Singlebörsen für psychisch kranke Menschen: Erfahrungen und Perspektiven

Die Partnersuche kann für jeden eine Herausforderung sein, besonders aber für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Singlebörsen, die sich speziell an diese Zielgruppe richten, versprechen hier Abhilfe. Doch welche Erfahrungen machen Nutzer mit solchen Plattformen?

Die Suche nach Liebe und Akzeptanz

Viele Menschen mit Handicap suchen in Singlebörsen Kontakte, die sie sonst nicht anzusprechen getraut hätten. Diese Plattformen bieten die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen, sich zu treffen und mit etwas Glück die Liebe fürs restliche Leben zu finden. Dabei ist Ehrlichkeit im Profil wichtig, um realistische Erwartungen zu wecken.

Eine Nutzerin von Handicap Love berichtet, dass sie nach einer Querschnittlähmung und der Trennung von ihrem Mann, der mit ihrer Behinderung nicht zurechtkam, auf der Plattform neuen Lebensmut gefunden hat. Sie betont, wie wichtig es ist, dass es eine solche Plattform für Menschen mit Handicap gibt, die vielleicht auch die große Liebe finden möchten.

Handicap Love: Eine Plattform im Fokus

Handicap Love wird von vielen Nutzern als seriös und unterhaltsam beschrieben. Die Handicap-User respektieren sich gegenseitig und zeigen Verständnis. Auch psychisch Kranke und geistig Behinderte haben dort gute Chancen. Allerdings gibt es auch Berichte über Fake-Profile und Nutzer, die Menschen mit Handicap ausnutzen. Einige Nutzerinnen berichten von abwertenden und geschmacklosen Nachrichten.

Ein Nutzer, der seit 13 Jahren nach einem Unfall mit Hirnschlag auf Handicap Love aktiv ist, betont, dass die Seite sehr informativ sei und man immer Hilfe bekomme. Er kritisiert jedoch, dass es rücksichtslose Männer gibt, die Menschen mit Behinderung ausnutzen, und dass einige Frauen auf der Seite auf Männerfang gehen, um an deren Geld zu kommen. Er fordert mehr Sicherheit für Frauen mit Behinderung und eine klare Kennzeichnung von Nutzern mit und ohne Behindertenausweis.

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Finya: Eine kostenlose Alternative mit Vor- und Nachteilen

Finya ist eine große, vollständig kostenlose Partnersuche mit über sieben Millionen Singles. Viele Nutzer schätzen die unkomplizierte Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen, und die detaillierten Angaben im Profil, die die Chancen auf ernsthafte Beziehungen erhöhen können. Allerdings gibt es auch Kritikpunkte, wie die Menge an Werbung, Fake-Profile und Betrugsversuche.

Einige Nutzer bemängeln, dass die Suchvorschläge nicht immer den eingestellten Präferenzen bezüglich Alter und Entfernung entsprechen. Es gibt auch Berichte über Karteileichen und fehlende Antworten von Frauen. Trotzdem gibt es auch positive Erfahrungen: Einige Nutzerinnen berichten von netten Gesprächen und Kontakten und haben über die App einen Partner gefunden.

Die Problematik von Fake-Profilen

Ein häufiges Problem bei Online-Dating-Plattformen sind Fake-Profile. Auch bei Finya gibt es Berichte darüber. Einige Nutzer berichten von alten, pädophilen Männern, die junge Mädchen kontaktieren, und von fehlenden Maßnahmen seitens Finya gegen diese unseriösen Aktivitäten. Trotzdem werden Fake-Nutzer oft schnell erkannt und gelöscht.

Psychische Gesundheit und Partnersuche in Zeiten von Social Media

Die Corona-Pandemie und andere Krisen haben die psychische Gesundheit vieler Menschen beeinträchtigt. Eine Studie aus Österreich zeigt, dass viele Menschen unter psychischen Erkrankungen leiden und dass es Lücken in der Versorgung gibt. Auch die Partnersuche kann durch psychische Belastungen erschwert werden.

In den sozialen Medien hat sich der Begriff "Red Flag" etabliert, um Warnzeichen beim Dating zu beschreiben. Paartherapeut Eric Hegmann warnt jedoch davor, dass die ständige Suche nach Red Flags zu distanziertem und vermeidendem Verhalten führen kann. Er betont, dass viele Verhaltensweisen erlernte Schutzstrategien sind, um Verletzungen zu vermeiden.

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Red Flags vs. Green Flags: Eine Frage der Perspektive

Hegmann rät dazu, sich nicht nur auf Red Flags zu konzentrieren, sondern auch auf Green Flags zu achten, also auf positive Eigenschaften und Verhaltensweisen des Gegenübers. Er empfiehlt, sich auf Erfolgserlebnisse zu konzentrieren und sich zu fragen, was andere, die erfolgreich waren, vielleicht anders gemacht haben.

Die Fokussierung auf Red Flags verhindert Kommunikation und lädt ein zum Abgleich der jeweiligen Checklisten - und das im Katastrophen-Vermeidungs-Modus voller Ängste. Wenn nun zwei Singles in diesem Stresszustand des Misstrauens und vielleicht sogar gegenseitigen Abwertens aufeinandertreffen, kann kein Funke überspringen. Dazu sind die Schutzschilder zu hoch und die Erwartung jeweils an den anderen ist meist, dass sie oder er sich doch bitte als vertrauenswürdig erst einmal zu beweisen hätte. So bleiben Begegnungen seelenlos und sorgen für noch mehr Verletzungen - und noch mehr Red Flags.

Schutzstrategien und die Angst vor Verletzungen

Es ist verständlich, dass Menschen, die schmerzhafte Erfahrungen gemacht haben, Schutzstrategien entwickeln. Sich hinter den Mauern von Schutzstrategien zu verschanzen, sorgt aber dafür, dass Dates distanziert und ohne emotionale Nähe seelenlos bleiben und letztlich genau dadurch zu neuen Enttäuschungen führen.

Hegmann rät Singles, die richtige Balance zwischen K.o.-Kriterien und Objektivität zu finden. Es ist gut, wenn sie wissen, was ihnen schadet und wie sie diese Verletzung vermeiden können. Viel wichtiger aber ist zu wissen, was ihnen guttut. Und wenn auf dieser Liste nicht eigene Tugenden wie Vertrauen, Neugierde, Offenheit, Verbindlichkeit, Bereitschaft zu Verbindung stehen, dann werden sie nur die schmerzhaften Erfahrungen machen können, vor denen sie sich eigentlich schützen wollen. Liebe und Kennenlernen gibt es nicht ohne Verletzungen. Gehen oder Radfahren lernen wir nicht ohne Sturz. Das auszuhalten und aus diesen Erfahrungen gestärkt hervorgehen, ist Wachstum.

Die Rolle der KI in der Psychotherapie

KI-generierte Psychotherapeutinnen, die scheinbar echte Therapiegespräche führen, könnten in Zukunft eine Rolle in der Psychotherapie spielen. Dies war ein zentrales Thema beim Kongress des Weltverbands für Psychotherapie in Wien. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Technologie entwickeln wird und welche Auswirkungen sie auf die psychische Gesundheit haben wird.

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Digitale Angebote zur Unterstützung der psychischen Gesundheit

Digitale Gesundheitsangebote zur Prävention im mentalen Bereich bzw. zur Reduktion von psychischen Belastungen werden bis dato zwar nur von einer Minderheit in Anspruch genommen. 35% bzw. 38% können sich eine Nutzung in Zukunft jedoch vorstellen, darunter vor allem die jüngere Generation bis 35 Jahre sowie Personen mit höherer formaler Bildung.

Einige Unternehmen bieten bereits digitale Medizinprodukte für psychische Erkrankungen an, wie z.B. Aumio, eine Meditations- und Entspannungsapp für Kinder, und HelloBetter, psychologische Online-Trainings zur Stressbewältigung und zur Prävention von Depressionen.

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