Schizophrenie: Erfahrungsberichte und Einblicke

Jeder Mensch erlebt eine psychische Erkrankung anders. Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte der Schizophrenie, von persönlichen Erfahrungen Betroffener und Angehöriger bis hin zu Behandlungsmöglichkeiten und gesellschaftlichen Herausforderungen.

Persönliche Erfahrungen mit Schizophrenie

Viele Betroffene berichten von einer langen und schwierigen Zeit bis zur Diagnose. Eine Betroffene schildert, dass die Erkrankung nicht plötzlich ausbrach, sondern sich langsam entwickelte: zunehmende Depressionen in der Pubertät, Schwierigkeiten in der Schule und schließlich mit 22 die erste erkennbare Psychose. Es folgten weitere Symptome aus dem schizophrenen Formenkreis, ohne dass die Diagnose ausgesprochen wurde.

Ein anderer Betroffener berichtet von schweren Ich-Störungen während seiner Psychose. Ab und zu merkt er immer noch etwas davon, wie z.B. Gedankenausbreitung, aber es ist für ihn nicht mehr bedrohlich und er hat es gut im Griff. Er betont, wie wichtig es ist, sich trotz der Diagnose nicht zu viel zu nehmen und hofft, sein Studium fortsetzen zu können.

Eine weitere Erfahrung zeigt, wie belastend die Erkrankung für Angehörige sein kann. Lisa Kainzbauer beschreibt, wie sie das Aufwachsen mit ihrer schizophrenen Mutter erlebt hat. Ihre Mutter erlangte schließlich wieder ihre Krankheitseinsicht und ihr Zustand bessert sich stetig. So wie es früher gewesen war, wurde es nie mehr. Ihre Mutter, mit der sie früher auch lustige Zeiten hatte, reagiert heute kaum noch auf ein Wort von ihr, weil sie so sehr in ihrem Kopf gefangen ist.

Symptome und Behandlung

Im Rahmen einer akuten Psychose kann es auch zu ausgeprägten Unruhezuständen oder Schlafstörungen kommen. In diesen Fällen sind zusätzlich zu den Antipsychotika auch anxiolytisch und schlafanstoßend wirkende Medikamente erforderlich. Diese Substanzen haben prinzipiell das Risiko, dass sich eine Abhängigkeit entwickelt. Wie bei jeder längerfristigen Medikation sind Kontrollen wichtiger Laborparameter und des EKG zu empfehlen.

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Die medikamentöse First-line-Therapie von schizophrenen Psychosen sind atypische Antipsychotika. Da die Wahrscheinlichkeit, einen Rückfall zu erleiden, ohne antipsychotische Medikation etwa viermal höher ist als mit Medikation, wird nach einer ersten psychotischen Episode eine zumindest einjährige Rezidivprophylaxe nach Abklingen aller Symptome empfohlen.

Zu den Nebenwirkungen von Antipsychotika gehören extrapyramidale Symptome wie Rigor, Tremor, Akathisie und teils irreversible Spätdyskinesien, die aber bei den atypischen Antipsychotika viel seltener auftreten, während sie bei den älteren, typischen Antipsychotika häufig beobachtet werden. Aus diesem Grund sollten diese älteren Substanzen nur mehr in Ausnahmefällen verordnet werden.

Internationaler Standard in der Psychotherapie von schizophrenen Psychosen ist die kognitive Verhaltenstherapie, was auf die hohe wissenschaftliche Evidenz zu deren Wirksamkeit zurückzuführen ist.

Die Rolle der Angehörigen

Angehörige, die lernen, ihre Kommunikation an die Bedürfnisse des Schizophreniekranken anzupassen (low expressed emotions), können dazu beitragen, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen. Zahlreiche Studien konnten positive Effekte nachweisen, die sich sowohl bei den Patient:innen (z. B. weniger Rückfälle, weniger Spitalsaufnahmen) als auch bei den Angehörigen (z. B. verbesserte Bewältigungsmechanismen) zeigten.

Fehlendes Wissen oder falsche Vorstellungen über Schizophrenie können bei den Erkrankten und deren Angehörigen zu Unsicherheit und Widerstand gegen die Behandlung und Rehabilitation führen. Zahlreiche Studien konnten zeigen, dass strukturierte Informationsvermittlung über den Verlauf, die Ursachen, den Umgang mit eventuellen Rückfällen sowie die Möglichkeiten von Behandlung und Rehabilitation sich günstig auf die Compliance auswirken. Dies wiederum reduziert das Risiko von Rückfällen und erhöht die Chancen auf berufliche und soziale Wiedereingliederung.

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Wiedereingliederung in das Arbeitsleben

Internationale Studien zeigen, dass Menschen, die unter Schizophrenie leiden, oft nicht oder nur eingeschränkt berufstätig sind. Nach einem längeren Krankenstand fällt es vielen schwer, sofort wieder Vollzeit zu arbeiten. Seit 2017 gibt es das sogenannte Wiedereingliederungsteilzeitgesetz, das es Menschen, deren Berufstätigkeit für zumindest 6 Wochen durch einen Krankenstand unterbrochen ist, durch eine vorübergehende Reduktion der Wochenarbeitszeit den Wiedereinstieg ins Arbeitsleben erleichtert.

Auf diese Weise kann es gelingen, Schritt für Schritt ins Arbeitsleben zurückzukehren. Die Wiedereingliederungsteilzeit dauert üblicherweise zwischen einem und sechs Monaten. Während dieser Zeit kann die Wochenarbeitszeit um mindestens ein Viertel und maximal die Hälfte der ursprünglichen Normalarbeitszeit reduziert werden. Neben dem Entgelt aufgrund der beruflichen Tätigkeit steht den Arbeitnehmer:innen ein Wiedereingliederungsgeld aus der Krankenversicherung zu.

Unterstütztes Wohnen

Jene Kranken, deren Erkrankung einen eher ungünstigen Verlauf nimmt, haben immer wieder Probleme, ohne fremde Hilfe in der eigenen Wohnung zurecht zu kommen. In den letzten 4 Jahrzehnten haben sich daher unterschiedlichste Formen von unterstütztem Wohnen für Menschen entwickelt, die aufgrund einer Schizophrenie Schwierigkeiten im Alltag haben.

Die verschiedenen Formen von unterstütztem Wohnen unterscheiden sich durch die Intensität der Betreuung und Art der Einrichtung (z. B. Wohnheim, betreutes Übergangswohnen, Wohngemeinschaft). Viele Erkrankte wollen aber weder bei den Eltern noch in einer Einrichtung leben, sondern in der eigenen Privatwohnung. In den letzten Jahren haben sich daher in einigen europäischen Ländern Wohnmodelle entwickelt, die nicht auf institutionellem Wohnen basieren, sondern auf einer Unterstützung des Wohnens in der eigenen Privatwohnung (Individual Housing and Support).

Ein sogenannter Wohncoach unterstützt, berät und hilft bei Schwierigkeiten in der eigenen Wohnumgebung. Kürzlich veröffentlichte Studien zeigen, dass Individual Housing and Support sich oft auch für die Betroffenen günstig auswirkt (z. B.

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Entstigmatisierung und Aufklärung

Schizophrenie wird medial häufig in ein sehr verzerrtes Licht gerückt. Darum habt keine Angst vor den Menschen in der U- Bahn, die lautstark mit sich selbst reden. Wer weiß, vielleicht erzählen ihre Stimmen ihnen gerade eine lustige Geschichte? Habt auch keine Angst, in einem Gespräch eure Fragen zu stellen.

Mir ist es ein Anliegen, mich gegen die Stigmatisierung von Menschen mit psychischer Erkrankung stark zu machen. Menschen mit einer psychischen Erkrankung sind keine Monster, sie sind genauso Menschen und man sollte keine Angst vor ihnen haben. Ich habe tiefsten Respekt vor meiner Mutter und weiß nicht, wie sie es schafft, ihr Leben zu meistern. Manchmal stelle ich mir vor, wie schrecklich es sein muss, täglich von Stimmen gequält zu werden, die einen beschimpfen oder dazu auffordern, sich umzubringen.

Vorurteile, Ängste und mangelndes Wissen verschlechtern die Behandlungschancen für Betroffene massiv. Psychische Gesundheit ist ein Thema. Die aktuellen Krisen haben dazu geführt, dass das Thema teilweise breiter diskutiert wird. Aber es ist ein trügerisch. Denn schwere Erkrankungen, unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten und soziale Dimensionen sind noch immer nicht sichtbar genug.

Schuldgefühle und Verantwortlichkeit

In vielen Familien taucht dann sofort die Frage nach dem WARUM auf. Man sucht nach Gründen innerhalb der Familie, die „schuld“ daran sein könnten. Anfänglich habe ich alles von mir gewiesen, wohl aus Selbstschutz, mit der Zeit und mit besserer Gesprächskultur habe ich verständliche Argumente dagegen gesucht, das hat auch mir in der Argumentation mit mir geholfen.

Noch vor einigen Jahrzehnten wurden von anerkannten Fachleuten Theorien entwickelt (z.B. „Schizophrenogene Mutter“, „Double-bind“), in denen der schädlichen Beziehung zwischen Eltern und Kindern die Schuld an der Entstehung schizophrener Erkrankung gegeben wurde. Wirken diese längst widerlegten Ansichten heute noch nach? Aus Gesprächen und trivialer Literatur wissen wir, dass für sämtliche kindliche Störungen die Eltern, insbesondere die Mütter als verantwortlich dargestellt werden.

Massiven Vorurteilen kann man erfolgversprechend in erster Linie mit fachlichem Wissen entgegentreten, daher ist auch in meinen Augen die fachliche Aufklärung für Betroffene, Familien und ganz besonders auch in der Gesellschaft so wichtig.

Da die beiden jüngeren Geschwister unseres erkrankten Sohnes mit jeweiligem Altersabstand von zwei Jahren „total normal“ sind, und ich von dem Moment an, wo ich bemerkt habe, dass etwas nicht zu stimmen schien, immer wieder professionelle Hilfe geholt habe, bin ich in diesen gedanklichen Auseinandersetzungen zu dem Schluss gekommen, dass ich zum jeweiligen Zeitpunkt jeweils nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt habe.

Hilfreich ist es, sich häufiger selbst zu beobachten und zu überlegen, würdest du das gleiche auch für andere Kinder im gleichen Alter tun, in gleicher Form und gleichem Ausmaß, und wenn nicht, ist das wirklich so notwendig, und kann er/sie das auch selbständig. So ist eine einfache Hilfeleistung in akuten Krankheitsphasen, wie eine Tasse Tee ans Bett zu bringen immer willkommen und sicher hilfreich, in Phasen von gutem Befinden aber sicher genauso übertrieben und unnötig und daher wieder bewusst zu reduzieren.

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