Alkohol, Zigaretten, Computerspiele oder Shoppingtouren - wir kommen täglich mit Substanzen und Erlebnissen in Kontakt, die uns süchtig machen können. Heutzutage sind wir ständig mit Dingen und Mitteln konfrontiert, die süchtig machen können. Ob Einkaufstraße, Internet oder Supermarkt. Überall begegnen wir Substanzen und Sachen, die abhängig machen können. Alkohol, Nikotin und soziale Medien sind in unserer Gesellschaft weit verbreitet.
Was ist Sucht?
Sucht (auch Abhängigkeit) ist das unabweisbare Verlangen nach einer bestimmten Substanz, einem bestimmten Erlebnis oder Verhalten. Unter dem Begriff der Sucht wird ein innerlicher Drang verstanden einen gewissen Erlebenszustand herbeizuführen. Eine ausgeprägte Sucht führt schließlich dazu, dass die Gedanken des betroffenen Menschen nur noch um diese Substanz oder dieses Verhalten kreisen.
Sucht steht im engeren Sinne für eine Erkrankung, die mit psychischer und größtenteils auch körperlicher Abhängigkeit einhergeht. Bei der Entstehung einer Suchterkrankung entwickelt sich aus einer Gewohnheit über einen missbräuchlichen Konsum eine Abhängigkeit. Unter psychischer Abhängigkeit versteht man das starke, unwiderstehliche Verlangen nach einer Substanz oder einem Verhalten. Körperliche Abhängigkeit bedeutet, dass ein Stoff ständig zugeführt werden muss, um das Auftreten von körperlichen Entzugssymptomen zu verhindern. Zusätzlich muss in den meisten Fällen die konsumierte Menge gesteigert werden, um die gleichen Effekte zu erreichen (Toleranz/Gewöhnung). Das Verhältnis und Ausmaß von psychischer und körperlicher Abhängigkeit ist bei verschiedenen Suchtstoffen sehr unterschiedlich.
Was früher eine Ausnahme war, ist jetzt die Regel. Aus einem gelegentlichen Getränk nach der Arbeit wird immer mehr, der Weg vom Genuss zur Sucht ist dabei oft schleichend. Der Konsum steigert sich von Monat zu Monat. Beispielsweise wird gelegentlich mit Freunden Alkohol konsumiert. Aus dem gelegentlichen Bier oder Glas Wein wird eine Regelmäßigkeit. Es wird dann jedes Wochenende immer mehr getrunken. Oder der Konsum steigert sich, dass auch unter der Woche (und mitunter alleine) getrunken wird. Am Ende steht die Abhängigkeit und das ständige Verlangen nach Alkohol.
Man unterscheidet zunächst stoffgebundene Süchte (Drogen, Alkohol oder Medikamente) von stoffungebundenen Süchten (Sex, Glücksspiel, Internet & Medien, Essen, Arbeit und Einkaufen). Bei allen Substanzen wird dabei zwischen Missbrauch und Abhängigkeit unterschieden. Nicht alle Drogen führen zu einem körperlichen Entzug und Entzugserscheinungen.
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Auch wenn eine Vielzahl an Drogen keine Abhängigkeit auf körperlicher Ebene mit sich bringt, bedeutet dies jedoch nicht, dass diese harmlos sind. Es können ganz alltägliche Dinge sein, die hier zu einer Suchterkrankung führen. In der Entstehung sind es die gleichen Faktoren wie bei Alkoholismus oder einer Drogensucht. In der Kaufsucht ist es das Erleben von positiven Gefühlen während des Einkaufens. Im Kaufrausch werden negative Gefühle vorübergehend ausgeblendet und die Stimmung aufgehellt.
Kriterien für Suchterkrankungen
Eine Suchterkrankung ist keine Charakterschwäche, wie Betroffenen oftmals unterstellt wird, sondern eine Krankheit, die sich im Gehirn biochemisch nachweisen lässt. Sie liegt dann vor, wenn mindestens 3 der folgenden Kriterien erfüllt werden:
- ein sehr starkes Verlangen nach dem Suchtstoff, dem kaum widerstanden werden kann
- Verlust oder Minderung der Kontrolle, die Menge, den Zeitpunkt und die Dauer des Konsums zu steuern
- Körperliche Entzugssymptome beim Absetzen oder Reduzieren des Suchtstoffes, wie Unruhe, Zittern, Schweißausbrüche etc.
- Toleranzentwicklung - die konsumierte Menge, muss gesteigert werden, um die gleichen Effekte zu erreichen
- Vernachlässigung von anderen Interessen, sozialen Kontakten (Familie, Freunde) oder der Arbeit zugunsten der Sucht
- Fortsetzung des Konsums trotz klar schädlicher gesundheitlicher und/oder sozialer Folgen
Die Kriterien können zum Großteil auch auf stoffungebundene Süchte angewandt werden. Auch wenn nicht alle dieser Kriterien erfüllt sind, kann ein schädlicher Gebrauch oder Missbrauch vorliegen, wenn der Konsum oder das Verhalten zu deutlichen körperlichen, psychischen oder sozialen Problemen führt.
Symptomatik von Suchterkrankungen
Suchterkrankungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und können erhebliche negative Folgen für Psyche, Körper und das soziale Umfeld haben. Sie sind sowohl von außen als auch subjektiv schwierig zu erkennen, da sie sich schleichend entwickeln und Betroffene ihre Sucht sehr lange vor sich selbst und anderen verstecken, verleugnen und normalisieren.
Der Leidensdruck der Betroffenen ist meist groß. Zunehmend die Kontrolle über das eigene Verhalten und Leben zu verlieren, kann äußerst erschreckend sein. Das innere Erleben ist nicht selten geprägt von Gefühlen der Zerrissenheit, Ohnmacht, Verzweiflung und einem übermächtigen Verlangen, dem trotz besseren Wissens und aller Anstrengungen nicht widerstanden werden kann.
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Für Angehörige oder umstehende Personen ist es oft schwer nachzuempfinden, wie gewaltig und unkontrollierbar eine psychische und körperliche Sucht subjektiv empfunden wird. Noch immer haftet der Suchterkrankung deshalb das Stigma von Versagen und Charakterschwäche an. Tatsächlich haben Abhängigkeitserkrankungen jedoch meist sehr komplexe Ursachen und sind die Folge einer langen Entwicklung, ein Ausweg ist meist nur noch mit Hilfe möglich. Für Betroffene als auch für nahestehende Personen ist es darum wichtig, anzuerkennen, dass es sich bei einer Sucht um eine echte Krankheit handelt, die einer professionellen Behandlung bedarf.
Ursachen von Suchterkrankungen
Oftmals ist es eine Verkettung verschiedener Lebensereignisse und -umstände, die zur Entwicklung von Suchterkrankungen führt. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine wichtige Rolle und können in einem Gesamtbehandlungsplan positiv beeinflusst werden.
- Genetische Faktoren (Erbfaktoren): Wenn Eltern oder andere Verwandte abhängig sind, erhöht sich das Risiko, selbst abhängig zu werden, auch wenn man nicht in ihrer Umgebung aufwächst. Wie bei anderen psychischen Erkrankungen spielen auch hier genetische Faktoren eine große Rolle. Aus biologischer Sicht handelt es sich um eine Störung des Belohnungssystems. Gleichzeitig kommt es zu körperlichen Gewöhnungseffekten.
- Lerntheoretische Faktoren: Die Entwicklung einer Abhängigkeit ist ein erlerntes Verhalten und kann somit in einem therapeutischen Prozess auch wieder verlernt oder umgelernt werden. Konditionierungsprozesse wie auch Modelllernen in der Familie und sozialem Umfeld spielen dabei eine Rolle.
- Traumatische Ereignisse oder Erlebnisse: Traumatisierte Menschen haben ein größeres Risiko für Abhängigkeitserkrankungen, da sie versuchen, nicht verarbeitete Erlebnisse und Gefühle durch den Drogenkonsum zu verdrängen. Trauma-spezifische Interventionen können hier optimal helfen.
- Persönlichkeit: Verschiedene Persönlichkeitszüge können das Risiko unterschiedlicher Abhängigkeiten begünstigen. Nachhaltig positive Veränderung der Persönlichkeit lässt sich in den meisten Fällen über eine längere Psychotherapie erreichen.
- Soziale Faktoren: Oft werden Personen zum Trinken, Rauchen oder zur Einnahme anderer Suchtmittel verleitet. Viele weitere Faktoren wie familiäre Belastungen, Leistungsdruck, Stress sowie Verfügbarkeit von bestimmten Drogen sowie deren Eigenwirkung spielen eine wesentliche Rolle in der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung. In den meisten Fällen ist die Änderung des Freundeskreises oder auch der Lebensumstände nicht nur hilfreich, sondern auch nötig. Dieser Prozess kann durch professionelle Hilfe deutlich erleichtert werden.
- Gleichzeitige andere psychische Erkrankungen: Wer an einer anderen psychischen oder körperlichen Erkrankung leidet, hat ein erhöhtes Risiko suchtkrank zu werden, weil der Suchtstoff zu Beginn eine Linderung von Symptomen (z.B. Angst, Depression, Schizophrenie) zu bringen scheint.
Es existieren auch psychologische Erklärungsmodelle wie beispielsweise die Sehnsucht der Betroffenen nach Beziehung.
Psychotherapie als Behandlungsmethode
Suchterkrankungen treten oft als eine Reaktion auf psychische Belastungen und persönliche Herausforderungen auf. Dabei können auch bereits vorhandene psychische Erkrankungen Auslöser einer Suchterkrankung sein. Die betroffenen Personen greifen dabei oft zu diversen Suchtmitteln, da diese kurzfristig eine entlastende Wirkung haben und positive Gefühle auslösen. Übermäßiger Alkohol-, Drogen- oder Medikamentenkonsum wird oft dazu verwendet, um mit aktuellen Schwierigkeiten klarzukommen.
Suchtverhalten und der damit verbundene Rausch dient der Bewältigung negativer Gefühle und Stimmungslagen. Durch ein bestimmtes herbeigeführtes Erleben (Rausch) wird versucht negativen Gefühlen zu entgehen. Diese werden infolge des Konsums nicht mehr oder nur verändert empfunden. Oft treten Suchterkrankungen gemeinsam mit anderen Krankheitsbildern auf. Da Suchtverhalten und der Konsum von Suchtmitteln rasch und effektiv wirkt, Gefühle dämpft und die Stimmung erhöht, neigen Personen mit missbräuchlichem Konsum dazu diesen zu wiederholen, um die Wirkung erneut herbeizuführen.
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In der Psychotherapie kommt es zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Sucht- und Konsumverhalten. Ursachen bei der Entwicklung der Suchterkrankungen können dabei genauso betrachtet werden wie Funktionen, die das Suchtverhalten oder die Substanz für die betroffene Person erfüllt. Ein wesentlicher Bestandteil einer Therapie ist es die dahinter liegenden psychischen Probleme und Belastungen zu bearbeiten. Im Rahmen einer Psychotherapie geht es um die Behandlung der psychischen Abhängigkeit.
Die Verhaltenstherapie versucht herauszufinden, welche Funktion das Suchtverhalten hat und welche Bedürfnisse im Hintergrund der Abhängigkeit stehen. Es wird eruiert auf welche Weise die Bedürfnisse, abseits der Sucht, befriedigt werden können. Psychotherapie bietet den Klientinnen und Klienten eine einfühlsame und unterstützende Beziehung, die das Ziel hat, sich selbst und die zugrunde liegenden Ursachen der eigenen Sucht zu verstehen. Dadurch kann eine gesunde Entwicklung und positive Einstellung zum Leben gefördert werden.
Dauer der Therapie
Oft wird die Frage gestellt, wie lange eine Therapie dauert. Dies kann leider nicht allgemein beantwortet werden. Bei körperlicher Abhängigkeit kann ein Entzug in relativ kurzer Zeit innerhalb weniger Wochen erfolgen. Die psychische Abhängigkeit stellt jedoch die Betroffenen vor eine weit größere Herausforderung.
Behandlungsansätze und Therapieangebote
Nach erfolgreicher Motivation müssen Erkrankte sich einem körperlichen Entzug unterziehen. Nächster Schritt ist die Entwöhnung und im weiteren Verlauf die Nachsorge.
Mein Ansatz: Mein Ansatz orientiert sich im Wesentlichen an den klassischen Phasen der Suchttherapie. Ergänzend biete ich Methoden aus Yoga, Meditation, Atemtechniken und therapieorientiertem Klettern an, die den Ausstieg aus dem Suchtverhalten außerordentlich unterstützen.
Motivationsphase: Der/die Betroffene wird ausführlich beraten. Der Wille und die Entscheidung, die Sucht zu überwinden, wird gestärkt.
Entzugs- und Entgiftungsphase: Eine körperliche Entzugsbehandlung, wenn nötig medikamentös gestützt, ist entweder ambulant oder bei Bedarf auch stationär an meiner Suchtstation im Therapiezentrum Ybbs möglich.
Entwöhnungsbehandlung: Mehrmonatige, meist stationäre, Therapie. Inhaltlich geht es, je nach Art der Suchterkrankung, um das Erlernen eines zumeist Suchtmittel-freien Lebens mit Zunahme der Lebensqualität, Reduktion von schädlichen Auswirkungen des Suchtverhaltens, soziale Sicherung, Erhöhung der Stresstoleranz, Stärkung der persönlichen Fähigkeiten und Verbesserung der sozialen Kompetenzen.
Nachsorgephase: Gelerntes muss in den Alltag integriert werden, aber auch neue Muster, Strategien und Verhalten werden erlernt, Ursachen beleuchtet und gegebenenfalls ein neues Leben schrittweise aufgebaut. Selbsthilfegruppen, Einzel- und Gruppentherapie sowie eine psychiatrisch-ärztliche Begleitung und wenn erwünscht eine medikamentöse Rückfallprophylaxe stellen wesentliche Eckpfeiler dar.
Therapieangebote im Überblick
- Körperliche Entzugstherapie und medikamentöse Rückfallprophylaxe
- Fachärztlich begleitete Entzugstherapie, meist mit kurzzeitig medikamentöser Therapie, sowie auf Wunsch Einstellung auf eine medikamentöse Rückfallprophylaxe zur Reduzierung des Suchtverlangens.
- Behandlung von Begleiterkrankungen wie Depressionen und Angsterkrankungen
- Hilfe beim Aufbau einer Therapiemotivation
- Rückfallprävention
- Emotional Freiheit
- Unterstützung beim Aufbau eines (neuen) sozialen Netzes
- Persönlichkeitsentwicklung
- Entspannungstraining
Weitere Therapieansätze
Die Grundlagen unserer psychotherapeutischen Arbeit sind geprägt von unserem Verständnis von Sucht und beinhalten eine intensive Motivationsarbeit, sowie eine stützende Beziehung. Wir entwickeln gemeinsam individuelle Bewältigungsstrategien, um mit Suchtdruck umzugehen und die langfristige Genesung zu fördern.
Einzel- und Gruppentherapie
Das Basisangebot der psychotherapeutischen Arbeit bei p.a.s.s. ist Einzelpsychotherapie in regelmäßigen Therapiesitzungen. Angehörige können auf Wunsch der KlientInnen in den Behandlungsprozess eingebunden werden. Ergänzend zur Einzelpsychotherapie bieten wir auch Gruppenpsychotherapie an. Gruppenpsychotherapie ist eine bewährte Methode der Suchtbehandlung. Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten arbeiten mit Patientinnen und Patienten mit ähnlichen Störungsbildern in Gruppen zusammen.
Wo gibt es Hilfe?
Der Grüne Kreis bietet bei Abhängigkeitsproblematiken rasche und professionelle Hilfe - diese kann ambulant oder stationär erfolgen. Vor einer Aufnahme in ein Betreuungssetting, werden der Gesundheitszustand und die jeweiligen Lebensumstände (psychische, psychiatrische, somatische, soziale Problematik, schulische und berufliche Ausbildung etc.) anamnestisch erfasst.
Die Therapiemotivation wird abgeklärt und das jeweils passende Behandlungs-/Rehabilitationsmodell (ambulante Therapie, stationäre Kurz- oder Langzeittherapie, Substitutionstherapie bzw. Angehörigen wird in den ambulanten Beratungs- und Betreuungszentren fachkundige Unterstützung angeboten. Ziel der unterschiedlichen Behandlungsformen ist die erfolgreiche Rehabilitation und Integration, bzw.
In enger Zusammenarbeit mit der Anstaltsleitung und dem psychologischen Dienst der Strafvollzugsanstalten werden unseren hochqualifizierten Mitarbeiter*innen suchtkranke Insass*innen zugewiesen.
Leiden Sie an einer Suchterkrankung oder möchten sich mit Ihrem Konsumverhalten auseinandersetzen, nehmen Sie Kontakt mit mir auf.
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