Berühmte Persönlichkeiten mit Schizophrenie

Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die mit einem deutlichen „Stigma“ behaftet ist und oft falsch verstanden wird. Die Betroffenen leiden unter Störungen ihrer Gedanken und Gefühle sowie ihres Verhaltens und erleben oft eine andere Realität als die Menschen in ihrer Umgebung. Diese Erkrankung tritt in allen Rassen, Kulturen und sozialen Schichten auf.

Sie beginnt typischerweise im frühen Erwachsenenalter, kann sich aber in jeder Lebensphase ab dem späten Teenager-Alter ausbilden. Schizophrenie betrifft sowohl Männer als auch Frauen, allerdings tritt sie bei Männern tendenziell etwas früher auf.

Die genauen Ursachen und die Entstehung der Schizophrenie sind noch nicht eindeutig geklärt. Man geht heute davon aus, dass eine vorhandene Anfälligkeit (genetische Veranlagung) im Zusammenwirken mit belastenden äußeren Faktoren (Stress oder Drogen) zum Ausbruch der Krankheit führen kann, wenn ein „kritischer Grenzwert“ überschritten wird.

Im weiteren Verlauf können Sinneswahrnehmungen auftreten, ohne dass eine entsprechende Quelle in der Umgebung auszumachen ist. Betroffene Patienten hören zum Beispiel Geräusche oder Stimmen, die andere Anwesende nicht hören können. Das emotionale Erleben ist bei schizophrenen Patienten zuweilen stark reduziert, wechselhaft oder erscheint von außen als unpassend. Das Denken selbst kann in seinem gewohnten Ablauf gestört sein, sodass es dem Betroffenen nicht mehr möglich ist, gedanklich einem roten Faden zu folgen, sein Denken zu strukturieren und gezielt auszurichten.

Früherkennung und Therapie sind bei dieser Erkrankung besonders wichtig, auch um den Verlust sozialer und beruflicher Aktivitäten und Kontakte zu vermeiden. Eine kontinuierliche ärztliche Betreuung und die für den jeweiligen Patienten passenden Medikamente kombiniert mit ausreichender psychosozialer/psychotherapeutischer Unterstützung können dazu beitragen, trotz der schweren Erkrankung eine zufriedenstellende Lebensqualität zu erzielen.

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Schizophrenie und Kreativität

Friedrich Nietzsche, einer der sprachgewaltigsten und gleichzeitig am heftigsten umstrittenen Philosophen des ausklingenden 19. Jahrhunderts, hat offenbar den evidenten, wenn auch von vielen geleugneten Zusammenhang zwischen verschiedenen Geistesstörungen und kreativen, schöpferischen Leistungen erkannt und diesen in seinem Buch "Also sprach Zarathustra" zum Ausdruck gebracht.

Der Begriff Schizophrenie wurde 1911 von Eugen Bleuler geprägt und bedeutet nichts anderes als "Spaltungsirresein". Bleuler definiert die der Schizophrenie zugrunde liegende elementare Störung als "eine mangelhafte Einsicht, eine Zersplitterung und Aufspaltung des Denkens, Fühlens und Wollens und des subjektiven Gefühls in der Persönlichkeit". Das schizophrene Leben ist von einem Verlust von Einheitlichkeit und Ordnung geprägt.

Eine Zerfahrenheit des Denkens und des Gefühlslebens ist zu beobachten, ebenso wie eine Störung des Gedankenganges. Die Aussagen Schizophrener sind oft verwirrt, sonderbar, unklar, bizarr, verschroben. Bemerkbar ist der Verlust von kausalen Zusammenhängen. Das Denken ist unlogisch, unklar. Dies ist vor allem bei von Schizophrenen beantworteten Fragen bemerkbar; Schizophrene neigen dazu, auf Fragen nicht einzugehen; die Antwort hat keinen kausalen Bezug zur Frage.

Ebenso wie der Gedankengang ist die Affektivität gestört. Manchmal sind Patienten ohne die leisesten Gefühlsregungen, bei anderen herrscht etwa krankhafte Reizbarkeit. Die Störung der Affektivität kann sich dahingehend äußern, daß alles, was Freude erregen soll, Trauer oder Wut hervorruft (Parathymie). Oft ist auch die Reaktion auf ein gewisses Gefühl inadäquat (Paramimie); Patienten jammern etwa, wenn sie sich freuen.

Schizophrene verlieren den Kontakt und den Bezug zur realen Welt, zur Wirklichkeit (Autismus). Dafür leben sie, zumindest teilweise, in einer Scheinwelt, geprägt von Gefühlen, Wunsch- und Zwangsvorstellungen oder Angstzuständen. Der Schizophrene leidet oft an dem Gefühl der "Depersonalisation". Er kommt sich selbst fremd vor, fühlt sich auch von der Umwelt entfremdet. Sinnestäuschungen sind bei keiner anderen Geistesstörung so häufig wie bei der Schizophrenie. Dabei gibt es zahlreiche Variationen; Gehörstäuschungen, Gesichts- und Tasthalluzinationen sind die häufigsten.

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Ebenso treten Wahnvorstellungen auf. Erwähnenswert, weil relativ oft auftretend, ist der Größenwahn. Der Betroffene hält sich für wesentlich mehr, als er ist (Erfinder, Prophet etc.).

Es muß zunächst einmal auf die nicht geringe Zahl schöpferischer, schaffender, kreativ tätiger Personen hingewiesen werden, die, beflügelt von wahrhaft genialen Gedanken, aus eigenem Antrieb künstlerisch tätig, im Laufe ihres Lebens von einer Geisteskrankheit heimgesucht wurden. Rousseau etwa, der geistige Vorvater der französischen Revolution, war nach E.Kretschmer ein "schwer geisteskranker Verfolgungswahnsinniger", Robiespierre, der maßgeblich an der Umsetzung dieses Umsturzes beteiligt war, der "Prototyp eines schizoiden Psychopathen". Der wahrscheinlich bedeutendste Philosoph des vorigen Jahrhunderts, Friedrich Nietzsche, war von der Geistesstörung ebenso betroffen wie Sir Francis Galton, der Begründer der Eugenik, und Sir Isaac Newton, der prägendste Physiker seiner Zeit.

Allein die Reihe der Dichter ließe sich lange fortsetzen: Tasso, Kleist, Hölderlin, Lenau, Dostojewsky, Strindberg, um nur die berühmtesten zu nennen, weisen nach E.Kretschmer "handgreifliche Geisteskrankheiten" auf; Maler wie der eingangs genannte van Gogh oder der Komponist Schumann gelten im Volk schon fast als Allegorien des irrsinnigen Genies.

Eine Feststellung kann gleich eingangs getroffen werden, eine Feststellung, die sich auch mit den Erfahrungen und dem Wissensstand des Normalbürgers deckt: Geisteskrankheiten sind, so beweist die Geschichte, unter genialen Menschen häufiger als unter dem Durchschnitt der Bevölkerung. Alfred Bader stellte sich die Frage, worauf der künstlerische Rang eines Louis Soutter zurückzuführen ist. Louis Soutter, der an einer schizophrenen Psychose litt, wird für den bedeutendsten Schweizer Maler dieses Jahrhunderts gehalten.

Bader nimmt an, daß Soutter gerade durch seine Krankheit die für ihn typische künstlerische Ausdrucksweise gefunden hat. "Wenn er keine Geisteskrankheit durchgemacht hätte, wie wäre dann sein Schicksal verlaufen ? Wäre er ein guter Zeichenlehrer oder ein durchschnittlicher Maler geworden wie so unzählige andere ? Oder vielleicht einer der großen Maler, die einen Platz in der Kunstgeschichte beanspruchen dürfen ?", fragt Bader und antwortet: "Was uns betrifft, so wagen wir das zu bezweifeln; wir haben gute Gründe zu glauben, daß Soutter gerade dank seiner Psychose einer der erstaunlichsten Maler der Moderne geworden ist. Seine Schizophrenie hat die Schranken der Konvention, der akademischen Gepflogenheiten, der äußerlichen Gegebenheiten zu Fall gebracht.

Der gesunde Mensch neigt dazu, auf Geisteskranke mit einer gewissen Überheblichkeit und Arroganz herabzublicken, ohne zu bedenken, daß gerade die Unkonventionalität und Andersartigkeit des Denkens, der "Mangel an Einheit und Ordnung", der nach Eugen Bleuler mit der Schizophrenie einhergeht, oder der Verlust des Bezuges zu althergebrachten, oft auch verfahrenen Richtlinien und Denkschemata Vorraussetzung für neue Ideen ist.

"Ich sage euch: man muß noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.", schreibt schon Friedrich Nietzsche, der selbst von der geistigen Umnachtung heimgesucht wurde und sich des Grenzganges zwischen Genie und Wahnsinn durchaus bewußt war. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte scheint Baders Annahme plausibel.

Robert Schumann

Interessant sind einige Fakten aus der Frühzeit: Er legte sich zwei Pseudonyme zu: "Florestan" ( leidenschaftlicher Held ) und "Eusebius" ( empfindsame Introvertierter). Diese beiden begannen sich 1831 in seinen Tagebücher miteinander zu unterhalten - ein Hinweis auf Schizophrenie? Aus seiner Familie erbte er die Veranlagungen zu periodischen Depressionen, Suizid und Schwermut. Er wurde deswegen von seiner Mutter getrennt, was ihn zu dem Lied „Ich hab' im Traum geweint“ inspirierte.

Robert Schumann starb vor genau 169 Jahren im Alter von 46 Jahren in Endenich (heutiger Ortsteil von Bonn).

Durch die mittlerweile (als lange verschollen geglaubten) aufgetauchten Endenicher Krankenakten, können hier eine der besten Diagnosen in Bezug zu klassischen Komponisten der Musikgeschichte erstellt werden. Die Geschichte der wieder aufgetauchten Krankenakten ist ebenso interessant: Zunächst hat Schumanns behandelnder Arzt Dr. Richarz diese aus ärztlicher Schweigepflicht unter Verschluss gehalten (wenn man die Ursache von Schumanns Krankheit kennt, kann man verstehen dass die Sache schon etwas heikel war) Irgendwann kam der Komponist Aribert Reimann relativ kompliziert durch bestimmte Erbschaften zu den Akten (sein Onkel war der Patensohn von Richarzs Schwiegertochter) und angeblich soll dieser nach längerer Überlegung die Akten veröffentlicht haben.

Otte & Wink können durch diese relativ eindeutig eine Spätsyphilis des Zentralen Nervensystems (Neurolues) identifizieren. Unbehandelt kann diese durch eine zelluläre Immunreaktion nach langer Latenzzeit von etwa 7 bis 30 Jahren auftreten. Genauer gesagt handelte es sich um eine Lues parenchymatiosa in Form einer progressiven Paralyse. Dazu passt auch der typische Inzidenzgipfel bei 22 Jahren nach Infektion, da Schumann ab 1831 begann dafür typische Symptome im Anfangsstadium zu beschreiben.

Spekulativ aber interessant, inwiefern diese Krankheit ab dem Ausbruch auch Auswirkungen auf seine Gedanken, sein Gefühlsleben und somit auch auf seine Musik hatte. Sein letztes erhaltenes Werk vor Einweisung in die Nervenklinik und unmittelbar vor seinem Selbstmordversuch, ist das Thema mit Variationen in Es-Dur mit dem heute bekannten Beinamen „Geistervariationen“ WoO 24.

Tatsächlich war es keine spontan geisterhafte Eingebung, sondern vermutlich konnte sich Schumann nicht mehr an den langsamen Satz seines Violinkonzerts (das Thema beim Einsatz der Solo-Violine) erinnern, welches er etwa ein halbes Jahr zuvor schrieb.

Kurz vor der Entstehungszeit notiert er ähnlich stimmungsschwankende Zustände wie bei seinem Wiener Aufenthalt nur diesmal in eine befremdliche Richtung. „Abends sehr starke und peinliche Gehöraffektionen“ die Schumann zwei bzw. drei Tage darauf in seinem Tagebuch als masochistisch anmutende „Noch schlimmer, aber auch wunderbar“ und „wunderbaren Leiden“ umschrieb.

Louise Bourgeois

Sie würde keine Bilder suchen, keine Ideen, sondern die Rekreation von Emotionen versuchen, erklärte sich Louise Bourgeois einmal. Nach dem Tod ihres Vaters verfällt Louise Bourgeois in eine schwere Depression, ähnlich der Depression nach dem Tode ihrer Mutter 1932, wenn auch diesmal etwas leichter. Sie beginnt eine Psychoanalyse bei Dr. Henry Lowenfeld, die über dreißig Jahre andauern soll. Aufzeichnungen zu Träumen und freie Notizen treten an Stelle ihrer künstlerischen Arbeit. Dies geschieht vor allem in der intensivsten Phase ihrer Analyse von 1952 bis 1967, steht in der Ausstellung »Louise Bourgeois: Unbeirrbarer Widerstand« im Unteren Belvedere.

Im Belvedere werden auch bisher unbekannte Werke von Bourgeois ausgestellt, wie eine Serie von roten Holzschnitten auf handgeschöpftem Japanpapier aus dem Jahr 2005.

»Spiral is a vacuum… It represents something… The void, the anxiety void, the void of anxiety«, befindet Louise Bourgeois selber. Auffällig viele Werke tragen ein eigentümliches, stark leuchtendes Rot als Hintergrund, teilweise mit Schwarz vermischt. Dieses Rot erklärt Bourgeois so: »Red is an affirmation at any cost - regardless of the dangers in fighting - of contradictions, of aggression.

1938 zieht Louise Bourgeois mit ihrem frischgebackenen Ehemann von Frankreich nach Amerika. Auf dem Dach ihres Hauses in New York hat sie erstmals die Möglichkeit, in großem Format zu arbeiten. »I feel so lonely that I am rebuilding these people around me. I ran away from them because I couldn’t stand them and as soon I’m away from them, I start to rebuild them.« Sie suche das Fragile in der Vertikalen, die Balance.

»Der Traum interessiert mich überhaupt nicht, ich arbeite wie unter einem Bann, schöpfe direkt aus meinem Unterbewusstsein«, meint sie. Es springt ins Auge, dass nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 1945 die Werke zu schweben und zu hängen beginnen.

Im Ausstellungsfilm malt Louise Bourgeois mit einem schwarzen Filzstift auf eine Orange. Dann schält sie die runde Frucht nach den Strichen, ohne die Schalen zu trennen. »The past is going to reemerge. My father had a way to cut it«, erklärt sie ihr Tun mit französischem Akzent. Es ergibt sich eine Figur, die dem Engel von Paul Klee ähnlichsieht, den Walter Benjamin auf seiner Flucht mitschleppte.

»Alles, was ich sagen will, ist, dass Leute in der Nacht weinen und Sachen zerstören«, sagt sie im Film. Ihre Kindheitsemotionen dürften sie als Erwachsene existenziell verfolgt haben. Ihre Schwester und ihr Bruder erhalten keinerlei Bildung. Louise darf das Tapisserie-Geschäft ihres Vaters übernehmen. Ihr Bruder stirbt an den Folgen seiner Schizophrenie.

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