Stille Panikattacken: Symptome, Ursachen und Behandlung

Das Gefühl der Angst ist eine natürliche Reaktion auf potenzielle Gefahren. Es dient dazu, uns vor physischem Schaden zu schützen und ermöglicht es uns, mögliche Bedrohungen zu erkennen und ihnen auszuweichen. Angst ist eine natürliche Emotion, die kulturübergreifend bei jedem Menschen natürlicherweise auftritt. Auch Tiere haben diese Körperreaktion.

Experten verstehen darunter eine Reaktion auf vermeintliche oder tatsächliche Gefahren. Unterschieden wird zwischen der angeborenen und der erlernten Angst. Eine große Rolle nimmt dabei die Amygdala ein. Dabei handelt es sich um eine Struktur im Gehirn, die eine entscheidende Rolle in der Bewertung von Sinnesreizen, der Entstehung von emotionalen Reaktionen und der Speicherung von Erfahrungen spielt.

Manche Anblicke, Geräusche oder Gerüche lösen bereits von Geburt an Angst aus - ein Schutzmechanismus, der das Überleben sichern soll. Menschen lernen allerdings auch von der Reaktion anderer Menschen in bestimmten Situationen ebenfalls ängstlich zu reagieren, zum Beispiel bei der Begegnung mit einer Spinne. Neben der Amygdala sind auch weitere Hirnregionen wie der Hippocampus und der sogenannte präfrontale Kortex an der Angstverarbeitung beteiligt.

Die Angst gilt als normales Verhalten, solange sie nicht übersteigert ist und sich gegen reale Bedrohungen richtet. Sie tritt in den verschiedensten Situationen auf, so zum Beispiel, wenn Gefahr plötzlich bemerkt wird wie bei der Begegnung mit einem zähnefletschenden Hund oder in einem Auto mit einem rücksichtslosen Fahrer.

Plötzliche, situationsbedingt aufkommende Angst oder jene vor einem tatsächlich drohenden Ereignis ist ein unangenehmes Gefühl. Viele Menschen setzen sich auch absichtlich einer Angstsituation aus, weil sie Spaß an dem plötzlichen Adrenalinschub haben, den die Situation auslöst. Adrenalin ist ein Stresshormon, das den Körper in eine sofortige Leistungsbereitschaft versetzt, das heißt, bereit macht für Flucht oder Kampf.

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Bei Menschen mit einer Angststörung sind diese Gefühle jedoch übermäßig stark ausgeprägt und überschreiten das normale Maß. Betroffene erleben Angst sowohl auf emotionaler als auch auf körperlicher Ebene, was häufig zu erheblichen Einschränkungen im Alltag und in der Lebensqualität führt. Erst wenn die Ängste überhandnehmen und sich in der Folge Einschränkungen ergeben, sprechen Experten von Angststörungen.

Was ist der Unterschied zwischen Angst und Panik?

Panikstörungen äußern sich in plötzlich auftretenden Panikattacken, Angstanfällen oder einer „Todesangst“, die meist nur wenige Minuten andauern. Bei einer Phobie haben Betroffene häufig starke Angstgefühle vor bestimmten Situationen. Bei einer Sozialphobie fürchten sie die negative Beurteilung der anderen Menschen.

Auswirkungen von Angst- & Panikstörungen

Menschen, die unter einer Angst- & Panikstörung leiden, erleben die Angst so intensiv, dass ihr tägliches Leben erheblich beeinträchtigt wird. Das Ausmaß der Angst erscheint für Außenstehende oft übertrieben. Betroffene wirken häufig rastlos, getrieben, unkonzentriert und unruhig. Körperliche Symptome wie Herzrasen, Zittern, Schwindel, Atemnot und starkes Schwitzen sind typische Anzeichen.

Ursachen von Angst- & Panikstörungen

Die Ursachen für Angst- & Panikstörungen sind vielfältig. Sie können durch anhaltende belastende Lebensereignisse, ungünstige Erziehungsmuster sowie biologische und erbliche Faktoren ausgelöst werden. Panikstörungen treten familiär gehäuft auf. Experten vermuten daher, dass die Erkrankung bis zu einem gewissen Grad erblich bedingt ist.

Viele Betroffene nehmen schon vor der Erkrankung (oft bereits in der Kindheit) körperliche Signale sensibler wahr und sind ängstlicher als andere Menschen. Ihr vegetatives Nervensystem, das Abläufe im Körper wie Atmung, Blutdruck, Herzschlag und Stoffwechsel steuert, scheint empfindlicher zu reagieren (vegetative Dystonie). Oft lösen auch kleinste körperliche Veränderungen bei den Betroffenen Angst aus - selbst wenn sie diese nicht bewusst wahrnehmen.

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Sie empfinden dann zum Beispiel bereits einen beschleunigten Herzschlag beim Treppensteigen oder Schwindel beim Aufstehen als bedrohlich. Panikattacken treten oft während oder nach belastenden Situationen auf wie dem Tod eines nahestehenden Menschen, während einer unglücklichen Beziehung, nach einer Trennung oder einer Scheidung. Sie können aber auch nach Umzügen, bei Stress in der Arbeit (z.B. durch Burnout) oder nach einer Entlassung auftreten.

Auch positive Ereignisse verursachen Stress wie eine Hochzeit, eine Beförderung im Job oder die Geburt eines Kindes. Die Attacken treten vor allem dann auf, wenn Betroffene diese Situationen als sehr belastend oder beängstigend empfinden. Oft stehen sie unter extremer Anspannung, die sie aber selbst aber nicht wirklich wahrnehmen. Ein Anfall entsteht dann scheinbar aus dem Nichts und ohne Grund.

Betroffene können sich meist nicht erklären, woher die Panikattacke kommt und warum sie plötzlich solche Ängste empfinden. Oft entsteht eine Panikattacke aufgrund einer bestehenden Agoraphobie. Symptome treten dann vor allem an einengenden Orten wie in der U-Bahn oder im Flugzeug oder bei Menschenansammlungen auf. Auch beim Autofahren, im Fahrstuhl oder in der Schlange vor der Supermarktkasse treten die Anfälle häufig auf. Ebenso vor Reisen und Operationen.

Weitere Erkrankungen als Ursache

Weitere Erkrankungen, die panikähnliche Zustände auslösen können, sind:

  • Herzenge (Angina pectoris)
  • Unterzuckerung (Hypoglykämie)
  • Fruchtzuckerunverträglichkeit (Fructoseintoleranz)
  • Asthma
  • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
  • Schlafapnoe
  • Fehlregulation der Muskeln und Gelenke im Kiefer (craniomandibuläre Dysfunktion, kurz: CMD)
  • Epilepsie
  • Muskelverspannungen (z.B. im Nacken)

Zudem treten auch im Rahmen anderer psychischer Störungen Panikattacken auf wie Depressionen, Zwangsstörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen. Auch aufgrund körperlicher Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Schilddrüsenfunktionsstörungen, Erkrankungen des Nervensystems oder der Nebennieren können Panikattacken auftreten. Bei manchen Frauen sind zudem hormonelle Veränderungen wie beispielsweise in den Wechseljahren oder während der Schwangerschaft Auslöser für Panikattacken.

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Kaffee, Drogen und Medikamente

Manche Betroffene berichten davon, dass Kaffee bzw. eine Kaffeeunverträglichkeit bei ihnen panikähnliche Symptome auslösen. Das im Kaffee enthaltene Koffein erhöht unter anderem den Herzschlag, was viele Betroffene dann irrtümlicherweise als Herzinfarkt interpretieren. Auch Drogen wie Alkohol, Nikotin, Kokain, Amphetamine oder LSD können auf diese Weise eine Panikattacke hervorrufen.

Medikamente, die den Stoffwechsel aktivieren und überdosiert sind (z.B. Schilddrüsenhormone), lösen bei manchen Menschen ebenfalls ähnliche Symptome aus.

Was tun bei Angst?

Körperlich gibt es automatische biologische Stressreaktionen auf eine Gefahrensituation. Diese werden unter der Fight-Flight-Freeze-Theorie zusammengefasst: Man kämpft oder wehrt sich, man flieht/läuft weg/entzieht sich der Situation oder man erstarrt und resigniert. Oft laufen diese Reaktionen automatisch ab (gesteuert von der Amygdala im Gehirn). Wenn man sich darüber bewusst ist, kann man seine Reaktion aber natürlich beeinflussen.

Neben den bereits genannten Reaktionen gibt es auch weitere: So passen sich manche Menschen stark an und versuchen, es anderen recht zu machen, damit Konflikte vermieden werden. Dieses Verhalten wird „Fawn Reaktion“ genannt. Generell ist es Menschen möglich, mit der eigenen Angst umzugehen, wenn die Angst nicht zu stark ist. Oft hilft dabei das Gespräch mit einer vertrauten Person.

Manchmal vergeht die Angst aber auch mit dem Erwachsenwerden oder wenn im Nachhinein eine Situation als weniger beängstigend eingestuft wird. Auch die Erkenntnis, dass die Möglichkeit besteht, sich auf eine angsteinflößende Situation vorzubereiten, lindert die Beschwerden oftmals. In vielen Fällen bieten Selbsthilfegruppen Hilfe. Hier finden sich Gleichgesinnte zusammen und sprechen über ihre Ängste. Wenn ein Angstgefühl aufkommt, ist es erst einmal wichtig, Ruhe zu bewahren.

Oft hilft es auch, bewusst und tief zu atmen, um den Körper und Geist zu beruhigen. Häufig sorgen Ängste dafür, dass Menschen den Situationen, vor denen sie sich fürchten, ausweichen. Dies führt bei vielen Menschen dazu, dass sie womöglich wichtige (Arzt-)Termine verschieben, Telefonate nicht tätigen oder nicht alleine in den Keller gehen. Das trägt jedoch nur dazu bei, dass sich die Ängste verstärken.

Sinnvoll ist es daher, sich diesen nach Möglichkeit zu stellen und sich bewusst zu machen, dass in der Situation nichts Schlimmes passieren kann. Unter Umständen ist es hilfreich, eine gefühlt bedrohliche Situation zusammen mit einer vertrauten Person zu bewältigen. Im Umgang mit seiner Angst ist es wichtig zu wissen, dass es sich um ein natürliches Gefühl handelt und dass es sich in vielen Fällen unter Kontrolle bringen lässt, wenn der Auslöser bekannt ist.

Wann zum Arzt?

Treten bei Ihnen immer wieder (mindestens einmal im Monat) Symptome einer Panikattacke auf, ist es ratsam, möglichst frühzeitig einen Arzt aufzusuchen. Dies gilt auch, wenn sich die Situationen vermehren, die bei Ihnen eine Attacke auslösen. Erste Anlaufstelle ist zunächst der Hausarzt. Dieser führt mit Ihnen ein Gespräch und untersucht Sie auf körperliche Ursachen wie Herzrhythmusstörungen oder eine Überfunktion der Schilddrüse.

Ist bei Ihnen keine körperliche Erkrankung Auslöser für die Symptome, überweist der Hausarzt Sie weiter an einen Psychiater oder Psychotherapeuten. Dieser schließt im Gespräch mit Ihnen andere psychische Erkrankungen wie eine Depression aus, indem er gezielte Fragen stellt wie:

  • Erleben Sie manchmal Anfälle starker Angst?
  • Tritt die Angst gemeinsam mit körperlichen Symptomen wie Zittern, Atemnot oder Mundtrockenheit auf?
  • Haben Sie nach einem Angstanfall Angst vor einem weiteren Anfall?
  • Gibt es für die Angstanfälle einen bestimmten Auslöser?

Der Psychiater bzw. Psychotherapeut greift dabei gegebenenfalls auch auf Fragebögen und Tests zurück. Ein Panikattacken-Test ist beispielsweise die Hamilton-Angstskala (HAMA), die dieser im Gespräch mit dem Patienten ausfüllt (z.B. Fremdbeurteilungsbögen). Es gibt aber auch Selbstbeurteilungsbögen, mit deren Hilfe der Angstpatient selbst seine Beschwerden konkreter schildert (z.B. State-Trait-Anxiety-Inventory, STAI).

Behandlung von Angst- & Panikstörungen

Angst- & Panikstörungen können erfolgreich mit Therapiegesprächen und Medikamenten behandelt werden. Im Rahmen einer Therapie werden Bewältigungsstrategien entwickelt, um mit wiederkehrenden Angst- oder Panikattacken umgehen zu können. Angst- & Panikstörungen sind behandelbar und es steht Hilfe zur Verfügung.

Wenn Sie oder jemand, den Sie kennen, unter Angst- & Paniksymptomen leiden, zögern Sie nicht, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Verschiedene Fachkräfte sind darauf spezialisiert, Menschen mit Angst- & Panikstörungen zu helfen und individuelle Behandlungspläne zu erstellen.

Umfassende Tabelle zu Panikattacken

Aspekt Beschreibung
Definition Plötzlich auftretende Angstanfälle mit körperlichen Symptomen
Ursachen Genetische Veranlagung, Stress, Agoraphobie, weitere Erkrankungen, Kaffee, Drogen, Medikamente
Symptome Herzrasen, Zittern, Schwindel, Atemnot, starkes Schwitzen
Diagnose Gespräch mit Arzt/Psychotherapeut, Fragebögen, Tests
Behandlung Therapiegespräche, Medikamente (SSRI, SNRI, Antidepressiva, Benzodiazepine)
Wann zum Arzt Wiederholte Panikattacken (mind. 1x monatlich), Zunahme der auslösenden Situationen

Angst verspüren die meisten Menschen im Leben, die Einen mehr und Andere weniger. Ängstlich zu sein bedeutet jedoch nicht, ein gesundheitliches Problem zu haben. Auch die Gründe für Angst sind unterschiedlich - manchmal werden diese sogar künstlich herbeigeführt, zum Beispiel durch einen Besuch in der Geisterbahn oder einen Bungee-Sprung.

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