Im Mangel an Verbundenheit sieht der britische Autor und Journalist Johann Hari die Ursache für die globale Zunahme an Depressionen. In seinem Buch „Der Welt nicht mehr verbunden“ bringt Hari Fakten und Beispiele, aber auch Lösungen und Handlungsfelder.
Besonders gefällt, dass er von seiner eigenen Depressionsgeschichte ausgeht und dass er am Ende des Buches nicht sagt, nun sei er endgültig geheilt, aber er befolge seine eigenen Lehren. Seine Recherchen und Analysen bringen viele neue Einblicke.
Hari kann schlüssig die These aufstellen: Depression ist weitgehend eine Reaktion auf allgemeine gesellschaftliche Entwicklungen und weniger eine Folge individueller (physiologischer) Krankheit. Also eigentlich eine gesunde Reaktion auf Fehlentwicklungen.
Ich habe mir das Buch aus der Bücherei mitgenommen, weil ich Haris letztes Buch *Abgelenkt* ungemein erhellend finde. Darin geht es um den Umgang mit digitalen Medien. Es liegt noch auf meinem Buchstapel.
Das erste Rätsel, vor dem ich stand, war: Wie konnte es sein, dass ich immer noch depressiv war, obwohl ich Antidepressiva nahm? Ich machte alles richtig - und doch lief etwas falsch. Warum?
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Das zweite Rätsel: Warum gibt es heute so viel mehr Menschen, die unter Depressionen und schweren Ängsten leiden? Was hat sich verändert?
Da ging mir auf, dass noch ein drittes Rätsel über allem schwebte. Konnte es sein, dass etwas anderes, und nicht die Chemie in meinem Hirn, Depressionen und Ängste bei mir und so vielen anderen Menschen auslöste? Und wenn ja: Was konnte es sein?
Der Autor dieses Artikels, der selber lange mit Depressionen zu kämpfen hatte in seinem Leben, betont, dass das nicht erfüllt werden wichtiger menschlicher Bedürfnisse die Gefahr depressiv zu werden erhöht. Also kann man sagen, dass Depression als Zeichen gesehen werden kann, das etwas Wichtiges fehlt im Leben. Und das ist doch etwas Anderes als Depression (nur) als Ungleichgewicht im Gehirnstoffwechsel und Antidepressiva als Heilung dieses Ungleichgewichts zu sehen - so wie es ihm anscheinend bezüglich der Antidepressiva, die er lange Jahre genommen hat, von ärztlicher Seite erklärt wurde (das heißt natürlich nicht, dass Medikamente nicht manchmal hilfreich sein können - aber sie heilen nicht. Eine Krücke kann auch hilfreich sein, aber sie heilt nicht den gebrochenen Knochen).
Oder, wie C. G. Jung angeblich gesagt haben soll: „Die Depression ist gleich einer Dame in Schwarz. Tritt sie auf, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie als Gast zu Tisch und höre, was sie zu sagen hat“.
Aktuell lese ich viel, mitunter einige Bücher gleichzeitig. Aber einige auch zu Ende. Doch als erstes ein Hörgenuss zur freien Rede. Ich bin Renate Schmidtkunz unendlich dankbar für ihre Ö1 Sendereihe *Im Gespräch*, speziell für dieses Interview mit Iris Hefets, Psychotherapeutin aus Berlin, zum Thema Frieden und Wahrheit/Realtität - oder aktueller zu Krieg und Verlust von Wahrheit. Ich habe schon lange nicht derart essentielle und (für mich) wahre Aussagen gehört. Eine Freude für Hirn und Herz. Aber mach dir selbst ein Bild. Hör dir das bitte an.
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Passend zu meinem Blogtitel ein Buch von Reinhard Haller „Das Wunder der Wertschätzung“. Es liefert eine tiefe Auseinandersetzung zum Thema und was mir besonders gut gefällt: Wertschätzung wirkt in zwei Richtungen: „Sie kommt den Mitmenschen zugute und hebt gleichzeitig das eigene Selbstbewusstsein.“ (S40) Wertschätzend zu sein, bedarf guten Selbstwerts, steigert diesen aber auch. Das weiss ich aus eigener Erfahrung.
Es ist mir schon zur Gewohnheit geworden, im Alltag, kleine (aufrichtige) Wertschätzungsgeschenke zu verteilen: dem Busfahrer für seine klaren Ansagen, der Kassiererin auf der Tankstelle für ihr frühes Aufstehen, der Stadt Waidhofen/Thaya für ihren Bürger-Rat (!).. Jedes Mal kommt Freude zurück, über die ich mich wieder freue ..
Haller betont die gesellschaftliche Brisanz, wenn Wertschätzung, wie er konstatiert, zwischen den Menschen zunehmend abnimmt.
Hier gehts zum Verlag von Haris Buch, das 2019 erschienen ist.
Irgendwie ist all das eben genannte Gelesene und Gehörte miteinander verknüpft und von der Sorge um aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen umschattet. Dazu kann ich - bei allem Problembewusstsein - nur (wertschätzend) sagen, dass wir nicht vergessen sollten, wie gut es uns aktuell in diesem Land geht. Wir haben noch nie in solch materiellen Luxus gelebt. JedeR von uns lebt in unseren Breitengraden besser als jeder Fürst im Mittelalter..
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Liest du seinen Kindheitsbericht, wirst du sehr dankbar, wie sich der Umgang zwischen Menschen in dieser kurzen Zeit entwickelt hat. Ich will da nichts schönreden, ich will nur darauf hinweisen. So rosig war auch die Vergangenheit nicht.
Also wie wärs mit mehr Wertschätzung in deinem Leben?
„Wenn Sie sich jemals niedergeschlagen oder verloren gefühlt haben, wird dieses Buch Ihr Leben ändern.« Elton John»Eine wunderbare und bestechende Analyse.« Hillary Clinton»Ein Buch, das viel über unsere innere Verzweiflung und unseren Lebenswandel verrät« Naomi Klein»Ein brillanter, anregender und radikaler Ansatz zur psychischen Gesundheit« Matt Haig»Mit seinem persönlichen Erfahrungsbericht und der gleichzeitigen Gesellschaftsanalyse trifft Johann Hari den Nerv unserer Zeit.« psychologie.neuropraxis
Johann Hari hat u.a. für die New York Times, Guardian und Le Monde geschrieben. Für seine journalistische Arbeit wurde er mit dem Martha Gellhorn Prize for Journalism ausgezeichnet und zweifach zum Journalisten des Jahres ernannt. Sein Enthüllungsbuch 'Drogen. Die Geschichte eines langen Krieges' wurde in elf Sprachen übersetzt und wird derzeit verfilmt.
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