Raus aus der Depression: Erfahrungsberichte und Wege zur Besserung

Statistiken zeigen einen stetigen Anstieg psychiatrischer Erkrankungen. Viele Menschen sind betroffen, aber es gibt auch Wege, mit Depressionen umzugehen und Mut zu fassen. Dieser Artikel beleuchtet persönliche Erfahrungen und gibt Einblicke in die Bewältigung von Depressionen.

Persönliche Erfahrungen mit Depressionen

Dr. Thomas Reinbacher gewährt tiefe Einblicke in seine persönliche Geschichte. Sein Leben schien perfekt: "Happy-Ding-Dong" mit toller Frau, Kind, Doktortitel und steiler Karriere bei McKinsey, Amazon und Google. Dann verlor er den Boden unter den Füßen und erlebte zwei schwerste depressive Episoden innerhalb von 1,5 Jahren. In den dunkelsten Zeiten wollte er nicht mehr leben und wies sich schließlich selbst in die geschlossene Psychiatrie ein.Die Depression kam nicht über Nacht. Es war wie eine Krankheit, deren Seil über viele Jahre gespannt wurde. Thomas Reinbacher weiß aus eigener Erfahrung, wie wichtig enge, liebe Angehörige sind und wie viel Unterstützung das Umfeld benötigt, um Erkrankungen und Krisen gemeinsam zu meistern.Was er sich selbst versprach, nachdem er zwei schwerste depressive Episoden überwunden hatte, ist, dass dies sein Leben nachhaltig verändern wird. Er möchte mit seinen persönlichen Erfahrungen anderen Betroffenen und Angehörigen helfen und Mut machen. Bereits entstanden ist ein Buch samt einem dazugehörigen Bilderbuch ("Nach Grau kommt Himmelblau") mit sehr persönlichen Einblicken und wertvollen Tipps.Was Thomas Reinbacher die letzten zwei Jahre unter anderem gelehrt haben, ist, dass das Leben nicht immer in vorhersehbaren und kalkulierbaren Bahnen verläuft. Er bietet das Seminarformat "Erste Hilfe für die Seele" an, das für die Allgemeinbevölkerung und speziell für das persönliche Umfeld sehr wertvolle Inhalte vermittelt. Neben allgemeinem Grundwissen zu psychischen Erkrankungen erhalten die Seminarteilnehmenden "konkretes Handwerkszeug" für das adäquate Reagieren bei psychischen Auffälligkeiten und Krisen.

Weitere Erfahrungsberichte

Linda Barth erlebte ab dem Alter von 14 Jahren einen Albtraum. Zuvor eine unbeschwerte Kindheit erlebt, empfindet sie plötzlich ein Gefühl der Leere, der Trostlosigkeit und Angst. Sie verletzt sich selbst und schlittert in eine Essstörung. Mit 16 versucht sie, sich das Leben zu nehmen, und wird in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie eingewiesen. "Das war meine Rettung", sagt die heute 33-Jährige. Die Diagnose: eine rezidivierende, also immer wiederkehrende Depression und ein Verdacht auf das Borderline-Syndrom.Manfred Krippel traf es ebenso wie Linda Barth im Alter von 14 Jahren - allerdings zu einer anderen Zeit. "Mir haben sie damals gesagt, ich soll mich zusammenreißen", erinnert sich der Siezenheimer. Der Schüler kann sich plötzlich nicht mehr konzentrieren, die Noten werden schlechter. Auf kurze gute Phasen folgen immer wieder Monate der Schwere. Irgendwann hält es der Familienvater nicht mehr aus und versucht sich umzubringen. Krippel bekommt ärztliche Hilfe und geht in Psychotherapie. Er nimmt Medikamente, "die schweren Phasen hätte ich ohne nicht geschafft", und nach und nach hellt sich seine Welt wieder auf.Michael Huber erlitt die Depression erst im Alter von etwa 50 Jahren. "Ich habe mich immer antriebsloser gefühlt, nachdem es bei uns große Änderungen in der Arbeit gab und das Betriebsklima sich verschlechtert hat", erzählt Michael Huber. Irgendwann hat der Salzburger morgens kaum mehr die Energie, aus dem Bett zu steigen. Der Hausarzt überweist ihn zum Psychiater, der eine mittelgradige Depression sowie ein Burn-out-Syndrom feststellt.

Symptome und Ursachen von Depressionen

Typische Symptome der Depression sind Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, der Verlust des Interesses an Dingen, die früher Spaß gemacht haben, und an sozialen Kontakten sowie Probleme dabei, sich zu konzentrieren. "Betroffene spüren häufig ein Gefühl der inneren Leere und neigen zu einer Antriebsminderung. Sie sind müde und erschöpft, leiden jedoch häufig gleichzeitig unter Schlafstörungen", erklärt Frey. Morgens sei der Leidensdruck bei vielen besonders hoch. Aggressionen gegen sich selbst und gegen andere, das Gefühl, nicht auszureichen, sowie Schamgefühle und ein starker Leistungsabfall seien mögliche Symptome einer Depression. "Die Depressionen können sich bis zu einem Schuldwahn auswachsen. Die Menschen sind sich ganz sicher, schuldig zu sein, und niemand kann sie vom Gegenteil überzeugen."Die Ursache für eine Depression zu erklären sei komplex, sagt Frey. "Es handelt sich um eine Wechselwirkung aus körperlich-organischen und psychologischen Faktoren. Die Kognition, Emotionen, das Verhalten, soziale Kontakte und die weiteren Lebensbedingungen beeinflussen die Psyche eines Menschen und können zu einer Depression führen."

Behandlungsmethoden

In der Therapie von mittelgradigen und schweren Depressionen setzt man auf eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Auch Linda Barth hat so zu Stabilität in ihrem Leben gefunden. "Medikamente helfen gegen die düsteren Gefühle. Aber sie bringen dir nicht bei, wie du mit Situationen umgehen kannst, dafür braucht es die Therapie."Verhaltenstherapie kann helfen, eigene Muster zu erkennen und richtig zu reagieren. Linda Barth berichtet: "In insgesamt acht Jahren Therapie habe ich gelernt, mit meinen Gedanken umzugehen." Sie habe sich die Frage abgewöhnt, warum es ausgerechnet sie treffe. "Ich gehe rational an die Sache ran: Da ist ein chemisches Ungleichgewicht in meinem Gehirn und es ist halt ein dummer Zufall, dass es gerade mich trifft. Ich bin dickköpfig: Ich will auch ein schönes Leben haben, und wenn ich dafür ärztliche Hilfe brauche, dann ist es eben so."In vielen Fällen sei die Einnahme von Antidepressiva nahezu unausweichlich, um die Depression in den Griff bekommen und Betroffenen wieder Lebensqualität bieten zu können, sagt Frey. Besonders häufig im Einsatz seien die selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), die Einfluss auf das Nervensystem nehmen. "Diese Präparate wirken bei 50 bis 60 Prozent der depressiven Patientinnen und Patienten innerhalb eines Monats. Ihre Stimmung hellt sich nach und nach auf."Ein Wiener Forscherteam hat herausgefunden, dass SSRIs die Neuroplastizität erhöhen. Die Ergebnisse einer Doppelblind-Studie zeigen: SSRIs erhöhen die Neuroplastizität und erleichtern so bestimmte Lernprozesse im Gehirn. „Die Erhöhung der Neuroplastizität ist ein wesentlicher Wirkungsmechanismus von SSRIs“, betont Rupert Lanzenberger. Sie drehen das Gehirn sozusagen wieder auf Empfang für neue Verknüpfungen und erleichtern das Lösen von alten.

Selbsthilfe und soziale Unterstützung

Soziale Nähe zu anderen Menschen ist gerade in depressiven Phasen immens wichtig. Atemtechniken helfen sehr, sind sich einig, "da findet man auch gute Anleitungen im Internet", ergänzt Huber. "Ich gehe mit meinem Hund raus und wandern. Oder ich rufe jemanden an und mache mir etwas aus - irgendwer hat immer Zeit", erzählt Linda Barth. "Es ist wichtig, herauszufinden, bei welcher Aktivität man sich gut entspannen kann, was einen aus den negativen Gedanken herausbringt", ergänzt Michael Huber, "bei mir ist es zum Beispiel spazieren gehen, Motorrad fahren und mit Freunden reden, die sich wirklich für mich interessieren."Bewegung an der frischen Luft und das Pflegen von engen sozialen Kontakten sind Faktoren, die auch Frey seinen Patientinnen und Patienten ans Herz legt. "Damit kann man keine mittelgradige oder schwere Depression behandeln, da braucht es einen Arzt", stellt er klar, "aber es wirkt präventiv und unterstützend zur ärztlichen und psychotherapeutischen Behandlung."Hilfe in Anspruch nehmen und sich miteinander austauschen, das legen Linda Barth, Manfred Krippel und Michael Huber Betroffenen nahe. Alle drei nehmen regelmäßig an den monatlichen Treffen der Selbsthilfegruppe teil: "Es tut gut und hilft, sich auszutauschen, sich gegenseitig zu unterstützen und zu merken: Ich bin mit meinen Problemen nicht allein."

Depression im Alter

Ursache für eine mögliche „Pseudodemenz“ kann eine Depression sein. Tatsächlich leidet jeder vierte über 65 Jahren, der aufgrund von Gedächtnisproblemen untersucht wird, an einer Depression. Bei einer Pseudodemenz scheint in erster Linie zwar das Gedächtnis gestört zu sein, aber bei näherer Betrachtung erweist sich dies als mangelnde Konzentrationsfähigkeit oder Desinteresse. Hinzu kommt, dass die betroffene Person sich ihrer Gedächtnisprobleme bewusst ist.

Zusammenfassung

Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte in tabellarischer Form:
Aspekt Beschreibung
Symptome Niedergeschlagenheit, Freudlosigkeit, Interessenverlust, Konzentrationsprobleme, Müdigkeit, Schlafstörungen
Ursachen Wechselwirkung aus körperlich-organischen und psychologischen Faktoren
Behandlung Kombination aus Medikamenten (z.B. SSRI) und Psychotherapie (z.B. Verhaltenstherapie)
Neuroplastizität SSRI können die Neuroplastizität erhöhen und Lernprozesse erleichtern
Selbsthilfe Atemtechniken, soziale Kontakte, Bewegung an der frischen Luft, Hobbys
Soziale Unterstützung Selbsthilfegruppen, Gespräche mit Freunden und Familie

Lesen Sie auch: Kupferspirale: Einflüsse auf das Wohlbefinden

Lesen Sie auch: Kognitive Beeinträchtigungen bei Depressionen

Lesen Sie auch: Ursachen und Lösungen bei Depressionen in den Wechseljahren

tags: #raus #aus #der #depression #erfahrungsberichte