsperson (z.B. suchen wenig Blickkontakt zu der Bezugsperson oder reagieren wenig mit Lauten auf die Bezugsperson). Auch bei der Bezugsperson zeigt sich, dass es ihr aufgrund von verschiedenen Umständen schwerfällt, die Signale des Kindes richtig zu verstehen und darauf zu reagieren.
  • Pica Syndrom: Dabei werden Dinge gegessen, die eigentlich nicht zum Essen da sind, wie Sand, Erde etc. Auch kleine Kinder nehmen Gegenstände in den Mund, um sie zu erkunden. Der Unterschied beim Pica Syndrom ist allerdings, dass die Dinge gezielt gegessen werden.

Andererseits wirken sich die Probleme beim Essen stark auf die Beziehung zwischen Eltern und Kind aus: Durch die Schwierigkeiten beim Essen geraten Eltern schnell unter Druck. Der Alltag dreht sich stark um das Essen und es werden viele Arten ausprobiert, damit das Kind doch etwas isst: wie gezieltes Überreden zum Essen bis hin zu Essenszwang, Ablenkungen oder Verkürzung der Essenszeiten. Diesen Druck spüren die Kinder, was das Problem häufig verstärkt und ein Teufelskreis entsteht.

Auch wenn das gerade schwerfällt, weil Sie sehr in Sorge sind: Versuchen Sie Ruhe zu bewahren und Machtkämpfe und Zwang zu vermeiden.

Was tun bei Verdacht auf eine Essstörung?

Wenn Sie den Verdacht haben, dass ihr Kind an einer Fütterstörung bzw. Essstörung leidet, holen sie sich frühzeitige Hilfe. Dies ermöglicht es, für Entlastung zu sorgen und trägt dazu bei, die Beziehung zwischen Ihnen und Ihrem Kind positiv zu beeinflussen. In einem ersten Schritt können sie sich an die/den Kinderärztin oder Kinderarzt wenden. Dort kann das Problem genauer eingeordnet und eventuelle körperliche Ursachen ausgeschlossen werden.

Außerdem können gegebenenfalls weitere Schritte zur Abklärung und Therapie eingeleitet werden.

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Wenn eine Therapie notwendig sein sollte, besteht diese meistens aus einer Kombination aus mehreren Behandlungsansätzen wie medizinische Kontrollen, Ernährungsberatung, Logopädie oder Ergotherapie. Zudem gibt es psychologische bzw. therapeutische Unterstützung.

Ganz grundsätzlich liegt vielen Essstörungen eine Verletzung der kindlichen Autonomie zugrunde.

Viele Kinder, die ein problematisches Verhältnis zu Nahrung haben, entwickeln ein panisches Abwehrverhalten. Cavini dazu: „Häufig spiegeln Kinder den Stress der besorgten Eltern wider und Stress hemmt die oralen Funktionen.“ Bei etwa einem Viertel der Kleinkinder kann es - vorübergehend - zu Fütter­ und Essstörungen kommen.

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