Franz Kafka und die Psychologie seiner Werke

Franz Kafka, einer der bedeutendsten Vertreter der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts, hinterliess ein Werk, das bis heute Interpreten und Leser fasziniert. Seine Romane und Erzählungen sind nicht nur literarische Meisterwerke, sondern auch tiefgründige Auseinandersetzungen mit psychologischen Themen. Dieser Artikel beleuchtet einige dieser Aspekte und gibt Einblicke in die vielschichtige Welt Kafkas.

Kafkas literarische Welt

Kafkas Werke, wie Der Prozess, Das Schloss und Der Verschollene, die zum Kanon der Weltliteratur gehören, schildern oft unergründlich bedrohliche und absurde Situationen. Diese Darstellungen haben zur Bildung des Adjektivs „kafkaesk“ geführt, das auch im ausserliterarischen Kontext verwendet wird.

Sekundärliteratur zu Kafka

Es gibt zahlreiche Sekundärliteratur, die sich mit Kafka auseinandersetzt. Hier eine Auswahl:

  • Alt, Peter-André: Kafka und der Film. Erzählen.
  • Anz, Thomas: Franz Kafka. Leben und Werk. überarbeitete Neuausgabe.
  • Battegay, Caspar [u.a.] (Hrsg,): Schrift und Zeit in Franz Kafkas Oktavheften.
  • Bezemek, Christoph (Hrsg.): Vor dem Gesetz. Rechtswissenschaftliche Perspektiven zu Franz Kafkas "Türhüterlegende".
  • Brabandt, Anne: Franz Kafka und der Stummfilm. intermediale Studie.
  • Engel, Manfred / Lamping, Dieter: Franz Kafka und die Weltliteratur.
  • Ferk, Janko: Kafka, neu ausgelegt. und Interpretationen. Ferk eingefahrenen Interpretationen entgegen.
  • Grabenmeier, Isolde: Schreiben als Beruf. Methodenreflexion Max Webers. Freiburg i.B.
  • Grafenburg, Markus: Gemeinschaft vor dem Gesetz. bei Franz Kafka.
  • Hammer, Espen (Hrsg.): Kafka´s The trial. perspectives.
  • Haller-Nevermann, Marie / Rehwinkel, Dieter: Franz Kafka. Visionär der Moderne.
  • Jahraus, Oliver: Kafka. Werk des großen Literaten.
  • Jobst, Kristina / Neumeyer, Harald (Hrsg.): Kafkas China. Forschungen der Deutschen Kafka-Gesellschaft.
  • Kilcher, Andreas: Franz Kafka. Die Zeichnungen.
  • Krings, Marcel: Franz Kafka - Der "Landarzt"-Zyklus. - Schrift - Judentum.
  • Liebrand, Claudia: Franz Kafka. Neue Wege der Forschung.
  • Neumann, Bernd: Der andere Franz Kafka. zwischen Einsteins Relativitätstheorie und Mozarts Musik.

Die Vater-Sohn-Beziehung

Das konfliktreiche Verhältnis zu seinem Vater gehört zu den zentralen und prägenden Motiven in Kafkas Werk. Selbst feinfühlig, zurückhaltend, ja scheu und nachdenklich, beschreibt Franz Kafka seinen Vater, der sich aus armen Verhältnissen hochgearbeitet und es kraft eigener Anstrengung zu etwas gebracht hatte, als durch und durch lebenstüchtige und zupackende, aber eben auch grobe, polternde, selbstgerechte und despotische Kaufmannsnatur.

In Kafkas Erzählungen werden die Vaterfiguren nicht selten als mächtig und auch als ungerecht dargestellt. Die kleine Erzählung Elf Söhne aus dem Landarzt-Band zeigt einen mit all seinen Nachkommen auf unterschiedliche Weise tief unzufriedenen Vater. In der Novelle Die Verwandlung wird der zu einem Ungeziefer verwandelte Gregor von seinem Vater mit Äpfeln beworfen und dabei tödlich verletzt. In der Kurzgeschichte Das Urteil verurteilt der im Verhältnis stark und furchterregend wirkende Vater den Sohn Georg Bendemann zum „Tode des Ertrinkens“ - dieser vollzieht das in heftigen Worten Vorgebrachte in vorauseilendem Gehorsam an sich selbst, indem er von einer Brücke springt.

Lesen Sie auch: Voraussetzungen Psychologie Studium: Erlangen im Fokus

Kafkas Beziehungen zu Frauen

Kafka hatte ein zwiespältiges Verhältnis zu Frauen. Einerseits fühlte er sich von ihnen angezogen, andererseits floh er vor ihnen. Auf jeden seiner Eroberungsschritte folgte eine Abwehrreaktion. Kafkas Briefe und Tagebucheintragungen vermitteln den Eindruck, sein Liebesleben habe sich im Wesentlichen als postalisches Konstrukt vollzogen.

Seine Produktion an Liebesbriefen steigerte sich auf bis zu täglich drei an Felice Bauer. Als Ursachen für Kafkas Bindungsangst vermutet man in der Literatur neben seiner mönchischen Arbeitsweise (er stand unter dem Zwang, allein und bindungslos zu sein, um schreiben zu können) auch Impotenz (Louis Begley) und Homosexualität (Saul Friedländer), wofür sich jedoch kaum Belege finden.

Kafka lernte Felice Bauer am 13. August 1912 in der Wohnung seines Freundes Max Brod kennen. Die Briefe an Felice umkreisen vor allem eine Frage: Heiraten oder sich in selbstgewählter Askese dem Schreiben widmen? Nach insgesamt rund dreihundert Schreiben und sechs kurzen Begegnungen kam es im Juni 1914 zur offiziellen Verlobung in Berlin - doch schon sechs Wochen darauf zur Entlobung.

Emotionen in Kafkas Werk

Heike Ortners Forschung zu Emotionen in Texten zeigt, dass Kafka vielfältiger ist, als ihm viele Vorurteile zuschreiben: „Kafka gilt als düster und depressiv, das geht aus seinen Briefen nicht so eindeutig hervor. Er ist sehr ambivalent, spielt viel mit Metaphern - in einem Satz stellt er eine Behauptung auf, die er im nächsten wieder in Frage stellt.“

Emotionale Darstellungen

Es gibt verschiedene Arten, Emotionen in einem Text darzustellen:

Lesen Sie auch: Ursachen für häufigen Partnerwechsel

  • Emotionsbenennung: Wenn jemand schreibt, er fühle sich gut, benennt er die Emotion direkt.
  • Emotionsausdruck: Ohne das Gefühl zu nennen, ist klar, welches Gefühl gemeint ist, zum Beispiel bei Flüchen oder Ausrufesätzen.
  • Bewertungen: Sie sind dann emotional, wenn persönliche Erfahrungen hineinspielen.
  • Konnotationen: Emotionen werden oft durch Konnotationen in Wörtern transportiert.

Paradoxa in Kafkas Schriften

Explizite Paradoxa sind in Kafkas Schriften ziemlich häufig, aber sie sind nicht immer ohne weiteres als Ausdruck einer ausweglosen Zwangslage zu interpretieren. Kafka selbst könnte der Fragesteller sein, der unruhig, nämlich dringend, einer Antwort bedarf.

Die Funktion der Paradoxa Kafkas läge gerade in einer sprachlich hervorgerufenen Epilepsie, der Vernichtung jener ungeheuren Welt, jenes ungeheuren Ich, einer Vernichtung, die vielleicht zugleich eine Befreiung zu oder von beidem wäre.

Lesen Sie auch: Definition psychischer Störungen

tags: #Franz #Kafka #Psychologie