Autismus-Spezialisten in Bayern: Diagnostik, Therapie und Inklusion

Die Leistungen für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen im Bereich Teilhabe und Inklusion umfassen primär spezialisierte Diagnostik-, Therapie-, Beratungsangebote. Eine frühe Erkennung ist wichtig für eine frühzeitige Förderung des Kindes.

Diagnostik von Autismus-Spektrum-Störungen

Die Diagnose Autismus wird in der Regel von einem Kinder- und Jugendpsychiater gestellt. In Salzburg bieten eine Reihe von Institutionen und Einrichtungen Möglichkeiten für eine differenzierte Diagnose von Autismus-Spektrum-Störungen, zum Teil für bestimmte Zielgruppen (Kinder, Jugendliche, Erwachsene), teils aber auch allgemein (Angebote der Kliniken und der Wahlärzte).

Bis zum 18. Lebensmonat entwickeln sich die sprachlichen und motorischen Fähigkeiten von Kindern generell sehr unterschiedlich. Deshalb ist bis zu diesem Zeitpunkt eine eindeutige Autismus-Diagnose schwierig. Gerade intelligenteren Kindern gelingt es zudem, einige Symptome zu verbergen.

Hinter manchen Symptomen können auch körperliche Erkrankungen stecken. Diese muss der Kinderarzt zunächst ausschließen. Dabei helfen ihm neurologische, laborchemische und bildgebende Verfahren. Zudem kontrolliert er in Hörprüfungen und Sehtests die Funktionsfähigkeit von Ohren und Augen. Wichtig ist auch eine Messung der Hirnströme (EEG): Damit lassen sich Gehirnschäden nachweisen bzw. ausschließen.

Lässt sich keine körperliche Ursache für die Symptome finden, kommt meist ein Spezialist ins Spiel. Kinder- und Jugendpsychiater sind mit den Symptomen und Formen von Autismus bestens vertraut. Sie verfügen über die nötige Erfahrung und diagnostischen Methoden, um eine sichere Diagnose stellen zu können.

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Die unterschiedliche Ausprägung der Symptome kann bei der Einschätzung Schwierigkeiten bereiten. So können die charakteristischen Anzeichen des Autismus so schwach in Erscheinung treten, dass sie bei guter familiärer Unterstützung und Integration kaum auffallen. So wird der Autismus oft erst im Erwachsenenalter diagnostiziert.

Autismus-Tests

Mithilfe von Fragebögen werden in speziellen Autismus-Tests gezielte Symptome beurteilt. Im Mittelpunkt stehen die Symptomkomplexe, die für Autismus-Spektrum-Störungen charakteristisch sind. Bei Kleinkindern beantworten Eltern die Fragen und schätzen die Symptome ein.

Häufig setzen spezialisierte Fachärzte die „Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen“ (ADOS) und das „Diagnostische Interview für Autismus“ (ADI-R) ein. Diese Methoden können bei Betroffenen ab dem zweiten Lebensjahr angewendet werden.

Intelligenztests

Vor allem der frühkindliche Autismus geht zu 70 Prozent mit einer geistigen Behinderung einher. Bei Verdacht auf Autismus ermittelt man daher unter anderem auch den Intelligenzquotienten (IQ). Gängige Tests sind:

  • Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder (HAWK-IV): Neben dem Gesamt-IQ werden in etwa 60 Minuten zusätzlich Bereiche des Sprachverständnisses, logischen Denkens, der Bearbeitungsgeschwindigkeit und des Arbeitsgedächtnisses untersucht.
  • Hannover-Wechsler-Intelligenztest für das Vorschulalter (HAWIVA): Dieser Test wird bei Kindern zwischen dem 2. und 6. Lebensjahr angewendet.
  • Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene
  • weitere Tests zur Sprachentwicklung

Autismus-Selbsttests

Besonders ein leichter Autismus kann jahrelang unbemerkt bleiben und sich erst im Erwachsenenalter unter veränderten Bedingungen zeigen. Viele Betroffene berichten dann nicht selten, dass sie sich schon immer „anders“ als ihre Mitmenschen gefühlt haben. Deshalb gibt es mittlerweile eine Reihe von Autismus-Selbsttests, mit denen man eine erste Selbsteinschätzung treffen kann.

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Ein sogenannter Autismus-Spektrum-Quotient (AQ) dient als Maßstab für den Schweregrad einer Autismus-Spektrum-Störung. Der von Simon Baron-Cohen entwickelte AQ-Test versucht, in 50 Fragen eine erste Einschätzung zu liefern.

Achtung: Autismus-Selbsttests ersetzen nicht den Besuch beim Arzt. Sie können aber einen ersten Verdacht erhärten. Die Betroffenen sollten dann einen Spezialisten aufsuchen, um weitere Untersuchungen durchführen zu lassen.

Hyperaktive Störungen sind oft schwierig von anderen Autismus-Formen abzugrenzen. So gibt es Verhaltensauffälligkeiten, die mit Stereotypien, geistiger Behinderung und zum Teil mit selbstverletzendem Verhalten einhergehen.

Solche hyperaktiven Störungen fallen unter Umständen ebenfalls in das autistische Spektrum. Typisch für diese Störungen ist, dass sie mit Medikamenten nicht behandelbar sind. Außerdem kehrt sich in der Pubertät die anfängliche Hyperaktivität in eine Hypoaktivität um - also einen verminderten Bewegungsdrang.

Therapie und Förderung

Viele dieser Leistungen können direkt nach Kontakt mit den jeweiligen Anbietern in Anspruch genommen werden (vor allem in den Bereichen Diagnostik und Therapie). Für Leistungen in den Bereichen Beschäftigung und Wohnen muss man zuvor einen Antrag bei der zuständigen Bezirksveraltungsbehörde stellen.

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Hohen Beratungsbedarf gibt es erfahrungsgemäß bei Übergangssituationen (Einstieg Kindergarten, Kindergarten-Schule, Schule-Erwerbsleben).

Angebote in Salzburg

Im Bundesland Salzburg gibt es verschiedene Anbieter, die Leistungen für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen anbieten. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über einige dieser Angebote:

Anbieter Region Leistungsangebot Zugang
Autismus.Kompetenz.Zentrum des Ambulatoriums für Entwicklungsdiagnostik und Therapie, Lebenshilfe für Kinder Stadt Salzburg Therapie
Angehörige - Beratung
KiGa - Beratung
Schule - Beratung
direkt über Einrichtung
Ambulatorium für Entwicklungsdiagnostik und Therapie, Lebenshilfe für Kinder Stadt Salzburg und alle Bezirke Diagnostik
Therapie
Angehörige - Beratung
KiGa - Beratung
Schule - Beratung
direkt über Einrichtung
Institut für Heilpädagogik des Landes Salzburg, SPZ für Kinder Stadt Salzburg Diagnostik
Therapie
Angehörige - Beratung
direkt über Einrichtung
VIA - Verein Initiative Autismus für Kinder, Jugendliche,Erwachsene Stadt Salzburg und Bezirke Diagnostik (für Erwachsene)
Therapie
Angehörige - Beratung (+ Beratung von Arbeits- u. Wohneinrichtungen)
KiGa - Beratung
Schule - Beratung (für jede Schulstufe)
Selbsthilfegruppe (Treffpunkt Asperger)
direkt über Einrichtung

Inklusion und Schule

Die Angebote in diesem Bereich reichen von Beschäftigungsangeboten in spezialisierten Werkstätten (Caritas, Lebenshilfe, Diakonie) bis hin zu Clearings-, Arbeitstrainings- und Begleitangeboten (Pro Mente, BBRZ).

Grundsätzlich begrüße ich es, wenn sich bisherige Sonderschulen in Richtung Inklusion aufmachen und auch Schüler ohne Behinderung aufnehmen, um über eine gemeinsame Beschulung Kontakt herzustellen. Das Ziel muss sein, das jetzige System der Integrationsklassen weiterzuentwickeln und Regelschulstrukturen zu schaffen, die Kinder mit Behinderungen willkommen heißen und ihnen zugleich die nötige Unterstützung geben.

Wobei Inklusion nicht heißen muss, dass ein Kind mit hohem Pflege- und Unterstützungsbedarf während der gesamten Zeit mit allen anderen Kindern im Klassenzimmer sitzt. Es kann durchaus sein, dass es Phasen gibt, wo im selben Schulgebäude ein "Ressource-Room" verwendet wird, in dem dieses Kind bestimmte Selbstversorgungshandlungen - sei es Schuhebinden oder Essen - lernt. Ich gehe aber davon aus, dass Strukturen in der Regelschule etablierbar sind, die allen Kindern gerecht werden.

Meiner Meinung nach gehört an jede Schule ein "Special Needs Coordinator", wie es ihn etwa in England gibt. Diese Person schaut nach, ob es Kinder gibt, auf die nicht angemessen eingegangen wird, und entwirft für sie dann individuelle Entwicklungspläne: dazu gehören Kinder mit Behinderungen, aber auch solche mit schweren chronischen Erkrankungen oder solche, die gemobbt werden.

Es gibt Studien, wonach Kinder in inklusiven Settings mehr lernen als in Sonderschulen und sich auch wohlfühlen. Andere Studien belegen tatsächlich, dass speziell ab Eintritt in die Pubertät Kinder, die in jüngeren Jahren gut in die Klassen integriert waren, in stärkerem Maße zurückgewiesen werden und eine schlechtere Stellung in den Peergruppen haben.

In einer großen Schweizer Langzeit-Studie konnte man feststellen, dass sich die Kinder zwar in Sonderschulen etwas wohler fühlen, aber jene aus den integrativen Bereichen später im Leben und im Beruf besser zurecht kommen. Der Schonraum Sonderschule wirkt sich also auf die Gesamtbiographie nicht positiv aus und mündet oft in den Schonraum Werkstätte: Es gibt Leute, die sprechen hier von einem "gut gepolsterten Gefängnis".

Es kommt also zu einem Qualifikationssprung! Ich selbst habe jedenfalls in der Praxis erlebt, dass Kinder nicht weniger lernen, wenn man ihre Individualität respektiert, sondern dass davon alle profitieren: Hochbegabte ebenso wie Kinder mit intellektueller Beeinträchtigung. Das ist auch das Ziel von Inklusion. Aber dazu brauchen die Lehrer Unterstützung durch Spezialisten, damit sie nicht in der Klasse untergehen und mit Burnout ausscheiden.

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