Im Laufe ihres Lebens erleben die meisten Menschen irgendwann Gefühle der Einsamkeit. Diese gehen in der Regel auch wieder vorüber. An sich ist Einsamkeit eine gesunde Stressreaktion, denn sie verweist darauf, dass es dem Menschen an sozialen Kontakt fehlt.
Dauert das Gefühl der Einsamkeit jedoch über einen längeren Zeitraum an, hat dies zur Folge, dass die Stressreaktion chronisch wird. Der Körper beginnt das Stresshormon Cortisol auszuschütten, das langfristig die körpereigenen Abwehrkräfte schwächt und somit die Anfälligkeit für Infektionen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen steigert.
Verfestigt sich das Gefühl der Einsamkeit, entsteht ein Leidensdruck und Stress, der psychisch wie physisch regelrecht krank macht.
Einsamkeit wird als ein subjektives, schmerzhaftes Empfinden des Fehlens wichtiger sozialer Kontakte und Zugehörigkeit definiert. Auch wenn man von vielen Leuten umgeben ist und man gar nicht allein ist, kann dieses Gefühl auftreten, wenn man sich mit den Menschen nicht verbunden fühlt.
Der Begriff des Alleinseins ist daher von Einsamkeit abzugrenzen. Alleinsein kann auch als positiv wahrgenommen werden, z.B. um sich Zeit für sich und seine eigenen Interessen zu nehmen. Einsamkeit wählt man hingegen nicht freiwillig.
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Einsamkeit kann in allen Lebensphasen auftreten und entsteht, wenn die eigenen sozialen Beziehungen als unzureichend wahrgenommen werden - sowohl im Hinblick auf Quantität als auch Qualität. Oft werden Gefühle der Einsamkeit auch durch Veränderungen, Umbrüche oder einschneidende Lebensereignisse hervorgerufen.
Eine Studie ergab, dass sich rund 600.000 Menschen in Österreich mehr als die Hälfte der Zeit einsam fühlen. Einsamkeit trifft viele - unabhängig von Alter, sozialem Hintergrund und Einkommen.
Menschen mit psychischer Erkrankung, wie Depression, Schizophrenie oder Sucht, haben es häufig schwer soziale Kontakte zu knüpfen. Eine weitere Gruppe, die oft von Einsamkeit betroffen ist, sind ältere Menschen. Gründe dafür sind, dass sie nicht mehr so mobil oder ihre sozialen Kontakte durch verschiedene Erkrankungen eingeschränkt sind. Festgestellt wurde zudem, dass auch Kinder und Jugendliche häufig mit Einsamkeit zu kämpfen haben. Gründe sind dafür oft Lebensereignisse, die Übergänge markieren - wenn sich das soziale Netz, das sie bisher aufgefangen hat, verändert.
Zwei Faktoren, die für das Zunehmen von Einsamkeit verantwortlich sind, sind Urbanisierung und Digitalisierung. So bringt das Leben in der Großstadt oft Anonymität und Vereinzelung mit sich. Der vermehrte Gebrauch der digitalen Medien führt bei den Jugendlichen häufig zu Unzufriedenheit und Einsamkeit, denn in den sozialen Medien sehen die Jugendlichen die idealisierte Darstellung der Anderen. Sie beginnen, sich mit ihnen zu vergleichen. Dies kann dazu führen, dass sie sich nicht attraktiv oder beliebt genug fühlen und somit aus ihrem sozialen Umfeld zurückzuziehen.
Der Glaube daran, in der Zukunft sozial isoliert zu sein, führt dazu, dass Menschen beginnen, ihre sozialen Kontakte anders wahrzunehmen. Dies hat zur Folge, dass sie ihr Verhalten gegenüber ihren Freunden und Bekannten verändern und sich immer mehr zurückziehen.
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Einsame Menschen befinden sich häufig in einer schlechteren gesundheitlichen Verfassung als Personen, die nicht von Einsamkeit betroffen sind. Verfestigt sich das Gefühl der Einsamkeit, entsteht ein Leidensdruck und Stress, der psychisch wie physisch regelrecht krank macht.
Die Menge des Stresshormons Cortisol, das unter Anspannung ausgeschüttet wird, steigt im Körper an, was viele Funktionen des Organismus beeinträchtigt. So kann sich der Körper schlechter gegen Entzündungen wehren und der Stoffwechsel gerät aus dem Takt. Dies kann körperliche Symptome, wie z.B. Schlafstörungen verursachen.
Oft führen Betroffene auch einen ungesunden Lebensstil, der von vermehrtem Nikotin-, Alkohol- oder Drogenkonsum, ungesundem und übermäßigem Essen und zu wenig körperlicher Aktivität geprägt ist. Es handelt sich dabei um Bewältigungsstrategien einsamer und depressiver Menschen. Es ist eine Form der Kompensation, um mit der Einsamkeit umzugehen.
Doch leider ist Einsamkeit ein schmerzvolles und eher schambehaftetes Thema. Betroffenen fällt es häufig schwer, über ihre Einsamkeit zu sprechen, weil es ihnen unangenehm ist.
Was kann man gegen Einsamkeit tun?
Es können verschiedene Wege aus der Einsamkeit herausführen, vor allem in Kombination. Lesen Sie hier, was Sie als Betroffener oder Betroffene selbst tun können, wie Sie anderen Betroffenen aus der Einsamkeit helfen können und wie Sie vorbeugen, damit das Gefühl der Einsamkeit gar nicht erst entsteht!
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Selbstfürsorge: Lebensfreude wiederentdecken
Der Weg aus der Einsamkeit beginnt beim Betroffenen selbst. Wer denkt „Ich fühle mich einsam“, sollte zunächst versuchen, die eigene Situation objektiv zu betrachten. Allein zu sein heißt nicht zwangsläufig, einsam zu sein. Das Alleinsein kann auch helfen, sich zu entspannen, Ruhe zu finden und Stress abzubauen. Man sollte in dem Fall wieder anfangen, sich für sich selbst zu interessieren.
Folgende Gedankenanstöße können hilfreich sein: welche Bücher wollten Sie schon lange lesen, welche Filme möchten Sie sehen, welche Musik macht Sie glücklich, welches Essen schmeckt Ihnen, welchen Sport treiben Sie gern, welche Landschaften oder Städte mögen Sie.
Machen Sie sich selbst eine Freude, erfüllen Sie sich einen Wunsch. Finden Sie ein Hobby, das Ihnen Spaß macht, oder lassen Sie ein vernachlässigtes Hobby wiederaufleben. Achten Sie auf sich selbst und hören Sie auf Ihre Bedürfnisse. Vernachlässigen Sie Ihre Körperpflege nicht, essen Sie gesund und bewegen Sie sich regelmäßig an der frischen Luft. Begegnen Sie sich selbst mit Freundlichkeit und Mitgefühl. Fangen Sie an, sich selbst zu mögen.
Die Pflege eines Tieres kann sehr erfüllend sein. Schaffen Sie sich ein Haustier an, sofern Sie bereit sind, sich langfristig darum zu kümmern.
Mit diesen Maßnahmen können Sie sich ein Stück Lebensfreude im Alltag verschaffen, ohne auf einen intensiven Kontakt von außen angewiesen zu sein.
Struktur schaffen
Ziehen sich die Tage gefühlt endlos in die Länge, ist die Gefahr groß, in Melancholie zu verfallen. Viele Betroffene ziehen sich zurück, beginnen zu grübeln und sich einsam zu fühlen. Jetzt sollten Sie sich aufraffen und Ihren Tag strukturieren. Erstellen Sie sich einen detaillierten Tages- und Wochenplan und versuchen Sie, sich daran zu halten.
In kleinen Schritten in Kontakt mit anderen Menschen treten
In kleinen Schritten kann man versuchen, wieder in Kontakt mit Menschen zu kommen. Besonders zu Zeiten der Coronakrise haben technische Kommunikationsmöglichkeiten (wie Videoanrufe) an Beliebtheit gewonnen. Sie sind auch jetzt noch eine sinnvolle und nützliche Art, Kontakt aufzubauen:
Schauen Sie in Ihr Telefonbuch oder Handy - mit wem haben Sie schon länger nicht gesprochen? Rufen Sie Ihre Bekannten, (ehemaligen) Freunde und (wenn vorhanden) Familienmitglieder an und erkundigen sich, wie es ihnen geht. Warten Sie nicht darauf, dass sich jemand bei Ihnen meldet! Wenn Sie Bedenken oder Angst davor haben, reicht für den Anfang auch eine Kurznachricht.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit, virtuell Menschen zu begegnen. In sozialen Netzwerken oder Chatgruppen können Sie sich mit Menschen austauschen, die Ihre Interessen und Hobbies teilen.
Es sollte Ihnen bewusst sein, dass der virtuelle Austausch kein Ersatz für reale zwischenmenschliche Interaktionen und Beziehungen sein kann. Wenn Sie überwiegend Kontakte im Internet pflegen, erhöht sich sogar das Risiko, langfristig zu vereinsamen.
Auch die Distanz zu Fremden im Alltag lässt sich oftmals verringern: Manchmal hilft schon ein einfaches Lächeln, wenn einem jemand im Treppenhaus oder beim Spaziergehen begegnet. Erwidert das Gegenüber das Lächeln, schöpfen Sie (beide) vielleicht Mut und kommen miteinander ins Gespräch. Ein paar Worte reichen für den Anfang oft schon.
Was hilft noch gegen Einsamkeit?
Ob Sie nun einsam sind, weil Sie kaum mit anderen Menschen Kontakt haben oder weil Sie sich in Ihrem Umfeld nicht verstanden und isoliert fühlen - gehen Sie auf Menschen zu, die dieselben Interessen und Leidenschaften haben:
Gleichgesinnte Menschen treffen Sie z.B. in Kursen an der Volkshochschule, in Vereinen oder Sportgruppen, lernen Sie eine neue Sprache oder bilden Sie sich auf Ihrem Interessengebiet weiter.
Ein Ehrenamt zu übernehmen ist zweifach sinnvoll: Sie erleben das befriedigende Gefühl, gebraucht zu werden und anderen zu helfen, und können gleichzeitig neue Kontakte zu Menschen knüpfen, denen die gleichen Themen wie Ihnen am Herzen liegen.
Ehrenamtliche Tätigkeiten sind nach wie vor gefragt und nötig, zum Beispiel in der Nachbarschaftshilfe.
Sich Hilfe holen
Wenn Sie sich einem Menschen anvertrauen wollen und nicht wissen, an wen Sie sich wenden sollen, können Sie beispielsweise bei der Telefonseelsorge anrufen. Dort finden Sie Menschen, die Ihnen aufmerksam und aktiv zuhören und Ihnen wertvollen Rat geben können. Auch Selbsthilfegruppen sind eine gute Anlaufstelle.
Einsamkeit im Alter überwinden
Gerade ältere Menschen sind am stärksten von Vereinsamung betroffen. Wichtige Bezugspersonen, Freunde, Verwandte und Bekannte im selben Alter sterben, das soziale Netz wird immer kleiner. Dazu kommen oft noch Krankheiten und eine eingeschränkte Mobilität.
In höherem Alter ist es zudem schwieriger, neue Kontakte zu knüpfen, und neue Freundschaften ergeben sich schwerer. Aber auch in diesem Alter gibt es Möglichkeiten, mit anderen in Kontakt zu treten:
- Nutzen Sie, falls es geht, virtuelle Möglichkeiten wie Chatgruppen oder soziale Netzwerke.
- Bleiben Sie in Kontakt bzw. nehmen Sie Kontakt auf mit jüngeren Verwandten über Kurznachrichtendienste oder Videoanrufe.
- Wenn möglich, leben Sie Ihre Hobbies aus oder finden Sie neue.
- Wenn Sie fit genug dafür sind, kann Ihnen ein Haustier Gesellschaft leisten.
- Bilden Sie sich weiter, z.B. mit einem Studium im Alter oder mit einem Sprachkurs - mittlerweile gibt es auch Online-Angebote.
- Bereits kleine Aktivitäten helfen: Schlagen Sie z.B. einer Nachbarin vor, gemeinsam einen Spaziergang zu machen.
- Nutzen Sie Seniorentreffs in Ihrer Gemeinde.
- Wenn es Ihre körperliche Verfassung zulässt, treten Sie einer Wandergruppe oder einem Verein bei.
- Finden Sie ein Ehrenamt, das Sie begeistert, etwa bei der Telefonseelsorge, als Besucher von Patienten im Krankenhaus, als Vorleser in einer Bibliothek oder als Leihoma oder Leihopa.
Was jeder einzelne für Einsame tun kann
Wichtig ist, dass Menschen generell aufeinander achten. Nicht jeder alleinlebende Mensch, ob jung oder alt, ist einsam. Zusätzlich ist nicht jedem die Einsamkeit anzusehen.
Wenn allerdings jemand über Einsamkeit klagt, muss man das ernst nehmen. Das könnte ein Warnsignal für eine beginnende Depression sein. Dann sollte man für diese Person da sein und sich Zeit für sie nehmen.
Es gibt mehrere Wege, einem einsamen Menschen zu signalisieren, dass der Betreffende nicht allein ist: Zum Beispiel hilft es, ältere oder alleinstehende Verwandte, Bekannte oder Nachbarn regelmäßig anzurufen, eine Postkarte zu schicken, über den Gartenzaun hinweg mit ihnen zu sprechen, auf ein Kartenspiel vorbeizuschauen oder andere Arten von Kontakt zu suchen.
Besuchs- und Begleitdienste sind eine große Hilfe, um älteren, immobilen Mitmenschen menschliche Kontakte zu ermöglichen und sie vor Verwahrlosung zu schützen. Geschulte Betreuer besuchen dabei zu vereinbarten Zeiten Menschen, denen es etwa aufgrund ihrer körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen schwerfällt, ihre Wohnung alleine zu verlassen.
Sie begleiten beispielsweise zu Arztterminen, zum Frisör, zur Apotheke oder zur Bank und unterstützen bei Einkäufen. Darüber hinaus bieten viele Besuchsdienste gemeinsame Unternehmungen wie Spaziergänge und Ausflüge an (z.B. Begleitung zu Veranstaltungen, ins Museum oder Café). Viele Vereine besuchen ältere, kranke und einsame Menschen auch im Krankenhaus oder Pflegeheim.
Besuchsdienste bieten alle großen Wohlfahrtsverbände an. Zudem gibt es speziell ausgerichtete gemeinnützige Vereine und vielerorts städtische Hilfsnetzwerke.
Einsamkeit vorbeugen
Damit Sie gar nicht erst in Einsamkeit geraten, lohnt es sich, sich zeitlebens um das eigene soziale Netz zu kümmern - auch über die Familie hinaus. Denn Ehen halten nicht unbedingt für immer, vor allem ältere Lebenspartner können vor einem selbst sterben. Und die eigenen Kinder finden häufig in anderen Städten ihren Lebensmittelpunkt.
Stabile und vertrauensvolle soziale Beziehungen sind der beste Schutz für die psychische und körperliche Gesundheit.
Depression: Eine ernsthafte psychische Erkrankung
Die Depression ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die weit über gelegentliche Niedergeschlagenheit hinausgeht. Sie kann das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen, Beziehungen belasten und zu schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen führen.
Eine Depression ist eine Erkrankung des Gehirns, die durch ein Ungleichgewicht von Botenstoffen wie Serotonin und Dopamin entsteht. Sie beeinflusst nicht nur die Stimmung, sondern auch den Antrieb, das Denken und die körperliche Verfassung. Depressionen können jeden treffen, unabhängig von Alter oder Lebenssituation.
Im Laufe des Lebens entwickelt rund ein Viertel der Menschen in Österreich irgendwann eine Depression. Die Dunkelziffer liegt hoch. Experten gehen aktuell rund 500.000 betroffenen Österreichern aus.
Depressive Menschen kämpfen oft mit einer Vielzahl von Beschwerden.
Ursachen von Depressionen
Depressionen entstehen meist durch eine Kombination mehrerer Faktoren:
- Biologische Ursachen: Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn (Serotoninmangel), familiäre Veranlagung (genetische Faktoren)
- Psychische Belastungen: Traumatische Erlebnisse
Symptome einer Depression
Eine Depression kann viele Gesichter haben. Um eine genaue Diagnose zu stellen, sind umfassende Untersuchungen erforderlich. Bei den typischen Merkmalen für eine Depression wird zwischen Haupt- und Nebensymptomen unterschieden. Wenn mehrere Haupt- und Nebensymptome zwei Wochen oder länger anhalten, wird eine Depression festgestellt.
Zu den Symptomen gehören:
- Gedrückte Stimmung
- Interessenverlust
- Verminderter Antrieb und rasche Ermüdbarkeit
- Vermindertes Denk- und Konzentrationsvermögen
- Schlafstörungen
- Appetitmangel oder Gewichtszunahme
- Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung
- Selbstvorwürfe und Schuldgefühle
- Innere Unruhe oder Hemmung
- Rückzug aus dem sozialen Leben
- Gedanken an den Tod oder Suizid
Es können auch körperliche Leiden als erste im Vordergrund stehen: Herzprobleme, Schlafstörung, Appetitlosigkeit, Kopfschmerzen, Darmprobleme, Rückenschmerzen.
Bei älteren Menschen stehen oft nicht ganz eindeutige Symptome im Vordergrund. Die Symptome und ersten Anzeichen werden aber auch oftmals von den Ärzten falsch gedeutet.
Formen von Depressionen
Meist verlaufen Depressionen episodenhaft ab. Das bedeutet: Es kommt zu zeitlich begrenzten Phasen der Erkrankung. Dabei können folgende Formen auftreten:
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