Suizid ist ein Tabuthema in unserer Gesellschaft, vielleicht gerade noch mehr, wenn es junge Menschen betrifft. Es ist wichtig, das Tabu zu brechen und darüber zu reden, denn darüber sprechen kann Entlastung bringen!
Die SEYLA-Studie aus dem Jahr 2017 zeigt auf, dass ein Drittel aller befragten 14-17 Jährigen in Österreich Suizidgedanken hat. 15 Prozent hatten dabei sogar bereits konkrete Suizidpläne gefasst. Auch wenn es schwer zu fassen ist, Suizid ist nach Verkehrsunfällen nach wie vor die zweithäufigste Todesursache bei 15- bis 24-Jährigen.
Was lässt Jugendliche verzweifeln?
Die Hintergründe sind sehr unterschiedlich. Es können psychische Erkrankungen, wie etwa eine Depression, zu Grunde liegen. Genauso können aber Mobbing, Missbrauchs- bzw. Gewalterfahrungen, Leistungsdruck oder Ähnliches dazu führen, dass junge Menschen keine Lösungsmöglichkeiten mehr sehen. Häufig bleibt es aber bei den Gedanken, weil die Betroffenen Hilfe und Unterstützung bekommen.
Was ist hilfreich?
Das Wichtigste, was Sie tun können, ist, Ihr Kind darauf anzusprechen und mit ihm im Gespräch zu bleiben. Manchmal kann das sehr schwierig sein - beispielsweise in der Pubertät. Lassen Sie sich trotzdem nicht entmutigen. Zeigen Sie Interesse und Mitgefühl. Fragen Sie immer wieder offen und liebevoll nach, wie es Ihrem Kind geht und was es beschäftigt. Nehmen Sie Ihr Kind ernst und hören Sie zu!
WICHTIG ZU WISSEN: Sprechen Sie Äußerungen oder Vermutungen von Suizidgedanken direkt an! Oft besteht die Angst, dass man jemanden dadurch erst auf den Gedanken bringt. Das stimmt nicht. Jemand, der keine Suizidgedanken oder Absichten hat, wird durch eine Frage nicht erst darauf kommen. Jemand, der sie schon hat, ist allerdings oft erleichtert und sogar froh, wenn es angesprochen wird. Suizidgedanken aussprechen zu können, wirkt für die aller meisten Betroffenen sehr entlastend.
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Gespräch führen, aber wie?
Wenn Sie sich Sorgen machen, dass Ihr Kind Suizidgedanken haben könnte und Sie mit ihm darüber sprechen wollen, nehmen Sie sich unbedingt Zeit für das Gespräch. Denn die Probleme fühlen sich für Betroffene unlösbar an. Ein Gespräch kann etwa beginnen mit: „Wenn ich sehe, was du im Moment alles für Schwierigkeiten hast, kann ich mir vorstellen, dass das alles zu viel wird.“ Scheuen Sie sich nicht, Suizidgedanken direkt anzusprechen: „Ich weiß, dass man in solchen Situationen manchmal auch keinen Ausweg mehr sieht und sich fragt, ob man noch weiterleben kann. Du bist aber nicht alleine, ich bin für dich da.
Sagt Ihr Kind, dass es tatsächlich manchmal daran denkt, nicht mehr leben zu wollen, nehmen Sie es unbedingt ernst und fragen Sie nach, wie es sich konkret fühlt. Bieten Sie sich als Ansprechpartner:in an und überlegen Sie gemeinsam, was es für Möglichkeiten gibt, um Ihr Kind zu unterstützen und zu entlasten. Zögern Sie nicht, sich in dieser schwierigen Situation Hilfe für Ihr Kind, aber auch für sich selbst, als Elternteil oder Bezugsperson, zu holen. Beispielsweise bei unserer Online-Videoberatung oder bei der 147 für Ihr Kind, bzw. bei den Notfallnummern.
Wann sollten die Alarmglocken läuten?
Es ist ganz normal, dass das Thema Suizidgedanken nicht einfach zu besprechen ist und Ängste und Unsicherheiten auslösen kann. Sollten Suizidgedanken allerdings vorhanden sein, ist es sehr wichtig, ruhig und wertfrei nachzufragen, ob es schon Pläne gibt oder gar Vorbereitungen getroffen worden sind. Zu unterscheiden sind vage Ideen von konkreten Plänen. Vorbereitungen sind nochmal eine Stufe näher zum Suizidversuch.
Wenn es konkrete Pläne und auch Vorbereitungen gibt, ist es von größter Bedeutung ganz schnell professionelle Hilfe hinzuzuziehen und/oder den Notruf zu wählen. Auch im Zweifelsfall ist es absolut in Ordnung, professionelle Hilfe zu rufen!
Wichtig zu Wissen
Um überhaupt ein:e Gesprächspartner:in zu sein, braucht der Nachwuchs Grundsicherheit. Kinder müssen von uns lernen, dass Fehler Teil des Lebens sind und dazu gehören. Dazu braucht es das Spüren, dass man nichts an Liebenswürdigkeit einbüßt, auch wenn man einmal etwas „falsch“ gemacht hat oder weniger leistet.
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Ebenso gilt es zu vermitteln, wie man sich entspannt. Aber auch, wie es ist, wenn es einem mies geht. Erzählen Sie von Momenten, in denen es Ihnen schlecht gegangen ist. Beschreiben Sie, wie sich das angefühlt hat, dass Sie möglicherweise gar keinen Ausweg gesehen haben und wie sich dieser dann aber doch ergeben hat.
Warum man mit dem Begriff „Selbstmord“ achtsam umgehen sollte:
Die Verwendung des Begriffs "Selbstmord", in dem das Wort „Mord“ steckt, rückt den Suizid in die Nähe eines Verbrechens, einer heimtückischen und grausamen Tat. Das wird den Menschen, die sich selbst töten und aus Leid, Not oder Verzweiflung handeln, nicht gerecht. Wir empfehlen daher den neutralen Begriff der "Selbsttötung" oder den aus dem Lateinischen abgeleiteten „Suizid“.
Eltern sind keine „Wunderwuzis“
Manchmal versuchen Jugendliche, ihre Eltern vor ihren Problemen zu schützen, um sie nicht zu belasten. Oder es ist gerade sehr schwierig, mit dem eigenen Kind ins Gespräch zu kommen. Hier können Vertrauenspersonen außerhalb der Familie bedeutend sein. Auch das Wissen über anonyme Beratungsmöglichkeiten kann hier die entscheidende Hilfe sein. Scheuen Sie sich nicht, selbst bei Beratungsstellen nachzufragen!
Was kann ich tun, wenn jemand Suizidgedanken hat?
Wenn jemand in deinem Umfeld von Suizidgedanken gesprochen hat, kann das sehr beängstigend und belastend sein. Es ist nicht deine Aufgabe, die Verantwortung für das Leben deines Freundes oder deiner Freundin zu übernehmen. Gespräche sind wichtig, aber sie lösen die Probleme nicht direkt.
Wie kann ich das Thema ansprechen?
- „Ich mache mir Sorgen um dich. Du wirkst in letzter Zeit sehr bedrückt."
- „Ich habe das Gefühl, dass es dir gerade nicht gut geht."
- „Manche Dinge, die du gesagt oder getan hast, machen mir Sorgen."
Plane Zeit ein und wähle einen guten Ort, an dem ihr euch wohlfühlt.
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Wie soll ich mich verhalten?
Es ist nicht leicht, wenn ein Freund oder eine Freundin Suizidgedanken äußert. Wichtig ist zuhören und da sein. Ruhig bleiben, Geduld und Verständnis zeigen. Auch wenn das Gehörte für dich ein Schock ist: Versuch ruhig und gefasst zu bleiben und nicht «auszuflippen». Einfach zuhören. Viele Menschen nach einem Suizidversuches berichten, ihnen habe jemand gefehlt, der ihnen einfach zuhört und Anteil nimmt.
- Erzähle es nicht rum. Behandle das, was dein Freund oder deine Freundin dir erzählt vertraulich.
- Nimm die Aussagen ernst. Versuch nicht, die Gefühle und Gedanken deines Freunds oder deiner Freundin schön zu reden oder herunterzuspielen.
- Nimm Suizid-Drohungen ernst und reagiere. Zeig deinem Freund oder deiner Freundin, dass du die Drohung ernst nimmst, aber auch, dass du nicht die Verantwortung für sein oder ihr Leben übernehmen kannst.
- Informiere dich, wo es Hilfe gibt und biete, wenn du kannst, an deinen Freund oder deine Freundin zu begleiten.
Suizid als Druckmittel
Es kommt vor, dass in einer Beziehung oder Ex-Beziehung mit Suizid gedroht wird und als Druckmittel eingesetzt wird. Darauf zu reagieren ist nicht einfach. Wichtig: Du kannst nicht die Verantwortung für das Leben deines (Ex-)Partners/ deiner (Ex-)Partnerin übernehmen. Du kannst zum Beispiel sagen: «Deine Aussagen machen mir große Angst. Es ist aber unfair, dass du mir Angst machst, um deinen Willen durchzusetzen. Ich kann diese Verantwortung nicht übernehmen und bitte dich, dir professionelle Hilfe zu holen», «Ich kann nicht die Verantwortung für dein Leben übernehmen.
Mach dir keine Vorwürfe! Leider können manche suizidalen Handlungen nicht verhindert werden, weil die Absichten nicht erkennbar waren. Mach dir keine Vorwürfe deswegen, suche nach Hilfe und Unterstützung, um mit deiner Trauer fertig zu werden.
Gedanken, dass man nicht mehr weitermachen möchte
Gedanken, dass einem alles über den Kopf wächst und man so nicht mehr weitermachen möchte, kennen vielleicht viele von euch. Für viele sind Suizidgedanken eine Art letzter Ausweg "im Kopf". So etwas wie, wenn ich es gar nicht schaffe, dann gibt es auch noch diese Möglichkeit. Häufig dient der Gedanke der Entlastung, ohne dass man sich wirklich selbst töten möchte. Es ist fühlbar, dass dringend eine Veränderung nötig ist.
Wenn es dir ähnlich geht, melde dich doch bei uns. Es gibt Dinge im Leben, die dazu führen können, dass man sich verzweifelt fühlt. Manche Situationen scheinen vielleicht auf den ersten, zweiten oder dritten Blick ausweg- und aussichtslos. Oder eine "Lösung" scheint in weiter Ferne, kaum erreichbar. Man hat eventuell auch das Gefühl, dass sich die belastende Situation einfach nicht zum Besseren verändert, egal was man versucht. Du bist nicht allein damit, viele Leute erleben Momente, die ausweglos scheinen.
Was kann Reden überhaupt verändern?
Dafür gibt es mehrere Gründe, einerseits kann es entlastend sein, einmal alles was einen beschäftigt loszuwerden und auszusprechen. Ein weiterer Aspekt ist, dass man in Worte fasst, was belastend für einen ist. Dadurch können manche Inhalte strukturiert werden und sich so eventuell schon ein kleines bisschen entwirren.
Suizid und Depressionen
Suizid steht oft in Verbindung mit psychischen Erkrankungen, vor allem Depressionen. Depressionen verzerren unter anderem den persönlichen Blickwinkel, sodass man hauptsächlich die Probleme und die negativen Seiten des Lebens wahrnimmt.
Männer sind häufiger von Suizid betroffen als Frauen. Männer sterben dreimal bis viermal so häufig durch Suizid wie Frauen. Suizid gehört in vielen westlichen Ländern bei Männern bis zum 45. Lebensjahr zu den häufigsten Todesursachen.
Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen bzw. Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung haben ein höheres Risiko für Depressionen, Suizidgedanken und suizidales Verhalten. So sind etwa LGBTQ+-Jugendliche stärker gefährdet, mindestens einmal in ihrem Leben einen Suizidversuch zu verüben.
Signale erkennen
Ein einzelnes Anzeichen bedeutet nicht unbedingt, dass jemand an Suizid denkt. Wenn dir solche Dinge bei jemandem auffallen, sprich die Person behutsam darauf an.
- Die Person hält sich für nutzlos oder wertlos.
- Die Person verhält sich plötzlich anders (z. B. Sie nimmt große Risiken auf sich, z. B.
- Nach einem schweren Verlust (z. B.
- Die Person beschäftigt sich mit Suizid, z. B. indem sie im Internet nach Möglichkeiten sucht.
ACHTUNG! Gefährlich wird es, wenn jemand konkrete Pläne für eine Selbsttötung macht, zum Beispiel Abschiedsbriefe schreibt oder Abschiedsäußerungen macht, Tabletten hortet oder eine Waffe besorgt. Es ist nicht deine Aufgabe, die Verantwortung für das Leben deines Freundes oder deiner Freundin zu übernehmen.
Wie soll ich mich dabei verhalten?
Es ist wichtig, bei diesen Gedanken und in Krisensituationen jemanden zu kontaktieren und über die Probleme zu sprechen. Bei konkreten Suizid-Fantasien oder sich aufdrängenden Suizidgedanken sollten Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
Versuchen Sie, ruhig zu bleiben, Geduld und Verständnis zu zeigen. Auch wenn das, was Sie hören, Sie schockiert, versuchen Sie, ruhig und gefasst zu bleiben. Hören Sie einfach zu. Viele Menschen berichten nach einem Suizidversuch, dass ihnen jemand gefehlt hat, der ihnen einfach zuhört und Anteil nimmt.
Behandeln Sie die Aussagen vertraulich. Geben Sie jedoch niemals das Versprechen, das Geheimnis zu wahren, wenn er oder sie tatsächlich Suizidgedanken hat. Diese Verantwortung können und müssen Sie nicht übernehmen. Wenn Ihnen das Ganze über den Kopf wächst oder akute Gefahr besteht, müssen Sie sich an jemanden wenden!
Nehmen Sie die Sorgen ernst. Versuchen Sie nicht, die Gefühle und Gedanken der betroffenen Person schönzureden oder herunterzuspielen. Bieten Sie so viel Unterstützung an, wie Sie wirklich bieten können. Informieren Sie sich, wo es Hilfe gibt, und bieten Sie an, die betroffene Person zu begleiten.
Professionelle Hilfe suchen
Der Psychiater oder Psychologe ist hier gefordert herauszuarbeiten, welche Züge im individuellen Seelenleben einen Menschen dazu bewegen, Lebensprobleme nicht mutig und mit Unterstützung anderer zu bewältigen, sondern sich stattdessen Gedanken über eine Selbsttötung zu machen.
Psychische Leiden, insbesondere Depressionen, müssen erkannt und behandelt werden. Schmerzen und andere körperliche Symptome müssen ernst genommen und soweit wie möglich behoben oder gelindert werden. Eine klare Stellungnahme zu diesen Fragen ist auch gegenüber dem Patienten von äußerster Wichtigkeit.
Es braucht die Beziehungsfähigkeit und das Einfühlungsvermögen, das Vertrauen des Suizidalen zu erwerben und seine innere Situation zu erfassen. Auf dieser Vertrauensgrundlage geht es darum, mit ihm orientiert an der Realität zu entwickeln, was seine Bedeutung und Aufgabe im Leben ist oder sein kann.
Wo finden Sie Hilfe?
Rufen Sie bei einer Krisenhotline an, wenden Sie sich an einen Not- oder Krisendienst in Ihrer Nähe oder an eine psychiatrische Ambulanz, beziehungsweise rufen Sie die Rettung unter 144.
Bundesweite 24-Stunden-Krisentelefone und Notrufnummern:
- Telefonseelsorge: 142
- Notruf: 144
- Psychiatrische Soforthilfe: 01/31330
Weitere Anlaufstellen:
- Ö3-Kummernummer: Täglich von 16 bis 24 Uhr (kostenlos)
- Beratung für Kinder und Jugendliche: 147 (anonym und rund um die Uhr)
- Ambulanz zur Bewältigung von akuten psychosozialen Krisen: Montag bis Freitag 10 bis 16 Uhr nach telefonischer Terminvereinbarung
- Krisenhotline St. Pölten: Täglich (diensthabenden Psychiater verlangen)
Wir unterstützen dich gerne und helfen dir auch bei der Suche nach einer für dich passenden Beratungsstelle mit persönlichem Kontakt, wenn dir das lieber ist.
Wenn du den Gedanken hast, dein Leben beenden zu wollen, melde dich auf jeden Fall bei uns am Telefon und sprich mit uns, bevor du irgendeine Tat setzt.
Tabelle: Anzeichen für Suizidgedanken
Kategorie | Anzeichen |
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Gefühle | Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung, Sinnlosigkeit, Wertlosigkeit, innere Leere, Gefühl, anderen zur Last zu fallen |
Verhalten | Rückzug von Freunden und Familie, Vernachlässigung von Hobbys und Interessen, Veränderungen im Ess- oder Schlafverhalten, zunehmender Substanzkonsum, riskantes Verhalten, Abschiednehmen von wichtigen Personen, Suizidankündigungen oder -drohungen, Besorgen von Mitteln zur Selbsttötung |
Äußerungen | "Ich will nicht mehr leben.", "Es hat alles keinen Sinn mehr.", "Ich wäre lieber tot.", "Ich bin eine Last für alle.", "Es wird besser sein, wenn ich nicht mehr da bin.", Abschiedsbriefe oder -nachrichten |
Planung | Recherche nach Suizidmethoden, Festlegen eines Zeitpunkts oder Orts für den Suizid, Vorbereitung von Abschiedsbriefen oder Testamenten |