Die Wechseljahre sind für viele Frauen ein gefürchteter Wendepunkt. Es ist eine Phase des Umbruchs. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt, der an kaum einer Frau spurlos vorübergeht: Die Rede ist von den Wechseljahren, die für jede eine ganz individuelle Erfahrung darstellen. Niemand kann vorhersehen, welche Beschwerden in dieser Phase auf eine Frau zukommen und wie sehr diese die Lebensqualität beeinträchtigen werden.
Dass die Wechseljahre „nur“ eine Hormonumstellung bedeuten und nicht als Erkrankung eingestuft werden, ist für Frauen, die in dieser Phase unter teils starken Beschwerden leiden, wenig Trost. Immerhin kennt rund ein Drittel der Frauen im Wechsel so schwere Symptome, dass sie in ihrer Lebensqualität und in ihrem Alltag stark beeinträchtigt sind. Doch die gute Nachricht lautet: In vielen Fällen sind die Sorgen unberechtigt. Rund ein Drittel der Frauen durchschreiten die Wechseljahre ohne Beschwerden. Bei einem weiteren Drittel sind die Symptome der Wechseljahre so leicht, dass die Frauen keine Behandlung für nötig halten.
Allen Frauen gemein ist, dass sich ihr Hormonhaushalt während dieser Zeit „im Umbau“ befindet. Die Veränderungen passieren allerdings nicht schlagartig. Ab dem 40. Lebensjahr startet der Körper die ersten Vorbereitungen, um die fruchtbare Lebensphase zu beenden. Er reduziert allmählich die Produktion der weiblichen Hormone Progesteron und Östrogen. Beide haben Auswirkungen auf den Zyklus, der bereits ab diesem Zeitpunkt erste Unregelmäßigkeiten aufweisen kann.
Meist werden die Menstruationszyklen länger, die Blutungen selbst dagegen kürzer. Doch auch länger anhaltende oder sehr starke Blutungen sind möglich. Zwischenblutungen treten ebenfalls häufiger auf. Speziell in dieser Zeit, die den eigentlichen "Wechsel" markiert, kennen viele Frauen eine Zunahme der Beschwerden, die jetzt auch am stärksten auftreten.
Phasen der Wechseljahre
Die Abstände zwischen den immer schwächer werdenden Regelblutungen werden größer und die Produktion der Östrogene nimmt kontinuierlich ab, bis die Eierstöcke die Östrogenproduktion vollkommen einstellen. Die Phase ein bis zwei Jahre vor und bis zu einem Jahr nach der letzten Regelblutung wird als Perimenopause bezeichnet.
Lesen Sie auch: Kupferspirale: Einflüsse auf das Wohlbefinden
Als Menopause wird der Zeitpunkt der letzten Periode und damit der Beginn der Unfruchtbarkeit bezeichnet. Im Durchschnitt sind Frauen bei ihrer letzten Regelblutung 51 Jahre alt. Der genaue Zeitpunkt der Menopause lässt sich jedoch erst rückwirkend definieren, wenn ein Jahr lang keine Monatsblutung erfolgt ist.
Zwölf Monate nach der letzten Regelblutung beginnt die Postmenopause. In dieser Phase kommt der Hormonhaushalt im weiblichen Körper langsam wieder zur Ruhe, da er sich auf einem neuen Niveau einpendelt. Meist bessern sich damit auch die typischen Beschwerden wie Hitzewallungen und Schweißausbrüche.
Die Übergänge zwischen den vier genannten Phasen sind fließend, wobei der Verlauf bei jeder Frau anders sein kann. Da auch ein Wiederaufflackern der Aktivität der Eierstöcke nichts Ungewöhnliches ist, können sich einzelne Phasen sogar mehrmals abwechseln. Bei manchen Frauen dauert der Umbau des Hormonhaushalts nur wenige Monate.
Nach den hormonell turbulenten Phasen der Perimeno- und Menopause stellt sich im letzten Abschnitt der Wechseljahre der weibliche Organismus langsam aber sicher auf die veränderte hormonelle Situation ein und findet eine neue Balance. Die Östrogenproduktion verringert sich kontinuierlich, bis schließlich gar keine Östrogene mehr produziert werden. Typische Wechseljahrebeschwerden verringern sich deutlich. Doch durch das Schwinden der Östrogene kommt es häufig zu einem Verlust der Knochendichte.
Wann die Wechseljahre beginnen und über welchen Zeitraum sie sich erstrecken, ist von Frau zu Frau verschieden. Viele haben jedoch in dieser Zeit aufgrund des sinkenden Östrogenspiegels mit unterschiedlichen Beschwerden zu kämpfen: von Hitzewallungen über Schlaflosigkeit bis hin zu Depressionen.
Lesen Sie auch: Kognitive Beeinträchtigungen bei Depressionen
Ursachen für Depressionen in den Wechseljahren
Während der Wechseljahre (ca. zwischen dem 42. und 52. Lebensjahr) steigt für Frauen die Wahrscheinlichkeit, psychische Probleme wie Depressionen und Angstzustände zu entwickeln. Die depressiven Symptome sind dabei öfters ausgeprägter als in den Jahren vor dem Wechsel oder in der Zeit nach der Menopause.
Eine sehr wahrscheinliche Erklärung für das häufige Auftreten von psychischen Wechseljahrbeschwerden sind die natürlichen Schwankungen des weiblichen Hormonspiegels in dieser Zeit durch die abnehmende Aktivität der Eierstöcke. Diese Hormon-Schwankungen wirken sich auch auf Vorgänge im zentralen Nervensystem im Gehirn aus. Genauer gesagt wirken sie genau auf jene Schaltkreise, die auch für die Entstehung von Depressionen verantwortlich sind. Das führt auch dazu, dass sich depressive Verstimmungen, die schon vor den Wechseljahren aufgetreten sind, in dieser Phase wieder merklich verschlimmern können.
Die häufigsten psychischen Probleme,unter denen Frauen in den Wechseljahren leiden, sind:
- erhöhte Reizbarkeit und Stimmungsschwankungen
- Traurigkeit, Niedergeschlagenheit bis hin zur Depression
- mangelnde Motivation, Müdigkeit
- Angst, Anspannung, innere Unruhe
- Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit
- weniger oder gar keine Lust auf Sex
Erschwerend hinzu kommen die häufigen „typischen“ Wechseljahrbeschwerden wie Schlafprobleme, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsstörungen, Hitzewallungen, Schweißausbrüche, Gewichtszunahme und Gelenkschmerzen, die allein die Lebensqualität schon beträchtlich einschränken können. Und nicht zuletzt spielen auch die „Einstellung“ in Bezug auf Altern und Menopause sowie stressige Lebensereignisse wie Eheprobleme und ein ungesunder Lebensstil eine wichtige Rolle beim Auftreten von psychischen Beschwerden.
Wie entstehen Depressionen?
Die genauen Ursachen von Depressionen sind nicht vollständig geklärt. Beteiligt sind auf jeden Fall Botenstoffe im Gehirn, die bestimmte Nervenzellen aktivieren. Diese Botenstoffe sind vor allem Serotonin und Dopamin, die auch als „Glückshormone“ bezeichnet werden. Die Konzentration dieser Botenstoffe im Gehirn wird unter anderem auch durch Sexualhormone beeinflusst. Schwankende Progesteron- und Östrogenspiegel in den Wechseljahren können daher auf diese Weise den Gemütszustand aus der Balance bringen.
Lesen Sie auch: Erfahrungsberichte Depression
Östrogen wirkt sich auf die Stimmung aus, da es den Serotoninspiegel im Gehirn beeinflusst. Sinkt der Östrogenspiegel, nimmt auch der Serotoninspiegel ab, was erklärt, warum du dich empfindlicher als sonst, niedergeschlagen oder sogar deprimiert fühlen kannst. Der Östrogenspiegel sinkt dabei nicht stetig, sondern kann kräftig nach oben und unten schwanken, was wiederum die psychischen Probleme verstärken kann. Sobald sich der Körper an den neuen Hormonspiegel gewöhnt hat, stabilisiert sich die Stimmung häufig auch wieder, um sich dann beim nächsten Östrogenabfall plötzlich wieder zu verschlechtern.
Man weiß zudem, dass die hohen Östrogenspiegel vor dem Klimakterium einen gewissen Schutz vor neurologischen Erkrankungen im Gehirn wie Alzheimer, Parkinson und sogar Multiple Sklerose bieten, der nach dem Wechsel nicht mehr nachweisbar ist. Das Östrogen selbst verbessert die Hirndurchblutung, unterstützt die Versorgung der „grauen Zellen“ mit Glukose und reduziert Entzündungen in diesem Bereich.
Das andere weibliche Sexualhormon, das Progesteron oder auch Gelbkörperhormon, hat eine beruhigende Wirkung. Ein sinkender Progesteronspiegel kann daher zu Schlafstörungen, schlechter Laune, Reizbarkeit und auch Angstzuständen führen.
Auch ein weiteres Hormon, dessen Spiegel mit dem Älterwerden sinkt, nämlich DHEA (Dehydroepiandrosteron), wirkt bei der Entwicklung von Depressionen mit. Studien haben gezeigt, dass der DHEA-Spiegel bei depressiven Frauen in den Wechseljahren nachweislich niedriger ist als bei Frauen, die nicht unter Depressionen leiden.
Was tun bei Depressionen in den Wechseljahren?
Wichtig ist generell, bei anhaltenden psychischen Veränderungen bzw. auch anhaltenden Schlafproblemen rasch professionelle ärztliche Hilfe zu suchen.
- Bei leichten depressiven Verstimmungen kann eine Hormon-Ersatztherapie in Kombination mit Lifestyle-Veränderungen wie Sport, ausgewogene Ernährung und Entspannungsübungen durchaus helfen, wieder mehr positive Aspekte ins Leben zu bringen.
- Manchmal reicht schon ein Progesteron-Präparat vom Gynäkologen/der Gynäkologin, das abends eingenommen wird.
- Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit, Ein- und Durchschlaf-Störungen, Konzentrationsverlust, Ängste, Hoffnungslosigkeit, Suizidgedanken, Appetitlosigkeit, Kopf- und Magenschmerzen: Wer ein Symptom oder mehrere dieser Symptome einer Depression über zwei Wochen oder länger an sich wahrnimmt, sollte unbedingt einen Arzt aufsuchen.
Generell können im Rahmen eines Besuchs bei einem Facharzt für Psychiatrie die Ursachen der Beschwerden geklärt und viele depressive Erkrankungen auch sehr gut therapiert werden.
Es gibt zahlreiche natürliche Wege, um die emotionale Balance während der Wechseljahre zu unterstützen. Johanniskraut hat sich bei leichten bis mittelschweren depressiven Verstimmungen bewährt und kann die Stimmung sanft aufhellen.
Weitere Tipps für den Alltag
- Eine ausgewogene Ernährung spielt eine zentrale Rolle für das emotionale Gleichgewicht. Lebensmittel mit einem hohen Anteil an Omega-3-Fettsäuren, wie Leinsamen, Walnüsse und fettem Seefisch, können die Stimmung positiv beeinflussen.
- Regelmäßige körperliche Aktivität gilt als natürliches Antidepressivum. Schon 30 Minuten moderate Bewegung täglich kann die Ausschüttung von Endorphinen fördern und Stimmungsschwankungen deutlich reduzieren.
- Stress kann Stimmungsschwankungen in den Wechseljahren deutlich verstärken. Deshalb ist gezielte Entspannung ein zentraler Schlüssel zur emotionalen Stabilität.
- Guter Schlaf ist entscheidend: Ein ruhiges, dunkles Schlafzimmer und feste Schlafenszeiten verbessern die Regeneration.
Die Wechseljahre bringen unweigerlich Veränderungen mit sich - körperlich wie emotional. Eine gewisse Anpassung des emotionalen Erlebens ist natürlich und nicht vollständig vermeidbar. Mit einem ganzheitlichen Ansatz lassen sich extreme Schwankungen abmildern.
Therapieoptionen
Üblicherweise wird eine Depression mit einer Psychotherapie oder mit Antidepressiva behandelt. Die North American Menopause Society empfiehlt diese bewährten Methoden auch für Frauen in den Wechseljahren.
Es gibt einige Studien, die auf eine symptommindernde Wirkung einer Hormonersatztherapie im Falle einer menopausalen Depression hinweisen - vor allem bei Frauen, die unter anderen Wechselbeschwerden wie Hitzewallungen oder Schweißausbrüchen leiden. Auch die für den Wechsel typischen Stimmungsschwankungen lassen sich damit lindern. Laut einer Studie aus dem Jahr 2018 zeigten Frauen im Alter von 45 bis 60 Jahren nach einer Therapie mit Östrogen und Progesteron weniger depressive Symptome.
Das weibliche Sexualhormon Östrogen hat eine schützende Wirkung auf das psychische Wohlbefinden und auf die Neuronen im Gehirn. Vor allem bei einer leichten Depression kann die Gabe von Estradiol-17, wie sie einige Gynäkolog:innen schon länger handhaben, daher sinnvoll sein.
Wichtige Symptome erkennen
Es ist nützlich, die Vorboten einer sich anbahnenden Depression zu kennen. So kann man diese im Auge behalten und bei Verdacht frühzeitig eingreifen. Zu den ersten Anzeichen gehören unter anderen:
- Seelische Anzeichen: Antriebslosigkeit, verminderte Begeisterungsfähigkeit, Passivität, Energielosigkeit, Freudlosigkeit, Anspannung, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit, niedriger Selbstwert
- Körperliche Anzeichen: Schlechter Schlaf, Gewichtsveränderung, ständige Müdigkeit, weniger Appetit, Kopf-, Rücken- oder Magenschmerzen, Verdauungsprobleme, sexuelle Funktionsstörungen, Verspannungen, Sehstörungen, vermeintliche Kreislauf- oder Herzprobleme
Eine durchwachte Nacht oder eine angespannte Woche sind noch nicht zwingend ein Grund zur Sorge - die Menge macht das Gift! Vor allem, wenn mehrere Symptome gleichzeitig auftreten, mindestens zwei Wochen erhalten bleiben und nicht durch äußere Ereignisse erklärbar sind, sollte man Hilfe suchen.
Schlechter Stimmung entgegenwirken
- Achte auf regelmäßige Bewegung, am besten drei bis vier Mal die Woche.
- Auch frische Luft kann Wunder wirken. Regelmäßige Spaziergänge unter freiem Himmel sorgen für einen klareren Kopf, spenden Energie und stärken die Nerven.
- Yoga, Achtsamkeit und Atemübungen sind wertvolle Tools, um Stress abzubauen und innerlich zur Ruhe zu kommen.
- Ein stabiles soziales Netzwerk trägt dazu bei, dass du bei einem Sturz ins Stimmungstief weich fällst.
Durch all diese Maßnahmen wird außerdem dein Selbstwertgefühl gestärkt, welches wiederum dein psychisches Wohlbefinden fördert!
Glück geht durch den Magen
Der Körper produziert das Glückshormon Serotonin größtenteils im Bauch. So kann die Ernährung die Laune direkt beeinflussen, sowohl im Guten als auch im Schlechten.
Über die Nahrung kann man das Gleichgewicht der Botenstoffe im Gehirn, das bei einer Depression durcheinandergerät, beeinflussen. Die Vitamine B6, B9 und B12 sind bekannt dafür, dass sie den Spiegel von Serotonin und Dopamin beeinflussen.
Auch sogenannte essenzielle Aminosäuren sind an der Produktion von Glückshormonen beteiligt. Darunter fällt das Eiweiß Tryptophan, das in Kakaobohnen vorkommt: Schokolade macht also tatsächlich glücklich!
Nicht nur Vitamine und Aminosäuren können die Stimmung beeinflussen, sondern auch Fette.
Ungesättigte Fettsäuren - die „guten“ Fette - sollen sich hingegen positiv aufs Gemüt auswirken. Trotzdem kann es nicht schaden, mehr „gute“ Fette wie Omega-3 zu sich zu nehmen. Dein Körper wird es dir danken!
Dem Rückfall vorbeugen
Wenn du schon einmal an einer Depression erkrankt bist, solltest du bei Stimmungstiefs besonders aufmerksam werden. Um dich vor einem Rückfall zu schützen, könntest du zum Beispiel Tagebuch führen. Das kann dir dabei helfen, den Überblick über mögliche Symptome und deren Dauer zu behalten und so rechtzeitig ärztliche Hilfe zu suchen.
Hilfe suchen ist mutig
Ohne rechtzeitige Behandlung kann sich aus einer leichten Depression eine schwere entwickeln. Damit es gar nicht so weit kommt, raten wir im Zweifelsfall immer zum Experten oder zur Expertin zu gehen. Vor allem dann, wenn Antriebslosigkeit oder schlechte Laune länger als zwei Wochen andauern. Dein Hausarzt oder deine Hausärztin kann dich beraten und wenn nötig zum Profi schicken.
tags: #wechseljahre #und #depression #ursachen