MINT-Fächer Psychologie: Eignung, Fähigkeiten und die Rolle von Geschlechterstereotypen

Die Frage, welche Faktoren die Eignung für bestimmte Studien- und Berufsrichtungen beeinflussen, ist von großer Bedeutung, insbesondere im Hinblick auf die MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik). Hierbei spielen sowohl individuelle Fähigkeiten und Talente als auch gesellschaftliche Einflüsse eine Rolle.

Die Bedeutung von Talenten und Interessen

Die Kluft zwischen Talent und Interessen ist bei der Studien- und Jobwahl oftmals sehr groß.

„Wir sind erstaunlich schlecht darin, unsere Persönlichkeit, Kompetenzen und Talente zu beurteilen“, fasst Psychologe Aljoscha Neubauer zusammen.

Entscheidend für die optimale Berufswahl ist nämlich ein Mix aus Persönlichkeit, Interessen und Talenten.

Die Forschung differenziert ganz klar zwischen musikalischer, künstlerischer, motorischer, praktischer und intellektueller Begabung.

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Roland Grabner, ebenfalls Psychologie-Professor, beschäftigt sich mit Talentunterschieden und dem besseren Verständnis von Lernprozessen. Hat man eine besondere Begabung, kann man auf diesem Gebiet auch zum Genie werden.

Intellektuelle Begabung und ihre Messbarkeit

„Die am besten erforschte Facette mit den drei Bereichen verbal, numerisch und figural-räumlich ist die intellektuelle Begabung. Intelligenz ist das Persönlichkeitsmerkmal in der Psychologie, das am besten messbar ist“, erzählt Grabner.

Tests dazu gibt es schon seit mehr als hundert Jahren, wobei sie sich natürlich verändert haben.

War man früher noch der Meinung, dass Intelligenz mit dem Lebensalter gleichermaßen steigt, so sieht man es heute anders: „Im dritten Lebensjahrzehnt beginnt sie wieder abzunehmen.“

Frühzeitige Förderung und Beratung

Deshalb muss bereits im Schulalter bei der Berufsentscheidung angesetzt werden: Mittels Eignung herausfinden, wo die Stärken liegen.

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„Das Problem ist, dass im österreichischen System eine Entscheidung für die schulische Laufbahn sehr früh, nämlich mit rund zehn Jahren getroffen wird“, kritisiert Neubauer.

„Das Gehirn kann sich bei Jugendlichen zwischen zwölf und 13 Jahren vollkommen neu ordnen.“

Begabungen, die als Kind erkennbar waren, können wieder verschwinden und andere sichtbar werden.

Es müsse in Schulen mehr Beratungen stattfinden.

In Bundesländern sollten so genannte Talente-Center installiert werden, wie es die Universität Graz gemeinsam mit der Wirtschaftskammer vorgezeigt hat, folgert der Experte.

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Lernprozesse und neuronale Mechanismen

Jede Entwicklung von Begabung in (Höchst-)Leistung erfolgt grundsätzlich über Lernen.

Der Wunsch, das Gehirn noch leistungs- und aufnahmefähiger zu machen, ist mindestens so alt wie die Menschheit, führt Grabner aus.

Seine Neugierde für dieses Forschungsgebiet ist enorm: „Wir können mittels neurowissenschaftlicher Methoden sehen, wie und wo im Gehirn Lernprozesse verarbeitet werden.“

Nun ist auch möglich, diese Regionen über eine schwache Stromzufuhr von außen so anzuregen, dass nachweislich der Lernerfolg verbessert werden kann.

„Das Gehirn wird dadurch - einfach formuliert - in einen stärker aufnahmebereiten Zustand versetzt. So könnten wir mittelfristig neue Behandlungsmöglichkeiten bei Lernstörungen wie zum Beispiel der Rechenschwäche entwickeln.“

„Wir können sehen, wie und wo im Gehirn Lernprozesse verarbeitet werden.“ Roland Grabner

MINT-Schule als Schulversuch

Die MS Irdning startet ab dem Schuljahr 2022/23, als eine von 10 Schulen in der Steiermark den Schulversuch MINT-Schule.

MINT steht dabei für die Kompetenzen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Mit dem technologischen Fortschritt ändern sich auch die Anforderungen an junge Menschen am Arbeitsmarkt. Kompetenzen in den MINT-Disziplinen sind daher in einer modernen Gesellschaft immer stärker gefragt und eröffnen vielseitige berufliche und persönliche Chancen für junge Menschen.

Der Schulversuch hat ein erhöhtes Stundenkontingent von 135 Wochenstunden (in der MS 124 Wochenstunden) über die 4 Jahre. Zusätzlich zu den regulären Unterrichtsgegenständen wird der Unterrichtsgegenstand MINT (mit eigenem Lehrplan) geführt.

Der fächerübergreifende Lehrplan ist fokussiert auf das Entwickeln von fächerübergreifendem Verständnis, das Herstellen von Anwendungs- und Alltagsbezügen zu MINT, Lernen durch Erleben, Stärken handwerklich-technischer Fähigkeiten, Forschendes Lernen, Problemorientiertes Lernen, Kooperationen mit außerschulischen Lernorten, ...

Für die Aufnahme in die MINT- MS ist keine Eignungsprüfung notwendig. Bei Interesse die MINT-MS ab dem Schuljahr 2022/23 zu besuchen, bitte ich Sie Ihre Tochter/ Ihren Sohn für diesen Schulversuch anzumelden. Eine Anmeldung für die MINT-Schule ist auch jetzt noch möglich, da der Schulversuch erst nach dem Elterninformationsabend genehmigt worden ist.

Zusätzlich werden, unabhängig vom Besuch in der MINT-MS, ab dem Schuljahr 2022/23 neue Wahlpflichtfächer mit je 3 Wochenstunden ab der 7.

Geschlechterstereotypen in MINT-Fächern

Ein gutes Beispiel hierfür sei die Debatte rund um die MINT-Fächer, also jene Schul- und Studienrichtungen, die sich mit Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik auseinandersetzen.

Hier ist die Meinung weit verbreitet, dass vor allem Burschen für diese Fächer geeignet sind.

„Was aber empirisch überhaupt nicht zutrifft“, sagt der Forscher.

Die Annahme, dass Männer für Fächer wie Mathematik besser geeignet sind als Frauen, ist weit verbreitet.

Nun haben Studien herausgefunden, dass Mädchen und Jungen die gleichen Mechanismen und Netzwerke benutzen, wenn sie mathematische Probleme lösen.

Frauen sind in den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) immer noch häufig unterrepräsentiert.

Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass das nicht an biologischen Unterschieden zu Männern liegt.

Mädchen und Jungen benutzen nämlich die gleichen Mechanismen und Netzwerke, wenn sie mathematische Probleme lösen.

Ihre Ergebnisse haben die Wissenschaftler im Fachmagazin "Science of Learning" veröffentlicht.

Gleiche Netzwerke bei Mädchen und Jungen

"Wir haben das Verhalten junger Mädchen und Jungen in Mathematiktests untersucht und festgestellt, dass ihre Leistung statistisch gleichwertig war. Sie waren nicht zu unterscheiden", erklärt Jessica Cantlon, leitende Autorin der Studie, dem Nachrichtensender "CNN".

In ihrer frühen Kindheit hätten sie die gleichen Fähigkeiten im gleichen Tempo entwickelt.

Die Frage, die sich die Wissenschaftler dann stellten, war: Steckt dahinter der gleiche neuronale Mechanismus?

Um das herauszufinden, steckten die Forscher insgesamt 104 Kinder zwischen drei und zehn Jahren in einen MRT-Scanner.

Die Mädchen und Jungen mussten kognitive Tests machen und sich Videos von Mathematikstunden ansehen.

"Wenn wir das bei kleinen Mädchen machen, sehen wir, dass ein bestimmtes Netzwerk im Gehirn reagiert. Und wenn wir die gleiche Analyse bei Jungen durchführen, sehen wir genau die gleichen Regionen", erklärt Cantlon.

Die Netzwerke von Mädchen und Jungen, die bei der mathematischen Entwicklung eingesetzt werden, seien identisch. Man könne die Scans einfach übereinanderlegen.

Warum immer noch der Glaube besteht, dass Jungen in MINT-Fächern besser sind als Mädchen, kann die Studie nicht beantworten.

Cantlon glaubt, dass vor allem die Gesellschaft daran Schuld ist.

Alternative Karrierewege

Es muss nicht immer ein Universitätsstudium sein: Die Job- und Karrierechancen sind, schließt man beispielsweise eine Lehre ab, weitaus höher als bei einem klassischen Studium, bestätigt Neubauer. Der Markt sei voll mit AkademikerInnen.

„Zwar ist der Zugang zu Bildung in Österreich noch relativ frei, und er soll auch so bleiben, Aufnahmeverfahren machen aber gute Arbeit, indem sie den jungen Menschen sagen: ,Vielleicht ist das Biologie-Studium doch nicht geeignet für mich‘“, sagt der Psychologe.

Emotionale Kompetenzen

Was auf der Strecke bleibt, sind die emotionale Kompetenzen. Sie sind mitunter nicht messbar, für die Persönlichkeit aber von großer Bedeutung.

Deshalb ist Neubauer gerade dabei, ein Testverfahren zu entwickeln, das die emotionale Kompetenz sichtbar macht.

In einer Speed-Dating-Studie wollen die WissenschafterInnen herausfinden, wie gut in diesem Setting die TeilnehmerInnen die intellektuellen Fähigkeiten des anderen Geschlechts erkennen können.

„Die PartnerInnen-Wahl wird auch auf Basis der Intelligenz des Gegenübers getroffen. Wir wollen sichtbar machen, wie so etwas in kurzen Dates funktioniert und zum Erfolg führen kann.“

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