Sport und Bewegung halten uns nicht nur körperlich fit, sie haben auch einen positiven Effekt auf unsere Psyche. Regelmäßiges Training bietet mehr als nur körperliche Vorteile. Es kann darüber hinaus gegen Symptome von Depressionen und Ängsten helfen.
Warum Sport gute Laune macht
Sport ist aus vielen Gründen ein Stimmungs-Booster und hilft, Angstzustände zu lindern. Einer der meistgenannten Vorteile von Sport ist, dass er die körpereigenen chemischen Substanzen für das Wohlbefinden - Endorphine, Serotonin, Dopamin und Noradrenalin - erhöht. Wenn der Körper von diesen Glückshormonen durchflutet wird, können Angst- und Stressgefühle deutlich reduziert werden.
Bewegung regt auch die Freisetzung des Wachstumsfaktors BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) an. Dabei handelt es sich um ein Protein, das eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung gesunder Gehirnverbindungen spielt, wie aus einer 2017 in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychology veröffentlichten Studie hervorgeht.
Natürlich sollte man auch die sozialen Aspekte des Sports und die damit einhergehenden positiven Auswirkungen auf unsere mentale Gesundheit nicht außer Acht lassen. Sport kann Menschen einander näher bringen, ihnen mehr Selbstvertrauen bei sozialen Interaktionen geben und Angstgefühle in einer Vielzahl von Situationen verringern.
Die besten Sportarten gegen Depressionen und Angstzustände
- Yoga: "Ich empfehle Yoga für Menschen mit Depressionen und Angstgefühlen, da es leicht zugänglich ist", so Jewell Singletary, zertifizierte Ersthelferin für psychische Gesundheit und ausgebildete Trainerin für traumasensibles Yoga. Eine Studie aus dem Jahr 2019, die im Journal of Alternative and Complementary Medicine veröffentlicht wurde, zeigt außerdem, dass Frauen, die acht Wochen lang Bikram Yoga (auch bekannt als Hot Yoga) praktizierten, eine Verbesserung ihrer Depressionssymptome feststellen konnten. Es gibt viele verschiedene Arten von Yoga, darunter Bikram Yoga, Hatha Yoga, Vinyasa Yoga und Yin Yoga, und auch Mischformen, zum Beispiel Goat Yoga (Yoga mit Ziegen) oder Paddleboard Yoga.
- Laufen: Das Laufen hat unmittelbare und langfristige positive Auswirkungen auf die Stimmung. Aus einer Studie, die im November 2021 in der Fachzeitschrift Scientific Reports erschien, geht hervor, dass bereits zehn Minuten Laufen mit moderater Intensität ausreichen, um die Stimmung zu verbessern. Gleichzeitig können längere oder intensive Läufe das Endocannabinoid-System, einen Teil des menschlichen Nervensystems, stimulieren. Der Körper erhält dann einen wahren Boost an neurochemischen Substanzen, die ein zutiefst entspannendes Glücksgefühl hervorrufen, so eine 2015 in Frontiers in Psychology veröffentlichte Studie. Aus den Forschungsergebnissen geht ferner hervor, dass die stimmungsaufhellende Wirkung umso besser ist, je regelmäßiger du läufst. Laufen ist nicht so dein Ding? Dann bieten sich auch andere Sportarten und Ausdauertrainings wie Walking, Trail Running, Wandern, Rudern, Radfahren, Schwimmen oder auch Kickboxen an.
- Krafttraining: Gewichtheben ist nicht nur förderlich für den Muskelaufbau, sondern kann auch deine mentale Gesundheit stärken. Gewichtheben wurde noch nicht so ausführlich erforscht wie Cardio-Training oder Yoga, aber die stimmungsaufhellenden Mechanismen könnten wohl ähnlich sein. In einer klinischen Studie aus The Journal of Consulting and Clinical Psychology wurde Gewichtheben sogar mit Laufen verglichen und festgestellt, dass beide die Symptome von Depressionen bei betroffenen Frauen gleichermaßen abschwächten. Probier einfach verschiedene Arten des Krafttrainings aus, um das zu finden, das dir am meisten Spaß macht.
Das Gute daran ist, dass du weder ständig Marathons laufen und auch nicht unter die extremen Bodybuilder:innen gehen musst, um die Vorteile von Sport und körperlicher Betätigung für die psychische Gesundheit zu erleben. Tatsächlich können laut einer Studie aus dem Fachblatt JAMA Psychiatry schon eine Stunde Walking oder 15 Minuten Laufen am Tag das Risiko einer schweren Depression um 26 % senken. Wenn du dich regelmäßig jeden Tag bewegst, kannst du möglicherweise sogar einen Rückfall verhindern, schreiben die Autor:innen weiter.
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Das Wichtigste ist, eine körperliche Aktivität zu finden, die dir Spaß macht, und konsequent dranzubleiben. "Wie bei allen anderen Dingen braucht es Regelmäßigkeit und Konsequenz, um innere Stärke aufzubauen und mit der Zeit Veränderungen zu bewirken", erklärt Singletary.
Krafttraining im Detail
Eine im „British Journal of Sports Medicine“ veröffentlichte Metaanalyse ergab, dass sich die Symptome von Depressionen alleine durch körperliche Aktivität verringern lassen. Das Forschungsteam um Ben Singh von der University of South Australia in Adelaide bezeichnet Sport und Bewegung in der Studie als eine der Hauptstützen in der Behandlung von Depressionen. Für die Analyse wurden 97 Übersichtsarbeiten, die 1.039 Studien mit insgesamt 128.119 Teilnehmerinnen und Teilnehmern einschlossen, herangezogen.
Die Ergebnisse der Studie könnten laut dem Forschungsteam weitreichende Auswirkungen haben: Wenn Sport und Bewegung ebenso wirksam wie Psychotherapie und Medikamente seien, könnten sie ebenso als Mittel erster Wahl für Menschen mit Depressionen und Angstzuständen eingesetzt werden, so die Studienautorinnen und -autoren.
Laut der Metaanalyse aus Australien ist Sport an vier bis fünf Tagen in der Woche optimal. Eine höhere Intensität der Trainingseinheiten war mit einer stärkeren Verringerung der Symptome verbunden. Die Wirkung nahm allerdings mit zunehmender Dauer der einzelnen Einheiten ab. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Alle Formen von Bewegung haben ihren Nutzen, allerdings zeigten sich je nach Sportart unterschiedliche Wirkweisen. So verringerte etwa Krafttraining die Symptome von Depressionen am stärksten, Trainingsformen wie Yoga und Pilates jene von Angstzuständen. Eine Erkenntnis, die medizinischem Fachpersonal dabei helfen könnte, die jeweils ideale Form der körperlichen Aktivität vorzuschlagen, so das Forschungsteam.
Wichtige Hinweise
- Sport ist etwas Individuelles: Die Wissenschaft mag die Vorteile einer bestimmten Sportart untermauern, doch letztendlich ist es von Mensch zu Mensch verschieden, welche Art der körperlichen Betätigung sich im individuellen Fall am besten eignet. Das hängt von deiner Persönlichkeit und deinen Bedürfnissen und Anforderungen ab. Yoga in der Gruppe kann zum Beispiel beruhigend wirken, wenn du unter leichten Angstzuständen leidest. Wenn dir viele Menschen jedoch Angst machen, tun dir die sozialen Aspekte einer Yoga-Gruppenstunde weniger gut. Wenn die Aktivität/Sportart, das Umfeld oder auch die Intensität nicht zu dir passen, kann ein Training sogar zu Frustration und Selbstzweifeln führen, fügt sie hinzu. Negative Gefühle wie diese können dann Depressionen und Angstzustände noch verstärken. Such dir also eine körperliche Betätigung aus, bei der du dich wohlfühlst. "Wenn du etwas gefunden hast, das dir Spaß macht, wirkt sich das in der Regel sofort positiv auf deine psychische Gesundheit aus", so Manly.
- Sport ist kein Allheilmittel: Regelmäßige Bewegung kann dir einen kurzfristigen Stimmungs-Boost verschaffen und deine Symptome lindern. Die Ursachen für Depressionen und Angstgefühle, wie z. B. dysfunktionale Beziehungen, Drogenmissbrauch oder Panikstörungen, werden dadurch jedoch nicht beseitigt. Möglicherweise solltest du körperliche Bewegung mit Antidepressiva, kognitiver Verhaltenstherapie (KVT) und/oder Methoden zur Stressbewältigung, beispielsweise Meditation, kombinieren. Lass dich eventuell von einer Psychologin/einem Psychologen oder einer ausgebildeten Verhaltensmedizinerin/einem ausgebildeten Verhaltensmediziner beraten, um den für dich geeigneten Behandlungsplan aufzustellen.
Sport bei Morbus Parkinson
Bei der Nervenerkrankung Morbus Parkinson kommt es aufgrund eines Dopaminmangels u.a. zu einer fortschreitenden Beeinträchtigung der Bewegungsabläufe wie Verlangsamung und Steifigkeit, aber auch zu psychischen Problemen wie Depression und Antriebslosigkeit. Bei Morbus Parkinson gibt es kein "Sportverbot" - im Gegenteil: Studien haben gezeigt, dass sportlich Aktive mit einer krankheitsbedingten Bewegungsverzögerung besser umgehen und Bewegungseinschränkungen leichter überwinden können.
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Die Bewegungsabläufe von Parkinson-Betroffene sind nicht nur langsamer und verzögert, sondern auch im Krankheitsverlauf von einer Abschwächung der Muskulatur betroffen. Eine Kombination von Ausdauersport (wie Nordic Walken, Schwimmen, Radfahren oder Laufen) und Kräftigungsübungen (z.B. für die Oberschenkel- und Oberarm- bzw. Rumpfmuskulatur) hat die besten Auswirkungen auf die Beweglichkeit der Patient:in.
Für eine bessere Beweglichkeit ist es entscheidend, dass das Ausdauertraining und auch Kraftübungen nach einem konsequenten Trainingsplan stattfinden, den Sie am besten mit einer Sporttherapeut:in absprechen. Die Grenzen der Belastbarkeit sind individuell: Für Sie passt es vielleicht am besten, dreimal pro Woche 20 Minuten lang langsam zu laufen, für eine andere Person im selben Erkrankungsstadium ist dieses Pensum eindeutig zu viel.
Zu beachten ist auch, dass nicht in erster Linie der Kraftaufwand über den Erfolg entscheidet, sondern die Regelmäßigkeit. So kann es schon sehr helfen, die Übungen zu einem fixen Tageszeitpunkt jeden Tag konsequent durchzuführen, bzw. z.B. dreimal pro Woche eine halbe Stunde schwimmen zu gehen.
Bei jeder Art von Sport ist es wichtig, intensive körperliche Anstrengungen zu vermeiden und für ausreichende Pausen zwischen den Übungen bzw. Wichtig sind Geduld und Pausen: Auch Hobbysportler:innen, die regelmäßiges Training gewohnt sind, neigen dazu, durch die Erkrankung motorisch langsamer zu werden. Falscher Ehrgeiz und Überanstrengung können zu großer Erschöpfung führen. Das sollte unbedingt vermieden werden, da sich dadurch vorübergehend Beschwerden wie Beeinträchtigungen beim Gehen verschlechtern können.
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