Die Ausbildung zum Facharzt für Psychosomatische Medizin in Österreich

Seit Dezember 2017 ist psychosomatische Medizin in Österreich eine fachspezifische Spezialisierung, aber kein neues Sonderfach. Mit dieser Ergänzung zu den Psy-Diplomen wurde der psychosomatischen Medizin ein neuer Stellenwert in der medizinischen Weiterbildung verschafft.

Die Einführung der Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin erfolgte, um zukünftig eine bessere Versorgung von Patient*innen gewährleisten zu können.

Spezialisierung gemäß § 11a ÄrzteG 1998

Spezialisierungen gemäß § 11a ÄrzteG 1998 sind Weiterbildungen, die Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit bieten, sich in ihrem Sonderfach oder fachübergreifend zu spezialisieren. Durch den Erwerb einer Spezialisierung weist eine Ärztin/ein Arzt nach, dass sie/er sich in einem definierten Gebiet der Medizin (siehe Anlagen in der SpezV, S. 15-70) strukturiert qualitätsgesichert weitergebildet hat. Damit kann die Sonderfachbeschränkung jedoch nicht aufgehoben oder abgeändert werden.

Voraussetzungen und Dauer

Spezialisierungen können gemäß § 11a ÄrzteG 1998 iVm § 1 SpezV nach Abschluss der Ausbildung zur Ärztin für Allgemeinmedizin/zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zur Fachärztin/zum Facharzt absolviert werden. Eine Spezialisierung setzt den Abschluss einer Ausbildung zur Ärztin/zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zur Fachärztin/zum Facharzt, die in den Anlagen für jede Spezialisierung angeführt sind voraus (Quellfachgebiet). Zusätzlich muss eine Eintragung in die Ärzteliste vorliegen.

Eine Spezialisierung umfasst eine Dauer von mindestens 12 und höchstens 36 Monaten. Die genaue Dauer einer Spezialisierung ist in den jeweiligen Anlagen geregelt. Ergänzend können theoretische Spezialisierungskurse in der Dauer von max. 150 Stunden bei einer dreijährigen Spezialisierung gefordert werden.

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Gemäß § 5 Abs 1 und Abs 6 SpezV ist es unzulässig, gleichzeitig in Ausbildung zu stehen und eine Spezialisierung zu absolvieren.

Anerkennung von Ausbildungen

Gemäß § 15 SpezV sind unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit im Ausland absolvierte Aus- und Weiterbildungen anzurechnen, sofern in Österreich eine Berufsberechtigung als Ärztin/ Arzt für Allgemeinmedizin oder Fachärztin/Facharzt im jeweiligen Quellfachgebiet der entsprechenden Anlage bzw. Für den Antrag sind Zeugnisse, Bestätigungen oder sonstige Unterlagen in deutscher Sprache oder in beglaubigter Sprache vorzulegen, die geeignet sind die Gleichwertigkeit zu belegen.

Im Einzelnen müssen Dauer der abgeleisteten Ausbildungszeit, Art der Tätigkeit, Angaben über die Ausbildungsstätte und eine detaillierte Darstellung der vermittelten und erworbenen Kenntnisse, Erfahrungen und Fertigkeiten entsprechend der in der jeweiligen Anlage aufgezählten Spezialisierungsinhalte bestätigt sein.

Gemäß § 5 Abs 3 SpezV können Spezialisierungsinhalte, unter der Voraussetzung der Gleichwertigkeit aus der Ausbildungszeit zur Ärztin/ zum Arzt für Allgemeinmedizin oder zur Fachärztin/ zum Facharzt eines Sonderfaches angerechnet werden.

Gleichwertigkeit mit Additivfächern und Diplomen

Sofern eine Spezialisierung hinsichtlich der Inhalte einem Additivfach gemäß der ÄAO 2006 gleichwertig ist, steht es Ärztinnen/ Ärzten frei bis 31.12.2028 statt der Additivfachbezeichnung die nach der Anlage zu führende Bezeichnung der Spezialisierung zu führen. Ärztinnen/ Ärzte haben die Wahl entweder die Bezeichnung des Additivfaches oder der Spezialisierung zu führen. In diesem Fall wird jedoch kein Spezialisierungsdiplom gem.

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Sofern eine Spezialisierung hinsichtlich der Inhalte einem von der Österreichischen Ärztekammer verliehenen oder anerkannten Diplom gleichwertig ist, steht es Ärztinnen/ Ärzten frei bis 31.12.2028 statt der Bezeichnung dieses Diploms die nach der Anlage zu führende Bezeichnung der Spezialisierung zu führen. In diesem Fall wird kein Spezialisierungsdiplom gem.

Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin

Die Ausbildung/Spezialisierung in „Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin“ entspricht dem früheren „Zusatzfach“.

Im Gegensatz zu den Psy-Diplomen, die berufsbegleitend erworben werden, ist die sogenannte „Spezialisierung in fachspezifischer psychosomatischer Medizin“ eine vertiefende Zusatzausbildung in einer Krankenanstalt im Anschluss an die Ausbildung zur Allgemeinmediziner*in oder im Anschluss an eine Facharztausbildung.

„In Form der Spezialisierung betrifft die Psychosomatik nicht ein Fach, sondern vier Quellfächer, wo dieser Ansatz bedeutsam ist.“, sagt Dr. Karl Forstner, Präsident der Salzburger Ärztekammer und Leiter des ÖÄK-Referates für Psychosoziale, Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin.

Die Ausbildung dauert 18 Monate und erfolgt in anerkannten speziellen Ausbildungsstätten, sogenannte Spezialisierungsstätten, in Krankenhäusern.

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Die Spezialisierung in psychosomatischer Medizin ist dem ÖÄK-Diplom psychosomatische Medizin (Psy2) gleichwertig.

Die Inhalte der Spezialisierung wurden in fachlicher Abstimmung mit allen betroffenen Fachgesellschaften der Quellfachgebiete erarbeitet.

Derzeit gibt es 15 anerkannte Spezialisierungsstätten in den Fachrichtungen:

  • Innere Medizin
  • Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin
  • Kinder- und Jugendheilkunde
  • Gynäkologie und Geburtshilfe

Die Psy-Diplome der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK)

Die Psy-Diplome, Psy1, Psy2 und Psy3, sind drei aufeinander aufbauende Weiterbildungsdiplome der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) für Ärzte aller Fachrichtungen und Allgemeinmediziner*innen:

  • Psy1 - ÖÄK-Diplom für Psychosoziale Medizin
  • Psy2 - ÖÄK-Diplom für Psychosomatische Medizin
  • Psy3 - ÖÄK-Diplom für Psychotherapeutische Medizin

Voraussetzung für die Teilnahme an den Psy-Curricula ist der positive Abschluss des jeweils vorhergehenden Psy-Diploms.

Grundsätzlich ist das gesamte Psy-Diplom-Weiterbildungsprogramm Psy1, Psy2 und Psy3 auf der Vermittlung von Kenntnissen (Theorie), von Fertigkeiten und Erfahrungen sowie der Vermittlung einer ärztlichen Haltung aufgebaut, die den Menschen als bio-psycho-soziale Einheit versteht. Ein wesentliches Gewicht wird stets auf die praktische Umsetzung der erlernten Theorien gelegt. Der angestrebte hohe Qualitätsstandard manifestiert sich auch im erforderlichen Zeitaufwand. Für die Absolvierung aller drei Psy-Diplome ist ein Zeitraum von ca. 6 - 7 Jahren zu veranschlagen.

Die Psy-Diplom-Weiterbildung ist durch die Weiterbildungsverordnung 2018 der Österreichischen Ärztekammer und die Anlagen zu den Psy-Diplomen geregelt.

Inhalte der Psy-Diplome

  • Psychosoziale Medizin (Psy1): Dauer und Umfang: ca. Kenntnisse vertieft werden. Balintgruppe, Supervision und Reflexion der ärztlichen Gesprächsführung
  • Psychosomatische Medizin (Psy2): Dauer und Umfang: ca. 2 Jahre und 480 UE Ziel:Aufbauend auf das ÖÄK-Diplom Psychosoziale Medizin ist es Ziel, die Fähigkeit zur vertieften ärztlich-psychosomatischen Tätigkeit zu erwerben. Diese berücksichtigt die diesbezügliche Diagnostik und Therapie basierend auf dem bio-psycho-sozialen Modell mit seinem ökologischen Kontext.
  • Psychotherapeutische Medizin (Psy3): Dauer und Umfang: ca.

Psychosomatische Medizin: Ein umfassender Ansatz

Psychosomatische Medizin berücksichtigt die subjektive und objektive Seite von Gesundsein und Kranksein des Menschen über seine gesamte Lebensspanne hin. Die subjektive erfahrene Lebenswelt des betroffenen Menschen, seine körperlich-leiblichen Beschwerden und seine soziale Einbindung werden als beeinflussbare Prozesse komplexer dynamischer Systeme erkannt.

Mit dem klinischen Fachgebiet Psychosomatische Medizin wird somit eine Spezialdisziplin benannt, die Genese und Aufrechterhaltung der Symptomatik unter bio-psycho-sozialen, kulturellen und ökologischen Zusammenhängen und Wechselwirkungen begreift. Auf der Basis psychosomatischer Haltung werden Differentialdiagnosen und Therapiepläne erstellt. Psychosomatische Medizin umfasst Gesundheitsförderung, Prävention, kurative und rehabilitative Behandlung und ist sowohl fachspezifisch als auch fächerübergreifend angelegt.

Die subjektiv-individuell erlebte Lebenswelt der betroffenen Menschen, ihre körperlich-leiblichen Prozesse und ihre soziale Einbindung werden als beeinflussbare Prozesse komplexer dynamischer Systeme erkannt.

Der psychosomatische Ansatz ist sowohl fachspezifisch als auch grundsätzlich fächerübergreifend angelegt, wie sich dies zum Beispiel in der Behandlung von von somatoformen chronischen Schmerzen verdeutlicht.

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