Psychische Gesundheit ist ein zentrales Thema, das in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. In Österreich, wie in vielen anderen Ländern, sind psychische Probleme weit verbreitet und betreffen Menschen aller Altersgruppen und sozialen Schichten. Psychische Probleme umfassen eine Vielzahl von Erkrankungen, die das Denken, Fühlen und Verhalten beeinträchtigen können. Sie reichen von leichten emotionalen Belastungen bis hin zu schweren psychischen Störungen, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen können. Psychische Gesundheit ist genauso wichtig wie körperliche Gesundheit. Sie beeinflusst, wie wir mit Stress umgehen, Beziehungen pflegen und Entscheidungen treffen. Unbehandelte psychische Probleme können zu langfristigen gesundheitlichen Folgen führen, wie z. B. chronischen Erkrankungen oder sozialer Isolation.
Häufige psychische Erkrankungen in Österreich
Österreich ist ein Land mit hohem Lebensstandard, doch psychische Probleme sind auch hier weit verbreitet. Laut Studien und Statistiken zählen folgende Erkrankungen zu den am häufigsten diagnostizierten:
- Depressionen: Depressionen sind die häufigste psychische Erkrankung in Österreich. Sie äußern sich durch anhaltende Traurigkeit, Antriebslosigkeit und Interessenverlust. Rund 10 % der österreichischen Bevölkerung leiden im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Ursachen können genetische Veranlagung, Stress, traumatische Erlebnisse oder hormonelle Veränderungen sein. Behandelt wird mit Psychotherapie, Medikamenten (Antidepressiva) und Selbsthilfegruppen.
- Angststörungen: Angststörungen sind weit verbreitet und umfassen generalisierte Angststörungen, Panikattacken und soziale Ängste. Etwa 15 % der Österreicherinnen und Österreicher leiden an einer Form von Angststörung. Symptome sind Herzrasen, Schwindel, Atemnot und übermäßige Sorgen. Behandelt wird mit kognitiver Verhaltenstherapie, Entspannungstechniken und Medikamenten.
- Burnout: Burnout ist ein Zustand emotionaler, körperlicher und geistiger Erschöpfung, der oft durch chronischen Stress am Arbeitsplatz verursacht wird. Immer mehr Menschen in Österreich suchen aufgrund von Burnout-Symptomen Hilfe. Risikogruppen sind Menschen in helfenden Berufen (z. B. Pflegekräfte, Lehrer) und Führungskräfte. Behandelt wird mit Stressmanagement, Psychotherapie und Arbeitsplatzanpassungen.
- Suchterkrankungen: Alkohol- und Drogenabhängigkeit sind in Österreich ein großes Problem und oft mit anderen psychischen Erkrankungen verbunden. Rund 5 % der Bevölkerung leiden an einer Alkoholabhängigkeit, was zu sozialer Isolation, körperlichen Erkrankungen und finanziellen Problemen führen kann. Behandelt wird mit Entzugstherapie, Psychotherapie und Selbsthilfegruppen wie den Anonymen Alkoholikern.
- Essstörungen: Essstörungen wie Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und Binge-Eating-Störungen betreffen vor allem junge Menschen. Etwa 3 % der Jugendlichen in Österreich leiden an einer Essstörung. Ursachen sind gesellschaftlicher Druck, genetische Faktoren und psychische Belastungen. Behandelt wird mit Psychotherapie, Ernährungsberatung und stationäre Behandlung.
- Schizophrenie und psychotische Störungen: Diese Erkrankungen sind seltener, aber schwerwiegend und erfordern oft eine langfristige Behandlung. Rund 1 % der Bevölkerung ist betroffen. Symptome sind Wahnvorstellungen, Halluzinationen und Denkstörungen. Behandelt wird mit Medikamenten (Antipsychotika) und Psychotherapie.
Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen
Seit der Corona-Pandemie hat die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychischen Störungen stark zugenommen. Einem UNICEF-Bericht zufolge leiden rund 15 Prozent der 10 bis 14-Jährigen darunter, unter den 15- bis 19-Jährigen sind es etwa 17 Prozent. Alter und Geschlecht haben einen Einfluss darauf, welche Art von psychischen Auffälligkeiten bzw. Erkrankungen bei jungen Menschen gehäuft vorkommen:
- Psychische Auffälligkeiten bei Kleinkindern unter vier Jahren beruhen meist auf Entwicklungsstörungen.
- Bei Grundschulkindern sind Angststörungen, Depressionen, ADHS sowie aggressive, trotzige Verhaltensstörungen am häufigsten.
- Depressionen, Essstörungen und Suchterkrankungen dominieren bei Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren.
- Jungen entwickeln häufiger ADHS (etwa viermal so oft wie Mädchen), aggressive Verhaltensstörungen und Suchterkrankungen, während bei den Mädchen Essstörungen, psychosomatische Krankheitsbilder und Depressionen überwiegen.
Symptome bei Kindern und Jugendlichen
Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen sollten so früh wie möglich behandelt werden. Denn dann ist die Chance groß, die weitere Ausprägung zu stoppen und so zu verhindern, dass sich die Störung bis ins Erwachsenenalter fortsetzt. Ein erstes mögliches Anzeichen ist eine plötzliche anhaltende Verhaltensänderung des Kindes oder Jugendlichen. Wenn Ihr Kind sich plötzlich zurückzieht, traurig ist, das Interesse an Hobbys, am Spielen oder früheren Lieblingsbeschäftigungen verliert, ungewöhnlich häufig mit Wutanfällen zu kämpfen hat oder wenn eigentlich „trockene“ Kinder wieder einnässen, kann eine psychische Störung dahinterstecken.
Organische Psychische Störungen (OPS)
Unter dem Oberbegriff „organische psychische Störungen“ (OPS) werden alle psychischen Befindlichkeitsstörungen zusammengefasst, denen direkt eine Schädigung des Gehirns zugrunde liegt. Früher waren diese Störungen u.a. unter dem Begriff „Hirnorganisches Psychosyndrom“ bekannt. Zu dem Formenkreis OPS zählen auch körperliche Erkrankungen, die das Gehirn beeinträchtigen (z.B. psychische Störungen bei Schilddrüsenfunktionsstörungen etc.). Mit dem OPS gehen meist auch soziale Beeinträchtigungen einher. Es gibt eine Vielzahl an psychischen Störungen, die organisch bedingt sind. Am häufigsten treten Demenz oder das sogenannte Delir auf.
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Eine organische psychische Störung (OPS) kann erste Erscheinung einer Grunderkrankung sein. Oder sie tritt im Verlauf einer bereits bekannten Krankheit als Folge bzw. Begleiterscheinung auf. Das Gehirn ist stärker zur Regeneration fähig, als ursprünglich angenommen, und in vielen Fällen kann hilfreiche Unterstützung geboten werden.
Ursachen von OPS
Im Prinzip handelt es sich bei OPS um eine Beschreibung von bestimmten Symptomkomplexen. Vor allem bei Demenz konnte die Forschung Entstehungsmechanismen klären. In anderen Bereichen herrscht noch großteils Unklarheit, wie es genau zu OPS kommt. Folgende allgemeine Mechanismen können zum Beispiel zu Schädigungen von Hirnsubstanz bzw. führen:
- Schädel-Hirn-Verletzungen
- Durchblutungsstörungen im Gehirn (z.B. Herz-Kreislauf-Erkrankungen)
- Störungen des Immunsystems (z.B. Infektionen - vor allem des Zentralnervensystems)
- Stoffwechselstörungen
- Medikamente (z.B. das Anti-Parkinson-Medikament Levodopa)
Diagnose psychischer Erkrankungen
Bevor die Behandlung beginnt, erfolgt eine sorgfältige Diagnose durch eine Fachkraft, also den Kinder- und Jugendpsychiater oder die -psychiaterin. Ziel ist es, genau zu benennen, um welche Form der Störung es sich handelt. So lässt sich die Behandlung passgenau auf das Krankheitsbild zuschneiden. Das ist wichtig für den Erfolg der späteren Therapie. Im ersten Schritt führt der Facharzt oder die Fachärztin ein ausführliches Gespräch mit Ihnen und dem Kind zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese).
Bei Kindern empfehlen Facharzt oder Fachärztin im nächsten Schritt mitunter eine Verhaltensbeobachtung. Dabei beobachten und protokollieren Sie Ess- oder Spielverhalten Ihres Kindes über einen bestimmten Zeitraum. Manchmal stecken hinter vermeintlich psychischen Störungen körperliche Erkrankungen. Diese müssen im Rahmen der Diagnostik ausgeschlossen werden. Dazu wird meist eine Blutuntersuchung durchgeführt. Zahlreiche Aspekte des kindlichen Entwicklungsstandes lassen sich mithilfe standardisierter psychologischer Tests erfassen, zum Beispiel die Entwicklung von Sprache, geistigen Fähigkeiten, Bewegungsfähigkeit sowie Lese-, Rechtschreib- und Rechenfähigkeit.
Eine ganzheitliche Beurteilung ermöglicht das sogenannte Multiaxiale Klassifikationsschema (MAS), das in der kinderpsychiatrischen Diagnostik oft genutzt wird. Sechs Achsen bilden die psychische Störung differenziert ab:
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- Achse 1 gibt das psychische Störungsbild an.
- Achse 2 gibt an, ob Entwicklungsstörungen festgestellt wurden.
- Achse 3 gibt das Intelligenzniveau des Kindes/Jugendlichen an.
- Achse 4 gibt eventuelle körperliche Symptome bzw. Erkrankungen an.
- Achse 5 bildet die psychosozialen Umstände ab.
- Achse 6 zeigt die psychosoziale Anpassung, zum Beispiel soziale Kontakte, Interessen und Hobbys des Kindes.
Behandlungsmöglichkeiten
Psychotherapie in Österreich: In Österreich sind derzeit 23 psychotherapeutische Methoden gesetzlich anerkannt (Stand: Dezember 2024). Diese lassen sich in 4 Hauptorientierungen einteilen:
- Tiefenpsychologisch-psychodynamisch
- Humanistisch-existenziell
- Systemisch
- Verhaltenstherapeutisch
In Österreich werden die Kosten für Psychotherapie teilweise bis ganz von den Krankenkassen übernommen. Es gibt auch niedrigschwellige Angebote wie psychosoziale Dienste und Beratungsstellen.
Bei der Behandlung einer organisch psychischen Störung richtet sich nach der Ursache und den individuellen Symptomen, die sehr unterschiedlich sein können. Es kommen je nach Grunderkrankung diverse Behandlungstechniken von Medikamenten über Operationen bis hin zu Physiotherapie, Psychotherapie und anderen Maßnahmen (z.B. Rehabilitation) zum Einsatz. Ein Schwerpunkt liegt auf der Aktivierung der Betroffenen (z.B. tagesstrukturierende Maßnahmen etwa in Tageszentren). Sie sollen so selbstständig wie möglich leben können. Bewährt hat sich zudem eine Beratung (z.B. zu Pflegeleistungen, Selbsthilfegruppen) von Angehörigen, die sich oft mit sehr herausfordernden Situationen (z.B. rechtlich) konfrontiert sehen.
Professionelle Hilfe in Österreich
Glücklicherweise gibt es beim Auftreten von psychischen Störungen viele Möglichkeiten, Hilfe und Unterstützung zu bekommen und diese zu behandeln. Hier können verschiedene Berufsgruppen hilfreich sein: PsychiaterInnen, (klinische) PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und auch SozialarbeiterInnen.
Ein Psychiater/eine Psychiaterin zählt zu den FachärztInnen, d. h. das ist jemand, der nach dem Medizinstudium eine sechsjährige Fachausbildung im Fach Psychiatrie gemacht hat. Es ist die Aufgabe der Psychiater und Psychiaterinnen, eine Diagnose zu stellen und die richtigen Medikamente (Psychopharmaka) für die psychischen Beschwerden zu verschreiben. Dies ist eine Leistung der Krankenkasse!
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PsychologInnen haben ein Studium der Psychologie an einer Universität absolviert. PsychologInnen beraten zu den verschiedensten Themen (Arbeit, Gesundheit und Krankheit, Bildung, Schule u. v. m.). Viele haben eine zusätzliche mehrjährige Ausbildung in Klinischer Psychologie, welche berechtigt, klinische Diagnostik durchzuführen, Gutachten zu erstellen und psychische Erkrankungen mittels Gespräche und verschiedenster Techniken zu behandeln (z. B. Entspannungstechniken, u. v. m.).
PsychotherapeutInnen haben eine Fachausbildung in der von ihnen gewählten Art oder Richtung der Psychotherapie. Psychotherapie ist in Österreich vollfinanziert auf Krankenkasse möglich! In der Psychotherapie oder psychologischen Betreuung lernt man sein Erleben und Handeln, das man über die bisherige Lebensgeschichte entwickelt hat, zu verstehen. Durch diese bewusste Auseinandersetzung können Betroffene belastende oder krankmachende Erlebnisse verarbeiten und Muster verändern. Dadurch werden z. B. Ängste, Schlafstörungen, psychosomatische Beschwerden und Stress abgebaut.
Einen weiteren wichtigen Beitrag bei der Unterstützung von Menschen mit psychischen Krankheiten bieten die SozialarbeiterInnen. Auch sie können stützende Gespräche führen und helfen dabei, notwendige Anträge, z. B. auch bei finanziellen oder Wohnproblemen, zu stellen.
Zusammenfassung
Psychische Probleme sind in Österreich weit verbreitet und betreffen Menschen aller Altersgruppen. Depressionen, Angststörungen und Burnout zählen zu den häufigsten Erkrankungen. Man weiß heute, was für einen großen Einfluss die psychische Gesundheit auf die Gesamtgesundheit hat. Jede psychische Krankheit beeinträchtigt das Leben des oder der Betroffenen, die Beziehungen, berufliche und soziale Möglichkeiten, das gesamte persönliche Umfeld. Psychische Krisen und Krankheiten können jeden treffen, und die Zahl der Menschen, die an psychischen Problemen leidet, ist im Steigen. Trotzdem fällt es vielen immer noch schwer, darüber zu sprechen und um Hilfe zu bitten. Dabei ist psychische Gesundheit und deren Erhalt so wichtig.
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