Die Psychotherapie mit Pferden, auch Reittherapie genannt, gewinnt zunehmend an Bedeutung. Sie bietet eine einzigartige Möglichkeit, psychische und emotionale Herausforderungen auf eine besondere Art und Weise anzugehen. Hierbei wird das Pferd als Co-Therapeut eingesetzt, um Menschen in Krisen, schwierigen Lebenslagen oder mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen.
Was ist Reittherapie?
Die Reittherapie umfasst pädagogische, psychologische und sozial-integrative Maßnahmen, die mit Hilfe des Pferdes umgesetzt werden. Im Mittelpunkt der psychologischen Arbeit mit dem Pferd stehen Therapie und Förderung, wobei reiterliche Fähigkeiten nebensächlich sind. Das Angebot richtet sich in erster Linie an Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Entwicklungsstörungen sowie an Menschen in Krisen und schwierigen Lebenslagen. Die Reittherapie eignet sich ebenso als Burnout Behandlung und Prävention sowie als Entspannungsmaßnahme bei allgemeiner psychischer Belastung.
Gruppenangebote mit Pferden, wie Teambuildings, Führungskräftetrainings, Naturerlebnisse oder Entspannungstrainings, sind ebenfalls möglich. Diese Angebote können auch das Thema Pferdeverhalten beinhalten.
Warum Pferde in der Psychotherapie?
Tiere, insbesondere Pferde, haben eine nachweislich positive Wirkung auf Menschen. Pferde sind in der Lage, menschliche Mimik, Gestik und Tonlage zu erkennen und unterschiedlich darauf zu reagieren. Als Fluchttiere achten sie auf feine, nonverbale Signale und lesen die Körpersprache ihres Gegenübers.
Die Begegnung mit dem Pferd wirkt heilsam und fördert unter anderem die Motorik, soziale Kompetenzen und die Persönlichkeitsentwicklung. Das Pferd wird seit jeher als Spiegel der Seele bezeichnet. Als Co-Therapeut spiegelt es Verhalten in seiner Umgebung und kann so dabei helfen, das Befinden des Klienten herauszufinden. Durch seine wertfreie und ehrliche Interaktion befriedigt das Pferd das Bedürfnis nach Akzeptanz und Zuwendung auf besondere Weise.
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Die Wirkung von Pferden auf Menschen
Prof. Dr. Kathrin Schütz hat sich intensiv mit der positiven psychologischen Wirkung von Pferden auseinandergesetzt. In ihrem Buch „Pferde, Forschung & Psychologie“ analysiert sie die vielfältigen Wirkungen von Pferden auf Menschen in unterschiedlichen Settings - in der Psychotherapie ebenso wie im Therapeutischen Reiten und im pferdegestützten Coaching. Es scheint kaum einen Bereich psychischer Probleme zu geben, bei dem Pferde nicht einen hilfreichen Einfluss entfalten würden.
Ein Beispiel ist das breite Feld der Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Studien haben gezeigt, dass bei Klienten mit PTBS durch tiergestützte Therapie-Einheiten (vor allem mit Pferden und Hunden) ein Rückgang der Symptomatik von 13 bis 80 Prozent erreicht werden konnte. Auch bei depressiven Personen verringerten sich die Werte um 19 bis 72 Prozent, bei Personen mit Angst um 21 bis 65 Prozent. Bei Kindern und Jugendlichen mit Missbrauchserfahrungen konnten die PTBS-Symptome mit Hilfe pferdegestützter, psychotherapeutischer Einheiten reduziert werden.
Anwendungsbereiche der Reittherapie
- Psychische Erkrankungen: Unterstützung bei Depressionen, Angststörungen, PTBS und anderen psychischen Leiden.
- Entwicklungsstörungen: Förderung der emotionalen, sozialen und kognitiven Entwicklung bei Kindern und Jugendlichen.
- Krisen und schwierige Lebenslagen: Begleitung in Zeiten von Verlust, Trennung oder anderen belastenden Ereignissen.
- Burnout-Prävention: Entspannung und Stressabbau zur Vorbeugung von Burnout.
- Allgemeine psychische Belastung: Unterstützung bei der Bewältigung von Stress und Förderung des Wohlbefindens.
Weitere Angebote
Neben der klassischen Reittherapie gibt es weitere Angebote, die auf die Bedürfnisse von Pferd und Reiter eingehen:
- Psychologischer Reitunterricht: Orientiert an der klassischen Dressur mit Centered Riding ® Elementen, Bodenarbeit, Handarbeit und Longieren mit Fokus auf gesundem Muskelaufbau des Pferdes.
- Sitzschulung: Mithilfe von Centered Riding ® Elementen wird ein ausbalancierter, losgelassener Sitz gefördert, der nicht nur die eigene Haltung verbessert, sondern auch das Wohlbefinden des Pferdes steigert.
- Verhaltenstraining: Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse der Verhaltensforschung wird die individuelle Ausbildung des Pferdes unterstützt, mit Fokus auf positiver Verstärkung, Clickertraining und Belohnung.
- Reitpädagogik: Die spielerische Begegnung mit dem Pferd ermöglicht ein Entfliehen des Alltags und fördert positive Erfahrungen.
- Spezialgebiete: Ängstliche ReiterInnen (Coaching für Pferdebesitzer), Mentaltraining für Turnierreiter.
Zusätzliche Therapieangebote
Ergänzend zur Reittherapie gibt es weitere Angebote, die in den therapeutischen Prozess integriert werden können:
- Tiergestützte Therapie: Einsatz von Therapiebegleithunden zur Unterstützung der emotionalen Verarbeitung und zur Lösung emotionaler Blockaden.
- Gruppentherapie: Interaktive Gruppenarbeit, die innovative Methoden wie spezielle Aktivitäten mit Pferden einsetzt, um die innere Motivation zu fördern.
Tabelle: Wirkungen der tiergestützten Therapie (Pferde & Hunde) bei verschiedenen psychischen Problemen
Psychisches Problem | Reduktion der Symptomatik |
---|---|
Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) | 13 - 80% |
Depressionen | 19 - 72% |
Angststörungen | 21 - 65% |
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