Das korrekte Verhalten an Kreuzungen ist entscheidend für die Verkehrssicherheit. Viele Unfälle entstehen durch Unklarheiten oder Fehlverhalten in diesen Situationen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte, die Fahrzeuglenker:innen beachten sollten, um sicher und regelkonform zu agieren.
Kreisverkehr: Eine besondere Art der Kreuzung
Der Kreisverkehr ist eine beliebte bauliche Lösung, um den Verkehr ohne Ampeln zu regeln und damit zu einem verbesserten Verkehrsfluss beizutragen. Vielen Fahrzeuglenker:innen ist allerdings nicht klar, dass es sich bei einem Kreisverkehr um eine "normale Kreuzung" handelt, die lediglich im Erscheinungsbild anders ausgestaltet ist.
"Demgemäß gelten beim Kreisverkehr auch die für Kreuzungen üblichen Regeln", erläutert Nikolaus Authried, Leiter der ÖAMTC-Rechtsberatung. "Die StVO sieht für Kreisverkehre keine Sonderregelungen vor."
Unklarheit darüber, wie man sich vor bzw. in einem Kreisverkehr richtig verhält, birgt erhöhte Unfallgefahr: Rund acht Prozent aller Unfälle mit Personenschaden im Bereich von Kreuzungen entfallen auf Kreisverkehre im Freiland, rund sechs Prozent auf solche im Ortsgebiet (Quelle: Statistik Austria, Bearbeitung ÖAMTC Unfallforschung).
Vorfahrt im Kreisverkehr
In Österreich wird der Kreisverkehr gemäß § 2 StVO wie eine normale Kreuzung behandelt. "Da der Kreisverkehr grundsätzlich wie eine normale Kreuzung behandelt wird, gilt die Rechtsregel, somit haben Einfahrende als Rechtskommende Vorrang", so der ÖAMTC-Rechtsberater.
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Allerdings wird bei fast jedem Kreisverkehr der an sich bestehende Rechtsvorrang durch eine entsprechende Beschilderung - Verkehrszeichen „Vorrang geben“ - aufgehoben. "Allerdings wird bei vielen Kreisverkehren der allgemeine Rechtsvorrang durch ein 'Vorrang geben'-Schild verdrängt - wer einfährt, hat also 'Nachrang'." Im Kreis befindliche Lenker:innen dürfen dann weder zum plötzlichen Bremsen noch zum Auslenken genötigt werden.
"Gerade weil aber in der Praxis die Rechtsregel aufgrund von Beschilderungen vor Ort oftmals nicht gilt, heißt es, aufmerksam zu sein und bei jedem Kreisverkehr individuell auf die Vorrangsituation zu achten", so Authried.
Blinken im Kreisverkehr
Viele Fahrzeuglenker:innen blinken nicht beim Ausfahren aus dem Kreisverkehr bzw. geben keine Handzeichen. Verglichen mit der Situation an "normalen" Kreuzungen sind es in Kreisverkehren fast vier Mal so viele "Nichtblinker".
Nikolaus Authried vom ÖAMTC stellt klar: "Die StVO gibt vor, dass eine Änderung der Fahrtrichtung anzuzeigen ist, damit sich andere Verkehrsteilnehmende darauf einstellen können."
Weitere Regeln im Kreisverkehr
- Vorhandenen Bodenmarkierungen ist jedenfalls Folge zu leisten: "Oft ist es so, dass Einfahrende vom Fahrstreifen rechts außen gleich bei der nächstmöglichen Ausfahrt wieder aus dem Kreisverkehr ausgeleitet werden - das soll für einen besseren Verkehrsfluss sorgen.
- Daher ist es wichtig, sich beim Befahren des Kreises so einzuordnen, dass der Wechsel des Fahrstreifens erst wieder beim Verlassen nötig ist - und nicht mittendrin", hält Authried fest.
- "Muss man innerhalb des Kreisverkehrs doch einmal spontan den Fahrstreifen wechseln, ist es wichtig, dabei niemanden zu gefährden oder zu behindern - außerdem heißt es auch hier: 'Bitte blinken'.
- "Wer es verabsäumt, den Kreisverkehr an der geplanten Ausfahrt zu verlassen, darf selbstverständlich noch eine Runde fahren.
Geschwindigkeitsbegrenzungen im Kreisverkehr
"Ist vor einem Kreisverkehr eine zulässige Höchstgeschwindigkeit verordnet und entsprechend beschildert, so gilt dieses Tempolimit grundsätzlich bis zum Verlassen dieses Straßenzuges, also dem Einfahren in den Kreisverkehr", erklärt der ÖAMTC-Jurist.
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Anderes kann gelten, wenn es sich um keinen "echten Kreisverkehr" handelt, sondern um eine Art "Mittelinsel", weshalb kein Einbiegen in einen anderen Straßenzug vorliegt bzw. - anders ausgedrückt - sich der ursprüngliche Straßenzug durch den und nach dem Kreisverkehr fortsetzt.
"Bei Zonenbeschränkungen, erkennbar am Zusatz 'Zone' unterhalb der kundgemachten Höchstgeschwindigkeit, gilt: Das festgelegte Tempolimit besteht auch nach dem Einfahren in den Kreisverkehr weiter, bis es mittels Beschilderung wieder aufgehoben wird", ergänzt Authried.
Allgemeine Vorfahrtsregeln an Kreuzungen
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) regelt die Vorfahrt an Kreuzungen. Hier eine Zusammenfassung der wichtigsten Regeln:
- Rechts vor Links: Fahrzeuge, die von rechts kommen, haben grundsätzlich Vorfahrt (§ 19 Abs. 1 StVO).
- Vorrangstraße: Fahrzeuge auf einer Vorrangstraße haben Vorfahrt gegenüber Fahrzeugen auf kreuzenden oder einmündenden Straßen (§ 19 Abs. 3 StVO).
- Vorfahrt gewähren / Halt: Ist vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen „Vorrang geben“ oder „Halt“ angebracht, so haben sowohl die von rechts als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang (§ 19 Abs. 4 StVO).
- Abbiegen: Fahrzeuge, die ihre Fahrtrichtung beibehalten oder nach rechts einbiegen, haben Vorrang gegenüber entgegenkommenden, nach links einbiegenden Fahrzeugen (§ 19 Abs. 5 StVO).
- Fließender Verkehr: Fahrzeuge im fließenden Verkehr haben Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die von Nebenfahrbahnen, von Fußgängerzonen, von Wohnstraßen, von Haus- oder Grundstücksausfahrten, von Garagen, von Parkplätzen, von Tankstellen, von Feldwegen oder dgl. kommen (§ 19 Abs. 6 StVO).
Blinken bei Richtungsänderung
Laut § 11 StVO ist jede Änderung der Fahrtrichtung rechtzeitig anzuzeigen. Macht die Vorrangstraße eine Kurve und wäre auch Geradeausfahren möglich, muss man blinken. Dies bekanntlich immer (nur) dann, wenn andere Straßenbenützer vorhanden sind. Dabei ist natürlich auch an Fußgänger zu denken.
Der OGH sagt: Zu blinken ist immer dann, wenn die Krümmung so erheblich ist, dass die geradlinige Fortsetzung durch eine andere Straße als natürlicher Verlauf der bisherigen Fahrtrichtung angesehen werden muss.
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Unfall durch Nichtblinken
Wer ist schuld, wenn der nicht blinkende Linksabbieger mit dem entgegenkommenden Geradeausfahrer zusammenstößt? Letzterer missachtet eine Nachrang- oder Stopptafel (mit Zusatztafel des besonderen Verlaufes der Vorrangstraße), verletzt also klar den Vorrang. Aber er kann nicht wissen, ob der Bevorrangte tatsächlich abbiegen will. Deshalb erhält der Nichtblinker von den Gerichten regelmäßig ein Mitverschulden aufgebrummt, je nach den Umständen ein Viertel bis zur Hälfte.