ADHS Therapie für Erwachsene: Methoden und Ansätze

Verständnis von ADHS: Ein Überblick

Die Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine neurologische Erkrankung, die weitgehend durch Überaktivität, Impulsivität und Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung der Aufmerksamkeit gekennzeichnet ist. Sie betrifft Kinder und Erwachsene und kann erhebliche Auswirkungen auf das tägliche Leben und das Funktionieren haben. Doch trotz der Herausforderungen, die ADHS mit sich bringt, gibt es auch Potenziale und Stärken, die oft übersehen werden.

Die genauen Ursachen von ADHS sind noch nicht vollständig verstanden. Es wird jedoch angenommen, dass eine Kombination aus genetischen, neurobiologischen und Umweltfaktoren dazu beiträgt. Die Diagnose von ADHS kann schwierig sein, da die Symptome von Person zu Person variieren und andere Erkrankungen ähnliche Symptome aufweisen können.

Die Behandlung von ADHS kann eine Kombination aus Medikamenten, Psychotherapie, Verhaltenstherapie und Selbstführungsstrategien umfassen. Letztere können besonders hilfreich sein, um Menschen mit ADHS dabei zu unterstützen, ihre besonderen Fähigkeiten und Potenziale zu erkennen und zu nutzen.

Psychotherapie als Behandlungsansatz

Nach heutigem Wissensstand lässt sich ADHS nicht heilen. Manchmal bilden sich die Beeinträchtigungen aber mit den Jahren teilweise zurück. Einige Betroffene entwickeln zudem Bewältigungsstrategien, mit denen sie Alltag und Beruf erfolgreich meistern. Vor allem Schwierigkeiten mit der Arbeitsorganisation sowie der beruflichen und privaten Kommunikation sind gut verhaltenstherapeutisch behandelbar.

Durch ein sogenanntes Selbstinduktionstraining lernen ADHS-Patienten, wie sie ihre Impulsivität besser kontrollieren können. Einzeln und in der Gruppe werden Verhaltensweisen eingeübt, die den Alltag mit den Kollegen, der Familie oder dem Partner erleichtern.

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Die Verhaltenstherapie umfasst die Zusammenarbeit mit den Kindern, deren Eltern und auch der Schule. Die Kinder lernen, ihren Alltag zu strukturieren und ihr Verhalten besser zu kontrollieren. In vielen Fällen ist es sinnvoll, dass ein professioneller Helfer die Kinder einige Zeit auch in der Schule unterstützt.

Auch das Üben in Modellsituationen kann hilfreich sein. Im Rahmen von Rollenspielen, zum Beispiel unter Gleichaltrigen, üben ADHS-Kinder in einer praxisnahen Situation ein Verhalten, das sie später auch zu Hause oder in der Schule anwenden können. Erleben sie dabei Anerkennung, werden sie das neue Verhaltensmuster schnell in ihr Repertoire aufnehmen.

Medikamentöse Behandlung von ADHS bei Erwachsenen

Bei ausgeprägten Symptomen im Erwachsenenalter verordnen Ärzte mitunter Medikamente gegen ADHS. Wie bei Kindern stehen auch Erwachsenen zwei verschiedene Wirkstoffe (Methylphenidat und Atomoxetin) zur Verfügung. Sie heilen nicht die Erkrankung, tragen aber dazu bei, die Lebensqualität zu verbessern.

Methylphenidat

Methylphenidat ist das am häufigsten verwendete Medikament zur Behandlung von ADHS. Es ist unter den Handelsnamen Ritalin und Medikinet bekannt. Methylphenidat ist kein Beruhigungsmittel, sondern ein Psychostimulans aus der Gruppe der Amphetamine. Es fördert die Aktivität im Gehirn, insbesondere die Konzentration des Nervenbotenstoffs Dopamin. Dopamin spielt eine zentrale Rolle bei der Steuerung von Bewegungen und der Konzentrationsfähigkeit.

Methylphenidat wirkt schnell, oft schon innerhalb einer Stunde. Die Dosierung wird individuell angepasst, beginnend mit einer niedrigen Dosis, die nach Bedarf gesteigert wird. Methylphenidat unterliegt dem Betäubungsmittelgesetz und wird nur auf speziellen Rezepten verschrieben. Es hat keine körperlich süchtigmachende Wirkung bei sachgemäßer Anwendung. Missbrauch kann jedoch gesundheitsschädlich sein, etwa bei Verwendung als "Gehirn-Doping".

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Atomoxetin

Ein neuerer Wirkstoff für ADHS ist Atomoxetin, das weniger stark wirkt als Methylphenidat, aber eine Alternative bietet. Atomoxetin erhöht den Noradrenalinspiegel im Gehirn, indem es dessen Abbau verlangsamt. Es fällt nicht unter das Betäubungsmittelgesetz und ist ab sechs Jahren zugelassen.

Weitere Medikamente

Weitere mögliche Medikamente bei ADHS sind Neuroleptika, Antidepressiva, Beruhigungsmittel und andere Amphetamine. Fenetyllin und Pemolin können ebenfalls verordnet werden, wenn Methylphenidat und Atomoxetin nicht ausreichend wirken.

Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Unterschiede zwischen Methylphenidat und Atomoxetin zusammen:

SubstanzMethylphenidatAtomoxetin
WirkungsweiseWirkt auf den Dopamin-Stoffwechsel im Gehirn, erhöht DopaminkonzentrationBeeinflusst Noradrenalin(NA)-Stoffwechsel, NA wird langsamer in die Zelle wiederaufgenommen und wirkt so länger
WirksamkeitHilft in der Mehrheit der FälleEffektivität eher geringer als die von Methylphenidat, kann bei Patienten wirksam sein, die nicht auf Methylphenidat ansprechen
Wirkdauer1 bis 3 Gaben pro Tag, neuere Retardpräparate gewährleisten Wirkdauer von 6 bzw. 12 StundenKontinuierliche Wirkung über den gesamten Tag
ErfahrungSeit mehr als 50 JahrenSeit den 2000er Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz zugelassen. Studienerfahrung seit 1998
NebenwirkungenIn der Anfangsphase für 2-3 Wochen: Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, verstärkte Reizbarkeit, Übelkeit und Erbrechen. Häufig: Appetitlosigkeit, Gewichtsabnahme, Benommenheit, Muskelzucken/Tics, Allergische Hautreaktionen. Selten: Anstieg von Blutdruck und Puls, Seltene Berichte über ein Ansteigen der Leberwerte oder Leberentzündungen (Hepatitis). Bremst das Längenwachstum und die Gewichtszunahme der KinderVor allem in der Anfangsphase: Kopfschmerzen, Mundtrockenheit (Erwachsene), Bauchschmerzen, verminderter Appetit, Übelkeit und Erbrechen, Verstopfungen, Müdigkeit, Stimmungsschwankungen. Häufig: verminderter Appetit, Gewichtsabnahme, leichter Anstieg von Blutdruck und Puls. Gelegentlich: allergische Reaktionen. Selten: zusätzliche Verhaltensstörungen mit aggressiver Komponente, Sehr seltene Berichte über ein Ansteigen der Leberwerte, Gelbsucht oder Leberentzündungen (Hepatitis). Bremst das Längenwachstum und die Gewichtszunahme der Kinder wohl nur vorübergehend
SpätfolgenKeine erhöhte Rate von Spätfolgen, Befürchtungen wegen Parkinson-Erkrankung oder Hirnschäden nicht belegbar.Spätfolgen noch nicht absehbar
SuchtgefahrRichtig angewendet keine erhöhte Suchtgefahr; wird bei ADHS sogar reduziert (Verlaufsstudien).Keine Suchtgefahr
GegenanzeigenEpileptische Anfallsleiden, Angst und Anspannung, erhöhter Augeninnendruck, Tourette-Syndrom, gleichzeitige Einnahme von Medikamenten aus der Arzneimittelgruppe der MAO-Hemmer zur Behandlung von Depressionen, Schilddrüsenüberfunktion, schwere Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen, Schwerer Bluthochdruck, schwere Depressionen, Magersucht, Psychosen, Tic-Störungen, Medikamentenmissbrauch, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Schwangerschaft und StillzeitProstatavergrößerung, kürzlich aufgetretener Schlaganfall, gleichzeitige Einnahme von Medikamenten aus der Arzneimittelgruppe der MAO-Hemmer zur Behandlung von Depressionen, erhöhter Augeninnendruck (Engwinkelglaukom)
VerordnungBetäubungsmittel- / Suchtgift-Rezept, für Reisen ins Ausland Bestätigung des behandelnden Arztes erforderlich.Normales Rezept

Neurofeedback als Therapieoption

Neurofeedback ist eine spezialisierte Form des Biofeedbacks, bei der Gehirnwellen in Echtzeit gemessen und analysiert werden. Das Ziel ist es, das Gehirn dabei zu unterstützen, seine Aktivität selbst zu regulieren. Die Patient:innen lernen, bestimmte Gehirnwellenmuster zu verstärken oder zu reduzieren, was zu einer Verbesserung der Konzentration und emotionalen Kontrolle führen kann.

Bei Menschen mit ADHS zeigen sich häufig Ungleichgewichte in bestimmten Gehirnwellenmustern. Beispielsweise sind die Theta-Wellen, die mit Tagträumen und entspanntem Wachzustand assoziiert werden, oft überaktiv, während die Beta-Wellen, die mit Fokus und Aufmerksamkeit verbunden sind, unteraktiv sein können.

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Während einer Neurofeedback-Sitzung wird der/die Patient:in mit Elektroden verbunden, die die Gehirnaktivität messen. Diese wird dann auf einem Bildschirm in Form eines Spiels oder einer anderen visuellen Darstellung wiedergegeben. Wenn das Gehirn die gewünschten Wellenmuster produziert, wird der/die Patient:in durch positive Rückmeldung belohnt.

Vorteile des Neurofeedback:

  • Verbesserte Aufmerksamkeit und Konzentration
  • Individuell anpassbar
  • Nebenwirkungsfrei

Studien zeigen, dass Neurofeedback in Kombination mit anderen Therapieformen, wie Verhaltenstherapie oder Ergotherapie, besonders effektiv sein kann. Durch das gezielte Training der Gehirnwellen können Betroffene lernen, ihre Symptome besser zu kontrollieren und ihren Alltag deutlich zu verbessern.

Selbstführungsstrategien zur Entfaltung des Potenzials

Selbstführung bezieht sich auf die Fähigkeit einer Person, ihre eigenen Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen zu steuern und zu lenken, um ihre Ziele zu erreichen. Es geht darum, Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und die notwendigen Schritte zu unternehmen, um positive Veränderungen zu bewirken.

Selbstführung beinhaltet eine Reihe von Fähigkeiten und Strategien, darunter Selbstbewusstsein, Selbstkontrolle, Selbstmotivation und Zielsetzung. Diese Fähigkeiten können dazu beitragen, das Selbstvertrauen zu stärken, die Produktivität zu erhöhen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.

Für Menschen mit ADHS kann Selbstführung besonders wichtig sein. Sie kann ihnen helfen, ihre Symptome besser zu bewältigen, ihre Stärken zu nutzen und ihre Herausforderungen zu überwinden.

Es gibt verschiedene Selbstführungsstrategien, die dazu beitragen können, das Potenzial von Menschen mit ADHS freizusetzen. Eine dieser Strategien ist die Selbstbeobachtung und Selbstreflexion. Dies beinhaltet das regelmäßige Nachdenken über das eigene Verhalten, die eigenen Gedanken und Emotionen und die Auswirkungen dieser auf die eigene Leistung und das Wohlbefinden.

Eine weitere wichtige Strategie ist die Selbstzielsetzung. Diese beinhaltet das Festlegen von klaren, spezifischen und erreichbaren Zielen und das regelmäßige Überprüfen des Fortschritts in Richtung dieser Ziele.

Die Selbstmotivation ist ebenfalls eine wichtige Strategie. Dies kann erreicht werden, indem man sich auf seine Stärken und Erfolge konzentriert, positive Selbstgespräche führt und Selbstbelohnungen für erreichte Ziele setzt.

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