Anzeichen von Autismus: Eine umfassende Liste

Menschen im Autismus-Spektrum nehmen die Welt auf eine Weise wahr, die sich von der der meisten anderen unterscheidet. Diese Unterschiede betreffen insbesondere die soziale Interaktion, Kommunikation und sensorische Verarbeitung. Häufig fällt es Betroffenen schwer, sich vorzustellen, was andere Menschen in einer bestimmten Situation denken oder fühlen, oder zu verstehen, warum sie etwas tun.

Früher wurde Autismus in verschiedene Kategorien unterteilt, heute wird er als Spektrum betrachtet. Die Autismus-Spektrum-Störung (kurz ASS) ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung, die auf eine veränderte Zusammenarbeit verschiedener Gehirnstrukturen zurückzuführen ist.

Entwicklungsauffälligkeiten sowie der Schweregrad von Autismus können individuell sehr stark variieren. Deshalb spricht man in diesem Zusammenhang von einem Spektrum an Erscheinungsformen. Im ICD-11 wird Autismus als ein Spektrum betrachtet, anstatt in Unterkategorien unterteilt zu werden.

Autismus ist von „außen betrachtet“ häufig nicht sofort „sichtbar“. So ist Autismus etwa nicht an äußerlichen Gesichtszügen erkennbar. Menschen im Autismus-Spektrum können jedoch durch ihren Kommunikationsstil oder ihre Art der Bewegung auffallen. Dies kann sich beispielsweise in einer sehr förmlichen Sprache, einer pedantischen Ausdrucksweise oder wiederholten Lauten äußern. Ebenso können repetitive Handbewegungen, eine ungewöhnliche Körperhaltung oder Grimassieren darauf hinweisen.

Unterschiede in der sozialen Interaktion

Während Kinder ohne Autismus Spaß am gemeinsamen Spiel haben, andere Kinder genau beobachten, interessant erscheinen wollen, schon früh zu imitieren beginnen, soziale Regeln kennen und einhalten, scheinen Kinder mit Autismus, sich dabei schwerer zu tun: Sie ziehen das Spiel mit Materialien dem Spiel mit anderen Kindern vor, wissen in Alltagssituationen oft nicht, wie sie mit anderen Kindern umgehen sollen, können das Verhalten anderer nicht richtig deuten und fallen in Gruppensituationen auf.

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Oft fehlt es diesen Kindern an verbalen und nonverbalen Fähigkeiten, das heißt, sie können sich sprachlich wenig oder gar nicht mitteilen und können aus der Körpersprache, wie Gestik und Mimik, keine Rückschlüsse ziehen. Manche Kinder mit ASS hingegen haben eine gut entwickelte Sprache, fallen aber mit ihrem „gehobenen“ oder erwachsen wirkenden Sprachausdruck auf. Letztere wissen oft nicht, wie man ein wechselseitiges Gespräch beginnt oder führt.

Kinder mit ASS folgen keinen typischen Mustern bei der Entwicklung ihrer sozialen und kommunikativen Fähigkeiten. Viele Untersuchungen haben gezeigt, dass autistische Kinder subtile soziale Hinweise z.B. gar nicht bemerken. Gerade diese Hinweise wären hilfreich, um soziale Beziehungen und Interaktionen zu verstehen. Geste, Gesichtsausdrücke und andere nonverbale Kommunikation einer Person zu interpretieren, können Kinder mit einer ASS nicht angemessen antworten.

Autistische Kinder können Probleme damit haben, den Standpunkt anderer Personen zu verstehen. unterschiedliche Informationen, Gefühle oder Ziele haben, als die, die sie selbst haben. Kinder mit Autismus fehlt dieses Verständnis.

Das Verhalten autistischer Kinder erscheint oft ungewöhnlich. Dabei können Gesten und Verhaltensweisen als extrem und auffällig gelten. Manche Kinder mit einer ASS zeigen jedoch nur schwach auffallend und diskrete Verhaltensweisen, indem diese z. B. Augen bewegen. Betroffene Kinder tendieren dazu, übermäßig fokussierte Interessen zu haben.

Kommunikation

Im Bereich der Kommunikation gehören zu den typischen Meilensteinen in der kindlichen Entwicklung u. Worte sprechen können, ihren Kopf drehen, wenn sie ihren Namen hören oder zeigen können, dass sei ein bestimmtes Spielzeug haben wollen. ihnen etwas angeboten wird, das sie nicht haben wollen, dann machen sie diese durch Worte, Gesten oder Gesichtsausdrücke deutlich. Kinder mit ASS erreichen diese Meilensteine nicht bzw. nur einzelne Wörter sprechen oder einzelne Phrasen wieder und wieder wiederholen.

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Selbst solche Kinder mit relativen guten Sprachfähigkeiten haben oft Probleme mit der Wechselseitigkeit von Kommunikation. Andeutungen zu verstehen und auf sie zu reagieren. bessere Wege beigebracht werden, um ihre Bedürfnisse auszudrücken.

Daher erschwert sein, die Körpersprache eines Kindes mit Autismus zu deuten. Ihre Gesichtsausdrücke, Bewegungen und Gesten sind oft eher wage oder passen nicht zu dem, was sie sagen. ihrer Stimme reflektiert oft nicht ihre eigentlichen Gefühle. Für solche Kinder bedeutet z. B. warten?" immer dasselbe. Unabhängig davon, ob der Sprecher Witze macht, eine wirkliche Frage stellt oder es sich um eine nachdrückliche Bitte handelt.

Spezielle Interessen und repetitive Verhaltensweisen

Charakteristisch für den Autismus sind auch spezielle eingeschränkte Interessen, Vorlieben und Verhaltensweisen, die häufig auch in völlig unpassenden Situationen wiederholt werden und die für das autistische Kind eine faszinierende oder regulative Wirkung haben. Dazu gehören auch sogenannte körperbetonte Stereotypien wie das Flattern der Hände oder das Wippen des Oberkörpers.

Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung entwickeln oft ein großes Interesse an bestimmten Themen oder Objekten. Damit beschäftigen sie sich sehr intensiv und ungewöhnlich lange. Die Auswahl des Spezialinteresses hängt dabei von den Vorlieben und dem Entwicklungsstand der jeweiligen Person ab. Beispielsweise können sie von einem bestimmten Objekt fasziniert sein und sich stundenlang damit beschäftigen, einfach weil es sich gut anfühlt, schön aussieht oder angenehme Geräusche erzeugt. Manche beschäftigen sich besonders lange mit bestimmten Themengebieten und wollen alles darüber lernen. eines Autos. Sie können auch stundenlang damit verbringen, Spielzeug in einer bestimmten Ordnung aufzureihen.

Sich wiederholende Verhaltensweisen können auch in Form von beharrlicher und intensiver Beschäftigung mit einem Thema auftreten. Staubsauger, Zugfahrpläne oder Leuchttürme zu lernen. Während autistische Kinder in ihren täglichen Aktivitäten sehr routiniert sind, ist ihre Inflexibilität teilweise sehr extrem und oft Grund für ernsthafte Schwierigkeiten. beharren darauf, jeden Tag dasselbe zu tun, zu essen oder z. B. immer den gleichen Weg zur Schule zu nehmen. führen. Manche Kinder reagieren besonders dann mit emotionalen Ausbrüchen, wenn sie wütend, frustriert oder mit einer neuen Umgebung konfrontiert werden.

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Repetitive/stereotype Verhaltensweisen: Darunter versteht man bestimmte Handlungen, die immer wieder (auf dieselbe Art und Weise) wiederholt werden. Manche Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung zeigen auffällige Körperbewegungen, wie zum Beispiel mehrmaliges Flattern mit Armen oder ein Schaukeln des Oberkörpers. Außerdem bevorzugen sie fixe Abläufe und Strukturen, die für andere nicht immer Sinn ergeben. Bei einem Kind kann sich das beispielsweise so äußern, dass es darauf besteht, immer zur selben Zeit zu essen und das nur von einem roten Teller, immer denselben Weg zur Schule zu gehen oder das Spielzeug immer auf eine bestimmte Art zu ordnen.

Sensorische Wahrnehmung

Damit wir uns in der Umwelt zurechtfinden und uns orientieren können, sind wir auf unsere Sinne angewiesen. Bei Menschen mit einer Autimus-Spektrum-Störung ist diese Wahrnehmung von Sinnesreizen gestört und deshalb reagieren sie in manchen Situationen auf ungewöhnliche Art und Weise.

Überempfindlichkeit gegenüber Reizen: Viele Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung nehmen bestimmte Reize viel intensiver wahr als andere Menschen das tun. Zum Beispiel können sie sehr empfindlich gegenüber bestimmten Geräuschen und Stimmen sein und müssen sich die Ohren zuhalten, oder sie halten das Gefühl, das ein bestimmtes Kleidungsstück auf der Haut erzeugt, nicht aus, oder sie können den Geschmack einer bestimmten Speise nicht ertragen. Diese Reize werden als sehr unangenehm und manchmal sogar als schmerzhaft empfunden.

Unterempfindlichkeit gegenüber Reizen: Manchmal nehmen Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung bestimmte Reize auch weniger intensiv wahr. Zum Beispiel kommt es vor, dass körperliche Schmerzen oder Kälte nicht so stark gespürt werden. Die Betroffenen brauchen dann oft besonders starke Reize, um ihre Bedürfnisse zu befriedigen und suchen auch gezielt nach diesen.

Frühe Anzeichen und Diagnose

Typische erste Anzeichen einer ASS können innerhalb des ersten Lebensjahres noch nicht eindeutig genug festgestellt werden. Das Asperger-Syndrom wird im Allgemeinen erst deutlich nach dem Kleinkinderalter diagnostiziert. Anzeichen für das Asperger-Syndrom.

Ein möglichst früher Eingriff kann dabei helfen, das Ausmaß der Beeinträchtigungen, die mit Autismus verbunden sein können, zu reduzieren. Sie brauchen Unterstützung durch das soziale Umfeld, denn Sie tun gut daran, sich für diesen Weg von Anfang an Unterstützung zu holen. die sich an einem Tag in der Woche um ihr autistisches Kind kümmert.

Wichtig ist, dass Sie sich professionelle Unterstützung holen - Autismus-Therapie-Zentren, Frühförderung, Ergotherapeuten, ... Denken Sie daran, dass Ihr autistisches Kind in kleinen Schritten lernt. Es reicht zum Beispiel, wenn es erst einmal immer wieder ein bestimmtes Teil in ein Puzzle einsetzt, erst dann muss es das nächste Teil ausprobieren. Ihr Kind braucht sehr viel Lob, wenn es etwas gut gemacht hat! Stück Salzstange. Viele autistische Kinder lieben Belohnungen (so genannte "Verstärker"), die Geräusche machen oder blinken und/oder leuchten.

Wenn Ihre gemeinsamen Spielsequenzen einmal nicht so erfolgreich sind wie sonst, lassen Sie sich nicht entmutigen. Kind beispielsweise etwas Einfacheres machen lassen oder sich eine kürzere Zeit mit ihm beschäftigen. Sie sind nicht allein! In Ihrer Nähe gibt es Eltern, denen es ähnlich geht, und Sie tun gut daran, sich mit diesen zu verabreden und auszutauschen.

Unterstützung und Therapie

Autismus erfordert keine Heilung, sondern Verständnis und gezielte Unterstützung. Verschiedene Ansätze wie Verhaltenstherapie, Ergotherapie oder soziale Trainings können helfen, individuelle Stärken zu fördern.

Ihr Kind geht seinen Weg in die Selbständigkeit. Zunächst in die Krabbelstube oder in den Kindergarten. Einrichtungen mit Integration bzw. Inklusion, d h. Überschaubare Strukturen bzgl. Möglichkeiten von Entspannungs- und Erholungsangeboten (z.B. vertraut machen, ihm etwas Wichtiges von zu Hause mitgeben. Denken Sie daran, dass es für Ihr Kind ein großer Schritt ist, sich der neuen Herausforderung zu stellen. wird es Probleme haben, wenn Sie versuchen ihm die Neuerung zu erklären. Es muss daher die Veränderung vielmehr begreifen und erfahren, was diese bedeutet. wie lange es dauert, was es dort soll, ob und wann Sie es wieder abholen. Vielleicht ist es sehr irritiert und hat Angst.

Menschen mit Autismus-Spektrum-Störung empfinden ihre Umwelt oft als chaotisch und unvorhersehbar. Sie haben große Schwierigkeiten damit, sich flexibel an neue Situationen und Abläufe anzupassen und sich adäquat zurechtzufinden. Durch den Einsatz bestimmter Verhaltensmuster versuchen Betroffene daher ihre Umwelt vorhersehbarer und durchschaubarer zu gestalten.

Kinder mit Autismus sind darauf angewiesen, dass Personen, ihr Umfeld, gewisse Abläufe im Alltag, und Tätigkeiten möglichst immer gleichbleiben, weil Änderungen für sie eine große Herausforderung darstellen. Sind Änderungen aber notwendig (und das dürfen sie auch sein!), dann ist es wichtig, dass die Kinder langsam darauf vorbereitet werden.

Wenn Kinder selber kaum sprechen oder Sprache nicht verstehen, dann können Bilder von Handlungen, Reihenfolgen, Abläufen oder wichtigen Verhaltensregeln eine große Hilfe darstellen, denn bei den meisten Menschen mit Autismus ist der Sehsinn sehr gut ausgeprägt. Je einfacher und eindeutiger diese Bilder sind, desto mehr können diese Bilder von den Kindern „gelesen“, also verstanden werden. Aber Achtung! Ähnlich verhält es sich bei der verbalen Sprache: Lange Sätze werden vom Kind nicht richtig verstanden, weil die Verarbeitung des Gehörten länger braucht und die Merkfähigkeit von gehörten Reizen reduziert ist. Je mehr Sie in kurzen Sätzen aber mit hervorgehobener Stimme mit Ihrem Kind reden, desto besser wird es Sie wahrnehmen, verstehen und vielleicht auch Dinge ausführen können. Untrennbar damit verbunden ist der Blickkontakt, der die Basis jeder Kommunikation ist.

Eltern berichten, dass Kinder mit Autismus in bestimmten Situationen oft unerwartet mit Widerstand, Schreien oder selbstverletzendem Verhalten reagieren. Hier ist ein Hinterfragen möglicher Ursachen oft Goldes wert. Die bereits genannten „Überreizungen“ des Alltags sind oft Auslöser für Schreien und Widerstand. Es reichen Kleinigkeiten oder vermeintliche Bagatellen, die das Kind „aus der Haut fahren lassen“. Für das autistische Kind sind sie wirklich unangenehm und werden um ein Vielfaches stärker empfunden, als von uns Erwachsenen.

Beachten Sie im Entwicklungsverlauf, dass Kinder mit Autismus anders lernen! Sie sind viel stärker auf Wiederholungen, kleinschrittige Erweiterungen der Lernanforderungen und Hilfestellungen angewiesen, als andere Kinder. Fähigkeiten, wie zum Beispiel das selbständige An- und Ausziehen, die Umsetzung kleiner Arbeitsaufträge oder die Selbstorganisation im Alltag erfordern ein gezieltes Training. Eltern und andere wichtige Bezugspersonen sind oft gefordert und können manchmal an ihre Grenzen stoßen, weil das Kind mit Autismus häufig mehr Unterstützung braucht. Hilfen von außen, etwa durch Therapie und Frühförderung, stellen eine wertvolle Unterstützung dar - sowohl für das Kind als auch für dessen Familie. Damit aber diese auch wirklich „fruchtet“ ist das gemeinsame Bekenntnis für die Therapie, das „Ziehen an einem Strang“ aller Beteiligten von großer Bedeutung, vor allem bei der Umsetzung der Förderung. Den Eltern kommt eine wichtige Rolle zu, denn sie kennen ihr Kind am besten und können sich somit unterstützend in die Therapie einbringen. Die wichtigste aller Tugenden ist aber hier besonders gefragt: Geduld! Anerkennen und schätzen Sie jeden kleinsten Fortschritt!

Da Kinder mit Autismus von sich aus kaum Interesse an anderen Menschen zeigen, bleiben viele Lernchancen ungenutzt, die untrennbar mit der positiven Entwicklung verbunden sind. Eine frühe, gezielte Förderung verbessert die Spielfertigkeiten der Kinder, aber auch ihre kognitiven Fähigkeiten (darunter versteht man eine Vielzahl wichtiger Denkprozesse), die Entwicklung von Sprache und der Wunsch nach sozialer Interaktion. Ein Kernziel der Förderung besteht darin, auf vielfältigste Weise Gelegenheiten für das Lernen zu schaffen. Wenn das Kind Interesse an gemeinsamen Aktivitäten entwickelt, dann wird auch die Kommunikation „angekurbelt“, es werden neue Spielerfahrungen ermöglicht und das gesamte Verhaltensrepertoire zugunsten von mehr Kreativität und Flexibilität erweitert. Kinder mit diesem Erfahrungshintergrund können erstaunlich viel lernen und mehr von ihren Potentialen profitieren. Sie entwickeln mehr Interesse an anderen Menschen. Soziales Lernen wird ermöglicht und der Grundstein für das spätere, möglichst selbständige Leben gelegt!

Je nach Schwere ist eine Begleitung des Menschen mit Autismus über eine jahrelange Zeitspanne notwendig. So breit das Spektrum autistischer Verhaltensweisen und Charakteristika ist, so groß ist auch die Bandbreite möglicher Fördermöglichkeiten zu Hause.

Das Gehirn besitzt die Eigenschaft, durch Training veränderbar zu sein, indem Verbindungen zwischen den Nervenzellen stärker oder schwächer werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer sogenannten Neuroplastizität. Diese ist die Grundvoraussetzung für jede Form des Lernens. Erfreulicherweise gibt es bereits einige therapeutische Programme, die sich genau diese Tatsache zunutze machen. Sie sind auf die Besonderheiten von Autismus zugeschnitten und bringen zahlreiche Kompetenzen des Kindes hervor. Es lohnt sich daher, eine therapeutische Institution mit Schwerpunkt Autismus aufzusuchen und sich dort Hilfe zu holen! Nichts zu tun und abzuwarten bedeutet, wertvolle Zeit zu verlieren!

Autismus bei Frauen und Mädchen

Seit Beginn der Autismusforschung gab es ein Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern. Männer oder Buben wurden wesentlich häufiger mit Autismus diagnostiziert. Das Verhältnis lag zwischen 8:1 und 4:1.

“Aktuell geht man von einem Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu etwa 2:1 aus. Das Ungleichgewicht zwischen den Geschlechtern hat mit der Geschichte der Autismusforschung zu tun. Die ersten Untersuchungen zu Autismus wurden nur an Buben durchgeführt. “Es entstand ein männlich geprägtes Bild von Autismus. Man hat sich in ersten Studien zu dem Thema vorwiegend Jungen und Männer angesehen, deren Symptome erfasst und in Folge dessen diagnostische Instrumente entwickelt. Diese werden zum Teil immer noch angewandt. Die teilweise etwas andere und unter Umständen subtilere Symptomatik von Mädchen und Frauen wird dann eventuell nicht erfasst”, sagt Graf.

Die Symptome seien bei Frauen und Mädchen häufig subtiler, so Graf. Mädchen, die sehr gerne lesen oder sich für Tiere interessieren, würden eben nicht so auffallen. Zudem gebe es Hinweise darauf, dass Frauen und Mädchen besser im Maskieren sind, also im bewussten Anpassen an die Umgebung. Und schließlich spiele auch die Erziehung eine Rolle. Bei Mädchen werde mehr darauf geachtet, dass sie einfühlsam sind.

Späte Diagnose

Ela musste 52 Jahre darauf warten, dass Autismus bei ihr festgestellt wird. Die Diagnose war eine ungemeine Erleichterung. “Ich weiß jetzt, dass ich nicht faul bin. Ich habe mich ja auch immer bemüht. Ich habe einfach nur autistische Probleme”, sagt sie. Ähnliche Reaktionen sieht Sandra Graf auch bei anderen Betroffenen. “Die Menschen haben das Gefühl, dass sie sich zu wenig anstrengen, dass sie dumm oder unfähig sind. Sie glauben, dass sie sich das vielleicht nur einbilden. Sie geben sich selbst immer wieder die Schuld, strengen sich im Vergleich zu anderen jedoch viel mehr an, was scheinbare Kleinigkeiten betrifft: Der Besuch im Supermarkt, das Gespräch mit der Kollegin, das kurze Telefonat.

Zur ohnehin schon seltener gestellten Diagnose bei Frauen und Mädchen kommt hinzu, dass sie bei erwachsenen Menschen noch schwieriger ist. So eine Diagnose setze laut Graf Fachwissen voraus. Denn es gebe einerseits autismusspezifische Symptome, andererseits aber auch oft eine sehr gut ausgeprägte Intelligenz. Autist:innen würden sich viele Verhaltensweisen selbst antrainieren und damit für eine gewisse Zeit nach außen hin wenig auffallen. “Man muss wissen, welche Fragen man stellt und nicht nur nach dem Verhalten alleine urteilen. Dass mir die Person in die Augen schaut, ist kein Beleg dafür, dass sie keine Autistin ist. Man muss fragen, wie es zu dem Blickkontakt kommt, ob er anstrengend, unangenehm, vielleicht sogar schmerzhaft für die Person oder auch angelernt ist.

“Das Problem ist ja oft nicht der Autismus, sondern die Schnittstelle zur Gesellschaft”, sagt Sandra Graf. Die Gesellschaft nehme sehr wenig Rücksicht auf Menschen mit Autismus: Der Zwang zum Großraumbüro oder auch laute Supermärkte sind alltägliche Dinge, die Autist:innen das Leben erschweren. In einer Therapie gehe es deswegen auch nicht darum, den Autismus weniger zu machen.

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