Die Diagnose AD(H)S wird heute öfter denn je gestellt, aber auch fälschlicherweise verkannt. Sowohl Kinder als auch Erwachsene können von ADHS betroffen sein (circa 5 % der Kinder und 2,5 % der Erwachsenen). Kinder und Erwachsene mit AD(H)S tun sich in unserer heutigen Gesellschaft in vielerlei Hinsicht schwer.
Ursachen und Auswirkungen von ADHS
Die konkreten Ursachen für die Entwicklung einer ADHS-Erkrankung sind noch nicht ausreichend geklärt. Es ist belegt, dass viele Kinder mindestens einen Elternteil haben, der ebenfalls betroffen ist. Auch Komplikationen während Schwangerschaft, Geburt und früher Entwicklung hat man auf ihren Einfluss untersucht.
Menschen mit AD(H)S sind speziell im dopaminergen System des Gehirns (zuständig u.a. Motivation, Handlungsplanung, Konzentration, Feinmotorik...) offenbar unteraktiviert. Aber auch andere Systeme scheinen betroffen zu sein (z. B. synaptischen Spalt), geht man heute davon aus, dass dieser Botenstoff eine wesentliche Rolle spielt.
ADHS kann mit einer Reihe möglicher Begleit- und Folgesymptomen einhergehen, darunter Lernstörungen, Angst- oder depressive Störungen sowie Störungen des Sozialverhaltens. Spontane und wenig überlegte Handlungen beziehungsweise das sofortige Ausführen von Handlungsimpulsen sind ebenso charakteristisch. Die körperliche Hyperaktivität kann sich in unkontrollierten, überschießenden motorischen Reaktionen, Schwierigkeiten, ruhig zu sitzen, Zappeligkeit, Rastlosigkeit und übermäßiger körperlicher Aktivität (zum Beispiel Herumlaufen oder Herumklettern) äußern.
Anpassungs-Schwierigkeit an heutige gesellschaftliche Bedingungen - das nun mal in unserer heutigen Gesellschaft gelingen soll - können äußerst nachteilig sein. meist trotz hoher Intelligenz erhebliche Schwierigkeiten in der Schule und schließen einige Stufen unter ihren Fähigkeiten ab.
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ADHS im Erwachsenenalter
Im Volksmund gern als „Zappelphilipp-Syndrom“ bezeichnet, ist bereits die Diagnose des ADHS - steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung - eine Herausforderung. Im Erwachsenenalter kommt sie mit hoher Komorbidität einher.
„Bleibt ADHS unerkannt, entwickeln 50 Prozent der Betroffenen im Lauf des Lebens eine Depression, Angsterkrankungen oder Alkohol- oder Substanzabhängigkeit. Menschen mit unbehandelter ADHS verursachen vier Mal häufiger Verkehrsunfälle. Das geht bis hin zur Straffälligkeit“, erklärte Prof. Lesch.
Welche Auswirkungen eine unerkannte Erkrankung wie ADHS im Alltag bedeuten kann, schilderte auf sehr emotionale und anschauliche Weise Simon Jonski, der von Autismus und ADHS betroffen ist. Die gesamte Schullaufbahn gestaltete sich trotz hoher Intelligenz als schwierig. Doch Simon Jonski war weder faul noch unwillig. „Ich hätte gern Hausaufgaben gemacht. Ich konnte es einfach nicht. Den Ruf als schwarzes Schaf hatte ich in der Schule rasch weg.“
Die Erkrankung, der eine durch viele Faktoren verursachte Funktionsbeeinträchtigung des Gehirns zugrunde liegt, ist mit Methylphenidat oder Amphetamin gut behandelbar. „Psychotherapien haben unterm Strich nicht viel zur Verbesserung beigetragen“, sagte Prof. Lesch.
Behandlung von ADHS
In der Behandlung von ADHS empfiehlt sich eine ganzheitliche Vorgehensweise. Die Behandlung mit Medikamenten "heilt" nicht, sondern unterdrückt die Symptome, solange der Wirkstoff aktiv ist.
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Eine zentrale Rolle spielen die Information und das Coaching der Eltern. Symtpome im Alltag zeigen, wie gut das Kind lernt, damit zurecht zu kommen, und wie gut es v.a. zeigt. Nachteil: Es sind bei den meisten Kindern zumindest 30 Sitzungen nötig, anfangs 2 x wöchentlich.
Es gibt eine ganz geringe Zahl von hyperaktiven Kindern, die auf gewisse normale Nahrungsbestandteile mit ADHS-Symptomen reagieren.
Wichtige Hinweise und Literaturempfehlungen
Achtung: Bei Lernschwierigkeiten sei besonders das Buch von Born & Oehler (2008) ans Herz gelegt. Wichtige Hinweise für Eltern finden sich v.a. Aust-Claus, E. & Hammer, P.-M. (2007).
- Aust-Claus, E. & Hammer, P.-M. (2007). Das ADS-Buch. Neue Konzentrationshilfen für Zappelphilippe und Träumer: Das OptiMind®-Konzept. (14.
- Born, A. & Oehler, C. (2008). Lernen mit ADS-Kindern. Ein Praxishandbuch für Eltern, Lehrer und Therapeuten. (6.
- Döpfner, M., Frölich, J. & Wolff Metternich, T. (2007). Ratgeber ADHS. (2.
- Döpfner, M., Schürmann, S. & Lehmkuhl, G. (2011). Wackelpeter & Trotzkopf. Verhalten. (4.
- Hartmann, T. (2004). ADHS als Chance begreifen (Nennen wir es das Edison-Gen).
- Neuhaus, C. (2007). ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Symptome, Ursachen, Diagnose und Behandlung.
- Reimann-Höhn, U. (2001). ADS - So stärken Sie Ihr Kind. (8. Aufl.) Freiburg i.
- Daly BP, Silverstein MJ, Brown RT. (2024). ADHD in Adults, 2nd Edition. Göttingen: Hogrefe.
- Sawaya H, Miller JC, Raines JM. (2024) Review of Studies on Incremental Validity of Assessment Measures Used in Psychological Assessment of Attention-Deficit Hyperactivity Disorder. Assessment 2024, Vol. 31(2) 518-537
- Rohde L A, Buitelaar J K, Gerlach M, Faraone St V (Ed.) (2019) The World Federation of ADHD Guide.
Überblick über die Diagnose ADHS
Die Teilnehmer:Innen haben einen guten Überblick über die Diagnose ADHS. Sie lernen die speziellen Testverfahren (Fragebögen und Interview) sowie die Leistungstestverfahren für die psychologische Begutachtung von ADHS kennen. Die Teilnehmer:Innen erhalten einen Einblick in die Befundaufnahme und den formalen Aufbau des Gutachtens.
Inhalt:
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- Diagnose der ADHS
- Leitlinien der Begutachtung von ADHS
- Psychologische Diagnostik und Gutachtenerstellung bei ADHS
- Komorbiditäten
- Fallbeispiele
- Diskussion
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