Kennt ihr das Gefühl, ständig hungrig zu sein? Und egal, was und wie viel ihr auch zu euch nehmt, es ist nie genug? Habt ihr festgestellt, dass ihr zwischen den Mahlzeiten, vielleicht sogar vor dem Schlafengehen, noch mal so richtig Appetit bekommt? Der Magen knurrt und verlangt nach einem Snack - vorzugsweise mit Kohlenhydraten. Solche Gelüste sind wenigen fremd.
Hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren
Warum haben Frauen in den Wechseljahren eigentlich häufiger Heißhunger? In einer fünfjährigen Studie zur Frauengesundheit, fanden Forscher:innen heraus, dass sowohl das psychologische Verlangen zu essen als auch der Hunger und der Lebensmittelkonsum während des Übergangs zur Menopause zunahmen.
Warum sich die Wechseljahre auf den Appetit auswirken, hängt mit den - Überraschung, Überraschung - hormonellen Veränderungen zusammen. Und zwar im Konkreten mit:
- Erhöhtem Ghrelin-Spiegel, auch bekannt als unser Hungerhormon
- Vermindertem Leptin, das für das Sättigungsgefühl verantwortlich ist
- Erhöhtem Cortisolspiegel, das Stresshormon, das im Übermaß auch zu übermäßigem Essen führen kann
- Verringertem Östrogen und Östradiol, die wie Leptin dazu beitragen, unseren Appetit, unseren Stoffwechsel und unser Körpergewicht zu regulieren
Ghrelin und Leptin: Die Schlüsselhormone
Tatsache: Ghrelin ist ein gastrointestinales Hormon, das an der Steuerung von Hunger- und Sättigungsgefühl beteiligt ist. Es hat einen appetitsteigernden Effekt, drosselt die Fettverbrennung und kann sich auch auf unsere Stimmung und unser Schlafverhalten auswirken. Ghrelin wird produziert, wenn unser Blutzucker zu niedrig ist. Man nimmt an, dass Östrogen dazu beiträgt, die Freisetzung von Ghrelin zu kontrollieren. Wenn also das Östrogen während der Wechseljahre abnimmt, kann mehr Ghrelin freigesetzt werden, was zu einem vermehrten Appetit führt.
Leptin wiederum ist ein Stoffwechselhormon, das von den Fettzellen gebildet wird. Setzen diese Leptin frei, wird es über das Blut zum Gehirn transportiert und signalisiert dort dem Körper, dass er keine weitere Nahrung braucht. Zu wenig Leptin im Wechsel - was wiederum mit dem sinkenden Östrogen einher geht, bedeutet also endlos Gusto.
Lesen Sie auch: Angebote für psychisch Kranke: Wohnen mit Therapie
Stress, Schlaf und Heißhunger
Gründe für die Gewichtszunahme in den Wechseljahren gibt es viele, jetzt kennt ihr einen weiteren. Gegensteuern kann man, in dem man (neben der nötigen Disziplin beim Essen und Sport) auch darauf achtet, dass der Stresslevel erträglich bleibt. In stressigen Phasen produziert der Körper mehr Cortisol, jenes Stress-Hormon, das den Körper schützen und mehr Energie bringen soll. Damit erhöht sich aber auch den Blutzuckerspiegel und der Ghrelin-Spiegel. Und wir? Wollen unsere Gelüste dann noch dringlicher stillen, am besten mit Soforteffekt.
Außerdem sorgt eine gestörte Nachtruhe für gesteigerten Appetit durch einen chaotischen Blutzuckerspiegel. Eine epidemiologische Studie zeigt, dass Schlafmangel mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht einhergeht. Der Glucosespiegel im Blut stieg bei den Proband:innen nach einer durchwachten Nacht stärker an als nach der Nacht, in der die Teilnehmer:innen geschlafen hatten. Diese Beobachtung bringen die Forscher:innen in Zusammenhang mit den ebenfalls erhöhten Cortisolspiegeln in Folge von Schlafmangel. Wer also gelassen und ausgeschlafen bleibt, plagt sich weniger mit Heißhunger-Attacken.
Weitere Tipps gegen Heißhunger
Und noch ein letzter Tipp: Mehr auf das berühmte Bauchgefühl hören! Mit all den hormonellen Veränderungen steigt unser Nährstoffbedarf sprunghaft an. Und manchmal kommen unsere Gelüste daher, weil der Körper bestimmte Vitamine und Mineralstoffe gerade verstärkt braucht. Hier kann eine Ernährungsberatung inklusive Bestimmung des Nährstoffspiegels helfen.
Heißhunger: Mehr als nur Hunger
Heißhunger ist eine besondere Form des Hungers. Er kommt plötzlich und man hält ihm oft nicht stand - im Unterschied zu normalem Hunger, der sich längere Zeit aushalten lässt. Heißhunger löst den kaum bezwingbaren Drang aus, schnell etwas essen zu müssen. Die Begierde nach Süßem, Salzigem oder Fettigem treibt Betroffene zu Essbarem - ganz egal, wie spät es ist (auch nachts) oder wo sie sich befinden.
Hunger ist ein für das Überleben notwendiges Signal. Es macht uns darauf aufmerksam, dass der Körper gerade Nahrung zur Energiegewinnung braucht. Besonders deutlich zeigt er das mit dem bekannten Magenknurren.
Lesen Sie auch: Lösungsansätze bei Beklemmungsgefühlen
Das Hungergefühl entsteht mittels eines komplexen Vorgangs, bei dem verschiedene Informationen (zum Beispiel Botenstoffe, Sinneswahrnehmungen) im Gehirn zusammenlaufen. Relevante Hirnregionen sind hierbei das Hunger- sowie das Sättigungszentrum im Hypothalamus (Teil des Zwischenhirns). Das Gehirn wertet die einkommenden Informationen aus und reguliert dann, wenn nötig, das Gleichgewicht zwischen Energieverbrauch und Nahrungsaufnahme - bei Energiedefizit wird das Hungergefühl ausgelöst.
Manche Menschen aber haben ständig Hunger - bei ihnen sind diese Regulationsmechanismen gestört. Dann treten in manchen Fällen Krankheiten wie Fettsucht (Adipositas) oder Ess-Brech-Sucht (Bulimie) auf.
Die Rolle des Blutzuckers
Der Blutzucker - also der Glukose-Spiegel im Blut - spielt eine zentrale Rolle bei der Regulierung von Hunger und damit auch Heißhunger. Die Glukose (Traubenzucker) ist ein einfaches Kohlenhydrat und der wichtigste Energielieferant unseres Körpers. Sie wird entweder sofort in Energie umgewandelt oder zunächst in Zellen in Form von Glykogen gespeichert. Je weniger Glukose im Blut zirkuliert (also je niedriger der Blutzuckerspiegel), desto größer das Gefühl von Hunger oder sogar Heißhunger.
Der Körper gewinnt die Glukose (größtenteils) aus der Nahrung, das heißt aus verschiedenen Kohlenhydraten. Der Körper verwertet sie, je nach ihrer chemischen Struktur, unterschiedlich schnell:
- Einfache Kohlenhydrate sind schnell verwertbar. Sie lassen den Blutzucker daher schnell ansteigen, aber auch schnell wieder absacken. Zu ihnen gehören unter anderem:
- Traubenzucker (Glukose)
- Haushaltszucker (Saccharose)
- Honig
- Schokolade und andere Süßigkeiten
- Weißmehlprodukte (Backwaren, Teigwaren)
- Komplexe Kohlenhydrate sind aufwendiger in ihre Bestandteile zu zerlegen, dafür aber wesentlich effektiver in der Energiebilanz. Der Blutzuckerspiegel steigt bei ihrer Verwertung nicht so schnell an und sinkt dann auch langsamer wieder. Dadurch wird der Körper über einen längeren Zeitraum mit dem Energieträger versorgt - man ist nach dem Verzehr komplexer Kohlenhydrate länger satt. Geeignete Lebensmittel gegen Heißhunger sind daher beispielsweise:
- Vollkornprodukte (Müsli, Backwaren, Teigwaren)
- Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen)
- Gemüse, Obst
Das verzögerte Sättigungsgefühl
Das Gefühl der Sättigung stellt sich rund 15 Minuten nach dem Essen ein. Verschiedene Signale aus dem Körper tragen dazu bei: Wenn etwa bereits viel Glukose im Blut zirkuliert, schüttet der Körper vermehrt Insulin aus - das Hormon sorgt für das Einschleusen des Blutzuckers in die Körperzellen und aktiviert das Sättigungszentrum. Auch wenn Nahrung den Magen füllt und sich die Magenwand dehnt, wird über Hormone (ausgeschüttet von der Magenwand) das Sättigungszentrum informiert.
Lesen Sie auch: Angebote für psychisch Kranke
Zudem lösen bestimmte Nahrungsbestandteile Signale ans Gehirn aus - besonders bestimmte Eiweißbausteine (Aminosäuren) sowie Bausteine von Fetten (Fettsäuren). Diese Signale sagen dem Gehirn: "Ich bin satt."
Bei Heißhunger nehmen wir oft gierig sehr große Nahrungsmengen in kürzester Zeit zu uns. Gehirn und Körper sind oft nicht schnell genug, um diese Essattacken rechtzeitig zu drosseln. Das Sättigungsgefühl hat keine Chance, sich rechtzeitig einzustellen - sobald es auftritt, haben wir in unserem Heißhunger schon viel mehr gegessen, als zur Sättigung eigentlich nötig gewesen wäre. Daher empfiehlt es sich auch bei Heißhunger, langsam zu essen.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Wenn Sie eher selten wegen Heißhunger zu Süßem oder Salzigem greifen (meist im Anschluss an sportliche oder geistige Anstrengungen oder längere Essenspausen), ist dies kein Grund, den Arzt aufzusuchen. Bei Schwangeren und heranwachsenden Jugendlichen ist die Ursache für Heißhungerattacken meist kein Grund zur Beunruhigung, sondern zeigt den erhöhten Energiebedarf an. Trotzdem klären Sie Heißhunger in Schwangerschaft und in Wachstumsphasen vorsichtshalber mit dem Arzt ab, um mögliche Stoffwechselerkrankungen auszuschließen und einer Mangelernährung vorzubeugen.
Es empfiehlt sich dringend, zum Arzt zu gehen, wenn Sie sich gesund ernähren, regelmäßig und ausreichend essen, aber dennoch ständig Hunger oder Heißhunger haben. Dies ist ein Alarmsignal des Körpers. Die Ursache des Heißhungers sollte medizinisch abgeklärt werden.
Konsultieren Sie ebenfalls einen Arzt, wenn Sie psychische Gründe wie Stress, heftige Emotionen, Depression oder eine Essstörung hinter Heißhungerattacken vermuten.
Diagnostische Untersuchungen
Der Arzt wird sich zuerst ausführlich mit Ihnen unterhalten, um wichtige Informationen zu Ihrer Krankengeschichte zu sammeln (Anamnese). Er erkundigt sich zum Beispiel, seit wann Sie Anfälle von Heißhunger haben, wie häufig und in welchen Situationen diese auftreten.
Außerdem fragt er nach Ihren Ernährungsgewohnheiten, also unter anderem wie oft Sie täglich essen, was Sie für gewöhnlich essen und unter welchen Bedingungen (beim Fernsehen, hastig im Stehen et cetera). Wichtige Informationen sind auch, welche Medikamente Sie einnehmen, wie viel Alkohol Sie trinken und ob Sie eventuelle Begleitsymptome wie Schwitzen oder Kopfschmerzen an sich feststellen.
Auf das Gespräch folgen körperliche Untersuchungen und Laboruntersuchungen wie Bluttests, mit denen sich beispielsweise Diabetes mellitus oder andere Stoffwechselerkrankungen abklären lassen.
Hat der Arzt oder die Ärztin den Grund für Ihren Heißhunger herausgefunden, wird eine geeignete Behandlung des Heißhungers eingeleitet.
Wurde bei Ihnen beispielsweise Diabetes diagnostiziert, erhalten Sie einen individuell angepassten Ernährungs- und Bewegungsplan und - bei Bedarf - Medikamente (blutzuckersenkende Tabletten oder Insulinspritzen). Auch Schilddrüsenerkrankungen werden meist medikamentös behandelt. Bei psychisch bedingten Heißhungerattacken, beispielsweise durch Depressionen, sind eine Psychotherapie und gegebenenfalls eine medikamentöse Behandlung häufig sinnvoll.
Stecken Diäten, Schlafmangel oder Stress hinter dem Heißhunger, wird der Arzt Ihnen Tipps geben, wie Sie den Essattacken am besten vorbeugen. Sind Medikamente (zum Beispiel Psychopharmaka) die Ursache für den Heißhunger, wird der Arzt nach Möglichkeit eine Alternative dafür suchen.
Schlafprobleme und ihre Auswirkungen
Schlafprobleme, sogenannte Insomnien, sind weit verbreitet, vermutlich treten Symptome von ihnen bei jedem Dritten auf. Klar ist: Unser Gehirn braucht den Schlaf, um Informationen zu verarbeiten und Verknüpfungen zu erstellen. Treten Schlafprobleme auf, sind wir deswegen nicht nur schläfrig - unsere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit lässt nach. Dazu kommt, dass Schlafmangel zu Stress im Körper führt und den Blutdruck erhöhen kann.
Während wir schlafen, hat unser Köper nur zum Teil Auszeit. Unser Gehirn arbeitet nachts auf Hochtouren. Es verarbeitet die Dinge, die wir gesehen und erlebt haben, bildet neue Verknüpfungen und schafft so die Grundlage für Lernen und Erinnern.
Kein Wunder, dass sich schlechter Schlaf so sehr auf die Gesundheit auswirkt. Er ist nicht nur unangenehm und lässt Sie müde durch den Tag gehen. Guter Schlaf ist unverzichtbar für Ihre körperliche und psychische Gesundheit. Unter anderem stieg durch schlechten Schlaf in Studien das Risiko für Bluthochdruck und koronare Herzkrankheit sowie für scherwiegende Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Herzinfarkt und Herzinsuffizienz. Fachleute sind zudem überzeugt, dass ein nicht-erholsamer Schlaf zur Entstehung psychischer Erkrankungen beiträgt. Menschen mit ernstzunehmenden Schlafproblemen scheinen ein deutlich erhöhtes Risiko aufzuweisen, Depressionen, Angsterkrankungen und Süchte zu entwickeln. Dazu kommt, dass schlechter Schlaf und die daraus resultierende Schläfrigkeit und Unkonzentriertheit ein Unfallrisiko darstellen.
Umgang mit Essstörungen
Ess-Brech-Sucht ist eine Essstörung mit wiederholten Heißhungerattacken, überwiegend bei Mädchen und jungen Frauen im Alter zwischen 15 und 25 Jahren. Charakteristisch sind hastiges anfallsartiges Verschlingen von großen Mengen kalorienreicher Nahrung und das sofortige Erbrechen danach. Typischerweise sind diese Patienten immer auf Diät, ihre Gedanken kreisen den ganzen Tag um das Thema Essen. Sie gebrauchen neben dem Erbrechen die verschiedensten Methoden, um Gewicht zu verlieren: Fasten, Sport, Abführmittel, Diuretika und andere Mittel, sie haben ein gestörtes Verhältnis zum Körper mit großer Furcht vor Gewichtszunahme.
Die Patienten leiden meist unter einer Selbstwertproblematik, die sie durch eine besonders attraktive Gestaltung ihrer „äußeren Schale" zu kompensieren versuchen. Im Kontaktbereich können sie Grenzen oft nur extrem, d.h. überzogen oder gar nicht setzen, was zu typischen Beziehungsproblemen führt: (Wünsche nach „totaler Nähe" und Versorgung mit plötzlichen, zunächst unverständlichen Beziehungsabbrüchen = Distanzierung). In der Kindheit wurden die Patienten zwar oft intensiv umsorgt, aber in ihrer Autonomie und Selbstentfaltung stark eingeschränkt.
Das Essen wird als Spannungs- und Problemabbau erlebt, gleichzeitig besteht panische Angst vor dem Zunehmen. Es kommt immer wieder zu einem so starken Verlangen, etwas zu essen, so dass alle Diätvorsätze gebrochen werden. Große Mengen an fetten u. Nach exzessivem Genuss entstehen Scham und Schuldgefühle. Anschließend wird versucht, durch das Erbrechen alles rückgängig zu machen (das bezeichnet man als „purging").
Für Menschen, die an dieser Form von Essstörung leiden, sind "Fressanfälle" Alltag. Im Gegensatz zu bulimischen Menschen gelingt es ihnen nicht mehr, ihr Gewicht dauerhaft zu kontrollieren, d.h. man sieht ihnen ihr Problem auf den ersten Blick an. Ein Fettsüchtiger hat das Gefühl für die Grenzen körperlicher Sättigung verloren. Er isst nicht nur "zuviel", sondern auch "falsch" (sehr fett- und zuckerlastig). Dadurch kommt es zu einer Vermehrung des Fettgewebes und in der Folge zu Übergewicht.
Binge-Eating
Binging bedeutet wörtlich „gieriges Essen, vollstopfen". Das Binge-Eating entspricht gewissermaßen einer Bulimie, jedoch ohne Erbrechen oder andere gewichtsreduzierende Manipulationen (die man als „purging" bezeichnet) und ist daher oft mit Übergewicht verbunden. Der Begriff hat sich im angloamerikanischen Bereich entwickelt und wird heute auch in Europa mehr beachtet.
Zur Abgrenzung: Die andere Form des Überessens mit Übergewicht ist gekennzeichnet durch ständiges Essen ohne Essanfälle im engeren Sinne.
Das Binge-Eating ist aufgrund des gut abgrenzbaren Problemverhaltens mit guter Erfolgsaussicht klinisch-psychologisch zu behandeln. Andererseits erfahren Betroffene größere Schwierigkeiten, in Gewichtsreduktionsprogrammen und nehmen meistens schnell wieder zu, nicht selten über das ursprüngliche Gewicht hinaus. Das liegt daran, dass das Binge-Essverhalten oft eine Suchtdynamik hat.
Der Schwerpunkt der psychologischen Arbeit liegt in der Aufarbeitung der psychischen und sozialen Hintergründe, die hinter dem Symptom liegen. Im Vordergrund des psychologischen Prozesses steht die Loslösung aus dem Abhängigkeitsverhältnis zum Essen bzw. Hungern und nicht die Gewichtsabnahme bzw.
tags: #nächtliche #fressattacken #ursachen #psychisch