Psychosen: Symptome, Ursachen, Diagnose und Behandlung

Psychose ist ein Überbegriff für schwere psychische Störungen, die mit einem Realitätsverlust verbunden sind. Bei den Betroffenen kann es unter anderem zu Wahnvorstellungen oder Halluzinationen kommen. Häufig treten diese Symptome bei schizoaffektiven Störungen und Schizophrenie auf. Psychosen können verschiedene Funktionen wie das Denken, Fühlen und die Wahrnehmung betreffen.

Schätzungen zufolge sind etwa ein bis zwei Prozent der Gesamtbevölkerung irgendwann im Leben von einer Psychose betroffen. Die häufigsten Formen sind die Schizophrenie und bipolare affektive Störungen.

Symptome einer Psychose

Wesentliches Merkmal ist eine veränderte Wahrnehmung der Realität, welche mit Beeinträchtigungen im Denken, und dem gefühlsmäßigen Erleben einhergeht. Bei den Betroffenen kann es unter anderem zu Wahnvorstellungen oder Halluzinationen kommen.

Einige Beispiele dafür, wie UHR-Betroffene die Veränderungen im Denken und Fühlen beschreiben:

  • „Ich fühle mich wie in einem Traum“.
  • „Ich höre meine Gedanken in meinem Kopf, als würden sie von einer Stimme laut gesagt werden.“
  • „Ich habe kein Zeitgefühl mehr.“
  • „Manchmal sehe ich Schatten im Augenwinkel oder höre jemanden meinen Namen rufen, obwohl niemand da ist.“
  • „Völlig alltägliche Situationen wirken plötzlich bedrohlich.“

Erste Anzeichen einer bevorstehenden Psychose sind oft innere Unruhe, Angst und Schlafstörungen. Damit einhergehend erscheint die Umwelt häufig unvertraut und unwirklich (Derealisation).Betroffene haben auch das Gefühl „neben sich zu stehen“ oder erleben die eigenen Gefühle als fremd (Depersonalisation). In der Psychose selbst wird die Umwelt zunehmend als beängstigend und bedrohlich erlebt und der Betroffene denkt darüber nach was oder wer dafür verantwortlich ist (Kausalitätsbedürfnis).

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Verzerrte Realität, veränderte Sinneswahrnehmungen und Denkabläufe sowie Konzentrationsstörungen über einen längeren Zeitraum können Anzeichen eines erhöhten Risikos für eine Psychose darstellen. Tatsächlich entwickeln sogar 20 bis 30 Prozent der Personen mit Beschwerden dieser Art im Verlauf von drei Jahren eine Psychose.

Spezifische Symptome bei verschiedenen psychischen Störungen

Die Symptome können bei affektiven Störungen Stimmungseinbrüche (Depression) oder Hochstimmung (Manie) sein, bipolare affektive Störungen können zu starken Schwankungen führen. Bei Schizophrenien und schizoaffektiven Störungen findet man Wahnvorstellungen, Halluzinationen, das Gefühl, dass andere die eigenen Gedanken lesen können und Energiemangel.

Ursachen von Psychosen

Als Ursachen für Psychosen wurden Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Begriff erstmals auftauchte, organische Erkrankungen des Nervensystems vermutet - also krankhafte Veränderungen im Gehirn. Tatsächlich können psychotische Symptome wie Stimmen hören oder Wahnvorstellungen auch durch organische Erkrankungen des Nervensystems hervorgerufen werden, wie z. B. Demenz.

Eine genetische Vorbelastung (z. B., wenn ein Elternteil bereits psychotische Symptome hatte) in Kombination mit einer akuten Lebenskrise kann zum Auftreten der ersten Symptome führen, bei Schizophrenie ist es auch oft Drogenkonsum, der das Auftreten der Krankheit begünstigt.

Bei psychischen Erkrankungen wie der Schizophrenie geht man davon aus, dass erst das Zusammenspiel verschiedener Faktoren (biologische und psychosoziale) zum Ausbruch der Erkrankung führt. Abhängig vom Schweregrad können eine Vielzahl an Erkrankungen zu vorübergehenden Psychosen führen.

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Drogenkonsum als Ursache

Ein regelmäßiger Drogenkonsum zählt heutzutage für viele jüngere Menschen zum Alltag. Der Rausch am Wochenende durch Partydrogen wie Ecstasy, Kokain oder auch Cannabis sorgt kurzzeitig für ein euphorisches Gefühl und lässt den grauen Alltag vergessen. Um die mit dem Drogenmissbrauch verbundenen Risiken für Körper und Psyche kümmern sich allerdings die wenigsten Betroffenen. Dabei kann bereits eine einmalige Dosis ernsthafte psychische Schäden hervorrufen.

MDMA, Ecstasy und Amphetamine wie Speed oder Pep können ebenfalls auslösende Substanzen für drogeninduzierte Psychosen sein. Teilweise kann das Auftreten der psychotischen Störung bereits nach einmaligem Konsum festgestellt werden. Wer Amphetamine oder Ecstasy schluckt, hat oftmals mit Panikattacken, diffusen Angstgefühlen oder sogar wahnhaften Wahrnehmungsstörungen zu kämpfen. Darüber hinaus werden Situationen durchlebt, in denen das eigene Persönlichkeitsbewusstsein gestört ist.

Formen von Psychose

In neueren Klassifikationssystemen für Krankheiten (z. B. ICD-10) werden die psychotischen Störungen, die nicht allein auf organischen Erkrankungen basieren, in drei Störungsbilder eingeteilt:

  • Schizophrenie
  • bipolare affektive Störungen
  • schizoaffektive Störungen

Schizophrenie

Der Verlauf ist bei Schizophrenien sehr unterschiedlich: Es können kontinuierliche und phasenhafte Verläufe auftreten, wobei die psychotischen Symptome mal stärker, mal weniger stark ausgeprägt sind oder sogar ganz verschwinden. Bei etwa 20 % heilt die erste psychotische Phase vollständig aus und es treten später keine weiteren Symptome auf. Etwa 60 % der Betroffenen können trotz Erkrankung arbeiten, nur etwa 10 % werden pflegebedürftig. Zirka 10 % der Betroffenen sterben aufgrund einer Selbsttötung.

Bipolare affektive Störungen

Bipolare affektive Störungen treten typischerweise zwischen dem 25. und 30. Lebensjahr auf, der Verlauf zeichnet sich durch den Wechsel von depressiven Phasen, manischen Phasen und Phasen ohne jegliche Symptome aus. Wenn bipolare affektive Störungen nicht behandelt werden, treten während der gesamten Lebenszeit oft mehr als zehn Krankheitsphasen auf, wobei die Zeiten ohne Symptome immer kürzer werden. Etwa 15 % der Betroffenen sterben aufgrund einer Selbsttötung.

Bipolare affektive Störungen können unterteilt werden in:

  • Bipolar-I-Störungen: Depression und Manie (= krankhafte Hochstimmung) sind voll ausgebildet, ca. 1 % der Menschen ist irgendwann im Leben betroffen
  • Bipolar-II-Störungen: Depression ist voll ausgebildet, aber Manie nicht (leichtere Form = Hypomanie), ca. 0,5 % der Menschen ist irgendwann im Leben betroffen

Schizoaffektive Störungen

Bei schizoaffektiven Störungen ist der Verlauf phasenhaft, ähnlich wie bei bipolaren affektiven Störungen. Chronische Veränderungen des Charakters (z. B. ein andauernder Verfolgungswahn) treten in der Regel nicht auf, langfristig gesehen ist der Verlauf für Betroffene günstiger.

Bei den schizoaffektiven Störungen liegen keine Häufigkeitsschätzungen vor, da sie aufgrund der Mischform zwischen schizophrenen, manischen und depressiven Symptomen oft nicht klar zugeordnet werden können. Es wird davon ausgegangen, dass 10 - 20 % aller an Schizophrenie oder affektiven Störungen erkrankten Menschen irgendwann in ihrem Leben auch Symptome der jeweils anderen Störung erleben.

Diagnose von Psychosen

Um eine zielgerichtete Behandlung einer Psychose einzuleiten bedarf es einer genauen Diagnosestellung. Die Unterscheidung zwischen primär organischen und primär psychischen Psychosen ist schwierig und sollte vorrangig von einem Facharzt für Psychiatrie vorgenommen werden.

Um festzustellen, ob ein Risiko für eine Psychose oder ob eine andere psychiatrische Erkrankung besteht, sind frühzeitige Untersuchungen in spezialisierten Einrichtungen wichtig. Denn neben manifest psychotischen Erkrankungen wie Schizophrenie, die durch Halluzinationen und Wahnsymptomatik charakterisiert sind, gibt es auch Zustandsbilder mit abgeschwächter psychotischer Symptomatik, die zwar weniger häufig oder intensiv auftreten können, aber dennoch mit einem hohen Leidensdruck verbunden sind.

Die Symptome entwickeln sich meist über Jahre hinweg und sind zunächst nicht eindeutig zuzuordnen. Oft äußert sich die Schizophrenie dann akut in einer psychotischen Phase. Daher werden Betroffene meist in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses gebracht, wo dann erst die Diagnose gestellt wird.

Zur Diagnose werden die einzelnen Symptome genau erhoben, unter anderem mit Fragebögen. Diagnostisch können Erkrankungen mit psychotischen Symptomen erst im langfristigen Verlauf sicher in Klassifikationssysteme wie die ICD-10 eingeordnet werden. Denn durch den phasenhaften Verlauf ist zunächst unklar, ob es sich nur um ein einmaliges Ereignis handelt (z. B. vorübergehende akute psychotische Störung) oder sich ein langfristiger Verlauf entwickelt.

Behandlung von Psychosen

Psychosen können, je nach der zugrunde liegenden Erkrankung akut oder schleichend auftreten. Bei Psychosen im Rahmen psychischer Erkrankungen steht die Aufklärung und Beratung am Beginn. Gemeinsam mit dem Patienten sind mögliche Therapieansätze zu besprechen und dem Erkrankungsverlauf regelmäßig anzupassen.

Neben psychotherapeutischen Interventionen können antipsychotisch wirksame Psychopharmaka zu einer Linderung der Beschwerden führen.Bei der Wahl einer geeigneten Therapie haben Bedenken und Vorerfahrungen des Patienten Priorität.

Früherkennung und präventive Ansätze, deren Nutzen in Studien erwiesen ist, gewinnen auch in der Psychiatrie zunehmend an Bedeutung. Durch frühes Erkennen und Behandeln der Symptome können eine Verschlechterung des Zustands und eine psychotische Entwicklung hintangehalten bzw. verzögert werden. Im Besonderen gilt es, die Lebensqualität zu verbessern und mögliche Einschränkungen der Betroffenen in Alltag, Ausbildung oder Beruf zu behandeln.

Wenn diese psychischen Störungen nicht frühzeitig mit Psychotherapie und Medikamenten behandelt werden, kommt es zu einem schwereren Krankheitsverlauf. Menschen mit psychotischen Symptomen werden mittels Medikamente oder Psychotherapie behandelt.

Es ist von großer Bedeutung, dass die Betroffen:e über die eigene Erkrankung Bescheid weiß - die Vermittlung dieses Wissens nennt man Psychoedukation. Eine vertrauensvolle und offene Gesprächsbasis mit der behandelnden Ärzt:in ist zudem wichtig. Betroffene müssen unbedingt ehrlich angeben, ob sie ihre Medikamente einnehmen, damit keine Fehldosierung passiert. Außerdem sollten Betroffene bereit sein, sich unter Anleitung einer Ärzt:in auf verschiedene therapeutische Methoden und Medikamente einzulassen, um das beste Behandlungsmittel für die vorliegenden Störungen zu finden.

Im Falle einer Drogensucht ist darüber hinaus ein Drogenentzug in einer qualifizierten Suchtklinik unabdingbar. Besonders problematisch ist der Substanzmittelkonsum bei einer schizophrenen Psychose, da die Betroffenen hier bereits auf kleinste Mengen des Suchtmittels mit psychotischen Symptomen reagieren. Daraus ergibt sich, dass die Psychose und die Drogensucht unbedingt gleichzeitig behandelt werden müssen.

Häufigkeit von Psychosen

Die Häufigkeit von Psychosen und anderen psychischen Erkrankungen ist in jüngster Zeit vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen angestiegen. Schizophrenie tritt bei 1 %, bipolare affektive Störungen bei zirka 1,5 % und schizoaffektive Störungen bei etwa 0,8 % der Bevölkerung auf.

Die Halbjahresprävalenz psychotischer Störungen im Alter beträgt nach epidemiologischen Untersuchungen zwischen 16 und 23 %. Die Herausforderung besteht darin, bei älteren Menschen die Symptome den verschiedenen Syndromen und Störungen richtig zuzuordnen. Das erfordert eine genaue Abklärung und viel Erfahrung in der klinischen Praxis.

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