Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein modernes medizinisches Behandlungsverfahren, welches als Alternative zu pharmakologischen Therapieoptionen bei schweren psychiatrischen Krankheitsbildern dient. Insbesondere findet sie Anwendung bei Pharmako-Resistenz.
Was ist eine Elektrokrampftherapie (EKT)?
Die Elektrokrampftherapie, kurz EKT, (auch: Elektrokonvulsionstherapie) ist ein modernes und hochwirksames medizinisches Verfahren zur Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen. Dazu gehören beispielsweise schwere Depressionen, die auf andere Therapien nicht gut ansprechen, sowie Psychosen.
Die EKT ist eine standardisierte Hirnstimulationsmethode, welche an Kliniken in Kooperation mit der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie durchgeführt wird. Die gesamte Behandlung erfolgt dabei schmerzfrei.
Die Elektrokrampftherapie beruht auf einer elektrischer Hirnstimulation, die unter Narkose erfolgt. Dabei wird für Sekunden Strom ins Gehirn geleitet, der einen Krampfanfall auslöst.
Das kann man sich ähnlich wie bei einem epileptischen Anfall vorstellen, nur dass der Anfall hier gezielt und unter kontrollierten Bedingungen erfolgt.
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Zudem krampft der Körper durch die Gabe von muskelentspannenden Mitteln während der Behandlung nicht. Das war zu früher anders und hat zum einst schlechten Ruf des früher auch „Elektroschocktherapie“ genannten Heilverfahren beigetragen.
Wie wirkt eine Elektrokrampftherapie?
Durch diese Methode kommt es u.a. zu einer Ausschüttung bestimmter Hormone, die vor allem Beschwerden bei schweren Depressionen oder bipolare Erkrankungen lindern können.
Über welche Mechanismen genau ein solcher „Heilkrampf“ eine positive Wirkung entfaltet, ist noch nicht vollständig geklärt. Man hat jedoch beobachtet, dass die Anfälle zahlreiche neurochemische Veränderungen im Gehirn anstoßen. Entscheidend scheint hierfür zu sein, dass ein Teil der Nervenzellen während der Behandlung im gleichen Takt aktiviert wird.
Beispielsweise verändert sich die Konzentration verschiedener Hormone und Botenstoffe im Gehirn, ebenso die Zahl der Andockstellen (Rezeptoren) für diese Neurotransmitter.
Die Masse der sogenannten grauen Substanz, die sich aus den Zellkörpern der Nervenzellen zusammensetzt, nimmt zu. Vor allem vernetzen sich die Neuronen verstärkt untereinander.
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Eine Vermutung ist, dass der Krampfanfall die Ausschüttung bestimmter Botenstoffe (Neurotransmitter) und Hormone beeinflusst und es dadurch zu einer Besserung der psychischen Symptome kommt.
Wie wirksam ist eine Elektrokrampftherapie?
Die EKT ist ein hochwirksames Verfahren, auf das 50 bis über 80 Prozent der Behandelten gut ansprechen. Da sie nur bei sehr schweren Erkrankungen eingesetzt wird sowie bei Patientinnen und Patienten, die zuvor nicht ausreichend auf andere Therapieverfahren angesprochen haben, ist die hohe Wirksamkeit umso beachtlicher.
Obwohl die EKT wohl die effektivste antidepressive Therapieoption mit Anprechraten von 60-80% repräsentiert, sind Kliniker:innen nach wie vor nicht in Lage, eine Vorhersage des klinischen Ansprechens auf die EKT zu machen.
Wann wird eine Elektrokrampftherapie angewendet?
Psychiater greifen auf eine EKT bei sehr schweren oder gravierenden, schwer zu behandelnden psychischen Erkrankungen zurück.
Für den Einsatz der Elektrokrampftherapie sind mehrere Faktoren ausschlaggebend, wie z.B. Diagnose, Schwere der Symptome, Behandlungsvorgeschichte sowie eine sorgfältige Abwägung von Nutzen und Risiken.
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Ebenso ist der Wunsch des Patienten in der Entscheidung zur Durchführung der Elektrokrampftherapie zu berücksichtigen.
Eine Indikation für eine Elektrokrampftherapie besteht beispielsweise, wenn:
- der psychische Zustand eines Patienten so gravierend ist, dass eine schnelle Entlastung notwendig ist
- der Patient schlecht auf eine vorangegangene Behandlung mit Psychopharmaka angesprochen hat (Therapieresistenz)
- der Patient Psychopharmaka schlecht verträgt
- die Risiken der EKT geringer sind als andere Behandlungsmöglichkeiten
Bei einigen schweren psychischen Erkrankungen ist eine EKT die Therapie erster Wahl. Das bedeutet, man greift direkt auf sie zurück, ohne zuvor andere Heilverfahren zu versuchen. Dazu gehören:
- Depressionen mit Wahnvorstellungen
- Depressive Erstarrung (Stupor)
- Psychosen mit Stimmungsschwankungen (schizoaffektive Psychose), darunter schwere depressive Symptome
- schwere Depression (Major Depression) mit hoher Suizidalität oder Nahrungsverweigerung
- akute, lebensbedrohliche (perniziöse) Katatonie
Als Therapie zweiter Wahl - also, wenn vorangegangene Behandlungen nicht ausreichend geholfen haben - setzen Psychiater die EKT in folgenden Situationen ein:
- schwere Depressionen (Major Depression), bei denen die Betroffenen auf mindestens zwei Antidepressiva möglichst unterschiedlicher Wirkstoffklassen in Kombination mit Schlafentzug nicht ausreichend angesprochen haben
- nicht lebensbedrohliche Katatonien und akute Psychosen nach erfolgloser Behandlung mit Neuroleptika
- Manien nach erfolgloser Behandlung mit Neuroleptika, Lithium oder Carbamazepin
Die Wirksamkeit der EKT nimmt mit der Dauer der Erkrankung ab.
Wie läuft eine Elektrokrampftherapie ab?
Zur Indikationsstellung und Durchführung der Elektrokampftherapie bedarf es eines qualifizierten Behandlungsteams im Spital, das sich in erster Linie aus einem Psychiater, einem Anästhesisten und jeweils einem Pflegemitarbeiter beider Fachbereiche zusammensetzt.
Bei dem Betroffenen werden zunächst Klebeelektroden zur Krampfauslösung an beiden Schläfen sowie auch Elektroden zur Aufzeichnung der Hirnströme im Stirnbereich angebracht.
Mittels Elektroenzephalographie (EEG) kann die elektrische Aktivität des Gehirns gemessen und grafisch dargestellt werden. Die elektrische Aktivität im Gehirn entsteht durch Reiz- und Informationsübertragung von Nervenzellen der Hirnrinde.
Danach wird der Patient nach den Vorbereitungen zur Narkose in einen kurzen Tiefschlaf versetzt.
Mittels verschiedener Stromwellen werden leichte Stromimpulse in das Gehirn geleitet, die zur Entwicklung generalisierter Anfälle im Gehirn führen.
Kurze elektrische Impulse führen dazu, dass generalisierte Krämpfe im Gehirn ausgelöst werden, deren Intensität durch Hirnstrommessung aufgezeichnet wird.
Während der gesamten Behandlungsdauer ist sich der Behandelte nicht bei Bewusstsein und verspürt keine Schmerzen.
Mittels EKG werden die Herzströme sowie die Herzfrequenz fortlaufend überprüft, ebenso werden auch der Blutdruck und die Sauerstoffsättigung während der Elektrokrampftherapie kontinuierlich überwacht.
Nach erfolgter Behandlung wird er an einer intensivmedizinischen Aufwachstation über einen Zeitraum von zirka 2 Stunden beobachtet.
Wie oft wird die EKT durchgeführt?
Die Behandlung wird normalerweise 2 bis 3 Mal in der Woche durchgeführt. Dazwischen sollte immer ein behandlungsfreier Tag eingehalten werden. Insgesamt werden 6 bis 12 Anwendungen durchgeführt.
Wenn eine zufriedenstellende Besserung erreicht wurde, sollte die Therapie beendet werden.
Begleitende Therapieformen
Sie sollten sich genau an die von Ihrem behandelnden Arzt vorgeschriebenen begleitenden Therapieformen halten, wie z.B. die Einnahme der Psychotherapeutika, anderer Medikamente, Psychotherapie. Gerade die Elektrokrampftherapie und die Psychotherapie ergänzen einander erfahrungsgemäß sehr gut.
Seien Sie offen und sprechen Sie Ihren Psychiater auf alle Ihre Ängste in Zusammenhang mit der Behandlung an. Die nach dem heutigen, durch die Weltgesundheitsorganisation festgelegten, Standard durchgeführte Elektrokrampftherapie ist sehr risikoarm.
Kontraindikationen
Die Elektrokrampftherapie darf bei folgenden Krankheitsbildern nur nach strenger Indikationsstellung angewendet werden:
- erhöhter Hirndruck (z.B. Hirntumor)
- bei einem Gehirnaneurysma (Aussackung an den Gefäßen des Gehirns)
- bei einem kürzlich überstandenen Herzinfarkt (es sollte ungefähr 3 Monate gewartet werden)
- bei einem kürzlich stattgehabten Schlaganfall oder einer Hirnblutung
- bei bestehender Blutverdünnung
Mögliche Nebenwirkungen
Zu den Nebenwirkungen zählen das Auftreten von vorübergehenden Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen, sowie auch Muskelschmerzen. All diese Nebenwirkungen sind medikamentös gut behandelbar. Ebenso können vorübergehend Kurzzeitgedächtnisstörungen auftreten.
Therapieresistente Depression (TRD)
Spricht ein depressiver Patient nicht auf die verordnete Therapie an, so kann es sich um eine therapieresistente Depression handeln (TRD) - mitunter liegt aber auch eine Pseudoresistenz vor.
Für das Management einer echten therapieresistenten Depression steht, im Einklang mit Empfehlungen der aktuellen international anerkannten Richtlinien, eine Reihe an Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.
Nachdem bis zu 60 Prozent aller depressiven Patienten nicht ausreichend auf die initiale antidepressive Psychopharmakotherapie ansprechen, stellt „Behandlungsresistenz“ eine der wichtigsten klinischen Herausforderungen im Management der depressiven Störung dar.
Um eine Remission bzw. ein zufriedenstellendes Therapieansprechen zu erreichen, ist in der klinischen Routine der Einsatz effektiver psychopharmakotherapeutischer als auch nicht pharmakologischer und sozialer Interventionen entsprechend der individuellen Bedürfnisse der Betroffenen unentbehrlich.
Um eine therapieresistente Depression (TRD) diagnostizieren und adäquat behandeln zu können, müssen mehrere Faktoren Berücksichtigung finden.
Laut internationaler Evidenz konnten früher Krankheitsbeginn, Schwere der Erkrankung, wiederkehrende Episoden, Anzahl der notwendigen Hospitalisierungen, Suizidalität, komorbide Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen sowie Nichtansprechen auf die initiale antidepressive Psychopharmakotherapie mit einer TRD assoziiert werden.
Außerdem sind die maßgebliche Beteiligung genetischer Faktoren am Erkrankungsverlauf, Therapieansprechen sowie Auftreten von Nebenwirkungen bzw.
Hierbei wurden genetische Merkmale wiederholt als prädiktive Biomarker zur Erleichterung der Diagnostik und Verlaufsprognose der depressiven Störung vorgeschlagen.
Die meisten bisherigen Studien erfolgten dabei hypothesenbasiert und untersuchten die Rolle vorab definierter „Kandidatengene“.
Erst in den letzten Jahrzehnten wurden mittels sogenannter „Microarrays“ genomweite, hypothesenunabhängige Untersuchungen möglich.
Im Gegensatz zu Kandidatengenuntersuchungen werden hier tausende bis zu mehrere Millionen genetischer Polymorphismen im gesamten Genom des Menschen gleichzeitig untersucht.
Gleichzeitig erlauben sogenannte Pathway-Analysen über kandidatenbasierte Assoziationen hinausgehende Untersuchungen der vor- und nachgeschalteten Rezeptorkaskaden und ermöglichen so tiefergehende Rückschlüsse über die Beteiligung komplexer Systemabläufe an der TRD.
Dabei wird die Rolle der von den untersuchten Genen codierten Proteine deutlicher und damit mögliche Abweichungen von Genexpression und deren potentielle molekularbiologische Auswirkungen in Krankheitsbildern erkennbar.
Pseudoresistenz
Bei unzureichendem Ansprechen auf die antidepressive Behandlung kann nicht immer von einer TRD ausgegangen werden. Als allererster Schritt sollte immer die sogenannte „Pseudoresistenz“ ausgeschlossen werden.
Pseudoresistenz stellt einen mangelnden Behandlungserfolg dar, welcher meistens durch ungenügende Dosierung oder Behandlungsdauer der laufenden antidepressiven Therapie, Non-Adhärenz, unzureichende Medikamentenspiegel im Blut, Auftreten von unerwünschten Nebenwirkungen, aktuelle psychosoziale Belastungen sowie relevante und ev. nicht entsprechend behandelte psychiatrische und/oder somatische Komorbiditäten verursacht wird.
Durch Medikamentenspiegelbestimmungen im Blut (Therapy Drug Monitoring = TDM) können mögliche Abweichungen in der Metabolisierung aufgrund von Enzymvarianten v.a. des Cytochrom-P450-Systems in der Leber identifiziert werden.
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