Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen körperlichem, seelischem und sozialem Wohlbefinden. Armut, existenzielle Ängste oder die finanzielle Abhängigkeit von der Familie können krankmachend bzw. krankheitserhaltend sein und schränken die individuellen Verwirklichungsmöglichkeiten beträchtlich ein.
Die Basis jedes Sozialstaates ist ein garantierter Zugang zu Rechten und Möglichkeiten finanzieller Absicherung. Soziale Leistungen sind keine Almosen, sondern Rechtsansprüche für jene Menschen, welche die Zugangsvoraussetzungen dafür erfüllen.
Soziale Absicherung bei psychischer Erkrankung
Betroffene Personen, die berufsunfähig, invalid oder erwerbsunfähig sind, können verschiedene finanzielle Leistungen beziehen.
Auflistung verschiedener finanzieller Leistungen
- Krankenversicherung: Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Mitversicherung bei den Eltern möglich.
- Krankengeld: Zum teilweisen Ersatz des Verdienstausfalls während der Erkrankung.
- Arbeitslosengeld: Zur Sicherung der finanziellen Lebensgrundlage bei Arbeitslosigkeit.
- Notstandshilfe: Im Anschluss an das Arbeitslosengeld, wenn die Bezugsdauer erschöpft ist.
- Rehabilitationsgeld: Wenn die Pensionsversicherung keine dauernde Invalidität oder Berufsunfähigkeit feststellt, aber ausreichend Versicherungszeiten vorliegen.
- Waisenpension: Für hinterbliebene Kinder nach dem Tod eines versicherten Elternteils. Unter bestimmten Voraussetzungen auch im Erwachsenenalter beziehbar.
- Erhöhte Familienbeihilfe: Für Eltern, deren Kind in jungen Jahren erkrankt und erwerbsunfähig geblieben ist.
- Sozialhilfe / Mindestsicherung: Für Personen, die ihren Lebensunterhalt nicht mehr aus eigenen Mitteln bestreiten können.
- Ausgleichszulage: Wenn die Pension unter bestimmten Richtsätzen liegt, um ein Mindesteinkommen zu sichern.
- Rezeptgebührenbefreiung: Für Personen mit geringem Einkommen oder überdurchschnittlichen Ausgaben für Medikamente.
- Befreiung von ORF-Gebühren: Bei körperlicher oder finanzieller Hilfsbedürftigkeit.
- Pflegegeld: Ein pauschalierter Beitrag zur Abgeltung des pflegebedingten Mehraufwandes.
Weitere Hilfen
- Vollmacht: Familienmitglieder oder Freunde können sich von erkrankten Personen mit einer Vollmacht ausstatten lassen, um Behördenwege für sie zu erledigen.
- Erwachsenenschutzrecht (früher: Sachwalterschaft): Ermöglicht unterschiedliche Arten der Erwachsenenvertretung, die den Bedürfnissen der betroffenen Personen entsprechen.
Invaliditäts- & Berufsunfähigkeitspension
Wenn Ihre Arbeitsfähigkeit infolge Ihres körperlichen oder geistigen Zustandes vermindert ist, können Sie einen Anspruch auf eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension haben, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.
Abhängig von der Berufsgruppe gibt es unterschiedliche Begriffe:
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- Die Invaliditätspension ist für Arbeiter*innen (z. B. Handwerker*innen).
- Die Berufsunfähigkeitspension ist für Angestellte (z. B. im Büro).
Je nachdem, ob die Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorübergehend oder dauerhaft ist, haben Sie Anspruch auf verschiedene Leistungen.
Voraussetzungen für die Pension
Für eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension müssen für ab 1. Jänner 1964 geborene Personen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Ein Anspruch ist gegeben, wenn:
- die Invalidität (Arbeiter*innen) oder Berufsunfähigkeit (Angestellte) voraussichtlich dauerhaft sein wird.
- kein Rechtsanspruch auf geeignete (zweckmäßige) und zumutbare Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation besteht.
- die Wartezeit erfüllt ist.
- die Voraussetzungen für eine Alterspension, Langzeitversicherungspension oder Schwerarbeitspension noch nicht erfüllt sind.
Wartezeit
Am Stichtag ist eine Mindestanzahl an Versicherungsmonaten oder Beitragsmonaten erforderlich:
- 180 Beitragsmonate der Pflichtversicherung oder freiwilligen Versicherung oder
- 300 Versicherungsmonate oder
- eine bestimmte Anzahl an Versicherungsmonaten in einem bestimmten Zeitraum (= Rahmenzeit) vor dem Stichtag.
Es gibt aber auch Ausnahmeregelungen. Zum Beispiel, wenn die Invalidität oder Berufsunfähigkeit vor dem 27. Geburtstag eintritt oder wenn die Ursache dafür ein Arbeitsunfall war.
Wie wird die Höhe der Pension berechnet?
Die Höhe der Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension wird für jeden Monat, den Sie vor dem Regelpensionsalter in Pension gehen, vermindert. Pro Jahr wird ein Abschlag von 4,2 % berechnet. Der gesamte Abschlag darf jedoch maximal 13,8 % betragen. Bis zu einer bestimmten Grenze können auch Monate hinzugerechnet (sog. Zurechnungsmonate) werden.
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Wenn bis spätestens 31. Dezember 2021 mindestens 540 Beitragsmonate aufgrund einer Erwerbstätigkeit vorliegen, wird die Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension abschlagsfrei zuerkannt. Dazu zählen auch maximal 60 Monate der Kindererziehung. Zeiten des Präsenz- und Zivildienstes werden nicht berücksichtigt.
Befristete & unbefristete Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspension
Eine unbefristete Pension gibt es nur für Fälle, in denen die Invalidität oder Berufsunfähigkeit dauerhaft ist.
Wenn die Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorübergehend ist und voraussichtlich mindestens 6 Monate andauert, hängt der Anspruch auf die Art der Leistung vom Geburtsjahr ab:
- Personen, die bis zum 31. Dezember 1963 geboren wurden, haben Anspruch auf eine für maximal 2 Jahre befristete Pension. Nach Ablauf der Befristung kann die Pension auf Antrag weitergewährt werden, wenn die Invalidität oder Berufsunfähigkeit weiterhin besteht.
- Personen, die ab 1. Jänner 1964 geboren sind, erhalten bei einer vorübergehenden Invalidität oder Berufsunfähigkeit keine befristete Pension, sondern ein Rehabilitationsgeld oder Umschulungsgeld.
Pensionsantrag für die Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension
Jeder Antrag wird zuerst als Antrag auf Rehabilitation behandelt. Eine Pension wird nur gewährt, wenn eine Wiedereingliederung ins Berufsleben nicht möglich ist.
Feststellung der Invalidität oder Berufsunfähigkeit
Eine medizinische Begutachtung prüft, ob eine Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorliegt. Sie erfolgt durch spezialisierten Ärzt*innen oder in den PV-Kompetenzzentren Begutachtung.
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Abhängig vom Ergebnis gibt es 3 Möglichkeiten, wie die Pensionsversicherung (PV) entscheidet, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind:
- Wenn Sie dauerhaft invalid oder berufsunfähig sind, erhalten Sie eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension.
- Wenn Sie vorübergehend (voraussichtlich mindestens 6 Monate) invalid oder berufsunfähig sind, haben Sie Anspruch auf Rehabilitation. Je nach Maßnahme erhalten Sie Rehabilitationsgeld (bei medizinischer Reha) oder Umschulungsgeld (bei beruflicher Reha). Ausnahme: Bis zum 31. Dezember 1963 geborene Personen können Anspruch auf eine befristete Pension haben.
- Wenn Sie nicht vorübergehend oder nicht dauerhaft invalid oder berufsunfähig sind, haben Sie keinen Anspruch auf eine Pension oder Rehabilitation.
Rehabilitationsgeld
Anspruch auf ein Rehabilitationsgeld haben Arbeiter*innen und Angestellte, die ab 1. Jänner 1964 geboren sind, wenn:
- die Invalidität oder Berufsunfähigkeit vorübergehend ist,
- kein Rechtsanspruch auf zumutbare und zweckmäßige berufliche Reha-Maßnahmen besteht,
- die Wartezeit erfüllt ist, und
- kein Anspruch auf eine Alters-, Langzeitversicherungs- oder Schwerarbeitspension besteht.
Der zuständige Krankenversicherungsträger legt die Höhe fest und zahlt das Rehabilitationsgeld aus. Sie sind verpflichtet, aktiv an medizinischen Reha-Maßnahmen teilzunehmen („Mitwirkungspflicht“). Spätestens 1 Jahr nach Bewilligung oder nach der letzten Begutachtung wird überprüft, ob die vorübergehende Invalidität oder Berufsunfähigkeit weiterhin besteht.
Der Anspruch auf Rehabilitationsgeld endet, wenn die Invalidität oder Berufsunfähigkeit nicht mehr oder dauerhaft vorliegt oder wenn eine berufliche Reha zumutbar und zweckmäßig ist.
Umschulungsgeld
Anspruch auf ein Umschulungsgeld haben Arbeiter*innen und Angestellte, die ab 1. Jänner 1964 geboren sind und die einen Rechtsanspruch auf berufliche Reha-Maßnahmen haben.
Sie sind verpflichtet, aktiv bei der Auswahl, der Planung und der Durchführung der Maßnahmen mitzuwirken („Mitwirkungspflicht“).
Berufsschutz & Tätigkeitsschutz
Der Berufs- und Tätigkeitsschutz soll Personen, die aufgrund einer Krankheit oder eines Gebrechens nicht mehr in ihrem erlernten (angelernten) oder langjährig ausgeübten Beruf arbeiten können, den Zugang zu einer Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension erleichtern und berufliche Abwertungen sowie Einkommensverluste verhindern.
„Härtefallregelung“ für Arbeiter*innen & Angestellte
Wenn Sie nicht überwiegend in einem erlernten (angelernten) Beruf oder als Angestellte*r tätig waren, gelten Sie als invalid oder berufsunfähig, wenn:
- Sie mindestens 50 Jahre alt sind,
- Sie mindestens 12 Monate unmittelbar vor dem Stichtag arbeitslos gemeldet waren,
- Sie mindestens 360 Versicherungsmonate erworben haben, davon 240 Beitragsmonate aus einer Erwerbstätigkeit,
- Sie nur mehr leichte körperliche Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil (durchschnittlicher Zeitdruck, vorwiegend sitzend oder mit regelmäßigem Haltungswechsel) ausüben können,
- Sie innerhalb von 1 Jahr keinen Arbeitsplatz in einer für Ihre gesundheitliche Beeinträchtigung zumutbaren Entfernung vom Wohnort finden.
Darf ich etwas dazuverdienen?
Wenn Sie eine Invaliditäts- oder Berufsunfähigkeitspension beziehen und nebenher arbeiten gehen, kann es zu Kürzungen der Pension kommen.
Wenn das Erwerbseinkommen über der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze liegt, kann die Pension im betreffenden Monat als Teilpension gebühren. Die Höhe der Teilpension hängt vom monatlichen Gesamteinkommen ab.
Vorsicht: Die Ausübung einer Erwerbstätigkeit kann zu einer Überprüfung der Invalidität oder Berufsunfähigkeit führen.
Rehabilitation vor Pension
Es gilt der Grundsatz: Rehabilitation vor Pension! Das heißt: Wenn Sie einen Antrag auf Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension stellen, wird dieser zuerst als Antrag auf Rehabilitationsmaßnahmen gewertet. Es wird überprüft, ob durch eine zweckmäßige und zumutbare berufliche Rehabilitation auf Dauer Invalidität oder Berufsunfähigkeit vermieden werden kann und wie hoch die Chancen sind, dass Sie wieder in den Arbeitsmarkt eingegliedert werden können.
Unter berufliche Maßnahmen der Rehabilitation sind zum Beispiel Aus- oder Weiterbildung zu verstehen.
Versicherungsfall
Eine versicherte Person hat Anspruch auf Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension, wenn:
- die Invalidität bzw. Berufsunfähigkeit voraussichtlich dauerhaft vorliegt,
- berufliche Maßnahmen der Rehabilitation nicht zweckmäßig oder nicht zumutbar sind,
- die Wartezeit (Mindestversicherungszeit) erfüllt ist und
- am Stichtag noch nicht die Voraussetzungen für eine Alterspension erfüllt sind.
Grundlage für die Entscheidung, ob Invalidität/Berufsunfähigkeit vorliegt, bildet eine ärztliche Begutachtung, bei der die Leistungsfähigkeit des Antragstellers/der Antragstellerin in seinem/ihrem Beruf festgestellt wird.
Ist auf Grund des Gesundheitszustandes dauernde Invalidität/Berufsunfähigkeit anzunehmen, erfolgt eine unbefristete Gewährung der Leistung.
Für ab 1. Jänner 1964 geborene Personen wird die befristete Pension aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit durch ein Rehabilitationsgeld der Österreichischen Gesundheitskasse bzw. durch ein Umschulungsgeld des AMS ersetzt.
Die Krankenversicherungsträger müssen die Bezieherinnen/Bezieher von Rehabilitationsgeld umfassend unterstützen. Die Betreuung während der Krankenbehandlung sowie der medizinischen Rehabilitation mit dem Ziel der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit erfolgt durch ein Case-Management des Krankenversicherungsträgers.
Antrag auf Feststellung
Es kann ein Antrag auf Feststellung gestellt werden, ob Invalidität oder Berufsunfähigkeit voraussichtlich dauerhaft vorliegt oder in absehbarer Zeit eintreten wird.
Die Inanspruchnahme jeder Art Pension, ob Früh- oder normale Pension, Waisen- oder Witwenpension, muss entsprechend beantragt werden. Ein ärztliches Gutachten sollte allerdings vorliegen, aus dem hervorgeht, dass der Betroffene nicht mehr die benötigte Arbeitskraft aufbringt.
Härtefallregelung
Diese Regelung ermöglicht einen Zugangsweg in die Invaliditätspension bei Vorliegen eines Härtefalls. Ein solcher Härtefall liegt vor, wenn Sie nur mehr besonders leichte Tätigkeiten vorwiegend im Sitzen mit Haltungswechsel ausüben können (wie z.B. Parkgaragenkassier:in, Näher:in etc.). Außerdem müssen Sie im letzten Jahr vor dem Stichtag arbeitslos vorgemerkt sein.
Voraussetzungen für die Härtefallregelung im Überblick:
- Vollendung des 50. Lebensjahres
- Arbeitslosenmeldung im letzten Jahr vor dem Stichtag
- 360 Versicherungsmonate (30 Jahre), davon 240 (20 Jahre) aufgrund von Erwerbstätigkeit
- es können nur mehr leichte Tätigkeiten unter durchschnittlichem Zeitdruck durchgeführt werden (z.B Portier:in, Parkplatzkassier:in etc.)
- Prognose, dass kein Arbeitsplatz innerhalb eines Jahres gefunden werden kann.
Originäre Invalidität
Sie gelten auch dann als invalid, wenn Sie bereits vor der erstmaligen Aufnahme einer Beschäftigung außer Stande waren, regelmäßig erwerbstätig zu sein, dennoch aber mindestens 120 Beitragsmonate der Pflichtversicherung erworben haben.
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