Aggressionen gegen Gesundheitspersonal: Ursachen, Folgen und Lösungsansätze

Seit dem schockierenden Messer-Attentat auf einen Kardiologen wird in allen Medien und meist emotional über zunehmendes Aggressionspotenzial und Gewalt gegenüber Ärzten und Gesundheitspersonal berichtet und nach Maßnahmen gerufen.

„Aggressionen und Tätlichkeiten gegen Ärzte, Pflegekräfte und Mitarbeiter in Spitälern und Ordinationen nehmen auch bei uns beängstigend zu“, sagt Ärztekammer-Präsident Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres.

Was das Attentat selbst betrifft, handle es sich um einen Einzelfall, die Tat eines vermutlich psychisch alterierten Patienten, räumt Szekeres ein.

Forderungen der Ärztekammer

Die Ärztekammer arbeitet daher an einem Forderungskatalog, um dem Thema Aggression zu begegnen. Als Erstmaßnahme wird eine Gesetzesänderung mit einer Verschärfung des Strafrechts gefordert - unisono von Präsident Szekeres und Vizepräsident Steinhart.

Konkret sollte „eine Gewalthandlung gegen Ärzte oder andere im Gesundheitsbereich Tätige jedenfalls immer den Tatbestand der schweren Körperverletzung erfüllen“, ähnlich übrigens wie bei Polizisten, Zeugen und Sachverständigen.

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Bleibt die Frage, ob mit dieser zwar plakativen Forderung irgendetwas verbessert wird. Die Forderung ist nur ein Aspekt eines Maßnahmenbündels.

In exponierten Bereichen sind für Szekeres auch Sicherheitschecks wie bei Gericht andenkbar. Wirksamste Maßnahme ist für ihn aber mehr Personal. Denn: „Oft sind lange Wartezeiten Ursache und Auslöser.“

Szekeres verweist auf eine KAV-Studie aus dem Jahr 2007, die bereits gezeigt habe, dass Notfallabteilungen einer der Hotspots für verbale Aggression und körperliche Attacken sind.

Auch Dr. Der Ärztekammerpräsident fordert daher eine Aufstockung des Personals und einen Ausbau der als besonders heikel erkannten Abteilungen. Denkbar sind organisatorische Modelle wie am Wiener AKH, wo neben der Notfallaufnahme parallel auch eine Allgemeinmedizinische Ambulanz betrieben wird. „Unterm Strich braucht man zusätzliches Personal.“ Die Kritik der Ärztekammer richtet sich damit auch gegen die Spitalsträger.

Häufigkeit von Aggressionen in verschiedenen Bereichen

Die Auswertung belegt eine signifikant höhere Auftrittshäufigkeit in Psychiatrie, Geriatrie und Akut-/Notfallbereichen.

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„Aggression von Patienten und Besuchern in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen“; Autoren: Dr. Harald Stefan (Bereichsleiter Pflege in der Psychiatrie des Krankenhauses Rudolfstiftung), Dr. Günter Dorfmeister (Pflegedirektor im Wilhelminenspital) und Dr. Immer wieder werden bauliche Maßnahmen als mögliche Lösung kolportiert.

Von Eingangsschleusen, Metalldetektoren bis hin zu abgesperrten Abteilungen wurde in den letzten Wochen medial so ziemlich alles diskutiert. Mit Blick auf Schweden wird auch von Kammervertretern über Triage-Schwestern hinter Panzerglas berichtet.

Präventionsmaßnahmen und Deeskalationstrainings

Seit einigen Jahren bereits werden Präventions-Workshops und Deeskalationstrainings angeboten, von vielen Spitälern, aber auch von der Kammer im niedergelassenen Bereich. Die Kammer spricht von einem Run auf die Workshops und will sie forcieren.

Auch hier sind die Spitalsträger gefordert, sie dem Personal anzubieten! Brigitte Steininger verweist darauf, dass sich das Sicherheitsgefühl - etwa im Nachtdienst - bereits verschlechtert habe.

Vize-Präsident MR Dr. Johannes Steinhart verweist auch auf steigende Aggression im niedergelassenen Bereich. Betroffen ist hier oft auch das Ordinationspersonal.

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In der eingangs erwähnten „Online-Blitz-Befragung“ unter niedergelassenen Allgemeinmedizinern mit Kassenvertrag in Wien haben 80 % der teilnehmenden Ärzten angegeben, in den letzten 2 Jahren verbal bedroht worden zu sein.

Typische Konfliktauslöser sind Forderungen nach bestimmten Therapien oder nach Krankschreibungen oder das Beanstanden von Wartezeiten etc.

Auch Steinhart fordert die Strafverschärfung und betont die Notwendigkeit von Präventions-Workshops. Bauliche Maßnahmen im niedergelassenen Bereich sind wohl kaum möglich.

Null-Toleranz-Kultur

Immer wieder steht die Frage im Raum, ob tatsächlich die Gewaltereignisse zunehmen. Zumindest im KAV Wien kann ein solcher Trend in absoluten Zahlen nicht bestätigt werden, wie der Ärzte Krone auf Nachfrage mitgeteilt wurde.

Seit Jahren werde an der Etablierung einer Null-Toleranz-Kultur gegenüber Aggression gearbeitet.

Dr. Dr. Harald Stefan: Der KAV war eine der ersten Organisationen in Österreich, die mit der systematischen Bearbeitung des Themas in Spitalsbetrieben und Pflegeeinrichtungen begonnen hat. Die wichtigste Aufgabe bestand in den ersten Jahren darin, das Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Aggressionsereignisse in Spitälern vorkommen, und eine „Null-Toleranz-Kultur“ zu etablieren.

Wichtigster Ansatz dabei war die Konzeption einer Trainer-Innen-Ausbildung für Mitarbeitersicherheit und Gewaltprävention. Bis jetzt wurden über 60 TrainerInnen ausgebildet. Im Rahmen ihrer Abschlussarbeit in der Ausbildung erstellen die TrainerInnen Arbeitssicherheitsanalysen. Dabei handelt es sich um Vollerhebungen von Aggressions- und Gewalt-ereignissen in ihrem Bereich.

Ein Beispiel aus dem Kaiser-Franz-Josef Spital, SMZ Süd: Von 1. 3. bis 26. 4. Nach unserer Datenlage können wir einen solchen generellen Trend nicht bestätigen. Was wir aber sagen können ist, dass es bestimmte Bereiche gibt, in denen Aggressionsereignisse häufiger vorkommen als in anderen.

Sie wurden zitiert, dass weniger die Gewalt, als die Sensibilisierung dafür steige. Dass die Sensibilität für das Thema steigt, bekommen wir im Rahmen unserer TrainerInnenausbildung gespiegelt.

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