Psychische Erkrankungen sind ein wachsendes Problem in der modernen Gesellschaft. Ängste, Depressionen, Burn-out: Immer mehr Menschen leiden laut Experten unter psychischen Erkrankungen. Arbeitsbedingte psychische Erkrankungen sind trotz vielfältigster Präventionsbemühungen weit verbreitet und gehören zu den häufigeren arbeitsbedingten Erkrankungen.
Ursachen psychischer Erkrankungen
Psychische Erkrankungen können viele Ursachen haben. Viele davon sind nach wie vor Gegenstand der Forschung. Bei der Entstehung einer psychischen Erkrankung wirken biologische, psychologische und soziale Faktoren zusammen. Zum Beispiel ein mögliches Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn, genetische Veranlagung sowie Lebensumstände.
Organische psychische Störungen (OPS)
Unter dem Oberbegriff „organische psychische Störungen“ (OPS) werden alle psychischen Befindlichkeitsstörungen zusammengefasst, denen direkt eine Schädigung des Gehirns zugrunde liegt. Mit dem OPS gehen meist auch soziale Beeinträchtigungen einher. Es gibt eine Vielzahl an psychischen Störungen, die organisch bedingt sind. Am häufigsten treten Demenz oder das sogenannte Delir auf.
Eine organische psychische Störung (OPS) kann erste Erscheinung einer Grunderkrankung sein. Oder sie tritt im Verlauf einer bereits bekannten Krankheit als Folge bzw. Begleiterscheinung auf. Im Prinzip handelt es sich bei OPS um eine Beschreibung von bestimmten Symptomkomplexen. Vor allem bei Demenz konnte die Forschung Entstehungsmechanismen klären.
Folgende allgemeine Mechanismen können zum Beispiel zu Schädigungen von Hirnsubstanz bzw. Schädel-Hirn-Verletzungen führen:
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- Durchblutungsstörungen im Gehirn (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
- Störungen des Immunsystems (z.B. Infektionen - vor allem des Zentralnervensystems)
- Stoffwechselstörungen
- Medikamente (z.B. das Anti-Parkinson-Medikament Levodopa)
Häufig besteht eine sogenannte Komorbidität. Das bedeutet, die Patienten leiden zugleich an weiteren psychischen Problemen. So erhöhten z.B. eine ernsthafte körperliche Erkrankung sowie die Einschränkungen infolgedessen das Risiko einer psychischen Belastung.
Arbeitsbedingte psychische Belastungen
Psychische Aspekte gewinnen im Arbeitnehmer:innenschutz kontinuierlich an Bedeutung, da sich die Arbeit im Wandel befindet und sich der relative Anteil an Dienstleistungen am Gesamt-Bruttoinlandsprodukt seit Jahrzehnten erhöht. Gleichzeitig haben die Krankenstandstage aufgrund psychischer Diagnosen im letzten Jahrzehnt zugenommen.
Gängige arbeitsbedingte Einflussfaktoren sind:
- „Job Strain“ (Hohe Anforderung bei zu geringem Tätigkeitsspielraum)
- Geringe soziale Unterstützung
- Arbeitsplatzunsicherheit
- Geringe Bedeutsamkeit der Arbeit
- Überlange Arbeitszeiten
- Belastung durch Schichtarbeit
- Arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit
- Unzureichende Arbeitspausen
Die Existenz potenziell schädlicher Wirkungen von Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit ist unbestritten. Die psychische Gesundheit hängt mit den psychosozialen Arbeitsbedingungen kausal zusammen.
Statistik zu Krankenstandstagen und psychischen Erkrankungen
Die folgende Tabelle zeigt die Veränderung der Krankenstandstage aufgrund psychischer Erkrankungen im Vergleich zu allen Krankenstandstagen:
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| Krankheitsgruppen | 1994 | 2023 | Veränderung absolut | Veränderung in % |
|---|---|---|---|---|
| Insgesamt | 40.211.000 | 56.088.000 | + 15.877.000 | + 39,5% |
| Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen | 1.063.000 | 5.776.000 | + 4.713.000 | + 443,4% |
Seit Mitte der 1990er-Jahre haben sich die Krankenstandstage aufgrund psychischer Krankheiten und Verhaltensstörungen verfünffacht. Beinahe 45% der Invaliditätspensionen sind durch psychische und Verhaltensstörungen bedingt.
Soziale Absicherung bei psychischer Erkrankung
Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen körperlichem, seelischem und sozialem Wohlbefinden. Armut, existenzielle Ängste oder die finanzielle Abhängigkeit von der Familie können krankmachend bzw. krankheitserhaltend sein und schränken die individuellen Verwirklichungsmöglichkeiten beträchtlich ein.
Im Folgenden eine Auflistung verschiedener finanzieller Leistungen, die Menschen mit psychischen Erkrankungen beziehen können:
- Krankenversicherung: Unter bestimmten Voraussetzungen und auf Antrag bei der Österreichischen Gesundheitskasse ist eine Mitversicherung bei Eltern für psychisch kranke Menschen im Erwachsenenalter (auch zeitlich unbegrenzt) möglich.
- Krankengeld: Das Krankengeld hat die Funktion den Verdienstausfall aufgrund der Arbeitsunfähigkeit während der Zeit der Erkrankung teilweise zu ersetzen.
- Arbeitslosengeld: Zur Sicherung der finanziellen Lebensgrundlage bei Arbeitslosigkeit kann unter bestimmten Voraussetzungen das Arbeitslosengeld bei dem AMS beantragt werden.
- Notstandshilfe: Ist die Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes erschöpft, kann bei dem AMS Notstandshilfe beantragt werden.
- Rehabilitationsgeld: Stellt die Pensionsversicherung keine dauernde Invalidität oder Berufsunfähigkeit fest und wurden ausreichend Pensionsversucherungszeiten gesammelt, kann Rehabilitationsgeld beantragt werden.
- Waisenpension: Für psychisch kranke Menschen ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, die Waisenpension auch im Erwachsenenalter zu beziehen.
- Erhöhte Familienbeihilfe: Den Erhöhungsbeitrag zusätzlich zur regulären Familienbeihilfe erhalten Eltern, deren Kind in jungen Jahren erkrankt und daher erwerbsunfähig geblieben ist.
- Sozialhilfe / Mindestsicherung: Personen, die aus eigenen Mitteln den Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können, haben die Möglichkeit bei der Sozialabteilung der zuständigen Bezirkshauptmannschaft bzw. dem Magistrat einen Antrag auf Sozialhilfe bzw. Mindestsicherung stellen.
- Ausgleichszulage: Wenn die Pension unter bestimmten Richtsätzen liegt, kann bei der zuständigen Pensionsversicherungsanstalt unter gewissen Voraussetzungen die Ausgleichszulage beantragt werden sodass ein Mindesteinkommen gesichert werden kann.
- Rezeptgebührenbefreiung: Personen mit Einkommen unter dem Ausgleichszulagenrichtsatz bzw. Personen, die aufgrund von Erkrankung überdurchschnittliche Ausgaben für Medikamente haben, können bei der Österreichischen Gesundheitskasse eine Rezeptgebührenbefreiung beantragen.
- Befreiung ORF Gebühr: Bei körperlicher oder finanzieller Hilfsbedürftigkeit ist eine Befreiung von den ORF Gebühren per Antragsstellung möglich.
- Pflegegeld: Das Pflegegeld ist ein pauschalierter Beitrag zur Abgeltung des pflegebedingten Mehraufwandes. Es ist an den geschätzten Pflege- bzw. Unterstützungsbedarf pro Monat gebunden und wird von der Pensionsversicherungsanstalt bzw. der Sozialabteilung der Bezirkshauptmannschaft ausgezahlt.
Arbeitsrechtliche Aspekte bei Burnout und Krankenstand
Einfach zu sagen, ich kann nicht mehr, ich bleib mal länger zu Hause, geht natürlich selbst bei einer schwer zu überprüfenden Diagnose wie Burnout nicht. Der Arbeitnehmer muss, wenn er aufgrund von Burnout krankgeschrieben wird, eine ärztliche Bestätigung vorlegen.
Entgeltfortzahlung im Krankenstand
Ist der Arbeitnehmer völlig arbeitsunfähig, hat dieser, unabhängig ob Arbeiter oder Angestellter, mindestens sechs Wochen lang Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Je länger das Arbeitsverhältnis bereits besteht, umso länger ist der Arbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet.
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Kündigung im Krankenstand
Will sich der Arbeitgeber vom Mitarbeiter trennen, kann er diesen - auch während des Krankenstandes - ohne Angabe von Gründen kündigen.
Entlassungsgrund im Krankenstand
Legt der Arbeitnehmer während seines Krankenstandes ein Verhalten an den Tag, das seine Genesung grob beeinträchtigen könnte, kann das prinzipiell eine Entlassung zur Folge haben.
Erste Hilfe bei psychiatrischen Krisen
Nicht nur bei Verletzungen, Vergiftungen etc. kann Erste Hilfe notwendig sein, sondern auch bei psychiatrischen Krisen. Es handelt sich dabei um teils lebensbedrohliche Zustände. Sofortige medizinische Hilfe ist notwendig.
Was tun im Notfall?
- Betroffene in Notsituation ansprechen: Versuchen Sie, Ruhe zu bewahren und die Lage zu erfassen.
- Rasch Hilfe holen: Rufen Sie die Rettung unter 144 oder die Polizei unter 133 bei Risiko einer Selbst- oder Fremdgefährdung.
- In Kontakt bleiben bis die Rettung kommt: Versuchen Sie die Betroffene/den Betroffenen nicht alleine zu lassen!
Verpflichtender Schutz vor arbeitsbedingten psychischen Gefahren
Arbeitgeber:innen haben eine Schutzverpflichtung für die Arbeitnehmer:innen. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) stellt klar: Auch die arbeitsbedingte psychische Belastung ist Teil der betrieblichen Arbeitsplatzevaluierung. Arbeitgeber:innen müssen beeinträchtigende Arbeitsbedingungen ermitteln, beurteilen und durch wirksame Schutzmaßnahmen ausschalten oder zumindest reduzieren.
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