Was tun bei Borderline-Syndrom Behandlung?

Das Borderline-Syndrom gilt als chronische Erkrankung, die nicht vollständig heilbar ist, aber effektiv behandelt werden kann. Dennoch ist es wichtig, dass die Behandlung frühzeitig beginnt und kontinuierlich angepasst wird, um den besten langfristigen Erfolg zu erzielen.

Was ist das Borderline-Syndrom?

Die Borderline-Persönlichkeitsstörung gehört zur Gruppe der emotional instabilen Persönlichkeitsstörungen, wie sie in der internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD-10) beschrieben sind.

  • Sie ist vor allem durch eine ausgeprägte emotionale Labilität, Impulsivität, intensive zwischenmenschliche Konflikte und ein anhaltendes Gefühl innerer Leere gekennzeichnet.
  • In Deutschland sind etwa zwei bis drei Prozent der Allgemeinbevölkerung von der Borderline-Persönlichkeitsstörung betroffen.
  • Unter den psychisch Erkrankten leidet etwa jeder Fünfte zusätzlich zu seiner Erkrankung auch an einer Borderline-Störung.

Symptome der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die ersten Symptome einer Borderline-Persönlichkeitsstörung treten meist mit Beginn des Erwachsenwerdens (Adoleszenz) auf.

Die Hauptmerkmale der Borderline-Störung sind die starke eingeschränkte Impulskontrolle und die damit einhergehenden Stimmungsschwankungen.

Den Betroffenen fehlt die Fähigkeit, Erlebtes und die dadurch ausgelösten Gefühle angemessen zu kontrollieren und zu regulieren. Daraus resultieren extreme innere Anspannungszustände, die Betroffene als unerträglich empfinden.

Um die intensive innere Anspannung kurzfristig zu reduzieren, können impulsive Verhaltensweisen auftreten.

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  • Oft kommt es auch zu dissoziativen Zuständen, also einer Abspaltung von Gefühlen oder Wahrnehmungen, um die innere Belastung besser auszuhalten.
  • Einige Betroffene neigen auch zu selbstverletzendem Verhalten und fügen sich beispielsweise Brandwunden zu, indem sie Zigaretten am eigenen Körper ausdrücken.
  • Auch ist die Wahrnehmung der eigenen Gefühle und des Selbstbildes (Identitätsstörungen) gestört.

In zwischenmenschlichen Beziehungen ist häufig ein Muster von Instabilität erkennbar.

Andere Personen werden abwechselnd idealisiert und entwertet, was auf eine tiefe Angst vor Nähe und gleichzeitig vor Verlassenwerden zurückzuführen ist.

Dies kann zu einem Wechsel aus klammerndem und ablehnendem Verhalten führen.

Ursachen der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Die Borderline-Erkrankung kann von verschiedenen Einflüssen begünstigt werden.

  • Eine mögliche Ursache stellt eine genetische Veranlagung dar, d.h. Erkrankungen wie die Borderline-Störung treten familiär gehäuft auf.
  • Und auch traumatische Ereignisse in der frühen Kindheit können ursächlich für eine Borderline-Störung sein.
  • Fast zwei Drittel aller Betroffenen haben als Kind die Erfahrungen von sexueller oder körperlicher Gewalt, seelischer Misshandlung oder Vernachlässigung gemacht.
  • Auch eine geringfügige Funktionsstörung des Nervensystems (minimale zerebrale Dysfunktion) im Kleinkindesalter kann eine Borderline-Störung hervorrufen.
  • Eine weitere mögliche Ursache der Persönlichkeitsstörung liegt auch in einem Ungleichgewicht von Botenstoffen im Gehirn. Zu diesen sogenannten Neurotransmittern zählen unter anderem Serotonin sowie Noradrenalin und Dopamin.

Diagnose der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Um eine Borderline-Störung zu diagnostizieren, führt das medizinische Fachpersonal zunächst eine Befragung zu familiär auftretenden Persönlichkeitsstörungen sowie psychischen Auffälligkeiten im Kindesalter durch (Anamnese).

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Hierfür befragt der Arzt oder die Ärztin nicht nur Betroffene, sondern nach Möglichkeit auch Bezugspersonen, z.B.

Bei Verdacht auf eine Persönlichkeitsstörung findet eine Reihe psychologischer Tests statt.

Dabei setzen die Fachärzte strukturierte klinische Interviews und verschiedene Checklisten ein, um die Diagnose zu sichern und von anderen Persönlichkeitsstörungen abzugrenzen.

Zusätzlich führt der Arzt oder die Ärztin Untersuchungen durch, die organische Ursachen als Grund für die Borderline-Störung ausschließen.

Neben einer Untersuchung des Blutes überprüft der behandelnde Arzt oder Ärztin dabei auch die Schilddrüsenwerte und den Vitamin- und Mineralspiegel der Betroffenen.

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Weiterhin lassen sich bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomografie (MRT) oder die Elektroenzephalografie (EEG) einsetzen, um das Gehirn genauer zu untersuchen.

Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung

Grundlage einer Behandlung der Borderline-Persönlichkeitsstörung stellt eine Psychotherapie dar.

Zusätzlich kann eine medikamentöse Therapie durch einen Facharzt erfolgen, um Begleiterkrankungen wie Depressionen oder Angst zu behandeln.

So setzen Ärzte gegen Schlafstörungen und Anspannungszustände sogenannte niedrigpotente Neuroleptika ein.

Gegen depressive Verstimmungen sowie Angst- und Zwangsstörungen werden Antidepressiva häufig eingesetzt.

Leiden die Betroffenen zusätzlich unter wahnhaften Symptomen werden Antipsychotika verwendet.

Liegt eine erhöhte Gefahr von selbstverletzenden Handlungen vor kann der behandelnde Arzt auf eine Wirkstoffklasse zurückgreifen, die als Benzodiazepine bezeichnet wird.

Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT)

Den Durchbruch in der Borderline-Behandlung schaffte die US-amerikanische Therapeutin Marsha M. Linehan.

Sie entwickelte die speziell auf Borderliner zugeschnittene Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT). Dabei handelt es sich um eine besondere Form der kognitiven Verhaltenstherapie.

In der ersten Therapiephase werden die Borderline-Patienten zunächst stabilisiert.

Im Mittelpunkt stehen dabei Strategien, die verhindern, dass der Patient sich weiter selbst schädigt oder die Therapie vorzeitig abbricht.

Im Rahmen einer Gruppentherapie werden dann verschiedene neue Verhaltens- und Denkweisen trainiert.

Ziele sind:

  • Die Wahrnehmung der eigenen Person und die anderer Menschen zu verbessern
  • Maßnahmen zur Selbstkontrolle und zum Umgang mit Krisen einzuüben
  • Extremes Schwarz-Weiß-Denken abzubauen
  • Den Umgang mit Stress und die Steuerung der eigenen Gefühle zu erlernen

Erst in einer zweiten Therapiephase rücken die belastenden Lebensereignisse in den Mittelpunkt, welche die Störung mit gefördert haben.

Anders als bei einer psychoanalytisch fundierten Therapie geht es dabei nicht darum, die traumatische Erfahrung erneut zu durchleben und aufzuarbeiten.

Es geht hier darum, diese Erfahrung als Teil der persönlichen, aber abgeschlossenen Vergangenheit zu akzeptieren.

Die dritte Therapiestufe ist darauf ausgerichtet, das Erlernte im Alltag anzuwenden, das Selbstwertgefühl zu steigern sowie persönliche Lebensziele zu entwickeln und umzusetzen.

Psychodynamisch-konfliktorientierte Psychotherapie

Neben der Verhaltenstherapie sind auch Psychodynamische Therapieverfahren eine Möglichkeit für Borderline-Patienten.

Studien bestätigen ihre Wirksamkeit, zumindest für erwachsene Patienten.

Wie alle Therapien, die ihre Wurzeln in der Psychoanalyse haben, steht auch hier die Einsicht in Zusammenhänge zwischen den biografischen Erfahrungen und aktuellen problematischen Beziehungen und Verhaltensweisen im Vordergrund.

Sie sollen in eine seelische Aufarbeitung der traumatischen Erlebnisse münden.

Im Rahmen der Psychodynamisch-konfliktorientierten Psychotherapie werden gezielt:

  • Traumata bewältigt
  • Das Selbstbild des Patienten gestärkt oder überhaupt aufgebaut
  • Die Beziehungsfähigkeit verbessert
  • Das typische Schwarz-Weiß-Denken abgebaut
  • Die Fähigkeit, die eigenen Gefühle und Impulse zu kontrollieren, gestärkt (Affekt-Regulation)

Familientherapie

Besonders bei der Borderline-Therapie von Jugendlichen ist es entscheidend, die Familie mit einzubeziehen.

Zum einen, weil dadurch den Angehörigen der Umgang mit dem betroffenen Familienmitglied erleichtert wird.

Vor allem aber, weil eine Zusammenarbeit mit der Familie eine wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass der Jugendliche sein Denk- und Verhaltensmuster erfolgreich verändert.

Besonders wichtig ist das Einbeziehen der Familie, wenn die Störung ihre Wurzeln zumindest teilweise in der Familie hat.

Bestehen krankhafte Beziehungsmuster in der Familie, macht dies eine Familientherapie besonders sinnvoll.

Weitere Therapieformen

Weitere Therapieverfahren, die bei Borderline-Störungen eingesetzt werden, sind:

  • Mentalisierungs-basierte Therapie (MBT): Sie hilft dem Patienten, besser mit sich und anderen Menschen zurechtzukommen. Borderliner haben Schwierigkeiten, das eigene Verhalten und das anderer Menschen einzuschätzen. In dieser Therapieform lernen Betroffene, die Hintergründe von Verhaltensweisen besser zu interpretieren und zu verstehen.
  • Schematherapie/Schema-fokussierte Therapie: Sie basiert darauf, dass jeder Mensch von Kindheit an Muster entwickelt, um mit Erlebnissen umzugehen. Wenn die Grundbedürfnisse eines Kindes nicht erfüllt werden, bildet es ungesunde Strategien und Denkmuster aus. Borderliner gehen zum Beispiel oft davon aus, verlassen zu werden und sind daher anderen gegenüber misstrauisch. Ziel der Schematherapie ist es, negative Gedanken- und Gefühlsmuster zu erkennen und zu bearbeiten.
  • Übertragungs-fokussierte Psychotherapie (Transference-focused psychotherapy, TFP): Borderline Patienten haben oft ein ausgeprägtes Schwarz-Weiß- oder Gut-Böse-Denken. Der Therapeut wird entweder idealisiert oder als bedrohlich empfunden. Alte Beziehungserfahrungen (beispielsweise mit den Eltern), überträgt der Patient auf den Therapeuten. So wird der Therapeut zum Beispiel als strenger Vater erlebt. Die Übertragungs-fokussierte-Therapie arbeitet mit dem Patienten daran, diese Übertragungen zu erkennen und zu verändern.

Medikamente

Manche Patienten erhalten zusätzlich zur Psychotherapie eine medikamentöse Therapie.

Borderline ist jedoch nicht alleine durch Medikamente behandelbar - spezielle Borderline-Medikamente gibt es nicht.

Stimmungs-Stabilisierer wie Lithium helfen einigen Patienten aber dabei, extreme Gefühlszustände in den Griff zu bekommen.

Patienten mit Borderline, die unter starken Angstzuständen leiden, verschreibt der Arzt oder Psychiater oft Benzodiazepine wie zum Beispiel Lorazepam.

Diese Medikamente haben jedoch starken Sucht-Charakter und es wird empfohlen, sie nur kurze Zeit einzusetzen.

Haben Patienten zusätzlich eine Depression oder/und Angststörung, ergänzt der Arzt die Borderline-Therapie zum Beispiel durch Antidepressiva aus der Gruppe der Selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI).

Selbsthilfe

Es gibt verschiedene Selbsthilfe-Strategien, die meist in der Psychotherapie erlernt werden.

Die Betroffenen haben aber auch die Möglichkeit, sich in Gruppen- oder Einzel-Gesprächen mit Experten sowie durch Selbsthilfe-Literatur (Bücher, Ratgeber, Online-Plattformen) zu informieren.

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