Psychotherapie ist eine wichtige Gesundheitsleistung. Die Kosten werden in der Regel von den Krankenkassen zum Teil oder häufig auch zur Gänze übernommen. Dieser Artikel soll Ihnen eine Übersicht über die verschiedenen Aspekte der Psychiaterkosten in Deutschland verschaffen.
Psychotherapie in Deutschland: Gesetzliche Grundlagen
Gesetzlich ist psychotherapeutische Behandlung der medizinischen gleichgestellt. Das bedeutet, egal, ob körperliches oder seelisches Leid - jeder bekommt Hilfe. Zumindest in der Theorie. Doch das System hat Lücken.
Wie viele Menschen tatsächlich Psychotherapie brauchen, ist schwierig zu sagen. Grundsätzlich gehen Experten davon aus, dass bei drei bis sieben Prozent der Gesamtbevölkerung ein Bedarf an Psychotherapie besteht. Bei einer guten Versorgungsstruktur würde ca. die Hälfte dieser Menschen eine Therapie auch tatsächlich in Anspruch nehmen.
Jegliche Symptome, die sich negativ auf die Lebensqualität einer Person auswirken und keine körperlichen Ursachen haben, sind gerechtfertigte Gründe, um eine Psychotherapie in Anspruch zu nehmen.
Finanzierungsmöglichkeiten für Psychotherapie
Grundsätzlich gibt es verschiedene Optionen, die je nach Bundesland leicht unterschiedlich geregelt sind: kassenfinanziert, teilfinanziert durch einen Zuschuss und selbstfinanziert. Jede einzelne scheint noch Lücken zu haben, die eine flächendeckende psychische Versorgung erschweren.
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1. Kassenfinanzierte Therapie
Therapie ist teuer. Genau deswegen gibt es sogenannte Plätze auf Kassenschein - Therapieplätze, deren Kosten zur Gänze von der staatlichen Krankenversicherung übernommen werden.
Wer einen Kassenplatz bekommt, hängt hauptsächlich davon ab, wie schwer ein Mensch erkrankt ist: Je schwerer die psychische Erkrankung, desto eher hat man eine Chance.
Wer das Glück hat, einen Platz auf Kassenschein zu bekommen, erhält eine Art Stundenkonto. Allerdings sind Depressionen in 25 bis 30 Prozent der Fälle chronisch mit immer wiederkehrenden depressiven Episoden. Betroffene können ihr Leben lang mit einer psychischen Krankheit wie dieser zu kämpfen haben. Ein Umstand, der nicht flächendeckend berücksichtigt wird.
2. Zuschussregelung
Wer sich nicht für die Kasse qualifiziert, hat Anspruch auf einen Zuschuss. Den Rest des Honorars beim Psychotherapeuten zahlt der Patient aus eigener Tasche.
Viele Menschen können sich Psychotherapie aber trotz Zuschuss auf Dauer nicht leisten.
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3. Selbstfinanzierung
Auch wenn ein Zuschuss grundsätzlich jedem offensteht, wollen einige Menschen ihre Therapie selbst bezahlen. Grund dafür ist unter anderem die Sorge, dass ihnen der Eintrag ins System, der mit finanzieller Unterstützung einhergeht, irgendwann zum Nachteil wird.
Das Ausmaß einer selbstfinanzierten Psychotherapie zeigt ein Rechenbeispiel. Basis sind für diesen Text die 200 Therapiestunden, die beispielsweise kassenfinanziert wären. Stundensätze variieren zwischen 70 und 150 Euro, für die Rechnung wird wohlgesonnen der Mittelwert dieser beiden Zahlen (110 Euro) genommen. Bei wöchentlicher Behandlung, wie es für schwere psychische Erkrankungen vorgesehen ist, würde eine Person über einen Zeitraum von weniger als vier Jahren 22.000 Euro zahlen.
Ablauf der Kostenübernahme durch deutsche Krankenkassen
In meiner Praxis biete ich Ihnen als Versicherte*r einer deutschen Krankenkasse die Möglichkeit, psychotherapeutische Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Die Abrechnung erfolgt gemäß des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die das Honorar für einzelne Stunden anhand der sogenannten Gebührenordnungspositionen (GOP) vorgibt.
Schritte zur Beantragung
- Psychotherapeutische Sprechstunde: Die Sprechstunde dient zur ersten Abklärung, ob eine psychische Erkrankung vorliegt und zur Empfehlung weiterer Hilfen. Mindestens eine Sprechstunde ist verpflichtend für eine weiterführende Psychotherapie gemäß den deutschen Richtlinien, es können aber zwischen 1 und 3 Sprechstunden á 50min.
- Willensbekundung: Nach dieser tritt der Versicherungsfall ein und Sie haben Anspruch auf eine Kostenübernahme bei Ihrer Krankenkasse.
- Probatorische Sitzungen: Es sind hierbei zwischen 2 und 4 probatorische Sitzungen á 50min. möglich.
- Richtlinienpsychotherapie: In der Richtlinienpsychotherapie kann nach den probatorischen Sitzungen entweder eine Kurzzeittherapie (12 Stunden) oder eine Langzeittherapie (60-160 Stunden im ersten Antrag) beantragt werden. Insgesamt kann die Kurzzeittherapie auf 24 Stunden und die Langzeittherapie auf 100-300 Stunden verlängert werden.
- Kurzzeittherapie (KZT) vs. Langzeittherapie (LZT): Bei einer Behandlung innerhalb Deutschlands ist es üblich, dass zuerst eine Kurzzeittherapie (KTZ1) (12 Stunden) stattfindet, worauf häufig eine zweite Kurzzeittherapie (KTZ2) (erneut 12 Stunden) folgt. Bei Bedarf wird eine Langzeittherapie (LZT1) (60-160 Stunden abzgl.
- Ärztlicher Befund/Konsiliarbericht: Der ärztliche Befund oder auch Konsiliarbericht ist bei Beginn einer Kurzzeittherapie (KZT) oder Langzeittherapie (LZT) einzuholen und wird von mir an Ihre Krankenkassa geschickt.
- Antragstellung für Langzeittherapie (LZT): Für die Bewilligung einer Langzeittherapie (LZT) ist in jedem Fall das Stellen eines Antrags und eine fachspezifische Begutachtung durch einen Gutachter oder eine Gutachterin notwendig. Dieser Antrag wird von mir erstellt und ist sehr umfangreich. Er enthält einige private Informationen über Sie inklusive der Therapieplanung einer analytischen Psychotherapie (max.
- Bearbeitungszeit: Anschließend haben die Krankenkassa und die Gutachter*innen für eine KZT drei Wochen und für eine LZT fünf Wochen Zeit, diesen Antrag zu bearbeiten. Bei einer Psychotherapie im Ausland kann es jedoch zu etwas längeren Wartezeiten kommen. Als Antwortschreiben erhalten Sie dann entweder eine Bewilligung oder eine Ablehnung des Antrags.
- Abrechnung: In Deutschland rechnen die Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen mit den Krankenkassen im Regelfall direkt ab. Aufgrund eines deutlich höheren Aufwands ist das für Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen im Ausland meist nicht möglich oder mit sehr hohen Komplikationen verbunden. Daher stelle ich die Honorarnoten direkt an Sie aus. Mit den Honorarnoten und den Zahlungsbelegen (Überweisungsbestätigung) bekommen Sie dann die Kosten von Ihrer Krankenkassa zurückerstattet. Diese Rückerstattung geschieht meist in 1-2 Wochen. In manchen Fällen behält sich die Krankenkassa zwischen 5-11% der Kosten ein. Somit ist es möglich, dass für Sie ein solcher Selbstkostenanteil entsteht.
Psychotherapie auf Krankenschein in Deutschland
Worüber in Österreich debattiert wird, gibt es in Deutschland schon lange: die Psychotherapie auf Krankenschein, mit voller Übernahme der Kosten. Für „seelische Krankheiten“ werden psychoanalytische Verfahren und Verhaltenstherapien von den Krankenkassen anerkannt. In der Praxis - im doppelten Sinn - erwarten den Patienten aber dann doch zahlreiche Hürden.
Die Anlaufstellen sind dünn gesät, denn nur wenige Psychotherapeuten erhalten von den Kassen eine Zulassung. Bundesweit sollen 2000 bis 4000 solcher Adressen fehlen. Die Folge: Die Wartelisten sind so lang, dass manche zugelassene Therapeuten gar keine neuen Patienten mehr aufnehmen. Wer sich behandeln lassen will, muss mehrere Wochen auf ein Erstgespräch warten. Erst Monate später beginnt dann die eigentliche Behandlung mit regelmäßigen Terminen.
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Zwar muss die Krankenkasse laut Gesetz in dringenden Fällen auch die Kosten einer Privatpraxis rückerstatten, wenn der Patient nachweisen kann, dass er sonst nicht rechtzeitig zu einer Behandlung gekommen wäre. Die Zusage muss er sich aber schon im Vorfeld mit allerlei Nachweisen und Bescheinigungen einholen. Etwas zynisch ließe sich sagen: Wer diese zermürbende Bürokratie hinkriegt, ist nicht wirklich krank; und wer wirklich krank ist, kriegt das nicht hin.
Die Rolle von "Burn-out" in der Diskussion
Dass die Krankenkassen so auf die Bremsen steigen, dürfte auch an der steigenden Popularität der Modediagnose Burn-out liegen. Hier beginnt in Deutschland ein Umdenken: Je mehr die neue Volkskrankheit in Talkshows und Schlagzeilen Furore macht, desto mehr Unbehagen bereitet sie den meisten seriösen Seelendoktoren.
Streng genommen müsste es um depressive Symptome gehen, die durch das Berufsleben ausgelöst werden und ohne die belastende Arbeitssituation wieder vergehen. Das ist aber für Depressionen zumindest untypisch: In der Regel verstärken sie sich im Urlaub; und oft schützt Arbeit eher vor einem psychischen Leiden, als dass sie es verstärkt.
Für viele Seelenkranke erleichtert das Wort „Burn-out“ das Bekenntnis zu ihrem Leiden. Es klingt ja fast wie eine Auszeichnung: Wer ausgebrannt ist, muss davor ordentlich gebrannt haben, als fleißiger und zielstrebiger Mensch. Dass es dabei in Wirklichkeit um eine Depression geht, die meist weit tiefere Gründe hat als Überforderung im Job, erkennt erst der Psychiater.
Psychotherapie für deutsche Studenten in Österreich
Studierende und selbstständige Expets, die in Deutschland versichert sind, können in Österreich nach erfolgreicher Beantragung eine kassenfinanzierte, bei staatlicher Versicherung fast kostenfreie psychotherapeutische Behandlung in Anspruch nehmen. Der Vorgang der Bewilligung aus Österreich benötigt einen genau formulierten und detailreichen Antrag. Die Beantragung setzt einiges an Wissen voraus, sowohl bei deutschen Studierenden als auch bei den sie behandelnden österreichischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten.
Schritte der Beantragung
- Informieren Sie Ihre Kasse:Weisen Sie auf die EU-Patientenmobilitätsrichtlinie hin, es ist die Rechtsgrundlage der Beantragung aus Österreich. So verhindern Sie, dass Sie zur Österreichischen Gesundheits-kasse (ÖGK) geleitet werden.
- Suche nach einem Therapieplatz: In Deutschland werden vier Therapierichtungen anerkannt.
- Konsiliarbericht: Um körperliche Ursachen psychischer Erkrankungen ausschließen zu können, ist es wichtig, zur Untersuchung zum praktischen Arzt zu gehen (Konsiliarbericht)
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