Essstörungen und Identitätsfindung

Essstörungen sind vielschichtig und oft ein Ausdruck tieferliegender Probleme. Sie sind als Hinweis auf Mangel und Leiden zu verstehen, das über diese Störung ausgedrückt wird. Dazu gehören:

  • niedriges Selbstwertgefühl
  • unerfüllbar hohe Ansprüche an sich selbst
  • mangelnde Möglichkeit zu eigenständiger Persönlichkeit
  • das Nicht-Wahrnehmen von Gefühlen, vor allem von negativen
  • soziale Defizite aufgrund einer schwierigen Vorgeschichte
  • Ängste
  • depressive Tendenzen

1. Bulimie

Bulimie ist wahrscheinlich die häufigste Essstörung, wobei die Dunkelziffer recht hoch ist. Ca. 10% der Frauen und Mädchen zwischen 15 und 30 Jahren sind betroffen. Vom äußeren Erscheinungsbild sind die Menschen mit Bulimie unauffällig, d.h. normal bis leicht über- bzw. untergewichtig. Auch ihr Essverhalten in der Öffentlichkeit ist unauffällig, ihre Essanfälle erleiden sie im Geheimen.

Symptome und Auswirkungen

Die Anfälle und den dazugehörige Kontrollverlust erleben die Betroffenen als schlimmes Versagen, das sie mit Scham und Ekel erfüllt. Das Erbrechen bringt kurzfristig Erleichterung, dann kommt es aber auch deshalb zu Gefühlen von Scham, Schuld und Ekel. Die Auswirkungen von Bulimie können lebensbedrohliche Ausmaße annehmen: Herzrhythmusstörungen und Nierenschäden durch den Verlust von Elektrolyten.

Fragen zur Selbsteinschätzung

  • Beschäftige ich mich ständig mit Figur und Gewicht?
  • Habe ich regelmäßige Essanfälle, mindestens 2x/Woche in den letzten 3 Monaten?
  • Verliere ich während der Essanfälle jegliche Kontrolle darüber, was und wie viel ich esse?

Therapie

Um die Bulimie zu überwinden ist eine Veränderung des Essverhaltens und der Einstellung zu Essen, Gewicht und Figur notwendig. Das geht nur Hand in Hand mit der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit: Stärkung des Selbstwertgefühls, Zunahme der Eigenständigkeit, Umgang mit negativen Gefühlen etc.

2. Magersucht

Zu 90% sind es Mädchen und junge Frauen, die an Magersucht erkranken. Innerlich sieht es jedoch anders aus: Es fehlte die Möglichkeit, eine eigene Identität und Selbständigkeit zu entwickeln. Der Körper wird zum einzigen Feld, über das man selbst bestimmen kann. Hier entwickeln sich Gefühle von Macht und Stärke; der Familie gegenüber, aber auch sich selbst gegenüber. Das geringe Selbstwertgefühl wird durch das Überwinden des Hungers gestärkt.

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Symptome und Auswirkungen

Die ständige Beschäftigung mit Esskontrolle verhindert, dass Gefühle wie Unsicherheit, Überforderung, Wut aufkommen können. Das extreme Untergewicht verursacht schwerwiegende medizinische Probleme wie Stoffwechselstörungen, hormonelle Veränderungen, depressive Verstimmungen, Mangelkrankheiten, etc.

Therapie

Menschen, die an Magersucht leiden, brauchen in den allermeisten Fällen ärztliche und psychotherapeutische Unterstützung, wenn sie ihre Sucht durchbrechen wollen.

3. Esssucht (Binge Eating Disorder)

Esssüchtige Personen essen regelmäßig zu viel. Sie essen ohne Hunger und benutzen das Essen als Ersatz für vernachlässigte Gefühle und Bedürfnisse. Essen ist der Versuch, diese Gefühle zu bewältigen bzw. die Bedürfnisse zu befriedigen. Oft wird versucht, durch Diäten zu einer Gewichtsabnahme zu gelangen, doch gelingt das nur vorübergehend und führt zu neuen Essanfällen. Ein Teufelskreislauf beginnt. Esssüchtige Personen haben das Gefühl für Hunger und Sättigung verloren, sie wissen nicht, wann sie wirklich Hunger haben, können auch nicht unterscheiden zwischen Hunger und Appetit.

Symptome und Auswirkungen

Betroffene müssen nicht unbedingt übergewichtig sein, wenn Sie an einer binge eating disorder leiden, sind es aber oft. Aufgrund des Übergewichts entstehen medizinische Probleme Bluthochdruck, Diabetes, Herzerkrankungen und Probleme mit dem Skelett.

Fragen zur Selbsteinschätzung

  • Habe ich Essattacken?
  • Esse ich große Mengen von Nahrungsmitteln schnell, wahllos, alleine und ohne Hungergefühl?
  • Kann ich mein Verhalten während eines solchen Anfalls nicht kontrollieren?
  • Kommt es anschließend zu Ekel, Scham und Schuldgefühlen?
  • Mache ich häufig Diäten, um mein Gewicht zu reduzieren, die von weiteren Essattacken abgelöst werden (Jojo-Effekt)?

Ursachen

Essen ist ein Weg, um mit Gefühlen umzugehen die von uns selbst bzw. auch von der Umwelt ignoriert werden. Essen ist Ersatz für Anerkennung, Trost, etc. Es dient der Befriedigung emotionaler Bedürfnisse, die sonst kaum wahrgenommen werden (dürfen). Die Gefühle und Bedürfnisse werden mit dem Essen „hinuntergeschluckt“. Das Übergewicht wirkt wie ein Panzer und schützt vor Verletzungen, erschwert aber auch Nähe.

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