Pflanzliche Mittel gegen Depressionen

Jeder kennt das Gefühl von Angst, es gehört zu unserem Leben und hat grundsätzlich eine sinnvolle Funktion als Alarmsignal und Schutz vor Gefahren. Ist die Angst jedoch übertrieben und tritt ohne Grund auf, wird von einer Angststörung gesprochen. Angststörungen sind die häufigsten psychiatrischen Störungen in der gesamten Europäischen Union. Das Risiko, mindestens einmal im Leben an einer Angststörung zu leiden, beträgt zwischen 14 und 29 Prozent.Bei der Angststörung handelt es sich um ein psychisches Krankheitsbild, das von überzogener bzw. übertriebener Angst oder Furcht gekennzeichnet ist, wobei jedoch echte Gefahren, Bedrohungen oder äußere auslösende Faktoren nicht vorhanden sind. Das bedeutet, dass das Angstniveau generell erhöht und häufig unkontrollierbar ist, wodurch sich Patienten unangemessene Sorgen beispielsweise hinsichtlich der Familie, Arbeit, Gesundheit etc. machen.Neben der oben genannten Angst und Besorgnis kommt es häufig zu weiteren Symptomen wie Ruhelosigkeit oder Aufregung, leichte Ermüdbarkeit, Konzentrationsstörungen, Muskelanspannungen sowie Schlafstörungen. Weiters leiden viele Angstpatienten zusätzlich an Depressionen oder einer Alkoholabhängigkeit.Obwohl eine frühe Diagnosestellung wichtig ist und zu einem besseren Behandlungserfolg führt, werden Angsterkrankungen häufig erst spät oder nicht diagnostiziert und behandelt. Scheuen Sie sich daher nicht davor, bei Beschwerden Ihren Arzt aufzusuchen.Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählen medikamentöse und nicht-medikamentöse Therapien, wobei eine Kombination beider Möglichkeiten häufig am effektivsten ist. Zu den gebräuchlichsten nicht-medikamentösen Therapien zählen Psychotherapie, Verhaltenstherapie und Entspannungstechniken. Gegen Symptome wie Unruhe oder Schlafstörungen bieten sich pflanzliche Präparate mit Baldrian, Hopfen, Melisse oder Passionsblume an.Es ist prinzipiell ratsam, bei Ängsten oder einem Verdacht auf Angststörungen einen Arzt aufzusuchen.

Pflanzliche Mittel bei Angst und Unruhe

Lavendel

Lavendel wirkt positiv auf die Psyche und den Schlaf. Wobei die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe von Faktoren wie den Anbauverhältnissen, dem Erntezeitpunkt, der Destillationsdauer sowie der Art des Destillationsgefäßes abhängig ist. Für die Gewinnung von 500 bis 650 ml ätherischem Öl werden circa 50 kg Lavendel benötigt. Eingenommen wird das ätherische Öl in Form von Kapseln, da es sich hier um einen kontrollierten Extrakt handelt. Lavendelöl sollte vorsichtshalber nicht gemeinsam mit anderen angstlösenden Mitteln, Beruhigungsmitteln oder Alkohol eingenommen werden.Das Öl wird gut vertragen, wobei die häufigste unerwünschte Nebenwirkung das Aufstoßen ist. Lavendelöl führt außerdem zu keiner Abhängigkeit oder Schläfrigkeit. Seine Wirkung beginnt nach circa zwei Wochen und steigert sich dann. Wird Lavendelöl zunächst im Selbstversuch angewendet, sich die Symptome jedoch nach einem Monat nicht geändert oder gar verschlimmert haben, sollte in jedem Fall ärztlicher Rat gesucht werden.

Passionsblume, Baldrian, Hopfen, Melisse

Bei Angsterkrankungen gehören Unruhe und Schlafstörungen häufig zum Krankheitsbild. Seit dem 20. Jahrhundert wird sie als Arzneipflanze gegen nervöse Unruhe verwendet. Zur Anwendung kommt das Kraut der Pflanze - das bedeutet, die ganze Pflanze mit Ausnahme der Wurzel.Baldrian ist heimisch in Europa und den gemäßigten Zonen Asiens. Heute wird der Baldrian auch in Nordamerika und Japan angebaut. Die Pflanze wurde schon im antiken Rom und Griechenland als Arzneipflanze verwendet. Genutzt wird die Wurzel der Pflanze. Baldrian kann eventuell zu Magen-Darm-Problemen wie Übelkeit und Bauchkrämpfen führen; er sollte nicht von Schwangeren, Stillenden und Kindern unter 12 Jahren eingenommen werden.Der Hopfen kommt vorwiegend aus Deutschland und wächst dort seit dem 8. Jahrhundert. Seit dem 18. Jahrhundert wird er als Schlaf- und Nervenmittel eingesetzt. Beheimatet ist die Pflanze heute in den gemäßigten Zonen Europas und Asiens. Verwendung finden die Hopfenzapfen der weiblichen Pflanzen.Die Melisse ist seit dem Altertum als Heilpflanze bekannt. Sie stammt aus dem östlichen Mittelmeerraum und wird inzwischen in Mittel-, Süd- und Osteuropa angebaut. Verwendung finden die Blätter der Pflanze. Alle beschriebenen Pflanzen wirken schlaffördernd, beruhigend und angstlösend.

Johanniskraut bei Depressionen

Als Paracelsus 1525 schrieb, das „Sanct Johannskraut“ helfe gegen Fantasien, die den Menschen in Verzweiflung bringen, deutete er bereits die antidepressive Wirkung des Johanniskrautes an. Depressionen und depressive Verstimmungen sind weit verbreitet und gehören zu den häufigsten psychischen Beschwerdebildern. Etwa 16 bis 20 % der Menschen leiden mindestens einmal in ihrem Leben an einer Depression.Die Ausprägung kann sehr stark variieren und von einer leichten depressiven Verstimmung bis zu einer schweren Depression reichen. Leichte Symptome sind sehr gut mit Heilpflanzen wie Johanniskraut beeinflussbar. Bei schweren Ausprägungen sind Phytopharmaka dagegen nicht geeignet. Zum einen ist eine schwere Depression ein gravierendes Krankheitsbild, das mitunter in Suizid enden kann; zum anderen ist die Wirkung von Heilpflanzen und daraus hergestellten Phytopharmaka bei schweren Depressionen nicht belegt.Johanniskraut zählt zu den am besten untersuchten Heilpflanzen und gilt auch im Sinne einer evidenzbasierten Medizin als nachweislich wirksam. Als Wirksubstanzen gelten Hypericin, Hyperforin, Xanthone und Flavonoide. Johanniskraut steigert die Konzentration verschiedener Neurotransmitter wie Serotonin, Noradrenalin und Dopamin in den Synapsen und wirkt dadurch stimmungsaufhellend. Zusätzlich wird vermehrt Melatonin ausgeschüttet.Seit Jahrzehnten wird Johanniskraut intensiv erforscht und gilt als wirksames Heilmittel bei leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmungen. Bei milden bis moderaten Symptomen einer Depression war Johanniskraut nicht nur Placebo signifikant überlegen, sondern in der Wirksamkeit - bei einer gleichzeitig deutlich besseren Verträglichkeit - auch mit gängigen Antidepressiva vergleichbar. Aufgrund der überzeugenden Studienlage findet sich Johanniskraut auch in Leitlinien als Option bei leichten bis mittelschweren Depressionen wieder.Johanniskraut ist gut verträglich, Nebenwirkungen sind selten und mild. Die Pflanze wirkt allerdings durch das enthaltene Hyperforin auf das Cytochrom P450-Enzym (3A4) und das P-Glycoprotein als Induktor. Durch den nachfolgenden verstärkten Metabolismus in der Leber verringert es deshalb den Plasmaspiegel von zahlreichen Wirkstoffen wie Cyclosporin, Digoxin, Indinavir, Irinotecan, Warfarin, Phenprocoumon, oralen Kontrazeptiva, Simvastatin, Alprazolam und Dextromethorphan.Im Hinblick auf die nachgesagte Phototoxizität von Johanniskraut gibt es mittlerweile Zweifel an der Relevanz dieses Warnhinweises. Bisher konnten ausgeprägte Effekte nur bei Weidetieren nach-gewiesen werden. In einer Studie zur möglichen Photosensibilisierung konnte zudem keine signifikante Änderung des Erythemrisikos festgestellt werden. Weitere Untersuchungen sind hierzu aber noch nötig. Die Anwendung sollte laut HMPC am besten in Form eines Trockenextraktes (DEV: 3−7:1, Methanol 80 % oder DEV: 3−6:1, Ethanol 80 %) erfolgen. Die empfohlene Tagesdosierung liegt zwischen 300 und 600 mg.

Adaptogene Heilpflanzen: Rosenwurz, Ginseng und Taigawurzel

Da die Ursache von depressiven Verstimmungen auch in einer Überforderung liegen kann, können vorbeugend eingenommen auch sogenannte adaptogene Heilpflanzen einen Nutzen bringen. Rosenwurz, Ginseng und Taigawurzel steigern die Widerstandsfähigkeit gegenüber Stress und lindern auf diese Weise deren negative Folgen. Besonders die Rosenwurz hat in der europäischen Heilkunde eine lange Tradition als adaptogene Heilpflanze.Für die Wirkung der Rosenwurz dürften maßgeblich die enthaltenen Phenylethanoide (u. a. Salidrosid), Zimtalkoholderivate (u. a. Rosavin, Rosin und Rosarin), Benzylalkoholderivate, Flavonoide, Monoterpene sowie das ätherische Öl (0,05 %) verantwortlich sein. In den letzten Jahrzehnten wurde Rosenwurz ausgiebig untersucht. In In-vitro-Studien und Tierversuchen zeigten sich neuroprotektive, antidepressive, stressreduzierende und lebensverlängernde Effekte bei unterschiedlichen Spezies. Der antidepressive Effekt kann durch eine hemmende Wirkung auf MAO-A und MAO-B erklärt werden. Die aktivste Komponente ist hierbei Rosiridin, welche die Aktivität von MAO-B zu 80 % reduziert. Neuere Studien belegen auch für andere enthaltene Flavonoide wie Rhodiosin und Rhodionin inhibierende Effekte auf die Monoaminooxidase. Zusätzlich scheinen antioxidativ wirkende Inhaltsstoffe langfristig schützende Effekte auf die Nervenzellen im Gehirn auszuüben.Die bereits in Tierversuchen erbrachten antidepressiven Effekte zeigten sich auch in bisher durchgeführten kleineren Studien. So zeigte Mao et al. (2015), dass ein Rosenwurz-extrakt zwar nicht gleichwertig wie die Sertralindosis wirkte, allerdings dem Placebo signifikant überlegen war. Als empfohlene Tagesdosierung gilt 400 bis 600 mg eines standardisierten Extraktes.Taigawurzel und Ginseng entfalten ähnliche Wirkungen wie die Rosenwurz. Taigawurzel wirkt zusätzlich auch immunstimulierend. Allerdings entfalten nur Rosenwurz und Ginseng auch konzentrationsfördernde Wirkungen. Eine Anwendung adaptogener Heilpflanzen ist allerdings nur kurzfristig sinnvoll. Denn einerseits sollte der Fokus in der Vermeidung von Stress liegen, andererseits eignen sich adaptogene Heilpflanzen meist nicht zur langfristigen Einnahme. Ginseng sollte beispielsweise maximal drei Monate lang eingenommen werden. Da insbesondere Rosenwurz auch aufputschend wirkt und deshalb die Schlafqualität beeinflussen kann, sollte die Einnahme des jeweils gewählten Präparates unbedingt in der ersten Tageshälfte erfolgen. Während Ginsengwurzel auch als Tee zubereitet werden kann, sollten Rosenwurz und Taigawurzel nur in Fertigarzneimitteln eingenommen werden.

Schlafbeere (Ashwagandha)

Die Wurzel der Schlafbeere (Withania somnifera) ist ein sehr beliebtes Heilmittel im Ayurveda und der TCM und hat in diesen traditionellen Heilsystemen eine entsprechend lange Tradition. Da die Schlafbeere ähnlich wie Ginseng die Stressresistenz erhöht, nennt man sie auch Indischer Ginseng. Doch anders als Ginseng wirkt die Schlafbeere nicht nur adaptogen, sondern auch beruhigend. Man kann diese deshalb auch bei Schlaflosigkeit, Angsterkrankungen und Unruhe einsetzen. Außerdem sagt man dieser Pflanze antidepressive Effekte und eine ausgleichende Wirkung auf Emotionen und Gefühle nach.Bei den Wirksubstanzen dürfte es sich um die in der Wurzel enthaltenen Steroide, den sogenannten Withanoliden, sowie Alkaloide handeln. In einer kleinen Studie wurden beispielsweise sowohl Muskelmasse als auch die allgemeine körperliche Stärke bei den Probanden nach einer achtwöchigen Einnahme von 2 x täglich 300 mg eines Extraktes verbessert.7 Die Anwendung kann als Dekokt sowie als Tinktur oder Trockenextrakt erfolgen. Wegen der enthaltenen Alkaloide sollte die empfohlene Tagesmenge von 3 bis 6 g getrocknete Wurzel bzw. 300 bis 500 mg des Extraktes nicht überschritten werden, da es in höheren Dosen zu Übelkeit und Durchfall kommen kann. Bei Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes sowie in Schwangerschaft und Stillzeit gilt diese Pflanze auch aufgrund noch fehlender Sicherheitsdaten als kontraindiziert.

Weitere pflanzliche Mittel und ihre Anwendung

Viele Mikronährstoffe sind an der Bildung von Botenstoffen im Gehirn (Neurotransmitter) wie etwa Dopamin, Noradrenalin, Melatonin und Serotonin beteiligt. Die begleitende Supplementierung von Mikronährstoffen bei Stimmungsschwankungen und anderen psychischen Erkrankungen ist somit nicht zu vernachlässigen. Viele wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass bei psychischen Erkrankungen eine bestmögliche Versorgung mit Mikronährstoffen wie z. B. Vitamin D3, B-Vitaminen und Zink, aber auch Omega-3-Fettsäuren sehr wichtig ist.

Angststörungen, Schlaflosigkeit und Depressionen sind die drei häufigsten psychischen Störungen, die im letzten Jahr auf Grund der Pandemie stark zugenommen haben. Pflanzliche Arzneimittel bieten eine gute Unterstützung für die Betroffenen. Standadisiertes Lavendelöl, das aus den Blüten des Arzneilavendels (Lavandula angustifolia) durch Wasserdampfdestillation gewonnen wird, hat sehr gute angstlösende Eigenschaften.

Zur Behandlung leichter Depressionen, Angst und nervöser Unruhe werden Johanniskrautextrakte angewendet. Bei der Anwendung ist zu beachten, dass Johanniskraut ein Interaktionspotential mit einigen Arzneimitteln (Pille!) hat und photosensibilisierend wirken kann.

Zusammenfassung der Fakten und Zahlen

  • Das Risiko, an einer Angststörung zu erkranken, liegt zwischen 14 und 29 Prozent.
  • Eine echte Panikstörung betrifft 1 bis 5 Prozent der Bevölkerung im Lauf ihres Lebens.
  • 50 Prozent der psychischen Erkrankungen beginnen vor dem 14. Lebensjahr, 75 Prozent vor dem 24. Lebensjahr.

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