Psychotherapie bei Schlafstörungen: Methoden und Ansätze

Sieben Stunden Schlaf benötigen wir täglich, um uns ausreichend zu regenerieren. Allerdings leidet auch in Österreich fast jeder Zweite an einer Schlafstörung. Schlafstörungen kommen in verschiedenen Formen vor: Ein- und Durchschlafprobleme, mehrfaches nächtliches oder frühzeitiges morgendliches Erwachen und nicht mehr einschlafen können.

Akute Schlaflosigkeit dauert weniger als drei Monate. Gerhard Steiner: „Durchwachte Nächte wirken sich nicht nur auf das allgemeine Wohlbefinden aus. Wer über einen längeren Zeitraum nicht ein- oder durchschlafen kann, ist gesundheitlich gefährdet.“ Der Körper leidet unter ständigem Stress und verliert an Immunstärke - der Organismus ist geschwächt und Krankheiten können viel leichter auftreten.

Bei etwa 85 Prozent klagen die Betroffenen, nachts mit vielen Gedanken, Gefühlen und Sorgen beschäftigt zu sein, die Schlafstörung ist diesbezüglich dann die Folge von seelischen Leidens (z.B. Depressionen, div. Angstgefühle, Burnout).

Ursachen und Diagnose von Schlafstörungen

Schlafstörungen können körperliche Ursachen haben. In der psychotherapeutischen Praxis wird zunächst abgeklärt, welche Ursachen der Schlafstörung zugrunde liegen. Je nach Problemstellung ist eine genaue Abklärung wichtig um die richtige psychotherapeutische Behandlung durchführen zu können.

Die Klagen über nicht erholsamem Schlaf können verschiedene Gründe haben, situative wie auch psychisch bedingte. Wesentlich dabei ist zunächst die Abklärung von physiologischen Ursachen. Bei der Diagnostik von schlafbezogenen Atmungsstörungen (dazu zählen die verschiedenen Formen der Schlafapnoe) haben sich ambulante Polygrafiegeräte sehr bewährt, der „Goldstandard“ ist nach wie vor die stationäre Polysomnografie, vor allem bei der Abklärung psychiatrisch-neurologischer Schlafstörungen.

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Andere Schlafstörungen, wie z.B. die verschiedenen Formen der zirkadianen Schlaf-wach-Rhythmusstörungen können fast ausschließlich nur ambulant (z.B. durch das Tragen von Aktivitätstracker oder Aktometer über mehrere Tage/Wochen) diagnostiziert werden. Eine Diagnostik von Schlafstörungen sollte ausschließlich nach den Kriterien eines anerkannten Klassifikationsschemas erfolgen. Zurzeit kommen dafür das ICD-10, DSM-V und die ICSD-3 infrage.

Psychotherapeutische Methoden zur Behandlung von Schlafstörungen

Bei der Behandlung von Schlafstörungen kommen sowohl medikamentöse, nicht medikamentöse (psychologischverhaltenstherapeutische Methoden) und apparative Therapieansätze zur Anwendung. Je nach Art und Ausprägungsgrad des Beschwerdebildes wird der initiale Schwerpunkt der Behandlung mehr auf medikamentösen oder psychologisch-verhaltenstherapeutischen Maßnahmen liegen. Der Langzeiteffekt, so das Ergebnis zahlreicher Studien, ist aber bei einer Kombination beider Ansätze am größten.

Vorrangiges Ziel sollte aber nicht die Beseitigung der Schlafstörung selbst sein - beispielsweise durch Schlafmittel, sondern die Behandlung der Ursache. Im Zuge einer solchen Behandlung erleben die PatientInnen, dass sie selbst etwas gegen ihre Schlafprobleme tun können. Da Schlafprobleme häufig in Folge von psychischen Leidenszuständen (z.B. Burnout, Depression oder Angstzuständen) auftreten, ist in vielen Fällen eine Behandlung im Rahmen einer kontinuierlichen Psychotherapie - mit Fokus auf die Ursachen der Schlafprobleme - sinnvoll.

Kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I)

Die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I) ist die evidenzbasierte Standardbehandlung für chronische Schlafprobleme. Dieser Ansatz kombiniert verschiedene Techniken, um sowohl die Gedanken als auch das Verhalten rund um den Schlaf zu verändern.

Ein zentraler Baustein ist die Schlafhygiene-Aufklärung. Betroffene lernen, welche Faktoren den Schlaf fördern oder behindern. Die Stimuluskontrolle zielt darauf ab, das Bett wieder ausschließlich mit Schlaf zu verbinden. Betroffene lernen, das Bett nur zum Schlafen zu nutzen und bei Schlaflosigkeit aufzustehen, anstatt wach zu liegen. Die Schlafrestriktion ist eine weitere wirksame Methode. Dabei wird die im Bett verbrachte Zeit zunächst auf die tatsächliche Schlafzeit reduziert. Dies führt zu einem gesunden Schlafdruck und verbessert die Schlafeffizienz.

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Die kognitive Umstrukturierung hilft dabei, dysfunktionale Gedanken über den Schlaf zu identifizieren und zu verändern. Therapeuten arbeiten mit Klienten daran, realistische Erwartungen zu entwickeln und katastrophisierende Gedanken zu hinterfragen. Diese Arbeit an den Denkmustern ist oft entscheidend für den Therapieerfolg.

Entspannungsverfahren

Entspannungsverfahren sind ein wichtiger Bestandteil der psychotherapeutischen Behandlung. Progressive Muskelentspannung hilft dabei, körperliche Anspannung abzubauen und den Übergang zum Schlaf zu erleichtern. Achtsamkeitsbasierte Ansätze haben sich ebenfalls als wirksam erwiesen. Meditation und Achtsamkeitsübungen helfen dabei, das Gedankenkarussell zu stoppen und den Fokus weg von den Sorgen zu lenken.

Umgang mit nächtlichem Grübeln

Für den Umgang mit nächtlichem Grübeln gibt es spezielle Techniken. Die „Sorgenzeit“ ist eine bewährte Methode: Betroffene setzen täglich eine feste Zeit zum Grübeln fest. Wenn nachts Sorgen aufkommen, werden diese für die nächste Sorgenzeit „terminiert“. Das Führen eines Sorgentagebuchs kann ebenfalls hilfreich sein.

Klopftechnik

Eine Methode, welche bei Schlafstörungen hilfreich ist, hat in den letzten Jahren als „Klopftechnik“ einigen Bekanntheitsgrad erreicht. Die Methode des Klopfens ist aus der Prozess- und Embodiment-fokussierte Psychologie (PEP) bekannt geworden. Klopfen ist eine Technik, die sich in den letzten Jahren zunehmend als hilfreich zur Behandlung von Ängsten, Hilflosigkeit, Ärger, Stress und unangenehmen Gefühlen entwickelt hat.

Beim Klopfen werden Punkte auf dem Körper, welche auch die Akupunkteure nutzen, aktiviert. Gleichzeitig spürt man das unangenehme Gefühl im Körper oder denkt an das unangenehme Gefühl. Dadurch wird im Gefühlshirn Einfluss auf die Stärke des empfundenen Gefühls genommen. Zusätzlich reibt man einen bestimmten Punkt und nimmt sich gleichzeitig auch mit seinen schwierigen Gedanken über sich selbst an. Das trägt zu einer deutlichen Beruhigung in Körper und Seele bei.

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Wenn man die unangenehmen Gefühle reduzieren oder auflösen will, dann hilft Klopfen meistens gut und schnell. Es kann aber sein, dass die Klopfübungen die belastenden Gefühle nicht ausreichend verändern.

Weitere Therapieansätze

Verschiedene Arten von Schlafstörungen erfordern teilweise unterschiedliche therapeutische Ansätze. Bei Einschlafstörungen stehen oft Entspannungstechniken und die Arbeit an Erwartungsängsten im Vordergrund. Alpträume können mit speziellen Techniken wie der Imagery Rehearsal Therapy behandelt werden.

Schlafhygiene: Regeln für einen gesunden Schlaf

Neben Aufklärung über den Schlaf sind bestimmte Verhaltensweisen, die einen gesunden Schlaf fördern (sogenannte „Regeln für einen gesunden Schlaf“ bzw. „Schlafhygiene“), Teil der Psychoedukation. Schlafhygienische Maßnahmen beinhalten Verhaltens­regeln, die dem Ausschluss schlafbeeinträch­tigender und der Förderung schlafbegünstigender Verhaltensweisen dienen. Insbesondere durch Hinweise zur Schlaf­umgebung und zur Tagesstruktur sollen mögliche auslösende bzw. aufrechterhaltende Faktoren verändert werden.

Im Seckauer Brevier aus dem 13. Jahrhundert heißt es u.a., „besprenge den Schlafraum mit Weihwasser“ oder „verschließe die fünf Sinne mit dem Kreuzzeichen“, womit im Grunde nichts anderes gemeint ist, als den Schlafplatz und den eigenen Körper für den Schlaf so vorzubereiten, damit eine klare Trennung zwischen der Umtriebigkeit des Wachlebens und der geistigen und körperlichen Ruhe der Nacht gewährleistet ist.

Zusammenhang zwischen Schlafstörungen und psychischen Erkrankungen

Schlafprobleme treten häufig in Folge von psychischen Störungen auf. Sie werden aber auch mit dem Entstehen und der Verstärkung seelischer Leidenszustände in Zusammenhang gebracht. Sollten Ihre Schlafstörungen ein Symptom einer der erwähnten Erkrankungen sein, sollte diese behandelt werden.

Bedeutung des Schlafs für die Gesundheit

Ausreichender und erholsamer Schlaf ist jedoch essentiell für unser Wohlbefinden und unsere Funktionsfähigkeit im Alltag. Ein gestörter Schlaf hat negative Auswirkungen auf unser emotionales Gleichgewicht, unsere Lern- und Konzentrationsfähigkeit und wird in Studien immer wieder in Zusammenhang mit der Entstehung von körperlichen Erkrankungen und einer Beeinträchtigung des Immunsystems gebracht.

Medikamentöse Behandlung von Schlafstörungen

Versuchen Sie bereits, Ihre Schlafstörungen mit Medikamenten zu behandeln? Medikamente können in geringer Anwendung kurzfristig helfen und den Leidensdruck mindern, jedoch langfristig zur Chronifizierung der Schlafprobleme führen. Sie sollten nur unterstützend verwendet werden und nie die Lösung sein. Bei regelmäßiger Einnahme von Schlafmitteln kann es leicht zu einer Abhängigkeit von diesen kommen. Es ist daher wichtig, diese Medikamente mit ärztlicher Unterstützung rasch zu reduzieren und andere Lösungen zu suchen.

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