Depressionen und depressive Verstimmungen sind weit verbreitet und gehören zu den häufigsten psychischen Beschwerdebildern. Etwa 16 bis 20 % der Menschen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer Depression.
Die Ausprägung kann sehr stark variieren und von einer leichten depressiven Verstimmung bis zu einer schweren Depression reichen. Leichte Symptome sind sehr gut mit Heilpflanzen wie Johanniskraut beeinflussbar. Bei schweren Ausprägungen sind Phytopharmaka dagegen nicht geeignet. Zum einen ist eine schwere Depression ein gravierendes Krankheitsbild, das mitunter in Suizid enden kann; zum anderen ist die Wirkung von Heilpflanzen und daraus hergestellten Phytopharmaka bei schweren Depressionen nicht belegt.
Im Folgenden werden einige der bekanntesten und am besten untersuchten Heilpflanzen zur Behandlung von Depressionen und depressiven Verstimmungen vorgestellt:
Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Als Paracelsus 1525 schrieb, das „Sanct Johannskraut“ helfe gegen Fantasien, die den Menschen in Verzweiflung bringen, deutete er bereits die antidepressive Wirkung des Johanniskrautes an. Johanniskraut zählt zu den am besten untersuchten Heilpflanzen und gilt auch im Sinne einer evidenzbasierten Medizin als nachweislich wirksam. Als Wirksubstanzen gelten Hypericin, Hyperforin, Xanthone und Flavonoide. Johanniskraut steigert die Konzentration verschiedener Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin in den Synapsen und wirkt dadurch stimmungsaufhellend. Zusätzlich wird vermehrt Melatonin ausgeschüttet.
Seit Jahrzehnten wird Johanniskraut intensiv erforscht und gilt als wirksames Heilmittel bei leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmungen. Eine der aktuellsten Untersuchungen ist ein systemischer Review aus 35 Studien mit insgesamt 6.993 Patienten. Bei milden bis moderaten Symptomen einer Depression war Johanniskraut nicht nur Placebo signifikant überlegen, sondern in der Wirksamkeit - bei einer gleichzeitig deutlich besseren Verträglichkeit - auch mit gängigen Antidepressiva vergleichbar.
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Aufgrund der überzeugenden Studienlage findet sich Johanniskraut auch in Leitlinien als Option bei leichten bis mittelschweren Depressionen wieder. Die Anwendung sollte laut HMPC am besten in Form eines Trockenextraktes (DEV: 3−7:1, Methanol 80 % oder DEV: 3−6:1, Ethanol 80 %) erfolgen. Die empfohlene Tagesdosierung liegt zwischen 300 und 600 mg.
Johanniskraut ist gut verträglich, Nebenwirkungen sind selten und mild. Die Pflanze wirkt allerdings durch das enthaltene Hyperforin auf das Cytochrom P450-Enzym (3A4) und das P-Glycoprotein als Induktor. Durch den nachfolgenden verstärkten Metabolismus in der Leber verringert es deshalb den Plasmaspiegel von zahlreichen Wirkstoffen wie Cyclosporin, Digoxin, Indinavir, Irinotecan, Warfarin, Phenprocoumon, oralen Kontrazeptiva, Simvastatin, Alprazolam und Dextromethorphan.
Im Hinblick auf die nachgesagte Phototoxizität von Johanniskraut gibt es mittlerweile Zweifel an der Relevanz dieses Warnhinweises. Bisher konnten ausgeprägte Effekte nur bei Weidetieren nach-gewiesen werden. In einer Studie zur möglichen Photosensibilisierung konnte zudem keine signifikante Änderung des Erythemrisikos festgestellt werden. Weitere Untersuchungen sind hierzu aber noch nötig.
Wichtig: Um eine mögliche Wechselwirkung also zu vermeiden, sollte man sich vor der Einnahme von Johanniskraut immer bei seinem Arzt oder in der Apotheke informieren.
Rosenwurz (Rhodiola rosea)
Da die Ursache von depressiven Verstimmungen auch in einer Überforderung liegen kann, können vorbeugend eingenommen auch sogenannte adaptogene Heilpflanzen einen Nutzen bringen. Rosenwurz, Ginseng und Taigawurzel steigern die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress und lindern auf diese Weise deren negative Folgen. Besonders die Rosenwurz hat in der europäischen Heilkunde eine lange Tradition als adaptogene Heilpflanze. In der alpinen Volksheilkunde wird diese z. B. nachweislich bereits im Mittelalter gegen Erschöpfung und als Aphrodisiakum verwendet. Auch in Skandinavien und Russland ist Rosenwurz bereits seit Langem in Verwendung und wurde im 20. Jahrhundert intensiv erforscht.
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Für die Wirkung der Rosenwurz dürften maßgeblich die enthaltenen Phenylethanoide (u. a. Salidrosid), Zimtalkoholderivate (u. a. Rosavin, Rosin und Rosarin), Benzylalkoholderivate, Flavonoide, Monoterpene sowie das ätherische Öl (0,05 %) verantwortlich sein. In den letzten Jahrzehnten wurde Rosenwurz ausgiebig untersucht. In In-vitro-Studien und Tierversuchen zeigten sich neuroprotektive, antidepressive, stressreduzierende und lebensverlängernde Effekte bei unterschiedlichen Spezies.
Der antidepressive Effekt kann durch eine hemmende Wirkung auf MAO-A und MAO-B erklärt werden. Die aktivste Komponente ist hierbei Rosiridin, welche die Aktivität von MAO-B zu 80 % reduziert. Neuere Studien belegen auch für andere enthaltene Flavonoide wie Rhodiosin und Rhodionin inhibierende Effekte auf die Monoaminooxidase. Zusätzlich scheinen antioxidativ wirkende Inhaltsstoffe langfristig schützende Effekte auf die Nervenzellen im Gehirn auszuüben.
Die bereits in Tierversuchen erbrachten antidepressiven Effekte zeigten sich auch in bisher durchgeführten kleineren Studien. So zeigte Mao et al. (2015), dass ein Rosenwurz-extrakt zwar nicht gleichwertig wie die Sertralindosis wirkte, allerdings dem Placebo signifikant überlegen war. Als empfohlene Tagesdosierung gilt 400 bis 600 mg eines standardisierten Extraktes.
Da insbesondere Rosenwurz auch aufputschend wirkt und deshalb die Schlafqualität beeinflussen kann, sollte die Einnahme des jeweils gewählten Präparates unbedingt in der ersten Tageshälfte erfolgen.
Schlafbeere (Ashwagandha)
Die Wurzel der Schlafbeere (Withania somnifera) ist ein sehr beliebtes Heilmittel im Ayurveda und der TCM und hat in diesen traditionellen Heilsystemen eine entsprechend lange Tradition. Da die Schlafbeere ähnlich wie Ginseng die Stressresistenz erhöht, nennt man sie auch Indischer Ginseng. Doch anders als Ginseng wirkt die Schlafbeere nicht nur adaptogen, sondern auch beruhigend. Man kann diese deshalb auch bei Schlaflosigkeit, Angsterkrankungen und Unruhe einsetzen. Außerdem sagt man dieser Pflanze antidepressive Effekte und eine ausgleichende Wirkung auf Emotionen und Gefühle nach.
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Bei den Wirksubstanzen dürfte es sich um die in der Wurzel enthaltenen Steroide, den sogenannten Withanoliden, sowie Alkaloide handeln. Es gibt auch mehrere klinische Studien zu Ashwagandha. In einer kleinen Studie wurden beispielsweise sowohl Muskelmasse als auch die allgemeine körperliche Stärke bei den Probanden nach einer achtwöchigen Einnahme von 2 x täglich 300 mg eines Extraktes verbessert.
Die Anwendung kann als Dekokt sowie als Tinktur oder Trockenextrakt erfolgen. Wegen der enthaltenen Alkaloide sollte die empfohlene Tagesmenge von 3 bis 6 g getrocknete Wurzel bzw. 300 bis 500 mg des Extraktes nicht überschritten werden, da es in höheren Dosen zu Übelkeit und Durchfall kommen kann. Bei Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes sowie in Schwangerschaft und Stillzeit gilt diese Pflanze auch aufgrund noch fehlender Sicherheitsdaten als kontraindiziert.
Weitere Heilpflanzen und ihre Wirkung
Neben den bereits genannten Heilpflanzen gibt es noch weitere, die bei der Behandlung von Depressionen und depressiven Verstimmungen eingesetzt werden können:
- Lavendel (Lavandula angustifolia): Wirkt beruhigend, angstlösend und schlaffördernd.
- Melisse (Melissa officinalis): Beruhigt, löst Stresszustände und hilft bei nervösen Magen- und Darmstörungen.
- Passionsblume (Passiflora incarnata): Wirkt leicht beruhigend, fördert die Schlafbereitschaft und ist krampf- sowie angstlösend.
- Ginseng (Panax ginseng): Hilft bei depressiven Verstimmungen oder Erschöpfungszuständen und wirkt angstlösend.
Ayurvedische Heilpflanzen
Auch im Ayurveda werden bestimmte Kräuter und Pflanzen zur Behandlung von Depressionen und zur Stärkung der psychischen Gesundheit eingesetzt. Einige Beispiele sind:
- Ashwagandha: Verringert Stress, fördert die Langlebigkeit und kann Symptome von Depressionen lindern.
- Brahmi: Kann sich positiv auf das Gehirn auswirken und sowohl das Lang- als auch das Kurzzeitgedächtnis stärken.
- Guduchi: Hat reinigende und verjüngende Eigenschaften, wirkt positiv auf die Leber und das Immunsystem und kann bei der Reduktion von Stress helfen.
- Tulsi: Wirkt magenstärkend, appetitanregend und schweißtreibend.
Zusammenfassende Tabelle
Die folgende Tabelle fasst die wichtigsten Informationen zu den genannten Heilpflanzen zusammen:
| Heilpflanze | Wirkung | Anwendung | Hinweise |
|---|---|---|---|
| Johanniskraut | Stimmungsaufhellend, angstlösend, antriebssteigernd | Trockenextrakt (300-600 mg täglich) | Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten möglich |
| Rosenwurz | Adaptogen, stressreduzierend, antidepressiv | Standardisierter Extrakt (400-600 mg täglich) | Kann aufputschend wirken |
| Schlafbeere (Ashwagandha) | Adaptogen, beruhigend, antidepressiv | Dekokt, Tinktur, Trockenextrakt (300-500 mg täglich) | Kontraindiziert bei Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes, Schwangerschaft und Stillzeit |
| Lavendel | Beruhigend, angstlösend, schlaffördernd | Tee, ätherisches Öl | - |
| Melisse | Beruhigend, stresslösend | Tee | - |
| Passionsblume | Beruhigend, schlaffördernd, angstlösend | Tee | - |
| Ginseng | Anregend, angstlösend | Tee | Nicht zur langfristigen Einnahme geeignet (max. 3 Monate) |
Wichtig: Die Informationen in diesem Artikel dienen nur zu Informationszwecken und stellen keine medizinische Beratung dar. Bitte konsultieren Sie immer einen Arzt oder Apotheker, bevor Sie mit der Einnahme von Heilpflanzen beginnen, insbesondere wenn Sie bereits andere Medikamente einnehmen oder unter Vorerkrankungen leiden.
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