In Österreich unterliegen freiheitsbeschränkende Maßnahmen aufgrund gesetzlicher Vorgaben (EMRK, PersFrG, UbG, HeimAufG) einer strengen Kontrolle. Die Frage der Zulässigkeit derartiger Maßnahmen ist in der Praxis oftmals Gegenstand lebhafter Diskussionen, die unter Beiziehung der Gerichte endgültig geklärt werden.
Gesetzliche Grundlagen
Das UbG hat seinen Geltungsbereich in Krankenanstalten und Abteilungen für Psychiatrie, in denen Personen in einem geschlossenen Bereich angehalten oder sonst Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit unterworfen werden. Aufgrund dieses engen Anwendungsbereiches und dem Umstand, dass auch außerhalb von psychiatrischen Abteilungen freiheitsbeschränkende Maßnahmen gesetzt werden, wurde 2005 diese Rechtsschutzlücke geschlossen und durch das HeimAufG der Schutzbereich erweitert.
Es gilt in Alten-, Pflege- und Behinderteneinrichtungen sowie in anderen Einrichtungen, in denen wenigstens drei psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen ständig gepflegt und betreut werden können; unter bestimmten Voraussetzungen auch in Krankenanstalten. Aufgrund einer Ausnahmeregelung, dass in psychiatrischen Abteilungen stets UbG, und nicht HeimAufG zur Anwendung gelangt, gibt es keine Doppelzuständigkeit von UbG und HeimAufG in ein und derselben Einrichtung. Außerhalb einer „Institution“, wie zB bei der häuslichen Pflege, werden Eingriffe in die persönliche Freiheit keinem gesondertem Rechtschutzregime unterstellt.
Sowohl das UbG als auch das HeimAufG haben nicht zum Ziel, freiheitsbeschränkende Maßnahmen unter allen Umständen zu verhindern, sondern verfolgen vielmehr den Anspruch, dass diese Maßnahmen nur dort zum Einsatz kommen, wo aus Gründen der Gefahrenabwehr aktuell ein unbedingt notwendiger Handlungsbedarf besteht.
Voraussetzungen für die Unterbringung nach UbG
§ 3 UbG regelt die Voraussetzungen der Unterbringung. Demnach darf in einer psychiatrischen Abteilung nur untergebracht werden, wer:
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- an einer psychischen Krankheit leidet und im Zusammenhang damit sein Leben oder seine Gesundheit oder das Leben oder die Gesundheit anderer ernstlich und erheblich gefährdet und
- nicht in anderer Weise, insbesondere außerhalb einer psychiatrischen Abteilung, ausreichend ärztlich behandelt oder betreut werden kann.
Eine Person darf nur dann ohne oder gegen ihren Willen in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht werden, wenn eine Amtsärztin bzw. ein Amtsarzt oder eine Polizeiärztin bzw. ein Polizeiarzt nach gründlicher Untersuchung eine entsprechende Bescheinigung ausstellt.
§ 4 UbG regelt das Verlangen. Eine Person, bei der die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen, darf auf ihr eigenes Verlangen nur dann untergebracht werden, wenn sie entscheidungsfähig ist. Eine nicht entscheidungsfähige Person darf weder auf ihr Verlangen noch auf Verlangen ihres Vertreters untergebracht werden.
Das Verlangen muss vor der Unterbringung eigenhändig schriftlich gestellt werden. Dies hat in Gegenwart des Abteilungsleiters zu geschehen.
Das Verlangen kann jederzeit widerrufen werden. Dazu genügt es, dass die Person zu erkennen gibt, dass sie nicht mehr untergebracht sein will. Auf dieses Recht des Widerrufs hat der Abteilungsleiter den Aufnahmewerber vor der Aufnahme hinzuweisen. Ein Verzicht darauf ist unwirksam.
Aufnahmeverfahren und Rechte der Patienten
§ 6 UbG regelt die Aufnahmeuntersuchung, Belehrung und Verständigung. Der Abteilungsleiter hat den Aufnahmewerber zu untersuchen. Dieser darf nur aufgenommen werden, wenn nach dem ärztlichen Zeugnis des Abteilungsleiters die Voraussetzungen der Unterbringung sowie die Entscheidungsfähigkeit (§ 4 Abs. 1) vorliegen.
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Nach der Aufnahme in einer psychiatrischen Abteilung hat die Abteilungsleiterin bzw. der Abteilungsleiter unverzüglich das zuständige Gericht, eine Patientenanwältin oder einen Patientenanwalt, sowie mit Zustimmung der Patientin bzw. des Patienten einen Angehörigen zu verständigen. Die Ärztin oder der Arzt muss die Patientin oder den Patienten über Grund und Bedeutung der Behandlung aufklären.
Neben der Kontrolle durch das zuständige Gericht ist auch die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt verpflichtet, die Unterbringungsgründe regelmäßig zu beurteilen und schriftlich festzuhalten.
§ 8 UbG regelt die ärztliche Untersuchung und Bescheinigung. Eine Person darf gegen oder ohne ihren Willen nur dann in eine psychiatrische Abteilung gebracht werden, wenn sie ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender Arzt, ein Polizeiarzt oder ein vom Landeshauptmann ermächtigter Arzt untersucht und bescheinigt, dass die Voraussetzungen der Unterbringung vorliegen.
Der in Abs. 1 genannte Arzt hat nachweislich abzuklären, ob die betroffene Person in anderer Weise als durch Unterbringung ausreichend medizinisch behandelt oder betreut werden kann; dazu kann, soweit dies zweckmäßig und verhältnismäßig ist, insbesondere
- ein Gespräch mit der betroffenen Person, mit anwesenden Angehörigen oder sonst nahestehenden Personen sowie mit von der betroffenen Person namhaft gemachten Personen,
- ein Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder dem betreuenden Dienst oder
- die Beiziehung eines mit öffentlichen Mitteln geförderten Krisendienstes, wenn ein solcher regional zur Verfügung steht, dienen.
Der Arzt hat in der Bescheinigung leserlich seine Kontaktdaten und weiters im Einzelnen die Gründe anzuführen, aus denen er das Vorliegen einer psychischen Krankheit und einer daraus resultierenden Gefährdung im Sinn des § 3 Z 1 annimmt sowie darzulegen, weshalb diese Gefährdung nur durch Aufnahme in einer psychiatrischen Abteilung abgewendet werden kann.
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Rolle der Patientenanwälte
Die Patientenanwälte in der Psychiatrie (nicht zu verwechseln mit den Patientenanwaltschaften, die von den Bundesländern eingerichtet sind) vertreten, beraten und unterstützen die Patientinnen und Patienten. Sie werden laut Unterbringungsgesetz von Vereinen gestellt, die für die Patientenvertretung von psychisch Kranken zuständig sind.
Das zuständige Bezirksgericht bestellt für jede psychiatrische Abteilung speziell geschulte Patientenanwältinnen bzw. Patientenanwälte, die bei einer Unterbringung der betroffenen Person zur Seite stehen. Sie sind von den Krankenanstalten unabhängig und werden den Patientinnen bzw. Patienten kostenlos zur Seite gestellt.
Vorführung durch die Polizei
§ 9 UbG regelt die Vorführung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sind verpflichtet, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen des § 3 Z 1 für gegeben erachten, zur Untersuchung zu einem Arzt im Sinn des § 8 Abs. 1 zu bringen oder diesen der Amtshandlung beizuziehen.
Bescheinigt der Arzt das Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung, so haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes die betroffene Person in eine psychiatrische Abteilung zu bringen oder die Verbringung zu veranlassen. Wird eine solche Bescheinigung nicht ausgestellt, so darf die betroffene Person nicht länger angehalten werden.
Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes können die betroffene Person auch ohne Untersuchung und Bescheinigung im Sinn des § 8 in eine psychiatrische Abteilung bringen, wenn
- die Beiziehung eines Arztes nach § 8 Abs. 1 für die betroffene Person, insbesondere wegen der damit verbundenen Wartezeit oder Wegstrecken, unzumutbar ist,
- sie von einem Facharzt oder einem Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie beigezogen werden, der nachvollziehbar im Rahmen seiner Behandlung oder Betreuung der betroffenen Person die Voraussetzungen des § 3 für gegeben erachtet,
- sie von einem Notarzt beigezogen werden, der nachvollziehbar im Rahmen seiner Behandlung der betroffenen Person die V...
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