Sicher Linksabbiegen mit dem Fahrrad: Tipps und rechtliche Hinweise

Das Linksabbiegen mit dem Fahrrad, insbesondere auf belebten Straßen, kann eine gefährliche Situation darstellen. Radfahrer berichten immer wieder von Situationen, in denen sie trotz deutlicher Handzeichen und guter Sichtbarkeit überholt werden und sich Beschimpfungen anhören müssen.

Die Herausforderung des Linksabbiegens

Viele Radfahrer kennen das Problem: Man gibt ein Handzeichen zum Linksabbiegen, und dennoch schert ein Auto zum Überholen aus. Dies geschieht oft, obwohl der Radfahrer darauf achtet, dass genügend Abstand zum nachfolgenden Verkehr besteht. Einige Autofahrer scheinen keine Rücksicht zu nehmen, was zu gefährlichen Situationen führen kann. Es kommt vor, dass Radfahrer fast überfahren werden, weil Autofahrer die Handzeichen ignorieren oder zu wenig Abstand halten.

Das richtige Verhalten beim Linksabbiegen

Um sicher links abbiegen zu können, ist es wichtig, frühzeitig die Fahrbahnmitte anzusteuern und dies durch ein Handzeichen anzuzeigen. So wird idealerweise ein Überholen verhindert. Allerdings ist hier ein Kompromiss gefragt: Wer zu früh auf die Fahrbahnmitte wechselt, riskiert Aggressionen von nachfolgenden Autofahrern. Es ist entscheidend, den Verkehr aufmerksam zu beobachten und sich zu vergewissern, dass man nicht überholt wird, bevor man abbiegt.

Einige Radfahrer praktizieren folgendes Vorgehen: Sie strecken etwa 50 Meter vor der Abbiegestelle die Hand heraus und schwenken vorsichtig auf die Fahrbahnmitte. Wenn dies ohne Probleme gelingt, fahren sie mittig weiter, um ein Überholen zu verhindern. Bei Straßen mit Schienen kann es sinnvoll sein, sich bereits eine Ampel vorher zwischen den Schienen einzuordnen, um sicher abbiegen zu können.

Rechtliche Aspekte

Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt das Verhalten beim Linksabbiegen. Gemäß § 12 StVO muss ein Fahrzeug, das links abbiegen will, sich auf den der Fahrbahnmitte zunächst gelegenen Fahrstreifen einordnen, nachdem sich der Fahrer überzeugt hat, dass niemand zum Überholen angesetzt hat. Ein Handzeichen allein erzeugt keine Verbindlichkeit. Erst durch eine deutliche Orientierung zur Straßenmitte bzw. zum linken Fahrbahnstreifen (in Einbahnstraßen) wird die Absicht des Abbiegens klar signalisiert.

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Auszug aus § 12 StVO:

(1) Beabsichtigt der Lenker eines Fahrzeuges nach links einzubiegen, so hat er das Fahrzeug, nachdem er sich davon überzeugt hat, daß niemand zum Überholen angesetzt hat, auf den der Fahrbahnmitte zunächst gelegenen Fahrstreifen seiner Fahrtrichtung, auf Einbahnstraßen jedoch auf den linken Fahrstreifen der Fahrbahn zu lenken.

Es ist wichtig zu wissen, dass man als Radfahrer bei einem Unfall oft den Kürzeren zieht. Daher ist es ratsam, nicht auf sein Recht zu pochen, sondern defensiv zu fahren und aufmerksam zu sein. Auch wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer gegen eine Vorschrift verstößt, kann ihm der Verstoß nicht als Verschulden angerechnet werden, wenn kein Rechtswidrigkeitszusammenhang besteht.

Beispiel aus der Rechtsprechung

Ein Traktorfahrer, der auf einer Bundesstraße links in eine Hauszufahrt abbiegen wollte, wurde von einem Pkw überholt. Obwohl der Traktorfahrer geblinkt und in den Rückspiegel geschaut hatte, kam es zur Kollision, weil er den nachfolgenden Verkehr die letzten Sekunden vor dem Abbiegen nicht mehr beobachtete. Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied, dass der Traktorfahrer eine Mitschuld von einem Viertel trägt, da er bei einer unklaren Verkehrslage einen zweiten Kontrollblick hätte durchführen müssen.

Der OGH stellte klar, dass man grundsätzlich nicht noch ein zweites Mal auf den nachkommenden Verkehr blicken muss, wenn man schon zuvor geblinkt und auf etwaige Überholende geachtet hat. Aber ein zweiter Kontrollblick sei nötig, wenn eine unklare Lage für die von hinten kommenden Fahrzeuge besteht.

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Die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 12.09.2025

Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied in einem Fall, bei dem ein VW-Fahrer links abbiegen wollte und von einem Ferrari überholt wurde, dass beide Fahrer eine Mitschuld tragen. Der VW-Fahrer hatte eine unklare Verkehrslage geschaffen, indem er stark verlangsamte und von einem anderen Fahrzeug überholt wurde. Der Ferrari-Fahrer hätte den Überholvorgang abbrechen müssen. Das Gericht verteilte die Schuld im Verhältnis 1:3 zu Lasten des Ferrari-Fahrers.

Kernaussagen des OGH

  • Ein Fahrzeuglenker, der seine Absicht, nach links abzubiegen, rechtzeitig angezeigt und sich davon überzeugt hat, dass niemand zum Überholen angesetzt hat, darf grundsätzlich darauf vertrauen, dass nachfolgende Fahrzeuglenker sich vorschriftsmäßig verhalten.
  • Dies gilt nicht, wenn besondere Gründe eine Gefahr erkennen lassen oder eine unklare Verkehrslage besteht.
  • Eine unklare Verkehrslage entsteht beispielsweise, wenn der Lenker von einem oder mehreren Fahrzeugen überholt wird.
  • In solchen Fällen ist ein zweiter Kontrollblick erforderlich.

Zusammenfassung der wichtigsten Punkte

Um sicher mit dem Fahrrad links abzubiegen, sollten Sie folgende Punkte beachten:

  1. Rechtzeitig Handzeichen geben: Zeigen Sie frühzeitig und deutlich Ihre Absicht zum Abbiegen an.
  2. Verkehr beobachten: Vergewissern Sie sich, dass Sie nicht überholt werden, bevor Sie abbiegen.
  3. Fahrbahnmitte ansteuern: Ordnen Sie sich rechtzeitig auf der Fahrbahnmitte ein, um ein Überholen zu erschweren.
  4. Defensiv fahren: Verzichten Sie im Zweifelsfall auf Ihr Recht und vermeiden Sie riskante Situationen.
  5. Zweiter Kontrollblick: Führen Sie bei unklarer Verkehrslage einen zweiten Kontrollblick durch, bevor Sie abbiegen.

Indem Sie diese Tipps beherzigen und die rechtlichen Bestimmungen kennen, können Sie das Risiko von Unfällen beim Linksabbiegen mit dem Fahrrad deutlich reduzieren.

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