Der erste Besuch beim Psychologen kann mit vielen Fragen und Unsicherheiten verbunden sein. Dieser Artikel soll Ihnen einen umfassenden Überblick über den Ablauf und die verschiedenen Aspekte eines solchen Besuchs geben.
Wann ist eine Psychotherapie sinnvoll?
Eine Psychotherapie ist dann notwendig, wenn Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen die Lebensqualität beeinträchtigen. Dies kann durch die Symptome der Störung selbst (z. B. starke Angst) oder durch deren Folgen geschehen. Betroffene können ihren Beruf nicht mehr ausüben, Partnerschaften zerbrechen oder soziale Kontakte gehen verloren.
Auch bei psychosomatischen Beschwerden, die ganz oder teilweise psychische Ursachen haben, ist eine Psychotherapie empfehlenswert. Sie kann auch bei chronischem Tinnitus, Magen-Darm-Problemen oder lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Krebs helfen, die psychischen Belastungen besser zu bewältigen.
Wer darf Psychotherapie anbieten?
Psychische Störungen können von Psychiatern, Psychotherapeuten und Psychologen behandelt werden, wobei es sich um unterschiedliche Berufsfelder handelt.
- Psychologen: Haben ein Universitätsstudium der Psychologie abgeschlossen und können in verschiedenen Bereichen tätig sein (klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie etc.). Sie führen psychologische Diagnostik mit Testverfahren durch, bieten Fertigkeitstrainings an und vermitteln Grundlagenwissen.
- Psychiater: Sind Ärzte mit einer Facharztausbildung in Psychiatrie und Neurologie. Sie behandeln psychische Störungen mit Medikamenten und können bei psychotherapeutischer Zusatzausbildung auch Psychotherapie anbieten.
- Psychotherapeuten: Haben eine spezielle Ausbildung in Psychotherapie absolviert und sind zur eigenverantwortlichen psychotherapeutischen Arbeit mit Patienten berechtigt.
Was bedeutet "Psychotherapeut in Ausbildung unter Supervision"?
Psychotherapeuten müssen, bevor sie ihre Ausbildung abschließen können, psychotherapeutisch mit Patienten arbeiten. Diese Tätigkeit wird intensiv und anonymisiert durch Supervision begleitet.
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Wie finde ich den richtigen Therapeuten?
In fast allen mitteleuropäischen Ländern gibt es Einrichtungen, die bei der Suche nach einem Therapieplatz helfen. Es lohnt sich, mehrere Praxen zu kontaktieren und sich auf Wartelisten setzen zu lassen. Auch der Hausarzt kann oft weiterhelfen.
Wichtig ist, dass Sie sich beim Therapeuten wohlfühlen und Vertrauen aufbauen können. Wenn Ihnen der Therapeut im Erstgespräch unsympathisch ist oder das Vertrauen fehlt, sollten Sie einen anderen Therapeuten aufsuchen.
Ablauf einer Psychotherapie
Eine Psychotherapie zielt darauf ab, psychische und psychosomatische Leidenszustände zu heilen oder zu lindern, Konflikte zu lösen, in Lebenskrisen zu helfen, problematische Verhaltensweisen zu verändern und die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Dafür sind in der Regel mehrere Sitzungen notwendig.
- Erstgespräch: Kennenlernen von Patient und Therapeut, Besprechung der Rahmenbedingungen.
- Diagnose: Der Therapeut stellt eine Diagnose, die für die Kostenübernahme durch die Krankenkasse notwendig ist.
- Therapie: Individueller Verlauf, abhängig von der Therapieform und den Bedürfnissen des Patienten.
- Ende der Therapie: Wenn das Therapieziel erreicht wurde oder erkennbar ist, dass es nicht erreicht werden kann.
Therapieformen
Es gibt viele verschiedene psychotherapeutische Methoden:
- Verhaltenstherapie: Setzt beim Verhalten und Handeln des Patienten an.
- Tiefenpsychologisch-psychodynamische Methoden: Gehen davon aus, dass psychische Erkrankungen auf unbewusste Konflikte aus der Kindheit zurückzuführen sind.
- Systemische Methoden: Setzen bei krankmachenden Kommunikationsformen innerhalb von Systemen (z.B. Familie) an.
- Humanistisch-existenzielle Methoden: Bauen auf dem Wunsch nach Selbstverwirklichung auf.
Das Erstgespräch beim Psychiater
Ein Erstgespräch dauert etwa 50 Minuten. Sie werden genügend Zeit haben, alle wichtigen Themen in Ruhe zu besprechen. Es ist durchaus möglich und auch üblich, mehr als ein (Erst-) Gespräch mit dem Psychiater zu führen.
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Sprechen Sie offen über Ihr Problem, Ihren persönlichen Hintergrund und körperliche Beschwerden. Es gilt die Verschwiegenheitspflicht.
Typische Fragen können sich auf Ihr konkretes Problem beziehen (z.B. Schlaf, Energie, Grübeln bei Depressionen) sowie auf Suchtmittelkonsum, Sexualität, Kinder/Familie und Krankengeschichte.
Kosten einer Psychotherapie
Die Kosten für eine Psychotherapie werden unter bestimmten Voraussetzungen von der Krankenkasse übernommen. Die ersten Sitzungen gelten in der Regel als Probesitzungen. Es besteht auch die Möglichkeit, die Therapie als Selbstzahler privat zu finanzieren.
Die Psychotherapie Ausbildung in Österreich
Die Psychotherapie Ausbildung ist seit 1991 im Psychotherapiegesetz geregelt und gliedert sich in zwei Teile:
- Propädeutikum: Vermittelt theoretisches Fachwissen und praktische Kompetenzen als Grundlage für die psychotherapeutische Tätigkeit.
- Fachspezifikum: Spezialisierung auf eine Therapiemethode (z.B. tiefenpsychologisch-psychodynamisch, humanistisch-existenziell, systemisch, verhaltenstherapeutisch).
Voraussetzungen für das Propädeutikum sind u.a. Vollendung des 18. Lebensjahres und Matura oder ein gleichwertiger Abschluss. Für das Fachspezifikum ist das erfolgreiche Absolvieren des Propädeutikums sowie ein sogenannter Quellberuf (z.B. Mediziner, Pädagoge, Psychologe) erforderlich.
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Psychologe, Psychotherapeut, Psychiater - Unterschiede
| Beruf | Ausbildung | Tätigkeitsschwerpunkte |
|---|---|---|
| Psychologe | Universitätsstudium der Psychologie | Diagnostik, Beratung, Forschung |
| Psychotherapeut | Spezielle Ausbildung in Psychotherapie | Therapie und Behandlung von Patienten |
| Psychiater | Medizinstudium mit Facharztausbildung in Psychiatrie | Diagnose und medikamentöse Behandlung psychischer Störungen |
Wichtige Aspekte während der Therapie
- Schweigepflicht: Der Therapeut ist zur Verschwiegenheit verpflichtet.
- Mitarbeit: Ihre Mitarbeit und Motivation sind entscheidend für den Erfolg der Therapie.
- Offenheit: Seien Sie offen und ehrlich gegenüber Ihrem Therapeuten.