Psychischer Zusammenbruch: Symptome, Ursachen und Behandlung

Jeder Mensch erfährt im Laufe seines Lebens nicht nur körperliche, sondern auch seelische Verletzungen. Grundsätzlich können Gehirn und Psyche solche Verletzungen selbst verarbeiten. Besonders belastende Erlebnisse, die das eigene Leben erschüttern, können jedoch dazu führen, dass man sich in einem nicht enden wollenden Alptraum wähnt.

Burn-out: Wenn die Erschöpfung überhandnimmt

Der Begriff „Burn-Out“ ist in der heutigen Zeit in aller Munde. Die Zahl der Betroffenen ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Auch in den Medien ist das Ausgebranntsein dank vieler Prominenter, die ihr Burn-Out öffentlich thematisierten, kein Tabuthema mehr.

Definition und Symptome

Eine Definition von 1996 beschreibt das Erkrankungsbild folgendermaßen: „Burnout ist ein schleichend verlaufender psychischer und physischer Abbauprozess von engagierten Idealistinnen/Idealisten zu erschöpften, resignierten und deprimierten Wesen.“ Bis der völlige Erschöpfungszustand erreicht ist und der totale Zusammenbruch erfolgt, vergehen oft Jahre. Der Abbauprozess ist, wie beschrieben, schleichend: Zunächst engagieren sich Betroffene sehr z. B. für ihre Arbeit, verausgaben sich und verlieren nicht nur die Begeisterung an ihren Aufgaben, sondern fühlen sich erschöpft, leer und ohne Energie - ausgebrannt.

2019 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erstmals das Burnout Syndrom im 2022 erscheinenden internationalen Katalog der Krankheiten (ICD-11) genauer definiert. Drei Dimensionen von Symptomen werden dabei angeführt:

  • Gefühl von Erschöpfung
  • Zunehmende geistige Distanz und/oder negative Haltung zum eigenen Job
  • Verringertes berufliches Leistungsvermögen

Damit fasst diese neue Klassifizierung das Syndrom nun genauer und engt das Burnout auf den Bereich des Arbeitslebens ein. Burnout ist ein Syndrom, das von nicht erfolgreich bewältigtem, chronischem Stress am Arbeitsplatz hervorgeht.

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Ursachen

Die Ursachen des Störungsbildes „Burn-Out“ sind vielfältig. Einerseits spielen Persönlichkeitsmerkmale, andererseits Rahmenbedingungen der Lebenssituation eine bedeutsame Rolle. Begünstigend können sich beispielsweise Eigenschaften wie hohe Perfektionsansprüche an sich und andere, erhöhter Arbeitseinsatz, „Helfersyndrom“, grübeln und sich übermäßig Sorgen machen, Schwierigkeiten sich zu entspannen usw. auswirken.

„Oftmals können durch zusätzliche Aufgaben oder auch Lebensereignisse wie etwa die Pflege eines Angehörigen die Anforderungen an die Person deutlich ansteigen.

Behandlung

Einem Burn-Out entgegenwirken können Betroffene mit aktiver Psychohygiene, in dem sie rechtzeitig Strategien entwickeln, um sich abzugrenzen, in dem sie Nein-Sagen lernen, Hilfe annehmen, ein gutes Zeitmanagement etablieren oder auch regelmäßig Entspannungstraining praktizieren. Gelingt es jedoch nicht mehr, aus eigenen Kräften aus diesem Erschöpfungszustand herauszukommen, ist es notwendig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

„Ein Weg dazu stellt zum Beispiel die stationäre Behandlung mit dem Schwerpunkt Burn-Out an unserem Department für Psychosomatik dar. Ziel des mehrwöchigen Aufenthaltes ist es, wieder zu neuer Energie zu kommen durch die Aktivierung verlorengegangener oder neu gewonnener Ressourcen“, beschreibt Mag.a Schöny. Burn-Out stoppt die Zeit für die Betroffenen abrupt und ist zugleich auch die Chance, mit professioneller Hilfe wieder zu einem Gleichgewicht zwischen Beruf und Privatleben zu finden.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Entstehen kann eine PTBS infolge nicht ausreichend verarbeiteter traumatischer Erlebnisse. Kennzeichnend ist, dass das Gehirn das Erlebte nicht ausreichend verarbeiten kann, so dass ein ständiges Wiedererleben auftritt - etwa in Form so genannter Flashbacks. Diese werden durch bewusste, aber auch durch unbewusste Reize ausgelöst.

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„Um dieses belastende Wiedererleben zu verhindern, tritt häufig unterschiedliches Vermeidungsverhalten auf, das mit dem traumatischen Erlebnis verbunden ist. So werden zum Beispiel Orte, Menschen, bestimmte Situationen, Gedanken oder Gefühle gemieden“, berichtet Wolfgang Schnellinger, Psychotherapeut für Traumatherapie. Weiters erleben Betroffene oftmals hohe Spannungszustände, die sich als panikähnliche Zustände, übermäßige Schreckhaftigkeit, Schlafstörungen, hohe Reizbarkeit, Konzentrationsschwierigkeiten etc. zeigen können.

Um diesen Stresszuständen entgegenzuwirken, kommt es oft zu dysfunktionalem bzw. selbstschädigendem Verhalten wie starkes Nägelkauen, Waschzwang, Ritzen etc., um Erleichterung zu schaffen. Insbesondere bei PTBS vom Typ 2 können Mehrfachdiagnosen auftreten, wie z. B. Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, Persönlichkeitsstörungen.

PTBS Typ 1: Kann nach einmaligen traumatischen Erlebnissen, wie z. B. Unfällen, schweren Erkrankungen, Todesfällen im näheren Umfeld, Naturkatastrophen oder Raubüberfällen entstehen.

PTBS Typ 2: Kann nach länger anhaltenden traumatischen Erlebnissen, wie z. B. körperlicher Gewalt oder sexuellem Missbrauch, Kriegserlebnissen etc. entstehen.

„Bei der stationären Traumatherapie führen wir zu Beginn eine ausführliche diagnostische Abklärung durch und erstellen gemeinsam ein Behandlungskonzept. Dabei werden sowohl stabilisierende als auch Trauma konfrontative Maßnahmen in Betracht gezogen. Ziel der stationären Traumatherapie ist es, - insbesondere in der Stabilisierungsphase - Fertigkeiten im Umgang mit den eigenen Symptomen und Gefühlszuständen aufzubauen, die die Lebensqualität verbessern. Zugleich soll das Wissen über das Krankheitsbild erweitert werden, um Sicherheit zu gewinnen.

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Borderline-Störung

Lange galt die Borderlinestörung als nicht behandelbar. Erst mit Entwicklung störungsspezifischer Psychotherapieansätze in den 1980er-Jahren hat sich das Blatt gewendet. Borderline ist eine Persönlichkeitsstörung, die sich durch Impulsivität und Instabilität von Emotionen und Stimmung, der Identität sowie zwischenmenschlichen Beziehungen charakterisiert. Plakativste und häufigste Symptomen sind selbstverletzendes Verhalten (z. B. „Ritzen“) oder unkontrollierte Wutausbrüche.

Doch so einfach ist es nicht, sagt OA Dr. Michael Barth: „Es gibt nicht 'den oder die typische/-n Borderliner/-in' - die Krankheit hat sehr viele Gesichter. Mindestens fünf Kriterien aus insgesamt neun Symptomkomplexen müssen für die Diagnosestellung erfüllt sein. So ergeben sich mehr als 200 verschiedene Konstellationen.

Psychotherapie steht bei der Behandlung gegenüber Medikamenten klar im Vordergrund, jedoch stoßen konventionelle Therapieansätze oft rasch an ihre Grenzen. Die Folge sind Frustration, häufige Therapieabbrüche und sinkende Therapiebereitschaft.

Bei modernen störungsspezifischen psychotherapeutischen Konzepten gibt es daher zwischen den Borderline-Patientinnen und -Patienten und den Therapeutinnen und Therapeuten von Beginn an klare Vereinbarungen und Regeln (z. B. Therapieverträge) sowie eine Hierarchisierung des Behandlungsfokus, erklärt Experte Barth: „Solange drängende Selbstmordgedanken oder -versuche bestehen, liegt der Behandlungsschwerpunkt ausschließlich in der Gegenwart mit dem einzigem Ziel, wie die Betroffenen am Leben bleiben können, auch wenn die 'Versuchung' besteht, gerade jetzt über traumatische Vergangenheitserlebnisse als mutmaßliche 'Ursachen' der Krise zu sprechen. Ebenso Vorrang hat die Besprechung von Verhaltensmustern, die ein Aufrechterhalten der Therapie gefährden.

Häufig sind „Borderliner/-innen“ recht talentierte Menschen. „Ein baldiger Therapiebeginn ist daher wichtig, um zu verhindern, dass die Betroffenen durch frühzeitige Pensionierung aus dem Leben driften und zu 'Drehtür-Psychiatriepatienten' werden“, betont Barth.

Chronischer Schmerz

Das Wort „Schmerz“ ist in seiner vielfältigen Ausprägung jedem Menschen bekannt. Akute Schmerzen werden durch äußere (z. B. Verletzung) oder innere Vorgänge (z. B. Entzündungen, Tumore, Verspannungen etc.) ausgelöst. Grundsätzlich hat Schmerz einen sinnvollen Hintergrund, denn er dient als Warnfunktion, dass mit dem Körper etwas nicht stimmt. In Folge veranlasst er uns, Maßnahmen zu ergreifen, um die schmerzauslösende Ursache erkennen und nach Möglichkeit beheben zu können.

Komplexer hingegen ist der chronische Schmerz, der Betroffene auch psychisch mürbe machen kann. Halten Schmerzen länger als drei bis sechs Monate an oder treten über diesen Zeitraum hinweg immer wieder auf, bezeichnet man sie als chronische Schmerzen. Die Warn- und Schutzfunktion wie beim akuten Schmerz ist hier meist nicht mehr gegeben. Vielmehr entwickeln sich chronische Schmerzen häufig zu einem eigenständigen Erkrankungsbild, der chronischen Schmerzstörung, die ein umfassendes, individuell angepasstes Behandlungskonzept erfordert.

„Wichtig ist, dass unbedingt sowohl die körperlichen als auch die psychischen und sozialen Faktoren in die Behandlung miteinbezogen werden“, betont OÄ Dr.in Angela Kamper, Fachärztin für Psychosomatik. Die neurobiologische Forschung der letzten Jahre zeigt, dass es in unserem Gehirn enge Verbindungen zwischen der Verarbeitung von Stress und der von Schmerz gibt - für das Gehirn stellt Schmerz eine besondere Variante von Stress dar.

Entscheidend für die Entwicklung des schmerzverarbeitenden Systems im Gehirn und für den Umgang mit der chronischen Schmerzbelastung sind die individuellen Erfahrungen der Betroffenen mit früheren körperlichen, aber auch mit psychischen Schmerzerlebnissen. „Körperschmerz und Seelenschmerz sind hierbei eng miteinander verwoben. Negative Gefühle wie Trauer, Verlust, Zurückweisung, Ärger oder Angst verstärken nicht nur das Schmerzempfinden, sondern können auch selbst als Schmerz empfunden werden“, sagt die Oberärztin.

So kommt es in Folge chronischen Schmerzes häufig zu verschiedenen psychischen und sozialen Beeinträchtigungen wie etwa Schlaf- oder Angststörungen und Depression, aber auch zu Belastungen oder Konflikten innerhalb der Familie und am Arbeitsplatz. Der Leidensweg von Schmerzpatientinnen/-patienten bis hin zur richtigen Therapie zieht sich oft über Jahre. Dauerschmerz bestimmt das Leben. Häufig entwickeln die Nervenzellen durch den anhaltenden Reiz ein Schmerzgedächtnis und es entsteht ein von Schmerz geprägter Teufelskreislauf.

„Im Rahmen einer psychosomatischen Schmerztherapie bei uns setzen sich Patientinnen und Patienten mit Schmerzstörungen mit den vielfältigen Wechselwirkungen zwischen körperlichen Beschwerden und psychischen und sozialen Faktoren ausführlich auseinander.

Somatoforme Störungen

Etwa 20% der Menschen leiden unter körperlichen Beschwerden, für die keine ausreichende körperliche Ursache oder Erklärung gefunden werden kann. Das ist oft frustrierend, hinterlässt es doch mitunter das Gefühl, von Ärzt/-innen nicht ernst genommen oder nicht gut genug untersucht worden zu sein. Da die Beschwerden im Körper wahrgenommen werden, gehen Betroffene davon aus, dass eine körperliche Erkrankung die Ursache ist. Viele haben bereits einen regelrechten Ärzt/-innenmarathon hinter sich, zahlreiche Untersuchungen durchführen lassen und entsprechende Befunde gesammelt. Diese körperlichen Befunde erklären bei somatoformen Störungen jedoch nicht die Schwere, das Ausmaß, die Vielfalt und die Dauer der Beschwerden. Mit einer Therapie der Psyche wird oft sehr spät begonnen.

Je länger Beschwerden andauern, desto größer wird auch das Gefühl von Hilflosigkeit und Verzweiflung bei den Betroffenen.

  • Somatoforme autonome Funktionsstörung: körperliche Beschwerden ohne (ausreichende) organische Erklärung, hauptsächlich einem Organ (-system) zugeordnet, z.B.
  • Somatoforme Schmerzstörung: chronische Schmerzen ohne (ausreichende) organische Erklärung, z.B.

Die Ursachen für somatoforme Störungen sind vielfältig. Meistens liegen sowohl körperliche als auch seelische Belastungen zugrunde. Psychische Auslöser können genauso für viele Symptome und auch Schmerzen verantwortlich sein wie körperliche. Sowohl körperliche als auch psychische Auslöser für Schmerzen werden in unserem schmerzverarbeitenden System im Gehirn verarbeitet.

Bei unterschiedlicher Neigung bzw. Anfälligkeit und oft schwierigen biographischen Erfahrungen finden sich auslösende und verstärkende Faktoren, die schließlich zu einem Teufelskreis führen: Die Betroffenen nehmen Symptome vermehrt wahr, bewerten diese als krankhaft und kommen damit in eine zunehmende Anspannung. Dies wiederum verstärkt die Ausprägung der Beschwerden und führt unweigerlich zu Verhaltensänderungen, z.B. Verm...

Essstörungen

Wurden Essstörungen früher in der Bevölkerung häufig als „Erkrankung pubertierender Mädchen, die sich wieder gibt“ belächelt und nicht ernst genommen, ist mittlerweile bekannt, dass es sich bei einer Essstörung um eine komplexe, ernstzunehmende psychische Erkrankung handelt, bei der es nicht „nur“ um Essen und Gewicht im Sinne einer Ernährungsstörung geht. Betroffen von Essstörungen sind beiderlei Geschlechter und jede Altersschicht. In der Entstehung und Aufrechterhaltung wirken unterschiedliche Ursachen und Bedingungen zusammen, wie zum Beispiel geringer Selbstwert, hohe Leistungsansprüche, Schwierigkeiten im Umgang mit Gefühlen, familiäre Konflikte etc.

„Im Schwerpunkt Essstörungen diagnostizieren und behandeln wir Betroffene mit Anorexie - auch als Magersucht bekannt -, Bulimie, auch Ess-Brech-Sucht genannt, Binge-Eating-Störungen, die sich in Fressattacken niederschlagen sowie verschiedene atypische Formen“, erklärt Dr. Andre Merl, Oberarzt am Department für Psychosomatik. Das Angebot orientiert sich an unterschiedlichen Prinzipien, die in Gruppen- und Einzeltherapien zum Einsatz kommen. So zielt die Behandlung in einem ersten Schritt auf die Information der Patientinnen und Patienten über ihr Erkrankungsbild ab.

Um das Erworbene auch praktisch umzusetzen und eine Normalisierung im Alltag zu üben, nehmen Patientinnen und Patienten mit Essstörungen täglich gemeinsame Mahlzeiten ein - zu Mittag auch unter therapeutischer Begleitung. Überdies können im Rahmen der wöchentlichen Kochgruppe der Umgang mit oftmals negativ besetzten Lebensmitteln und deren Zubereitung konkret und unter fachlicher Anleitung geprobt werden.

Erweitert um Elemente aus der Dialektisch Behavioralen Therapie (DBT) liegt ein weiteres Ziel darin, Zusammenhänge zwischen Essstörungsverhalten und Schwierigkeiten im Umgang mit Gefühlen sowie äußeren Bedingungen herzustellen. Dabei können Betroffene Verständnis für mögliche Ursachen und aufrechterhaltende Bedingungen ihrer Erkrankung erlangen und im weiteren Verlauf adäquate Fertigkeiten zu deren Bewältigung erlernen. Neben den begleiteten nonverbalen Therapiemethoden (z. B.

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