Das Innere Team in der Psychotherapie

Die Methode des Inneren Teams nach Friedemann Schulz von Thun hilft, innere Vielstimmigkeit sichtbar zu machen und innere Konflikte zu klären. Dabei werden verschiedene innere Anteile - vergleichbar mit Teammitgliedern - identifiziert, benannt und in Beziehung zueinander gesetzt. Dies ermöglicht ein tieferes Verständnis für Ambivalenzen, fördert die Selbstklärung und unterstützt Entscheidungsprozesse.

In der Beratung kann die Methode genutzt werden, um Klient:innen dabei zu helfen, ihre inneren Stimmen bewusster wahrzunehmen, auszubalancieren und eine stimmige innere Führung zu entwickeln.

Grundlagen und Modelle des Inneren Teams

Wenn wir in uns hineinhören, finden wir dort selten nur eine einzige „Stimme”, die sich zu einer bestimmten Situation oder einem Thema zu Wort meldet. Meist stoßen wir auf verschiedene innere Anteile, die sich selten einig sind und die alles daran setzen, auf unsere Kommunikation und unser Handeln Einfluss zu nehmen.

Bereits Sigmund Freud hat in seinem Instanzenmodell der Psychoanalyse die Existenz dreier wesentlicher Anteile (Instanzen) der menschlichen Psyche angenommen: Dem „Über-Ich“ als größtenteils unbewusste moralische Instanz, dem „Ich“ als bewusste, handelnde Instanz und dem „Es“ als innerem Anteil der unbewussten Triebe.

Eric Berne begründete die Transaktionsanalyse. Sie bietet eine Möglichkeit, Kommunikation auf der Beziehungsebene zu untersuchen und geht davon aus, dass sich in jeder Persönlichkeit drei verschiedene Schichten des Ichs entwickeln: „Kind-Ich“, „Eltern-Ich“ und „Erwachsenen-Ich“.

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Sehr anschaulich beschreibt der deutsche Psychologe Schulz von Thun in den 1990er Jahren in seinem Modell des „Inneren Teams“ die verschiedenen Typen innerer „Teammitglieder“ und nennt sie beispielsweise: Früh- und Spätmelder, laute und leise Stimmen, Stammspieler, Außenseiter, Innen- und Außendienstler oder innere Widersacher.

Auch in der Ego-State-Therapie nach John und Helen Watkins besitzt jede Persönlichkeit zwischen fünf und fünfzehn verschiedene innere Anteile (Ego-States), die Teile des autobiographischen Gedächtnisses sind und jedes für sich durch ein neuronales Netzwerk repräsentiert sind.

Therapeutische Anwendung und Schematherapie

Hier stoßen wir ganz schnell auf die Schematherapie, eine emotionsbasierte „Technik“ der Verhaltenstherapie. Ein Schema entsteht zunächst als „Fußabdruck“ in dem neuronalen Netz des Gehirns als Folge lang anhaltender, starker emotionaler Erregung.

Mit einer Vielzahl von emotionsaktivierenden, kognitiv-behavioralen und beziehungsorientierten Interventionen wird in der Schematherapie versucht, die primären und frustrationsnahen Emotionen des inneren Kindes aufzuspüren, sie zu stärken und zum akzeptierten Bestanteil einer erwachsenen Gesamtpersönlichkeit werden zu lassen. Das ist in der Praxis aber ein enorm befreiender und hilfreicher Prozess.

Das Innere Team in der systemischen Therapie

Ein wichtiger Bestandteil der systemischen Therapie ist u.a. die Kommunikation sowie deren Bedeutung. Hierbei geht es für Sie darum zu lernen effektiver zu kommunizieren und diverse Hindernisse in der Kommunikation aufzulösen. Auch unterstützt die systemische Therapie Sie dabei, das Verständnis für die eigenen Perspektiven und Bedürfnisse, jedoch auch die des Umfelds zu erhöhen.

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Die bedeutsamsten jener Systeme sind der Familienkreis, der Freundeskreis, das Arbeitsumfeld, die Paarbeziehung oder die Gesellschaft. Ebenfalls kommt es in der Therapie zur Betrachtung der eigenen inneren Systeme.

Diese Teammitglieder stellen Eigenschaften, Kompetenzen oder auch Rollen, die wir einnehmen, dar. In einer gleichwertigen, wertschätzenden Zusammenarbeit mit meinen Klienten/Patienten werden die einzelnen Teammitglieder rund um ein zentrales Selbst erarbeitet. Lästige oder belastende Problemanteile werden dabei keinesfalls pathologisiert. Sie werden als wertzuschätzende Teile des Systems gesehen, in dem sie aus verschiedenen Gründen im Moment ihren Stellenwert haben -„auf der Bühne stehen“.

Ein ganzer Blumenstrauß an Teammitgliedern steht einem von einem Tag auf den anderen zur Verfügung und das gewohnte Wirrwarr der inneren Stimmen kann sich zu einem kreativen, oft humorigen inneren Dialog entwickeln.

Praxis und Supervision

Die Arbeit mit dem Inneren Team erweitert die Beratungskompetenz, indem sie hilft, innere Konflikte und Ambivalenzen bei Klient:innen differenziert wahrzunehmen und zu bearbeiten. Gleichzeitig fördert sie die eigene Selbstreflexion, indem Berater:innen ihre inneren Anteile und deren Einfluss auf die Beratung bewusster wahrnehmen.

Durch die praxisnahe Anwendung und Supervision gewinnen die Teilnehmer:innen methodische Sicherheit und Flexibilität im Umgang mit komplexen Entscheidungsprozessen, was ihre professionelle Präsenz und Wirksamkeit in der Beratung nachhaltig stärkt.

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Im supervisorischen Setting wird die Aufstellung des Inneren Teams in verschiedenen Variationen für das beraterische Einzelsetting geübt und dabei Fragestellungen sowie Erfahrungen aus dem beruflichen und persönlichen Kontext reflektiert. Durch eigenes, supervidiertes und reflektiertes Begleiten gewinnen die Teilnehmer:innen an Sicherheit in ihrer systemischen Methodenkompetenz.

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