Respekt und soziale Verantwortung sind grundlegende Werte für ein friedliches Zusammenleben. Doch in der heutigen Gesellschaft mangelt es oft an Respekt - sei es in der Schule, am Arbeitsplatz, im Alltag oder im gesellschaftlichen Miteinander.
Respektloses Verhalten in der Familie
Als Elternteil kennst du das Gefühl, nicht mehr weiterzuwissen. Aggressionen und Respektlosigkeit kommen bei Kindern und später auch in der Pubertät leider oft vor. Das kann einem auf Dauer ganz schön an die Substanz gehen. Warum verhält sich dein Kind während der Pubertät plötzlich so respektlos? Was genau löst dieses respektlose, oft aggressive Verhalten deines Kindes in dir aus und wie kannst du damit umgehen?
Die Neue Autorität nach Haim Omer
Ein spannender pädagogischer Ansatz ist die Neue Autorität, die der Psychologe Haim Omer entwickelt hat. Er beschreibt eine Art von Autorität, die nicht auf Kontrolle, Gehorsam und Strafen aufbaut, sondern auf Präsenz, Geduld und Selbstbeherrschung. Und ich kann dir sagen: Das kann wahre Wunder wirken.
Oft erleben Eltern Ratlosigkeit, wenn ihr Kind sich schlecht benimmt und sich respektlos verhält, und gehen automatisch davon aus, dass sie als Eltern etwas falsch gemacht haben. Das liegt an der Idee, die Familie als Kreis zu sehen, in dessen Zentrum das Kind steht. Wenn das Kind problematisch ist, dann muss es an den Eltern liegen, oder? Falsch! Diese Vorstellung schwächt die Eltern, macht sie klein und raubt ihnen die Kraft, die sie brauchen, um für ihr Kind da zu sein.
Früher war Autorität ein völlig anderes Spiel. Die Eltern standen oben, das Kind unten. Nähe? Fehlanzeige. Die Eltern bestimmten, was das Kind tut, denkt und fühlt. Absoluter Gehorsam war das Ziel der Erziehung. Wenn das nicht funktioniert hat, wenn Kinder oder Jugendliche keinen Respekt vor ihren Eltern zeigten, kam Gewalt ins Spiel. Heute verstehen wir, dass Kontrolle nicht das Ziel ist, und preisen die Autonomie als hohen pädagogischen Wert.
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Während der 60er und 70er Jahre kam es zu einem Umschwung in der Erziehung. Autorität war nicht mehr die Lösung, sondern das Problem. Das Ideal der Erziehung basierte auf 4 Fundamenten: Liebe, Verständnis, Ermunterung und Freiheit. Grenzen und Regeln galten als Hindernisse, die das Kind in seiner Entfaltung behindern würden. Auf Respektlosigkeit in der Pubertät wurde mit Nachsicht reagiert.
Doch dieser Traum der damaligen Pädagogik endete in einer großen Enttäuschung. Diese Kinder waren impulsiver, hatten eine niedrigere Toleranzgrenze für emotionale Ausbrüche und zeigten häufiger aggressives und respektloses Verhalten als Kinder und Jugendliche, die in traditionellen Familien aufwuchsen, wo es klare Regeln gab. Also ist auch die absolut freie Erziehung problematisch. Die Erfahrung, auch mal keine Wahl zu haben, ist offensichtlich nötig, damit Kinder das Gefühl des Schaffens verspüren und dadurch ein positives Selbstwertgefühl entwickeln können.
Die Neue Autorität nach Haim Omer ist eine Form von Stärke, die ganz ohne Macht auskommt. Aber Omer zeigt, dass Autorität nichts mit Hierarchien und Strafen zu tun haben muss, und dass man Respektlosigkeit und Aggression von Kindern in der Pubertät auch mit Nähe und Präsenz begegnen kann. Früher war Autorität geprägt von Distanz und Kontrolle. Eltern mussten bestimmen, was das Kind tut, denkt und fühlt. Heute wissen wir: Gehorsam ist nicht das Ziel.
Wie baut man eine positive Autorität auf?
Der Schlüssel zu Omers neuer Autorität liegt in der Präsenz. Präsenz bedeutet, dass du als Mutter oder Vater einfach da bist. Präsenz heißt, du bleibst ruhig und zeigst deinem Kind: „Ich bin da - auch wenn du wütend bist, auch wenn du mich gerade am liebsten wegschieben würdest." Omer sagt dazu: Schmiede das Eisen, wenn es kalt ist! Das bedeutet, wir sollten Konflikte in der Familie nicht im Hitzkopf-Modus klären.
Ein weiterer wichtiger Punkt in Omers Ansatz ist die wachsame Sorge. Das bedeutet, dass du als Elternteil weißt, was bei deinem Kind los ist. Wenn alles in Ordnung ist, lässt du es frei experimentieren. Aber wenn du merkst, dass etwas nicht stimmt, dann bist du da und behältst die Situation im Auge. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Aufmerksamkeit, Interesse und Präsenz.
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Wir alle brauchen einen Rahmen an Regeln, innerhalb dessen wir agieren können. Und genauso brauchen auch Kinder und Jugendliche eine Struktur, die ihnen Halt gibt. Eine Art Geländer, an dem sie sich anhalten können, wenn stürmische Zeiten auf sie zukommen. Für mich ist Erziehung ein flexibler Rahmen, der mal enger, mal weiter gefasst werden kann. Und der klare Regeln vorgibt, an die sich alle in der Familie halten sollen. Dies stabilisiert die Kinder, da die Eltern durch die Struktur einen sicheren Anker darstellen.
Was wir als Eltern oft vergessen: Wir können unser Kind nicht kontrollieren. Wir können nicht bestimmen, was es denkt oder fühlt. Aber wir können uns selbst kontrollieren. Unsere eigene Selbstbeherrschung ist die größte Quelle von Autorität. Wenn du deinem Kind zeigst, dass du dich im Griff hast, egal wie wütend es wird, dann wirst du merken, dass dein Kind eher bereit ist zu kooperieren.
Oft merken Eltern dann, dass ihre Kinder während der Pubertät anderen gegenüber oft gar nicht respektlos oder aggressiv reagieren, auch wenn der Inhalt des Gesagten der gleiche ist. Mach dir bewusst, dass dein Kind vielleicht dir gegenüber respektlos reagiert, weil es sich während der Pubertät ausprobiert. Zu Hause fühlt es sich sicher und hat das Gefühl, in diesem Rahmen verschiedene Verhaltensweisen testen zu können.
Die Neue Autorität ist ein Ansatz, der von einigen Pädagogen, Psychologinnen und Sozialwissenschaftlerinnen durchaus auch kritisch betrachtet wird. Allein, dass der Begriff Autorität wieder in die Erziehung zurückkehrt, wird fragwürdig betrachtet. Nehmt euch also die Anregungen heraus, die für euch und eure Familie passen.
Respektloses Verhalten in der Schule
Ein wesentlicher Faktor für respektloses Verhalten könnte unser Schulsystem sein, das unbewusst Verhaltensweisen fördert, die langfristig zu respektlosem Verhalten beitragen. Eines der größten Probleme unseres Schulsystems ist der starke Fokus auf Leistung. Noten, Prüfungen und Wettbewerb stehen im Vordergrund, während soziale Kompetenzen wie Empathie, Kommunikation und Respekt oft vernachlässigt werden.
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Viele Schulsysteme vernachlässigen die emotionale Bildung, die ebenso wichtig ist wie die kognitive. Fächer wie Ethik oder Sozialkunde, die das Verständnis für zwischenmenschliche Beziehungen und das Leben in einer Gemeinschaft fördern, werden oft als weniger wichtig angesehen. Respektvolles Verhalten wird oft durch Vorbilder gelernt. Lehrkräfte und Schulleitungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Doch in vielen Fällen haben diese durch den hohen Leistungsdruck und die Überlastung nicht die Kapazität, den Schüler:innen als positive Vorbilder zu dienen.
Das Schulsystem selbst ist oft hierarchisch und reproduziert soziale Ungleichheiten. Kinder aus benachteiligten sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnissen haben oftmals schlechtere Chancen auf Bildungserfolg. Dies kann dazu führen, dass sich Frustration und Unzufriedenheit ansammeln, was wiederum respektloses Verhalten fördern kann.
Viele Schulen setzen immer noch auf Bestrafungen, um unerwünschtes Verhalten zu korrigieren. Statt jedoch auf positive Verstärkung und die Förderung von positiven sozialen Werten zu setzen, wird oft mit negativen Konsequenzen gearbeitet. Kinder, die durch Strafen lernen, empfinden diese häufig als ungerecht oder demütigend.
Um dem entgegenzuwirken, ist es notwendig, einen Wandel herbeizuführen, bei dem nicht nur die akademische, sondern auch die soziale und emotionale Bildung in den Vordergrund rückt. Respektvolles Verhalten kann nicht durch Noten vermittelt werden, sondern durch Vorbilder, emotionale Bildung und die Förderung von Empathie und Verständnis füreinander.
Mobbing in der Schule
Mobbing passiert meist in der Schule. Darum ist sie primär bei der Präventions- und Interventionsarbeit gefordert. Doch auch den Eltern kommt eine wichtige Rolle zu. Und sie können die Situation empfindlich beeinflussen - POSITIV wie NEGATIV!
Schüler:innen erleben immer wieder soziale Ausgrenzung in der Schule: Auslachen, fehlender Gruppenanschluss oder gezieltes Mobbing. Lehrkräfte können helfen - tun es aber oft nicht. Und vor allem: Sie unterscheiden nach Geschlecht des betroffenen Kindes!
Mobbing lässt sich von alltäglichen Konflikten anhand von drei Kennzeichen unterscheiden:
- Eine Person wird gezielt angegriffen.
- Über einen längeren Zeitraum hinweg.
- Die Betroffenen sind eindeutig unterlegen.
Mobbing kann von Einzelpersonen ausgehen, aber auch von Gruppen. Es kann auf derselben hierarchischen Ebene stattfinden (zum Beispiel in einer Gruppe von Mitarbeiter*innen oder von Student*innen), aber auch über Hierarchieebenen hinweg. Auch Führungskräfte können von Mitarbeiter*innen gemobbt werden.
Respektloses Verhalten am Arbeitsplatz
Respektloses Verhalten von Vorgesetzten kann sich auf unterschiedliche Weise äußern. Dazu gehören herablassende Kommentare, Ignoranz gegenüber Meinungen und Ideen anderer sowie beleidigende Äußerungen. Häufig kommen herablassende Kommentare oder ständige Kritik an der Arbeit der Mitarbeiter vor. Diese missbilligende Führungspolitik beeinträchtigt nicht nur die Motivation der Mitarbeiter, sondern kann auch das gesamte Arbeitsklima erheblich negativ beeinflussen.
Die Auswirkungen von respektlosem Verhalten auf das Arbeitsumfeld sind erheblich und vielfältig. Wenn Mitarbeitende sich nicht respektiert fühlen, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sie das Unternehmen verlassen, was hohe Kosten für die Neueinstellung und Einarbeitung neuer Mitarbeiter mit sich bringt.
Auf respektloses Verhalten am Arbeitsplatz zu reagieren, erfordert Sensibilität und klare Kommunikation. In diesem Gespräch sollten sie konkret beschreiben, welches Verhalten sie als respektlos wahrgenommen haben und wie es sie beeinflusst. Führungskräfte haben eine entscheidende Rolle beim Umgang mit respektlosem Verhalten.
Zusätzlich sollten Führungskräfte aktiv darauf achten, respektvolles Verhalten zu fördern. Eine der besten Methoden besteht darin, einen respektvollen Dialog zu fördern und aktiv zuzuhören. Zudem sollten klare Grenzen gesetzt werden, um respektloses Verhalten zu vermeiden. Dazu gehört das Etablieren einer offenen Kommunikationskultur, in der alle Mitarbeitenden sich wohl und aufgefordert fühlen, ihre Meinungen zu äußern.
Darüber hinaus sollten Unternehmen klare Richtlinien für respektvolles Verhalten einführen und sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden und Führungskräfte geschult werden, diese Standards zu verstehen und einzuhalten. Das Bewusstsein für Respekt am Arbeitsplatz zu schärfen, ist ein kontinuierlicher Prozess, der Engagement von allen Mitarbeitenden erfordert.
Mitarbeiter sollten ermutigt werden, Erfolge in der Förderung eines respektvollen Arbeitsumfelds zu teilen und Beispiele für respektvolles Verhalten zu belohnen.
Umgang mit respektlosen Vorgesetzten
Im Umgang mit respektlosen Vorgesetzten ist es wichtig, zunächst das Gespräch zu suchen und konkret auf das respektlose Verhalten hinzuweisen. Falls das Verhalten weiterhin anhält, sollte die Personalabteilung eingeschaltet werden, um Unterstützung zu erhalten.
Auf respektloses Verhalten sollte mit einer ruhigen und sachlichen Haltung reagiert werden. Dabei ist es hilfreich, spezifische Beispiele zu nennen und zu erläutern, wie das Verhalten das eigene Arbeiten beeinflusst.
Weitere Beispiele für respektloses Verhalten
Doch einige Menschen geben anderen absichtlich ein schlechtes Gefühl oder benehmen sich respektlos. Solltest du folgende Sätze schon mal gehört haben, ist es an der Zeit dein Verhalten zu ändern.
Anzeichen dafür, dass du dich respektlos verhältst
- "Ich vertraue dir nicht"
- "Du gibst mir das Gefühl, als wäre ich dir nicht wichtig"
- "Du bist nie da, wenn ich dich brauche"
- "Du bist missgünstig"
- "Ich fühle mich von dir nicht wertgeschätzt"
- "Du lügst mich ständig an"
- "Du bist narzisstisch"
Warnzeichen für schlechten Charakter
Folgende Warnzeichen können ein Hinweis dafür sein, dass dein Gegenüber wahrscheinlich kein guter Mensch ist und du den Kontakt besser reduzieren solltest - vor allem, wenn sie regelmäßig auftreten.
- Die Schuld bei anderen suchen
- Egoistisches und ignorantes Verhalten:
- Unachtsames Wegschmeißen von Müll in die Natur statt in einen Mülleimer.
- Dinge nicht aufräumen, nach dem Motto, das können andere für mich machen.
- Rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr und ständiges Parken auf mehreren Parkplätzen, so dass kein anderer mehr daneben Platz hat.
- Menschen anrempeln, ohne sich zu entschuldigen, oder sich grundsätzlich vordrängeln.
- Nur an das eigene Wohl denken und in Kauf nehmen, dass dabei Leid für andere entsteht.
- Lügen erzählen, um sich selbst in ein besseres Licht zu rücken.
- Er oder sie liebt es zu lästern
- Respektloses Verhalten anderen Menschen gegenüber
- Ein schlechter Mensch gönnt anderen ihren Erfolg nicht
- Er oder sie nimmt, aber gibt nicht
- Dein Gegenüber respektiert deine Grenzen nicht
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