Die täglichen Exzesse, die uns aus aller Welt vor Augen geführt werden, täuschen oft über die tatsächliche Entwicklung hinweg. Wissenschaftlich nicht haltbar ist die Annahme, der Mensch habe das Kriegführen von seinen tierischen Vorfahren ererbt, oder dass Krieg oder anderes gewalttätiges Verhalten bei Menschen genetisch programmiert sei.
So steht es in der „Erklärung von Sevilla“, die 1986 von Forschern anlässlich des von der UNO ausgerufenen „Internationalen Jahrs des Friedens“ erarbeitet wurde. Es war gut gemeint, sollte jede Rechtfertigung von Gewalt als naturgegeben abwehren. Es war nur nicht auf dem Stand der Zeit, zwölf Jahre zuvor hatte Jane Goodall beobachtet, wie ein Schimpanse von marodierenden Nachbarn ermordet wurde, er war nur der Erste, nach drei Jahren waren alle Männchen seiner Gruppe erschlagen.
Auch in den Gruppen geht es böse zu, Erschlagene sind häufig, viel häufiger als bei Menschen, die ihrer Gewalt mehr nach außen Lauf lassen, gegen andere Gruppen. Menschen und Schimpansen, warum sie, warum nur sie (bei anderen Tierarten ist solche Gewalt nicht bekannt)? Es kann nur an den Genen liegen bzw. an der Evolution, die Gewaltbereitschaft fördert. Aber Gewalt ist auch für Ausübende riskant, warum sollte die Evolution just sie fördern?
Die Evolutionäre Perspektive auf Gewalt
1988 suchten Martin Daly und Margot Wilson im Buch „Homizid“ eine Erklärung bzw. einen Kompromiss. Zwar sei unser Gehirn generell gewaltbereit, aber die Natur sei nur mittelbar schuld: Gewalt sei ein „Nebenprodukt“ - „Kollateralschaden“, würde man heute sagen -, in der Hauptsache gehe es um Status und Reproduktion, und dabei komme es schon einmal vor, dass Nebenbuhler handgreiflich werden.
Mit dieser Hypothese wurde ein neues Forschungsfeld gegründet - „evolutionäre Psychologie“ -, es gibt dort auch härtere Positionen. David Buss und Joshua Duntley haben eine „homicide adaptation theory“ entwickelt, die im Töten anderer so große Vorteile sieht, dass die Evolution doch direkt darauf selektiert.
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Wann? Wenn man in die historischen Details geht und sich nicht von den täglichen Bildern - von Darfur bis zum verprügelten Rentner im U-Bahnhof - in die Irre führen lässt: „Gewalt ist über lange Zeiten der Geschichte rückläufig, wir leben heute wahrscheinlich im friedlichsten Moment der ganzen Zeit, die unsere Art auf der Erde verbracht hat.“
So urteilt Steven Pinker, Psychologe in Harvard, er weiß, dass das Urteil den „Eindruck erweckt, es sei irgendwo zwischen Halluzination und Obszönität angesiedelt“ (The New Republic, 236, S.18). Aber er hat die Fakten für sich, Gewalt in allen Formen ist am Schwinden - und der Spaß der Beobachter daran ist es auch -, zumindest bei uns: Es wird nicht mehr gerädert und gevierteilt und verbrannt - das waren früher die Belustigungen, Computerspiele sind nichts dagegen -, es werden keine ungewollten Geburten mehr getötet, es gibt nicht mehr so viel Mord und Totschlag.
Der Kriminologe Manuel Eisner (Cambridge) hat es erhoben: In Europa fanden im 15. Jahrhundert 41 von 100.000 Menschen im Jahr einen Tod durch Menschenhand, dann sank die Rate von Jahrhundert zu Jahrhundert (19, 11, 3,2, 2,6), im 20. Jahrhundert lag sie bei 1,4 (Br. J. Criminol., 41, S.618).
Auch die Gewalt zwischen Gruppen ging dramatisch zurück: Wenn Stämme von Naturvölkern aneinandergerieten, kämpfte ein höherer Anteil an Mitgliedern, ein höherer Anteil starb, und von der unterlegenen Gruppe blieb keiner am Leben. Das war auch später so, blättern Sie einmal im Alten Testament, wie es nach der Eroberung einer Stadt zuging!
Aber das 20. Jahrhundert war doch das blutigste? Mitnichten, wenn man mit Pinker auf die relativen Zahlen sieht: „Hätten die Kriege des 20. Jahrhunderts den gleichen Anteil der Bevölkerung getötet, wie das in Kriegen zwischen Stämmen üblich war, hätten sie nicht 100 Millionen Tote gefordert, sondern zwei Milliarden.“
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So sind wir doch zivilisiert geworden, im Sinne des Soziologen Norbert Elias - er sah Zivilisation der Verfeinerung der Einfühlung in andere unter gleichzeitiger Verstärkung der eigenen Triebkontrolle -, Pinker verweist auf ihn. Aber warum sind wir es geworden? Die Evolutionstheorie hilft hier nicht weiter, die Veränderung kam viel zu rasch, als dass „Friedensgene“ sich hätten durchsetzen können.
Die Evolutionstheorie kann die Entstehung der Gewalt erklären, ihren Schwund nicht. So wendet sich der Psychologe Steven Pinker an den Soziologen Norbert Elias: Er thematisierte den „Prozess der Zivilisation“ als Einfühlung und Triebkontrolle.
Rückgang der Gewalt im Laufe der Zeit
Die folgende Tabelle zeigt den Rückgang der Todesrate durch Gewalt in Europa über die Jahrhunderte, basierend auf den Daten des Kriminologen Manuel Eisner:
| Jahrhundert | Todesrate pro 100.000 Einwohner |
|---|---|
| 15. Jahrhundert | 41 |
| 16. Jahrhundert | 19 |
| 17. Jahrhundert | 11 |
| 18. Jahrhundert | 3,2 |
| 19. Jahrhundert | 2,6 |
| 20. Jahrhundert | 1,4 |
Evolutionäre Psychologie und Partnerwahl
Die Wahl der richtigen Kommunikation kann auch entscheidend für die Partnerwahl sein. Diese Auffassung vertritt jedenfalls der amerikanische Professor für Psychologie David Buss. In seinem Buch über die „evolutionäre Psychologie“ stellt er eine Theorie über geschlechtsspezifische Auswahlkriterien bei der Partnerwahl auf.
In einer seiner bekanntesten Studien, in der 10.047 Personen verschiedener Kulturen, Schichten und Altersstufen nach ihren Partnerpräferenzen befragt wurden, konnte er zeigen, dass Männer tendenziell jüngere Frauen bevorzugen, da diese "über ein größeres reproduktives Potenzial" verfügen. Wonach Frauen Ausschau halten, verrät er am 21. Oktober.
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David Buss' Forschung zur evolutionären Psychologie bietet somit wertvolle Einblicke in die komplexen Mechanismen, die unser Verhalten in Bereichen wie Gewalt und Partnerwahl steuern.
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