Ist Verhalten angeboren oder erlernt? Eine Untersuchung der Verhaltensbiologie

Die Verhaltensbiologie - oft auch als Ethologie bezeichnet - beschäftigt sich mit dem Verhalten von Menschen und Tieren. Der Fachbegriff der Verhaltensbiologie ist Ethologie. Die Verhaltensbiologie untersucht mit wissenschaftlichen Methoden das Verhalten von Menschen und Tieren. Vielleicht lernst du gerade in der Schule, im Unterricht oder für das Abitur die wichtigsten Zweige der Verhaltensbiologie.

Teilgebiete und Methoden der Verhaltensbiologie

Bei der Verhaltenslehre gilt es, unterschiedliche Fragestellungen zu beantworten. Die vergleichende Verhaltensforschung (Ethologie) stellt die klassische Verhaltensforschung dar. Diese untersucht und analysiert das genaue Verhalten einzelner Tiere und Menschen.

Die Verhaltensweisen, die durch die unterschiedlichen Methoden aufgenommen werden können, werden in einem Ethogramm zeitlich nacheinander dokumentiert. Ein Ethogramm ist dabei als ein Katalog aller möglichen Verhaltensweisen einer Tierart definiert. Mithilfe des Ethogramms lassen sich konkrete Fragestellungen beantworten.

Neben der klassischen vergleichenden Verhaltensforschung gibt es noch weitere Teilgebiete der Verhaltensbiologie. Im Zusammenhang mit angeborenem Verhalten spricht man in der Verhaltensbiologie auch von der doppelten Quantifizierung.

Um das Verhalten von Tier und Mensch zu untersuchen, werden unterschiedliche Methoden herangezogen. Die Freilandbeobachtung ist eine sehr aufwendige Methode, bietet aber den Vorteil, dass die Tiere unter natürlichen Bedingungen leben und das Verhalten nicht abgewandelt wird. Es ist auch die ergiebigste Forschungsmethode, um die Verhaltensweisen zu analysieren. In der Regel werden Freilandbeobachtungen als Langzeitstudien durchgeführt.

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Dabei werden die Tiere über Fotos, Videos und Tonaufnahmen passiv beobachtet. Das Verhalten der Tiere muss objektiv beschrieben werden. Beispielsweise lebte die Forscherin Dian Fossey aktiv nach einer Eingewöhnungsphase unter Gorillas und konnte ihr Verhalten objektiv beobachten und dokumentieren. Weil sie aber unter den Gorillas lebte, konnte keine passive Beobachtung erfolgen.

Unter Laborbedingungen können Apparaturen und Bedingungen sehr gezielt eingesetzt und verändert werden. So kann beispielsweise Verhalten unter unterschiedlichen Umweltbedingungen beobachtet werden. Der Nachteil ist, dass die Umgebung und die Umweltbedingungen nicht natürlich sind.

Die Zootierbeobachtung ist zwischen der Freiland- und der Labortierbeobachtung einzuordnen. Im Zoo leben die Tiere möglichst natur- und artgerecht.

Angeboren oder erlernt?

Eine Grundfrage der Ethologie ist die, welche Verhaltenselemente angeboren, welche erlernt sind. Angeborene Verhaltensweisen sind in den Genen festgelegt und müssen nicht erlernt werden. Erlernte Verhaltensweisen sind nicht automatisch im Verhaltensrepertoire eines Tieres enthalten - sie müssen durch Lernen angeeignet werden.

Wenn ein Tier nach dem Schlüpfen oder der Geburt isoliert aufgezogen wird, um zwischen dem angeborenen und erlernten Verhalten zu unterscheiden, handelt es sich um ein Kaspar-Hauser-Experiment. Hier erfolgt eine Analyse des Verhaltens, wenn Tiere oder Menschen unter Isolation aufwachsen und dadurch gewisse Lernvorgänge nicht stattfinden können. Damit lässt sich herausfinden, welches Verhalten angeboren oder angelernt ist.

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Bei Lernvorgängen, die trotz der Isolation stattfinden, spricht man in der Verhaltensbiologie von Reifung. Beispielsweise können Kaulquappen, die sich unter einer Dauernarkose befanden, gleich gut schwimmen wie ihre Artgenossen, die sich nicht unter einer Dauernarkose befanden. Sie müssen also nicht von anderen Artgenossen schwimmen lernen.

Der Name des Experiments basiert auf der Geschichte des jungen Kaspar Hauser, der bis zu seinem sechzehnten Lebensjahr in Isolation lebte und keinen Kontakt zu Menschen hatte. Als er gefunden wurde, hatte er eine unkoordinierte Bewegung.

Mit Attrappenversuchen werden künstliche Reize - also Attrappen - verwendet, um die Schlüsselreize herauszufinden, die ein bestimmtes Verhalten auslösen. Es werden Experimente mit Attrappen durchgeführt, die bestimmte Schlüsselreize bei den Tieren auslösen. Es kann damit untersucht werden, was ein bestimmtes Verhalten bei Tieren auslöst. Attrappen können beispielsweise Nachbildungen einer menschlichen Gestalt wie eine Vogelscheuche sein. Die Attrappe Vogelscheuche hat die Aufgabe, die Vögel auf Feldern zu verscheuchen. Sie lösen also bei den Vögeln den Schlüsselreiz für eine Flucht aus.

Das durch einen Schlüsselreiz ausgelöste Sperren - also das Aufreißen des Schnabels - lässt sich bei Amseljungen beobachten. Wird das Nest leicht berührt und dadurch leicht erschüttert, wird die Reaktion des Sperrens der Amseljungen ausgelöst und sie strecken sich und reißen ihre Schnäbel empor. Normalerweise wird der Schlüsselreiz dafür durch die Elterntiere ausgelöst, die auf dem Nest landen. Sobald die Amseljungen sehen können, kann als Attrappe eine schwarze Scheibe verwendet werden. Die Verdunkelung imitiert das Erscheinen der Eltern am Nest (visuell). Dies löst ebenfalls die Reaktion des Sperren aus.

Beispiele für angeborenes und erlerntes Verhalten

Konrad Lorenz führte dazu ua. Verhaltensstudien mit Dohlen (Corvus monedula) durch. Aus seinen Beobachtungen konnte er schließen, dass manche Verhaltensweisen angeboren sind, während andere wiederum im Laufe des Lebens (meist in der allerersten frühen Entwicklungsphase) erlernt werden müssen.

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Die Erkenntnisse, die er aus der Beobachtung der Dohlen, im Speziellen seiner handaufgezogenen Dohle Tschok, gewann, sind im Folgen- den zusammengefasst:

  • Mitfliegen, Versorgen des Nachwuchses und soziale Verteidigung sind angeboren
    • Das „Mitfliegen“ bei Dohlen wird durch schwarzes Geflatter ausgelöst.
    • Als zu versorgende Kinder akzeptieren Dohlen nur Dohlenjunge - Erkennungs- zeichen für diese ist der gelb-rote Sperr-Rachen der Dohlenkinder.
    • Auch die soziale Verteidigung ist bei Dohlen angeboren.
  • Das Bild der Eltern, des Geschlechtspartners und von Feinden wird erlernt
    • Wie bei den Enten ist auch das Elternbild bei Dohlen erlernt.
    • Ein Inbild des Geschlechtspartners ist Dohlen nicht angeboren - es wird vom Elternbild geprägt - normalerweise Dohlen.
    • Jungdohlen müssen im Unterschied zu vielen anderen Tieren Feindbilder erst erlernen.

Die Angst vor Spinnen und Schlangen scheint nach neuen Erkenntnissen angeboren zu sein. Schon sechsmonatige Babys zeigen beim Anblick ihrer Bilder Stressreaktionen, berichten Forscher. Da Kinder im Alter von sechs Monaten noch kaum Gelegenheiten zum Lernen hatten, gehen die Forscher von einem angeborenen Verhalten aus.

Meng Er, ein Panda, der beim Bambusbrechen sein Gesicht verzieht, hat im Internet Berühmtheit erlangt. Es wird vermutet, dass er dieses Verhalten von einem Tierpfleger im Zoo gelernt hat. Dies wirft die Frage auf, wie Verhalten entsteht: durch Instinkt oder durch Nachahmung?

Weitere Methoden der Verhaltensforschung

Bei der Vogelberingung werden die Vögel durch einen Metall- oder Plastikring gekennzeichnet. Dadurch kann man weltweit wild lebende Vögel markieren und Rückschlüsse auf ihr Verhalten ziehen. Sie wird von der nationalen Beringungszentrale organisiert. Wild lebende Vögel bekommen einen Ring, der diese kennzeichnet. Dadurch lassen sich die Tiere weltweit beobachten. Die Methode gibt beispielsweise Aufschluss über Flugrouten der Vögel.

Bei der Telemetrie werden Messwerte von einem Sensor zur Empfangsstelle übertragen. Man kann beispielsweise Wildtiere mit Sensoren ausstatten. Dann spricht man auch von der Besenderung. Mit der Telemetrie können Ortswechsel und Wanderungen der Tiere wie Bären verfolgt werden. Wildtiere werden mit Sensoren ausgestattet, um herauszufinden, wie sie sich bewegen.

Mit der Satellitenbeobachtung lassen sich ganze Wildtierherden mit geringem Arbeitsaufwand und hoher Datenerfassung beobachten. Über Satellitenaufnahmen können Wildtierherden beobachtet werden. Ein weiterer Teil der Telemetrie ist die Videotelemetrie.

Mithilfe biochemischer Methoden können beispielsweise in Kot- und Urinspuren Hormonspuren nachgewiesen werden. Der Kot und der Urin von Tieren kann untersucht werden, um beispielsweise die Paarungsbereitschaft von Weibchen herauszufinden.

Verhaltensforschung und Gesundheit

Die aktuelle Hirnforschung lehrt uns, dass viele Verhaltensweisen und Körperfunktionen bei Krankheit nicht direkt durch den Erreger ausgelöst, sondern durch das Gehirn reguliert werden. Es gibt eigene neuronale Schaltkreise, die speziell für das Verhalten bei einer Erkrankung zuständig sind.

Wenn man Ratten die Wahl zwischen Kokain und sozialen Kontakten gibt, wählen sie die Kontakte. Während der Corona-Pandemie haben wir Neuronen gefunden, die dafür zuständig sind, dass es Mäusen schlecht geht, wenn sie sozial isoliert sind. Und andere, die feuern, wenn sie wieder in Gesellschaft sind.

Zusammenfassung

Das Verhalten von Tieren und Menschen ist ein komplexes Zusammenspiel von angeborenen Instinkten und erlernten Verhaltensweisen. Die Verhaltensbiologie bietet verschiedene Methoden, um dieses Zusammenspiel zu erforschen und zu verstehen.

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