Innere Unruhe, Ängstlichkeit, Stress und Überforderung sind weit verbreitete Probleme unserer Zeit. Gerade in Zeiten von Pandemien treten sie noch stärker auf, was eine natürliche Reaktion von Körper und Psyche auf eine unsichere Umwelt darstellt. Es ist wichtig, die Ursachen und Symptome innerer Unruhe zu verstehen und zu wissen, wann man einen Arzt aufsuchen sollte. Ebenso wichtig ist es zu wissen, was man für die eigene innere Kraft und Gelassenheit tun kann.
Was ist innere Unruhe?
„Innere Unruhe“ ist ein vager Begriff, der oft mit Nervosität gleichgesetzt wird. Betroffene beschreiben sie unter anderem als Druck, Ruhelosigkeit, Überforderung, Rastlosigkeit, sich getrieben fühlen, nervöse Ängstlichkeit oder einfach als Stress. Klagen wie „Ich kann nicht mehr runterkommen“, „Ich stehe unter einem unerträglichen Strom“ oder „Ich kann überhaupt keinen Frieden mehr finden“ sind typisch.
In der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD 10) wird die innere Unruhe unter R45 (Symptome, die die Stimmung betreffen) eingeordnet, zusammen mit Unglücklichsein, Reizbarkeit, Wut und Demoralisierung. Diese Symptome haben per se keinen direkten Krankheitswert, erzeugen aber Leidensdruck und schaden dem seelischen und körperlichen Wohlbefinden. Eine Differentialdiagnose ist wichtig, da innere Unruhe als Begleiterscheinung sowohl körperlicher als auch psychischer Erkrankungen auftreten kann oder langfristig eine Depression oder Angsterkrankung auslösen kann.
Ursachen innerer Unruhe
Jeder Mensch verspürt innere Unruhe unter bestimmten äußeren Umständen, wie vor einer Prüfung, während eines ungelösten Konflikts, vor größeren Veränderungen oder in Trennungssituationen. Dies ist zunächst ein natürlicher Vorgang, ein Signal des Gehirns (vorrangig der Amygdala), dass eine schwierige Situation oder Gefahr bevorsteht. Das Gehirn ist evolutionär darauf ausgerichtet, uns vor Gefahren zu schützen. Die Botschaft lautet: Vorsicht! Sei achtsam! Verfalle nicht in Trägheit, sondern sei in Bereitschaft! Kümmere dich gut um dich!
Äußerer und innerer Druck, negativer Stress, Hetze, Überforderung und kritische Situationen sind Alarmsituationen, in denen das Gehirn „Gefahr!“ signalisiert. Wenn wir wissen, welche äußeren Anlässe die Unruhe hervorrufen, können wir versuchen, unser Leben anzuschauen und belastende Einflüsse herauszufinden, sei es allein, im Gespräch mit Freunden oder in einer Psychotherapie. Danach können wir uns in Akzeptanz üben oder Veränderungen herbeiführen und eventuell eine Behandlung mit natürlichen Mitteln einleiten.
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Reaktionen bei Stress
In Stresssituationen setzt eine Vielzahl von Reaktionen ein, die sich in Symptomen äußern. Das sympathische Nervensystem wird aktiviert, Stresshormone werden ausgeschüttet, was sich in gesteigerten körperlichen Reaktionen zeigt: Schwitzen, schnellere Atmung oder erhöhter Blutdruck. Emotionen spielen verrückt und erschweren die kognitiven Prozesse, Fokussierung und Aufmerksamkeit.
In der Regel wird der Körper aber, sobald die Belastung vorüber ist, alles einleiten, um die innere Balance wieder herzustellen. Der Wechsel zwischen innerer Unruhe und einem entspannten Seelenzustand ist also unter bestimmten Bedingungen erst einmal ein verständlicher Vorgang. Zudem ist das Empfinden innerer Unruhe von Mensch zu Mensch verschieden. Manche sind eher „dickfellig“ und andere eher „dünnhäutig“ und anfälliger für Nervosität, Ängstlichkeit und Unruhegefühle.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Problematisch wird es, wenn die innere, nervöse Unruhe Überhand gewinnt oder sich verselbständigt, wenn Körper und Psyche die innere Balance nicht mehr herstellen können, obwohl die belastende Situation vorüber ist, wenn sie zu quälend wird und das eigene Leben negativ beeinflusst, wenn sie gar nicht mehr weggeht oder von Angstzuständen begleitet wird.
Wenn die innere Unruhe als besonders quälend empfunden wird, zum Beispiel durch Angstzustände und Panikattacken, und wenn sie insgesamt länger als 14 Tage andauert, sollte zunächst der Hausarzt aufgesucht werden. Das gilt ebenso, wenn stärkere körperliche Begleitsymptome wie Herzbeschwerden oder Bluthochdruck auftreten. Der Arzt wird abklären, ob eine körperliche Erkrankung dahinter steckt und eventuell einen neurologischen Check-up verordnen. Zudem ist eine weitere Differentialdiagnose notwendig, die Burn-out, Depression oder eine Angsterkrankung im Blick hat. Dazu wird der Hausarzt Sie zu einem Facharzt für Psychiatrie oder einen Psychotherapeuten überweisen. Bei quälenden Angstzuständen kann der Arzt stärkere Sedativa und Beruhigungsmittel verordnen.
Was kann man selbst tun?
Pflanzliche Mittel
Pflanzliche Mittel aus der Natur unterstützen Körper und Psyche bei akuter innerer Unruhe oder bei häufig wiederkehrenden oder chronischen Beschwerden. In Apotheken steht eine Vielzahl an Präparaten zur Auswahl, zum Beispiel auf der Basis von Baldrian. Diese Präparate werden ein- bis dreimal täglich eingenommen und entfalten die volle Wirkung in der Regel bei regelmäßiger Einnahme innerhalb von ein bis zwei Wochen. Auch in Form von Kräuter- oder Arzneitees wirken sie lindernd und sorgen zudem in vielen Fällen für einen besseren Schlaf. Pflanzliche Mittel zur Beruhigung können in der Regel auch über längere Zeit angewendet werden. Apotheker oder Ärzte können Sie diesbezüglich beraten.
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Vitamine und Mineralstoffe
Der Vitamin-B-Komplex mit seinen acht Vitaminen spielt eine entscheidende Rolle im Funktionieren des Nervensystems. Ein Mangel kann innere Unruhe begünstigen. Magnesium, ein Mineral, kann dem Körper bei leichten Angst- und Unruhebeschwerden helfen. Magnesium können Sie durch Ihren Speiseplan in ausreichender Menge zuführen. Vollkornprodukte, Nüsse, grünes Gemüse sind hervorragende Lieferanten. Und auch Schokolade oder Kakao sind in Maßen erlaubt. Omega-3-Fettsäuren können bei Ängsten und depressiven Verstimmungen zur Linderung beitragen. Diesbezügliche Nahrungsergänzungsmittel garantieren die erforderliche Dosis.
Resilienz trainieren
Resilienz ist der moderne Begriff für die innere Kraft, schwere Situationen zu bewältigen. Sie ist unter den Menschen unterschiedlich verteilt. Aber die gute Nachricht der Forschung lautet: Wir können Resilienz und innere Ruhe, Gelassenheit, trainieren - wie einen Muskel. Empfohlen wird dafür zum Beispiel die Achtsamkeitspraxis.
Achtsamkeit (mindfulness) bedeutet allgemein, ganz im Hier und Jetzt sein zu können, „im gegenwärtigen Augenblick“, ohne zu werten und zu urteilen, und das anzunehmen, was gerade ist - Gutes und Belastendes, Trauriges. Sie wird mit Fokussierung, Vertiefung, Konzentration, aber auch mit Lebendigkeit, Freude und der Fähigkeit zu Mitgefühl verknüpft. Zur gezielten Stressreduktion haben sich zum Beispiel MBSR-Kurse (Mindful-based stress reduction) etabliert. Achtsamkeit hilft insgesamt, den Geist besser „im Griff zu haben“ und das Leben viel bewusster zu erleben.
Nehmen Sie sich nicht zu viel vor und entwickeln neuen Ehrgeiz. Es geht nicht darum, die innere Unruhe „zu bekämpfen“, sondern einen heilsamen Weg der Transformation in Seelenruhe zu gehen. Besinnen Sie sich auf Ihre inneren Stärken. Dabei hilft es, wenn Sie sich wiederholt Situationen vergegenwärtigen, die Sie erfolgreich gemeistert haben.
Es lohnt sich, über ein paar Tage hinweg ein detailliertes Tagebuch zu führen und genau aufzuschreiben, wie viel Zeit was in Anspruch nimmt: Familie, Schlaf, Arbeit, Kontakte, Internet, Hausarbeit usw. Sie werden staunen, wie viele Zeitfresser es gibt, die mit Wesentlicherem und mit Gesundheitsritualen gefüllt werden könnten.
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Corona hat uns besonders drastisch vor Augen geführt, dass nichts selbstverständlich ist und dass wir mitnichten stets alles im Griff haben. Vieles Gute wird uns „geschenkt“. Gerade in schweren Zeiten ist es heilsam, ein Dankbarkeits-Tagebuch zu führen. Nichts Aufwendiges, sondern abends einige Minuten in Stille rückbesinnen: Was war an diesem Tag gut? Auch die Kleinigkeiten aufschreiben, erinnern und verinnerlichen.
Vitamin B12 und Panikattacken
Ein Vitamin B12-Mangel kann psychische Symptome wie Panikattacken auslösen, das wurde mittlerweile mehrfach wissenschaftlich nachgewiesen. Symptome können Erschöpfung, Schwäche, Schwindel, Stimmungsschwankungen, Reizbarkeit, Depressionen und Schlafstörungen sein. Ein Bluttest kann den B12-Spiegel im Serum messen und einen Mangel identifizieren.
Leber, Innereien, Fisch, Meeresfrüchte, Milchprodukte und angereicherte pflanzliche Produkte sind gute Quellen für Vitamin B12. Es ist wichtig zu beachten, dass der Körper Vitamin B12 in speziellen Proteinstrukturen, den sogenannten Intrinsic Factor, bindet, um es effizient aufnehmen zu können. Daher kann es vorkommen, dass nicht alle aufgenommene Vitamin B12-Menge tatsächlich absorbiert wird.
Die Dauer, bis der Vitamin B12-Speicher wieder aufgefüllt ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, einschließlich der Schwere des Mangels und der Menge an Vitamin B12, die aufgenommen wird. Es kann mehrere Monate dauern, bis sich die B12-Werte im Körper normalisiert haben.
Weitere Tipps zur Stressbewältigung
- Sport und Bewegung: Regelmäßige Bewegung kann helfen, Stresshormone abzubauen und Glückshormone freizusetzen.
- Gesunde Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung mit viel Obst und Gemüse, pflanzlichem Eiweiß und komplexen Kohlenhydraten kann das Wohlbefinden verbessern.
- Ausreichend Schlaf: Der Körper braucht ausreichend Ruhephasen, um sich vom Tag erholen zu können.
- Psychotherapie: Sie kann helfen, mögliche Auslöser zu erkennen und die Eigenreflexion zu fördern.
- Rituale: Sie geben Halt und bringen Struktur ins Leben, was für Betroffene zusätzlich beruhigend wirken kann.
- Achtsamkeit: Sie kann helfen, Gedanken und Gefühle zu beobachten und zu kontrollieren.
- Journaling: Das Schreiben eines Journals kann dabei helfen, Situationen aus anderen Perspektiven zu betrachten und kritisch zu reflektieren.
- Mantren: Positive Affirmationen können helfen, sich selbst zu stärken und positive Gefühle zu fördern.
CBD als natürliche Unterstützung
CBD ist eine natürliche Alternative, die unterstützend bei Angstzuständen eingesetzt werden kann. Das Cannabinoid ersetzt jedoch keine ärztliche Behandlung. Sprechen Sie die Einnahme von CBD Produkten mit Ihrem Arzt ab, um mögliche Wechselwirkungen mit Medikamenten zu vermeiden.
Zusammenhang zwischen Stress und Mikronährstoffen
Stress kann eine ausgewogene Ernährung und einen gesunden Lebensstil regelrecht sabotieren. In einer Stresssituation greifen wir vermehrt zu energiereichen, insbesondere zuckerreichen Lebensmitteln. Mit dem Bedarf nach rasch verfügbarer Energie steigt auch der Nährstoffbedarf, da die erhöhte Mitochondrientätigkeit sowohl Makromoleküle als auch Mikronährstoffe verbraucht.
B-Vitamine sind unentbehrlich im Rahmen der Energieproduktion. Jeder Mangel geht daher mit einer empfindlichen Leistungseinbuße und chronischer Müdigkeit einher. Neben der mitochondrialen Energieproduktion sorgen die B-Vitamine für eine positive Grundstimmung, steigern die Konzentration und stärken das Nervenkostüm.
Magnesium wirkt als klassischer Antistress-Mineralstoff entspannend und beruhigend. Eine ausreichende Versorgung aktiviert die Energiebereitstellung und lässt das Muskel- und Nervensystem zur Ruhe kommen.
Eine unzureichende Versorgung mit Vitamin C führt zu einer reduzierten Stresstoleranz. Darüber hinaus kann Stress radikalbedingte Entzündungsreaktionen hervorrufen, die mit Antioxidantien wie Vitamin C in der Kombination mit z. B. Vitamin E, Selen und Zink gut in Griff zu bekommen sind.
Adaptogene Pflanzen wie beispielsweise die Rosenwurz (Rhodiola rosea), die Macawurzel und die Ashwagandhawurzel zeigen Auswirkungen u. a. auf die Schlafqualität, Angstzustände, Aufmerksamkeit und Belastbarkeit.
Empfohlene Dosierungen:
- Vitamin B-Komplex: 100-200 mg/Tag
- Coenzym Q10: 60-120 mg/Tag
- Magnesium: 300-400 mg/Tag
- Vitamin C: 500-2.000 mg/Tag
- Rosenwurz (Rhodiola rosea): 100-300 mg/Tag
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