„Ein Arbeitszeugnis sagt mehr als tausend Worte!“ - Und genau darum geht es in diesem Beitrag. Denn Worte können vieles bedeuten - und oft auch zwischen den Zeilen. Kündigung, neuer Arbeitsplatz, Jobsuche: Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, gibt es zum Abschluss zumeist ein Arbeitszeugnis. Ob dieses gut oder schlecht ausfällt, hängt von Ihrer Leistung, Ihrer Teamfähigkeit und Ihrem Sozialverhalten ab.
Grundsätzlich ist ein Arbeitszeugnis in Österreich ein Dokument, das jeder Arbeitnehmer beim Verlassen eines Jobs verlangen kann, und zwar in schriftlicher Form. Es kann dir bei zukünftigen Bewerbungen Vorteile bringen, wenn es dich im besten Licht darstellt.
Die Bedeutung eines Arbeitszeugnisses
„Die Bedeutung eines Arbeitszeugnisses sollte, trotz aller höflichen Floskeln, nicht unterschätzt werden. Ein richtig gutes Arbeitszeugnis erkennt man daran, dass es dir jede Menge Lob in den Weg wirft - aber nicht auf die „leise“ Art! Da stehen Sätze wie „stets zu unserer vollsten Zufriedenheit“ oder „außergewöhnliches Engagement“ - das klingt nicht nur gut, das sagt eindeutig: Du hast einen klasse Job gemacht! Wenn dein Zeugnis auch noch von Erfolgen, Selbstständigkeit und einer tollen Teamarbeit spricht, dann ist klar: Hier wurde wirklich geschätzt, was du geleistet hast.
Arten von Arbeitszeugnissen
Es gibt verschiedene Varianten des Arbeitszeugnisses, darunter das einfache Arbeitszeugnis, das qualifizierte Arbeitszeugnis und ein Zwischenzeugnis. Ein übliches Arbeitszeugnis ist etwa ein bis zwei Seiten lang und beginnt mit der Einleitung, deinem Namen und deinem Geburtsdatum, deinem Eintrittsdatum sowie der entsprechenden Stellen- bzw. Tätigkeitsbezeichnung. Anschließend sollte sich dein Arbeitgeber in einigen wenigen Sätzen vorstellen - also die Branche und Unternehmensgröße nennen, die entsprechende Expertise beschreiben wie auch die Organisationsform aufschlüsseln. Es enthält eine eindeutige Überschrift (z. B.
- Dein rechtlicher Anspruch gilt nur für die Mindestanforderungen eines Arbeitszeugnisses - also für das sogenannte „einfache Arbeitszeugnis“. Umgangssprachlich wird es schlicht „Bescheid“ genannt, denn es ist im Grunde nicht mehr als ein Nachweis deiner Beschäftigung.
- Du kannst aber auch verlangen, dass in deinem Arbeitszeugnis zusätzlich deine individuelle Leistung und dein Sozialverhalten bewertet werden sollen. Ein solches „qualifiziertes Arbeitszeugnis“ musst du schriftlich anfordern.
Bei einem qualifizierten Arbeitszeugnis findet zusätzlich eine individuelle Leistungsbeurteilung statt. Sie besteht aus einer Gesamtbeurteilung und einer freiwilligen Schlussformel.
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Die Leistungsbeurteilung im Detail
Die Leistungsbeurteilung ist das Herzstück jedes Arbeitszeugnisses.
Du hast deine Leistungsbeurteilung im Arbeitszeugnis mehrmals gelesen - aber die Formulierungen klingen mit jedem Mal irgendwie noch merkwürdiger? Zudem wirkt der Satzbau, als sei er vollkommen aus dem üblichen Sprachgebrauch herausgefallen? Die gute Nachricht zuerst: Die klassischen Formulierungen im Arbeitszeugnis bedeuten im Grunde nicht mehr, als sie wörtlich ausdrücken. Denn: Ein Zeugnis ist ein juristisch definiertes Dokument. Es gilt das „Gebot der Zeugnisklarheit“. Ein Zeugnis muss immer klar und verständlich formuliert sein. Doch wie können Arbeitgeber dann überhaupt deutlich machen, was sie wirklich denken? Ganz einfach: Indem sie im Arbeitszeugnis verschiedene positive Formulierungen in Relation zueinander setzen - und mithilfe kleinster Abstufungen ein gängiges Bewertungssystem bedienen.
Neben den Steigerungsformen zählen auch Noten im Arbeitszeugnis zu den klassischen Bewertungssystemen.
Noten im Arbeitszeugnis
Wir sagen Ihnen, wie Sie Ihr Arbeitszeugnis entschlüsseln und die typischen Formulierungen und ihre Bedeutung erkennen: „Stets zur vollsten Zufriedenheit“ steht für die Schulnote 1. Eine 2 gibt es mit der Formulierung „stets zur vollen Zufriedenheit“. Durchschnittliche Leistungen hat ein Arbeitnehmer gebracht, wenn er „zur vollen Zufriedenheit“ gearbeitet hat. Und eher eine 4 gibt es für „zur Zufriedenheit“. Hat sich ein Arbeitnehmer hingegen „bemüht“, steht das für die Zeugnisnote 5, also ein Nicht genügend.
Gut zu wissen: Wenn dein Arbeitszeugnis schlechter als „befriedigend“ (Note 3) ausfällt, muss dein Arbeitgeber diese Bewertung rechtfertigen. Die Note in deinem Arbeitszeugnis kannst du besonders einfach anhand der Steigerungen ableiten. Drei Steigerungen sprechen für eine sehr gute Note, zwei Steigerungen für eine gute Note.
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Formulierungen und ihre Bedeutung
Hier sind einige typische Formulierungen und ihre Interpretation:
- „…zur vollsten Zufriedenheit“: Ein durchweg positives Zeugnis verwendet in fast allen Formulierungen den Superlativ.
- „… hat sich stets bemüht“: Diese Formulierung weist bereits auf bestimmte Mängel in der Arbeitsleistung hin.
- „… hat sich mit ganzer Kraft eingesetzt“: Wenn sich Ihr Arbeitnehmer bei speziellen Projekten oder in seiner alltäglichen Arbeit wirklich anstrengt, aber nicht immer brilliert, können Sie diese Formulierung verwenden.
- „… im Rahmen seiner/ihrer Fähigkeiten“: Der Arbeitnehmer hat begrenzte Fähigkeiten, für Leistungen darüber hinaus ist er oder sie nicht fähig gewesen.
- „…kommunikationsstarke Persönlichkeit im Team“: Kommunikationsstark und integrativ bedeutet in diesem Fall sehr, eigentlich zu gesprächig.
- „… die übertragenden Arbeiten ordnungsgemäß erledigt“: Ordnungsgemäß heißt nicht weniger aber auch nicht mehr als korrekt.
Warnsignale
Achten Sie besonders darauf, wenn das Verhalten gegenüber bestimmten Gruppen (z.B. nur Kollegen, nicht aber Vorgesetzte) gelobt wird. Seien Sie misstrauisch bei übertrieben positiven oder auffällig vagen Formulierungen.
In deinem Arbeitszeugnis werden Pünktlichkeit, höfliche Umgangsformen oder der korrekte Umgang mit Büromitteln thematisiert? Dann solltest du hellhörig werden. Wird dein Verhalten gegenüber Kund*innen und Kolleg*innen gelobt, die Vorgesetzten bleiben aber unerwähnt? Gibt es für deinen Beruf wichtige Hard und Soft Skills, die auf keinen Fall in deiner Leistungsbeurteilung fehlen sollten?
Verneinungen können versteckte Botschaften sein: „Die Sorgfalt von XY gab keinen Anlass zur Beanstandung“. Die Sorgfalt wird nicht gelobt, insofern bräuchte sie keinerlei Erwähnung zu finden.
Auch wenn ein Dienstzeugnis keine Bewertung enthalten muss, kann es durch Formulierungen eine klare Botschaft senden. Wer diese Codes versteht, kann ungerechtfertigte Aussagen erkennen und sich gezielt dagegen wehren. Dienstzeugnisse folgen einer speziellen Sprache mit versteckten Botschaften. Was wohlwollend klingt, kann tatsächlich eine vernichtende Kritik sein. Kleine Wortunterschiede machen dabei große Unterschiede in den Bewertungen aus.
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Übersehene Details mit großer Wirkung
- Reihenfolge der Bewertungen: Die wichtigsten Eigenschaften stehen üblicherweise am Anfang. Stehen weniger relevante Aspekte zuerst im Dienstzeugnis, deutet das auf eine Verschleierung hin.
- Auslassungen: Fehlt ein üblicher Bewertungsbereich (wie Teamfähigkeit), ist dies grundsätzlich negativ.
- Passive Ausdrücke: „Der Arbeitnehmer*in wurden verantwortungsvolle Aufgaben übertragen“ statt „Die Arbeitnehmer*in übernahm verantwortungsvolle Aufgaben“ deutet auf mangelnde Initiative hin.
- Übertriebenes Lob für Selbstverständlichkeiten: „War stets pünktlich und hielt Termine ein“ - lobt nur Basics, was auf fehlende andere positive Eigenschaften hindeutet.
- Unlogische Zusammenstellungen von Eigenschaften: „Zeigte Einsatzbereitschaft und war freundlich“ - kombiniert Unzusammenhängendes, um von fehlenden wichtigen Kompetenzen abzulenken.
Das Sozialverhalten
Beim Sozialverhalten geht es um den Umgang mit Kollegen, Vorgesetzten und Kunden. Auch hier gibt es codierte Formulierungen.
- Sehr gutes Verhalten ist gemeint, wenn im Dienstzeugnis steht: „Verhielt sich stets einwandfrei“.
- Auf ein durchschnittliches soziales Verhalten weist die Formulierung „Verhielt sich korrekt“ hin.
- Die Formulierung: „War im Umgang mit Kollegen aufgeschlossen“ könnte auf Probleme hindeuten.
Die Schlussformel
Die Schlussformel ist gerade deshalb besonders wertvoll, da sie freiwillig ist. Diese Formulierung im Arbeitszeugnis gibt Aufschluss darüber, von welcher Seite das Arbeitsverhältnis beendet wurde. Der Wortlaut variiert hier - je nachdem, ob du freiwillig gekündigt hast oder ob dein Arbeitgeber dir gegenüber eine fristlose Kündigung ausgesprochen hat.
Fehlt ein aussagekräftiger Dank für die Zusammenarbeit am Schluss des Zeugnisses, ist das kein gutes Zeichen. Wenn du einen guten Job gemacht hast, dann lässt dich dein Arbeitgeber sicher nicht gerne gehen. Dein Arbeitgeber sollte dein Ausscheiden daher im Arbeitszeugnis mit einer entsprechenden Formulierung bedauern.
Zukunftswünsche sind fester Bestandteil einer Schlussformel - und auch sie können versteckte Botschaften enthalten.
Was tun bei Problemen mit dem Arbeitszeugnis?
Negativ-Formulierungen sind eine Sache - unzulässige Formulierung eine andere. Trotz des rechtlichen Verbots kann es vorkommen, dass diese Punkte in versteckter Form kommuniziert werden. Es lohnt sich, ein Arbeitszeugnis aufmerksam zu lesen, um so die verschiedenen Formulierungen richtig interpretieren zu können.
Hast du das Gefühl, dass du ein besseres Zeugnis verdienst, oder findest du formale Fehler? Dann kannst du Nachbesserung oder Austausch verlangen - oder sogar das Zeugnis anfechten.
Handlungsoptionen
Wenn du problematische Formulierungen in deinem Zeugnis entdeckst, solltest du handeln. Rechtlich betrachtet hat jede Arbeitnehmer*in Anspruch auf ein wohlwollendes, wahrheitsgemäßes Zeugnis. Die Beweislast für eine bessere Note liegt jedoch bei dir. Dies sind deine Handlungsoptionen:
- Das direkte Gespräch suchen: Sprich mit deiner Führungskraft oder der Personalabteilung. Benenne konkrete Formulierungen und schlage Alternativen vor. Oft lassen sich Missverständnisse im direkten Gespräch klären.
- Konkrete Änderungswünsche schriftlich einreichen: Formuliere einen höflichen Brief mit deinen Änderungswünschen.
- Offenes Gespräch: Zunächst kannst du das Gespräch mit deinem ehemaligen Arbeitgeber suchen und freundlich, aber bestimmt auf bestimmte Formulierungen hinweisen, die du gerne angepasst hättest.
- Rechtliche Schritte: Wenn all das nichts hilft und das Zeugnis dein berufliches Fortkommen ernsthaft beeinträchtigen könnte, hast du die Möglichkeit, rechtliche Schritte zu prüfen. Ein Anwalt oder die Arbeiterkammer (AK) können dir helfen, deine Chancen auf eine Korrektur abzuwägen und dich bei weiteren Schritten zu unterstützen.
Tipps für Arbeitnehmer
Hier noch ein paar Tipps, wie Sie als Arbeitnehmer zu einem fairen Arbeitszeugnis kommen:
- Bitten Sie um ein Zwischenzeugnis, bevor Sie kündigen.
- Vergleichen Sie das finale Zeugnis mit dem Zwischenzeugnis.
- Getrauen Sie sich auch, Korrekturen einzufordern, wenn Sie Unstimmigkeiten bemerken.
- Lies dein Zeugnis laut und achte auf versteckte Botschaften. Klingt etwas „zu neutral“ oder handelt es sich um Selbstverständlichkeiten? Dann hake freundlich nach.
Beispiel für ein sehr gutes Arbeitszeugnis
Herr Max Mustermann, geboren am 13.08.1990 in Musterstadt, wohnhaft in Musterstraße 1, 12345 Beispielstadt, war in der Zeit vom 01.02.2015 bis zum 30.06.2019 als Marketing und E-Commerce Manager in unserem Unternehmen beschäftigt.
Die Beispiel GmbH ist ein deutschlandweit tätiges Unternehmen mit Sitz in Beispielstadt und über 500 Mitarbeitern. Der Fokus der Beispiel GmbH liegt in der Produktion und dem Verkauf von Büromöbeln. Die Primäre Verkaufsgruppe sind dabei Einzelhändler, welche durch direkte Verkäufe und inzwischen ebenfalls über einen Online-Shop bedient werden.
Herrn Mustermann wurde während seiner Tätigkeit in unserem Haus die gesamte Leitung für den Bereich (Online-)Marketing und E-Commerce, bestehend aus über 20 Mitarbeitern, übertragen. Er trug dabei die Verantwortung für ein Budget von rund 1.500.000 €.
Zum Aufgabenbereich von Herr Mustermann gehörten insbesondere:
- Planung und Durchführung von Onsite- und Offsite-Kampagnen zur Steigerung des Umsatzes
- Erfolgsmessung und ständige Optimierung des Online-Shops
- Planung, Konzeption und Umsetzung von Suchmaschinen-Kampagnen
- Optimierung der Customer Journey zur Performance- und Umsatzsteigerung
- Synchronisation der Online- und Offline-Marketing Aktivitäten
- Marktrecherche und Potentialanalyse
- Monitoring und Prozessoptimierung der Ratings & Reviews
- Datenerhebung, Analyse, Reporting zur stetigen Optimierung unserer E-Trade Aktivitäten
Wir haben Herrn Mustermann als dauerhaft motivierten Mitarbeiter, der alle seine Aufgaben schnell und mit entsprechender Sorgfalt erledigt, kennengelernt. Er arbeitet systematisch, termingerecht sowie gewissenhaft und konnte somit eine Arbeitsqualität aufweisen, die unseren Erwartungen jederzeit in vollstem Maße entsprach. Darüber hinaus zeigte der Mitarbeiter eine außerordentlich gute Auffassungsgabe, Zielstrebigkeit und herausragende Eigeninitiative. Herr Mustermann konnte in den vergangenen Jahren durch sein umfangreiches Fachwissen überzeugen und so zum Erfolg des Unternehmens beitragen.
Sein stets professionelles und freundliches Auftreten gegenüber Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen sowie Kunden führte zu einem sehr angenehmen Arbeitsklima, welches seine gesamte Abteilung zu besten Leistungen motivierte. Er überzeugte durch seine Souveränität und seinen Umgang mit komplexen Situationen, welche zu einer großen Anzahl erfolgreicher Vertragsabschlüsse führte.
Darüber hinaus möchten wir an dieser Stelle sein erfolgreiches Mitwirken am Projekt Optimierung des Online-Shops hervorheben, in welchem Herr Mustermann zielführend die Teamleitung übernahm und so das gesamte Projekt vorantreiben konnte. So gelang es Herrn Mustermann, zu einer äußerst positiven Umsatzentwicklung von 15% beitragen zu können.
Herr Mustermann scheidet auf eigenen Wunsch aus dem Unternehmen aus. Wir bedauern seine Entscheidung, das Unternehmen zu verlassen, außerordentlich.
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