Psychische Erkrankungen sind immer sehr individuell - insbesondere Depressionen. Auch zwischen den Geschlechtern lassen sich Unterschiede erkennen: Bei Männern äußern sich die depressiven Symptome häufig mehr im Verhalten nach außen, etwa durch Aggressivität, Wut oder risikoreiche Handlungen. Man spricht von sogenannten externalisierenden Symptomen.
Frauen weisen hingegen eher die „typischen“ Anzeichen auf, ziehen sich zurück, sind niedergeschlagen und antriebslos. Weil diese Symptome bei Männern fehlen können, bleiben Depressionen bei ihnen häufig lange unentdeckt und unbehandelt.
Wer anders von Depressionen betroffen ist, muss auch anders informiert werden, so die Annahme von Wissenschaftlern der Universität Zürich. Das haben die Forschenden nun in einer Studie untersucht und herausgefunden, dass eine geschlechtsspezifische Aufklärung den Betroffenen helfen kann, ihre Erkrankung besser zu verstehen und sich rechtzeitig in Behandlung zu begeben.
Studie zur geschlechtsspezifischen Aufklärung
An der Studie nahmen 152 Männer teil. Jeder von ihnen hatte bereits eine diagnostizierte Depression. Im ersten Schritt gaben rund 40 Prozent an, schwere Symptome zu haben, weitere 40 Prozent sprachen von einem milden Krankheitsbild, der Rest war nur leicht depressiv.
Sie wurden unabhängig von der Schwere ihrer Depression in zwei Gruppen eingeteilt:
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- Eine Gruppe erhielt Material mit allgemeinen Informationen zum Thema Depressionen, welche sich auf die klassische Verhaltenstherapie bezogen.
- Die andere Gruppe bekam geschlechtsspezifische Informationen zum Krankheitsbild.
Die „maskulin“ formulierten Informationen betonten die externalisierenden Symptome sowie gesellschaftliche Normen und traditionelle Vorstellungen davon, wie Männern „zu sein“ hätten. Im Mittelpunkt stand die Wichtigkeit von professioneller Unterstützung. Dabei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es durchaus stark und männlich ist, sich helfen zu lassen.
Ergebnisse der Studie
Unmittelbar nachdem die Probanden die Infomaterialien durchgelesen hatten, sollten sie weitere Fragen beantworten. Das Ergebnis: In der Gruppe mit den Männer-spezifischen Informationen zeigte sich ein stärkerer Rückgang des Schamgefühls über die Krankheit als bei den anderen Teilnehmern. Auch die damit verbundenen negativen Emotionen gingen leicht zurück.
Zudem konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellen, dass sich das ideologische Bild, wie Männlichkeit wahrgenommen wird, bei den Teilnehmern veränderte. Diese Art von Vorurteilen führen häufig dazu, dass Männer sich nicht in Therapie begeben. Somit könnte Aufklärungsarbeit, die explizit auf Männer zugeschnitten ist, nicht nur helfen, die krankheitsbedingten Symptome lindern, sondern auch die Therapiequoten erhöhen.
Laut den Forschenden kann die Erkenntnis, dass externalisierende Symptome zum Krankheitsbild einer Depression gehören, zunächst jedoch zu einer Verschlechterung führen. Der Grund: Die Männer realisieren häufig erst dann das tatsächliche Ausmaß ihrer psychischen Erkrankung.
Depressionen bei Männern in Österreich
Rund 730.000 Menschen leben in Österreich derzeit mit einer Depression, etwa ein Drittel davon Männer. Bei Frauen ist die Diagnose also viel häufiger. Über zwölf Prozent der Frauen leiden in Österreich pro Jahr an einer Depression, bei Männern sind es mehr als sieben Prozent. Für den Unterschied gibt es eine Reihe von Ursachen. Etwa hormonelle, aber auch soziale - denn Männer suchen nicht so oft ärztliche Hilfe wie Frauen.
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Dass Männer seltener mit einer Depression diagnostiziert werden, kann aber noch andere Gründe haben. Sie haben zum Teil andere Symptome, wie die Medizinuni Wien betont. Gedrückte Stimmung, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen etwa können bei beiden Geschlechtern auf eine Depression hinweisen. Bei Männern finden sich aber zusätzlich häufig Reizbarkeit, Aggressivität sowie Risiko- und Suchtverhalten. Das Wissen über diese Gender-Unterschiede sei aber noch nicht Teil der offiziellen Diagnostik, kritisiert die Medizinuni.
Bekannt hingegen ist, dass Alkoholabhängigkeit bei Männern häufiger auftritt als bei Frauen. Ob es sich dabei um eine durch den Alkoholkonsum „verdeckte“ Depression handelt oder um ein eigenes Krankheitsbild, kann nach aktuellem Stand der Wissenschaft wiederum nicht eindeutig beantwortet werden.
Symptome und Anzeichen von Depressionen bei Männern
Jeder Mensch kennt das Gefühl, “deprimiert” zu sein. Wenn Sie sich aber über einen Zeitraum von mehreren Wochen hinweg traurig, niedergeschlagen oder gereizt fühlen, Schlaf- oder Konzentrationsschwierigkeiten haben, kann dies auf eine Depression hinweisen. Eine Depression ist nicht selten bei Männern. Jeder achte Mann leidet einmal in seinem Leben darunter. Sie sollten die Anzeichen erkennen lernen.
Im Allgemeinen tendieren Männer dazu, sich sehr spät Hilfe zu holen. Sie meinen, sie müssten stark und selbstständig sein, mit Schmerzen umgehen können und immer Herr der Lage sein. Eine Depression ist jedoch eine ernsthafte und verbreitete Krankheit, die von alleine nicht besser wird. Bei einem gebrochenen Arm oder einer tiefen Schnittwunde am Fuß ist auch nicht zu erwarten, dass die Verletzung ohne medizinische Hilfe heilt.
Im Gegensatz zu Frauen neigen Männer dazu, eher die körperlichen Symptome einer Depression (wie Müdigkeit oder Gewichtsverlust) zu erkennen und zu beschreiben. Männer gestehen sich eher ein, dass sie gereizt oder wütend sind, als dass sie niedergeschlagen sind.
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Depressionen äußern sich bei Männern häufig anders als bei Frauen. Die typischen Beschwerden, die mit einer Depression in Verbindung gebracht werden - Antriebslosigkeit und Niedergeschlagenheit - können zwar auch bei Männern auftreten, sie stehen aber im Gegensatz zu Frauen weniger im Vordergrund. Zudem zeigt sich die Antriebslosigkeit nicht als gleich bleibender stetiger Zustand, sondern sie verläuft in einem wellenförmigen Auf und Ab.
Tieftraurige und lustlose Phasen wechseln sich oft ab mit Zeiten voller überaktiver, handlungsbetonter Phasen. Übertriebenes, geschäftiges Handeln kaschiert zudem bisweilen die Niedergeschlagenheit, die hinter viel "Action" oft versteckt wird. Oft sind beide Elemente auch vermischt. Während man niedergeschlagen und lustlos ist, fühlt man sich gleichzeitig getrieben und zu geschäftigem Handeln gezwungen.
Depressionen äußern sich bei Männern häufig durch:
- Aggressives Verhalten, wie etwa in erhöhter Reizbarkeit, Verstimmung, Aufbrausen
- Aggression und Wutanfällen
- Neigung zu Vorwürfen und nachtragendem Verhalten
- Erhöhte Risikobereitschaft (z.B. im Sport und Straßenverkehr)
- Eskapismus (exzessiver Sport oder noch mehr Zeit in der Arbeit)
- Alkohol- und Substanzmissbrauch
Es gibt auch Symptome, die mit denen von depressiven Frauen übereinstimmen. So zeigen Betroffene häufige Rückzugstendenzen. Sie verlieren viele ihrer bisherigen Interessen, üben ihre Hobbys nicht mehr aus und ziehen sich aus ihrem sozialen Umfeld (Familie, Freunde) zurück. Die wenige verbleibende Energie wird, solange dies möglich ist, in die Notwendigkeiten des Lebens (Geld verdienen etc.) gesteckt.
Ein wichtiges Erkennungsmerkmal einer Depression ist die Schlafstörung. Männer reagieren auf verminderten Schlaf und die damit verbundene Energielosigkeit häufig mit einem erhöhten Konsum von Kaffee, Nikotin und Alkohol.
Wenig bekannt ist, dass sich eine Depression auch in körperlichen Symptomen wie unerklärlichen Schmerzen ausdrücken kann. Bei Männern treten als körperliche Symptome dabei besonders häufig auf:
- Atembeschwerden
- Beklemmungsgefühle
- Unspezifische, nicht eruierbare Schmerzen (etwa Rückenschmerzen)
Ursachen und Risikofaktoren
Es gibt unterschiedliche Arten von Depressionen, deren Ursachen nicht eindeutig bestimmt werden können, da sie von Mensch zu Mensch unterschiedlich sind. Bestimmte Risikofaktoren treffen aber vor allem auf Männer zu.
Die Ursachen von Depressionen und Angststörungen können nicht eindeutig bestimmt werden und sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Manchmal kann eine schwierige Zeit im Leben eine Depression oder Angststörung auslösen. Manchmal spielen mehrere Faktoren, die sich im Laufe der Zeit angestaut haben, eine Rolle.
Depressionen und Angststörungen können mit Stress bei der Arbeit zusammenhängen. Zukunftsängste und einige finanzielle Verluste lassen sich durch Einkommensbeihilfen ausgleichen. In anderen Fällen muss tatsächlich die Altersversorgung überdacht oder müssen die Haushaltsausgaben verringert werden.
Diese einschneidenden Ereignisse gehen mit deutlichen finanziellen Verlusten und Veränderungen einher. Daher ist verständlich, dass die Betroffenen zuerst mit Verzweiflung reagieren. Untersuchungen zeigen, dass der Verlust des Arbeitsplatzes und des Einkommens die Gesundheit gefährdet und das Risiko von Depressionen beziehungsweise Angststörungen erhöht.
Ein plötzliches oder unerwartetes gesundheitliches Ereignis - wie ein Herzinfarkt, Schlaganfall, eine Krebsdiagnose oder andere schwere Krankheiten und Verletzungen - kann Ihr Leben auf viele Weisen verändern.
Wenn Sie mit chronischen Erkrankungen, zum Beispiel Herzschwäche, Diabetes, Arthritis oder Asthma leben, sind Sie ebenso gefährdet, eine Depression oder Angststörung zu entwickeln. Es kann natürlich schwierig sein, zu unterscheiden, ob Sie sich wegen Ihrer Erkrankung niedergeschlagen fühlen oder ob Sie tatsächlich Symptome einer Depression oder Angststörung haben. In manchen Fällen kann es sogar beides sein.
Viele Menschen mit einer Depression oder Angststörung nehmen Drogen oder Alkohol zu sich, um mit ihrem Leben fertig zu werden. Besonders bei Männern kommt es häufig vor, dass sie die Symptome einer Depression oder Angststörung verbergen oder verdrängen wollen, indem sie Alkohol oder andere Drogen konsumieren.
Ein häufiges Merkmal depressiver Männer ist ihr ausgeprägtes Leistungsdenken. Sie stellen an sich selbst hohe Ansprüche und leben mit der (oft unbewussten) Angst, diese nicht erfüllen zu können. Ihr Bild von sich selbst, sich in Arbeit und auch im Privatleben beweisen zu müssen, treibt sie zu hohem Engagement. Anerkennung durch ihre soziale Umwelt ist ihnen wichtig.
Da ihr Selbstwert somit von Umständen abhängt, die sie nicht immer selbst beeinflussen können, entsteht bei (Gefahr von) Jobverlust oder bei Niederlagen aller Art rasch eine Abwärtsspirale. Um die Ziele zu erreichen, strengt man sich vermehrt an. Ist man bereits geschwächt (z.B. durch Schlafstörungen, Ängste oder zu viel Engagement), kann jedes weitere Problem die Spirale nach unten beschleunigen.
Trotz zunehmender Antriebslosigkeit versucht man, seine Ziele so gut es geht weiter zu erreichen, investiert die weniger werdende Energie in die Arbeit und ist gleichzeitig immer weniger in der Lage, diese erfolgreich zu bewältigen.
Die geschilderte Abwärtsspirale kann sich in vielen Fällen ungehindert weiterdrehen, weil sich viele Betroffene ihre Probleme nicht eingestehen und keine professionelle Hilfe suchen. Anstatt sich einem Arzt oder Therapeuten anzuvertrauen, betreibt man Raubbau an Körper und Psyche.
Eine klare Risikogruppe stellen vereinsamte Pensionisten dar, hier nehmen gesellschaftliche Zuschreibungen Einfluss. Ehemänner haben immer noch häufig die Rolle des "Brotverdieners" und sehen sich nach der Pensionierung mit einer neuen Situation konfrontiert. Das allein ist noch keine ausreichende Erklärung für einen Suizid, doch wenn weitere Faktoren wie Krisen oder psychische Erkrankungen hinzukommen und dafür keine Hilfe gesucht wird, steigt das Risiko.
Diagnose und Behandlung
Wenn Sie vermuten, an einer Depression zu leiden, ist es wichtig, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein ausführliches Arztgespräch - Hausarzt, dann Psychiater oder Psychotherapeut - ist immer der Grundpfeiler der Depressions-Diagnose.
Da Männer eine Depression oft fälschlich als Schwäche und nicht als Erkrankung ansehen, versuchen sie sich häufig (erfolglos) selbst zu behandeln, bevor sie zum Arzt gehen. Eine "Selbsttherapie" mit Hilfe von Alkohol, vermeintlich leistungssteigernden Mitteln (auch Viagra gehört hier dazu) und mitunter illegalen Substanzen, führt jedoch immer tiefer in eine Negativ-Spirale.
Eine professionelle Therapie ist empfehlenswert, da Depressionen in der Regel gut und erfolgreich behandelbar sind. Zwei Therapieformen stehen im Vordergrund:
- Medikamentöse Therapie
- Psychotherapie (bzw. klinisch-psychologische Behandlung)
Zur medikamentösen Behandlung stehen verschiedene Antidepressiva zur Verfügung. In vielen Fällen ist eine Kombination aus Psychotherapie und medikamentöser Behandlung zielführend. Bei leichten bis mittleren Formen kann Psychotherapie als alleinige Behandlungsmethode ausreichend sein.
Daneben gibt es eine Reihe weiterer zusätzlicher Behandlungsmöglichkeiten, wie:
- Ergo- und Physiotherapie (um innere Anspannungen zu lösen)
- Magnetische Tiefenstimulation
- Elektrokrampftherapie (falls keine andere Methode erfolgreich ist)
- Lichttherapie etc.
Es gibt unterschiedliche Methoden der Psychotherapie. Eine Psychotherapie kann einzeln, in der Gruppe oder auch als Paartherapie erfolgen.
Bei Depressionen, die einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten zeigen, empfehlen Fachleute mitunter Lichttherapie. Diese hat das Ziel, den Spiegel der Hormone Serotonin und Melatonin zu regulieren. Am häufigsten kommt bei der Lichttherapie ein Licht von hoher Lichtstärke zum Einsatz. Fachleute raten zu einer Lichtstärke von ca. 10.000 Lux.
Zudem können Selbsthilfegruppen u.a. durch gegenseitigen Austausch entlasten. Wenn die Patientin oder der Patient damit einverstanden ist, können Angehörige in die Behandlung eingebunden werden. Zum Beispiel klärt die Ärztin oder der Arzt diese über die Erkrankung auf.
Wichtige Hinweise
Wird die Depression nicht erkannt und angemessen behandelt, besteht die Gefahr, dass sie chronisch verläuft. Es besteht auch die Gefahr, dass sich chronische Schmerzen festsetzen, welche die Depression weiter verschlimmern.
Im schlimmsten Fall steht ein Suizid am Ende dieser Kette. Schwere Depressionen führen häufig zum Suizid. Die Suizidrate bei Männern ist wesentlich höher als bei Frauen. Besonders suizidgefährdet sind ältere Männer.
Es kann schwer sein, sich zu überwinden, Hilfe zu suchen. Den Tag planen: Ein strukturierter Tagesablauf unterstützt im Alltag. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt bzw. Auch für Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression erkrankt.
Hilfsangebote
In den letzten Jahren sind Projekte entstanden, die sich spezifischen Problemfeldern widmen. Unter 142 erreichen Sie rund um die Uhr die kostenlose Telefonseelsorge.
Weitere Informationen zur Suche von Anlaufstellen finden Sie unter Gesundheitssuche. Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung.
Zusammenfassend lässt sich sagen:
Aspekt | Beschreibung |
---|---|
Symptome bei Männern | Reizbarkeit, Aggressivität, Suchtverhalten, Rückzug |
Ursachen | Stress, Arbeitsplatzverlust, finanzielle Probleme, chronische Erkrankungen, Sucht |
Behandlung | Medikamente, Psychotherapie, Lichttherapie, Bewegungstherapie |
Wichtigkeit | Frühe Diagnose, professionelle Hilfe, Vermeidung von Selbsttherapie |
Letzte Aktualisierung: 2. Priv.-Doz. Dr.