Depression am Abend schlimmer: Ursachen und Behandlung

In einer depressiven Phase ist die Erkenntnis schon der erste Schritt zur Besserung. Erstmals mit einer Krankheit konfrontiert zu werden, ist für jeden Menschen eine Herausforderung. Bei der Depression kommt erschwerend hinzu, dass eine eindeutige Diagnose nicht immer rasch möglich ist. Gerade zu Beginn der Krankheit herrscht bei Betroffenen daher viel Unsicherheit. Bin ich überhaupt depressiv? Oder doch einfach nur ein bisschen traurig?

Was ist eine Depression?

Die Depression sieht bei jedem Menschen etwas anders aus. Typisch sind sogenannte "Losigkeitssymptome" wie Freudlosigkeit, Hoffnungslosigkeit, gefühlte Wertlosigkeit oder starkes Desinteresse. Insbesondere schwer Depressive empfinden außerdem eine tiefe Traurigkeit sowie eine große innere Leere.

Prinzipiell wird zwischen zwei Überkategorien unterschieden. Betroffene einer bipolaren Depression erleben neben den tieftraurigen auch manische Phasen, in denen der Erkrankte förmlich vor Lebensfreude strotzt. Bei der unipolaren Depression bleiben diese extremen Hochphasen hingegen aus.

Tritt die Depression in einer abgeschlossenen Phase auf, handelt es sich um eine depressive Episode. Eine solche kann einmalig auftreten, aber auch eine Rückkehr der Beschwerden ist möglich. Zwischen depressiven Episoden vergehen manchmal mehrere Jahre, in anderen Fällen ist der Abstand wesentlich kürzer.

Anders als oftmals gemutmaßt wird, sind viele Depressionen tatsächlich sehr gut heilbar. Bei leichteren Episoden hilft oftmals schon eine kurze Psychotherapie, um das Problem wieder in den Griff zu bekommen. Depressive Episoden dauern in vielen Fällen zwischen 4 und 8 Wochen an, allerdings kann dies bei jedem Betroffenen etwas anders aussehen. Oft verschwinden die Beschwerden von selbst wieder.

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Umgang mit Depressionen

Erste Anlaufstelle bei einer depressiven Phase ist oftmals ein Psychiater. Dieser evaluiert den Zustand des Betroffenen und verschreibt bei Bedarf Antidepressiva. Eine Psychotherapie stellt zudem eine gute Unterstützung dar. Mittlerweile gibt es dabei viele verschiedene Ansätze.

Im Zusammenhang mit Antidepressiva gibt es weit verbreitete Irrtümer. Viele Menschen glauben etwa, dass diese körperlich abhängig machen. Tatsächlich ist eher das Gegenteil der Fall, da man die Wirkung zumeist erst nach ein bis zwei Wochen wahrnimmt. Treten Nebenwirkungen wie starke Müdigkeit, sexuelle Lustlosigkeit oder Übelkeit auf, ist es zu empfehlen, sich mit dem Psychiater über einen möglichen Wechsel des Präparats zu unterhalten.

Im Zuge einer Depression erfolgt die Krankschreibung prinzipiell genau gleich wie bei anderen Krankheiten. Der Hausarzt schreibt den Betroffenen nach der Untersuchung etwa direkt krank oder verweist ihn zu einem Spezialisten. Komplizierter ist der tatsächliche Umgang des Arbeitswesens mit der Krankheit. Viele Studien orten bei Arbeitgebern einen starken Nachholbedarf in diesem Bereich. Niedergeschlagenheit und Müdigkeit werden nicht immer als Grund für ein Fernbleiben akzeptiert. Zudem fürchten sich Betroffene oft vor einer Stigmatisierung. Als vorübergehende Lösung greifen viele auf die Notlüge einer vorgetäuschten Grippe zurück.

Warum Depressionen abends schlimmer sein können

Viele Betroffene erleben ihre Depression am Morgen als besonders schlimm. Dazu trägt unter anderem das Gefühl bei, den anstehenden Tag nicht meistern zu können. Vor allem aber sorgt die Krankheit für einen gestörten Tagesrhythmus, indem bestimme Hormone nicht korrekt ausgeschüttet werden.

Schlafprobleme, sogenannte Insomnien, sind weit verbreitet, vermutlich treten Symptome von ihnen bei jedem Dritten auf. Treten Schlafprobleme auf, sind wir deswegen nicht nur schläfrig - unsere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit lässt nach. Dazu kommt, dass Schlafmangel zu Stress im Körper führt und den Blutdruck erhöhen kann.

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Fachleute sind zudem überzeugt, dass ein nicht-erholsamer Schlaf zur Entstehung psychischer Erkrankungen beiträgt. Menschen mit ernstzunehmenden Schlafproblemen scheinen ein deutlich erhöhtes Risiko aufzuweisen, Depressionen, Angsterkrankungen und Süchte zu entwickeln. Dazu kommt, dass schlechter Schlaf und die daraus resultierende Schläfrigkeit und Unkonzentriertheit ein Unfallrisiko darstellen.

Treten schwerwiegende Probleme beim Einschlafen und Durchschlafen über einen Zeitraum von einem Monat oder länger auf, sprechen Experten von einer Insomnie, einer Schlafstörung. Betroffene liegen nachts wach und können nicht einschlafen, oder das Durchschlafen gelingt nicht, weil sie ständig aufwachen. Bei vielen Betroffenen kreisen die Gedanken um die Schlafprobleme selbst. Tagsüber sind Menschen mit Insomnie deswegen besorgt und erschöpft. Insomnie begleitet Menschen oft für lange Zeit.

Experten sehen einen Grund für Schlafprobleme und Insomnie in unserem modernen Lebensstil. Problematisch ist heute vor allem, dass uns auch spätabends das Licht von Smartphones und Laptop-Bildschirmen anstrahlt. Es hat einen hohen Blauanteil und ähnelt damit dem Tageslicht. So vermittelt es unserem Gehirn, es sei Zeit für Wachsein und Aktivität. Das hat unter anderem zur Folge, dass sich die Produktion des Schlafhormons Melatonin im Gehirn verzögert - wir schlafen spät ein und müssten für einen erholsamen Schlaf auch später aufstehen, was meist vom Weckerklingeln verhindert wird.

Dazu kommt Stress: Wer chronisch gestresst und überarbeitet ist, hat oft Schwierigkeiten, abends abzuschalten. Die Gedanken kreisen um die Aufgaben und Probleme des vergangenen und des kommenden Tages, womöglich werden Stresshormone wie Cortisol ausgeschüttet, die den Körper in einen aktiven Zustand versetzen. Diese Faktoren führen zu einem Teufelskreis: Je angestrengter Sie versuchen, einzuschlafen, desto schwieriger wird es.

Manche Forscher glauben, dass Betroffene länger im sogenannten REM-Schlaf, der Schlafphase, in der wir intensiv träumen, verbleiben und dass diese REM-Phase bei ihnen instabil ist.

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Behandlung von Schlafstörungen

Leitlinien für Ärzte aus den USA und Deutschland empfehlen bei einer klinischen Insomnie oft eine kognitive Verhaltenstherapie. Bei einer solchen Therapie lernen Sie gemeinsam mit einem Psychotherapeuten Strategien, mit denen Sie ihre Schlafhygiene verbessern und nächtliches Grübeln unterbinden können. Sind die Schlafprobleme die Folge einer weiteren Erkrankung, steht im Mittelpunkt, diese Krankheit zu behandeln.

Diese sogenannten Hypnotika stehen allerdings in der Kritik - sie können beträchtliche Nebenwirkungen haben und abhängig machen.

Saisonale Depressionen

Wie Studien belegen, sind im Frühjahr besonders viele Menschen von einer akuten depressiven Phase betroffen, erst im Sommer geht die Zahl wieder zurück. Experten vermuten, dass depressiv Veranlagten ihre Krankheit zu dieser Jahreszeit noch stärker bewusst wird.

Jedes Jahr zur gleichen Zeit macht die Psyche Probleme: Schlafstörungen, gedrückte Stimmung, Appetitlosigkeit und mehr. Die saisonal abhängige Depression (SAD) tritt meistens im Winter auf und wird daher oft fälschlicherweise als „Winterdepression“ bezeichnet. Dabei können jahreszeitbedingte Verstimmungen ebenfalls im Sommer auftreten - wenn auch weitaus seltener.

Als mögliche Ursache für die Verstimmungen im Sommer wird die Melatoninproduktion des Körpers gehandelt. Wenn die Tage im Sommer länger sind und die Sonne heller strahlt, könnte es zu Störungen bei der Produktion und/oder Ausschüttung des Hormons kommen.

Weitere Ursachen und Risikofaktoren

Schätzungen zufolge hat in Österreich etwa jede 7. Mutter nach der Geburt eines Kindes mit einer depressiven Episode zu kämpfen. Dieses als postpartale Depression bezeichnete Phänomen tritt meist einige Wochen nach der Geburt auf und kann mehrere Monate anhalten. Als Grund dafür werden einerseits hormonelle Umstellungen im Körper der Frau vermutet, außerdem sehen sich Mütter mit einer völlig neuen Lebenssituation konfrontiert.

Die Entstehung von Depressionen und bipolaren Störungen ist von der Fachwelt noch nicht vollständig geklärt. Man geht jedoch davon aus, dass unterschiedliche Risikofaktoren bei der Entstehung zusammenwirken. Manchmal findet die Ärztin oder der Arzt auch keine möglichen Auslöser für die Depression bzw. Auch körperliche Erkrankungen oder die Einnahme von Medikamenten können die Entstehung von Depressionen begünstigen. Bei der Entstehung von bipolaren Störungen dürfte ebenso Vererbung eine gewisse Rolle spielen. Persönlichkeitsmerkmale, z.B. Stress, z.B.

Hilfe und Unterstützung

Wenngleich die Depression jegliche Energie zu stehlen scheint, lohnt es sich, den inneren Schweinehund zu überwinden. Bewegung ist eine wichtige Säule im Kampf gegen psychische Verstimmungen. Regelmäßige Ausübung ist dabei wesentlich entscheidender als welchen Sport man wählt.

Anders als bei vielen physischen Erkrankungen ist die erfolgreiche Behandlung einer Depression sehr stark von der erkrankten Person abhängig. Wie schwierig die Situation auch sein mag, hoffnungslos ist sie nie. Ein erster wichtiger Schritt ist es, über die "smiling depression" Bescheid zu wissen und nicht das Gefühl abzulegen, sich für seine Traurigkeit schämen zu müssen. Zum Erfolg kann eine Psychotherapie beitragen, oftmals in Kombination mit Antidepressiva. Auch im Alltag bieten sich der Patient:in Möglichkeiten zur Verbesserung der Symptomatik. Studien belegen etwa den extrem positiven Einfluss von Sport. Manche Sportarten wie Yoga erzielen besonders gute Ergebnisse, prinzipiell ist aber jede Art von regelmäßiger Bewegung förderlich für die psychische Gesundheit. Professionelle Meditation kann bei Betroffenen ebenfalls einen hilfreichen Ausgleich darstellen. Besonders wesentlich dürfte außerdem eine Zielsetzung im Leben sein, ganz gleich wie diese aussieht. Ein spannungsfreier Zustand ohne Verantwortung und Herausforderungen ist tendenziell nicht erstrebenswert. Insbesondere Menschen, die zu depressiven Stimmungen neigen, brauchen das Gefühl, dass ihr Leben einen Sinn hat.

Regelmäßige ärztliche Kontrollen ermöglichen es, die Behandlung möglichst optimal zu gestalten und Rückfällen vorzubeugen. In akuten Phasen ist ein Aufenthalt in einem Krankenhaus notwendig. Im Rahmen der Behandlung kann auch eine Rehabilitation oder Unterstützung durch psychosoziale Dienste notwendig sein. Eine allgemeine wichtige Säule der Therapie ist die sogenannte Psychoedukation. Das ist eine Aufklärung über die Erkrankung und was man dagegen tun kann. Die Psychoedukation kann z.B. im Rahmen eines ärztlichen Gesprächs, einer Psychotherapie oder einer klinisch-psychologischen Behandlung stattfinden. Es ist wichtig, auch die Eltern bzw. erziehungsberechtigten Personen über die Erkrankung und Hilfsmöglichkeiten aufzuklären.

Bei leichten Depressionen helfen oft bereits unterstützende Maßnahmen im Alltag. Dazu zählt zum Beispiel die Stärkung des Selbstwertgefühls oder die verständnisvolle Unterstützung durch die Eltern bzw. nahestehende Personen. Eine klinisch-psychologische bzw. psychotherapeutische Beratung oder Gespräche mit der behandelnden Ärztin bzw. dem behandelnden Arzt können ebenfalls unterstützen. Auch Bewegung hilft, die Beschwerden zu bessern - vor allem in Form von Ausdauertraining.

Sind die Symptome einer Depression stärker ausgeprägt, kann die Ärztin oder der Arzt Medikamente verschreiben. Dabei kommt ab acht Jahren der Wirkstoff Fluoxetin zum Einsatz. Die Ärztin oder der Arzt verschreibt möglicherweise auch für einen kurzen Zeitraum sogenannte Anxiolytika. Das sind angstlösende Medikamente. Begleitend zur Behandlung mit Medikamenten sollte eine Psychotherapie erfolgen.

In der Psychotherapie lernen betroffene Kinder und Jugendliche, mit der Erkrankung besser zurechtzukommen. Sie können zudem in vertrauensvollem Rahmen über ihre Probleme sprechen. Bei Kindern und Jugendlichen kommen auch spielerische Elemente bei einer Psychotherapie zum Einsatz. Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut stimmt die Arbeitsweise auf das jeweilige Alter ab. Eine Psychotherapie ist auch in der Gruppe möglich.

Für Eltern bzw. Angehörige von Menschen mit einer psychischen Erkrankung ist die Situation häufig mit einigen Herausforderungen verbunden. Die Aufklärung von Eltern bzw. erziehungsberechtigten Personen über die Erkrankung im Rahmen einer Psychoedukation ist Teil der Therapie des Kindes oder Jugendlichen. Selbsthilfegruppen für Angehörige bieten Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch. Sie können sich auch an die Hausärztin oder den Hausarzt werden.

Unter 142 erreichen Sie rund um die Uhr die kostenlose Telefonseelsorge.

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